Purg , Peter: Körper im elektronischen Raum. Modelle für Menschen und interaktive Systeme


Körper im elektronischen Raum
Modelle für Menschen und interaktive Systeme
Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines
Doktors der Philosophie (Dr. phil.)

der
Philosophischen Fakultät

der Universität Erfurt


vorgelegt von
Peter Purg, M.A.

Erfurt 2004


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Gutachter:
Prof. Dr. Michael Giesecke
Prof. Dagmar Demming

Datum der Disputation: 17. 06. 2004

urn:nbn:de:gbv-547-200400725
[http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=nbn%3Ade%3Agbv%3A547-200400725]


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Zusammenfassung

Im Kontakt mit Medientechnik wird der menschliche Körper öfters als veraltete Hardware abgetan, insbesondere wenn darüber lediglich gedacht und gesprochen bzw. geschrieben wird. Konkret, unter Einsatz aller Sinneskanäle erweist er sich jedoch als eine vielfach einzusetzende Schnittstelle und nach wie vor volltaugliches Interaktionsmedium, das sowohl mit der Maschine selber als auch mit anderen (menschlichen oder zumindest humanoiden) Körpern innerhalb maschineller Umgebungen komplex kommunizieren kann. Computer und Internet sind nicht nur Arbeitswerkzeuge und Informationsleiter, sondern zunehmend auch kommunikative Partner, deren Informationsverarbeitungsweisen in Wechselbeziehungen mit den (zwischen)menschlichen Kommunikationsmustern zu denken sind. Wie beschreibt und gestaltet sich am besten die multimediale Verwandtschaft „neuer“ Medien und des „altbekannten“ Körpers im elektronischen Interaktionsraum von Kunst, Technik und Wissenschaft?

Die Arbeit fasst den Vorsatz, die Darstellungs- und Wahrnehmungsmodalitäten des menschlichen Körpers im neumedialen Kontext jenseits üblicher Prämierungen und unnötiger Reduzierungen zukunftsträchtig auswerten sowie kommunizieren zu können. Trotz plausibler Diskurskritik wird versucht, ergiebige Ansätze einer praktisch informierten - sowie an die Praxis rückkoppelnden - medientheoretischen Diskussion um den Körper im virtuellen sowie insbesondere konkreten elektronischen Raum zu eruieren. Dazu wird der dominante Körperdiskurs benutzt - und zugleich unterlaufen, indem sein kreativ handelndes sowie sein künstlerisch-cum-wissenschaftlich „be-handeltes“ Referenzobjekt untersucht wird. Dies geschieht auch durch den eigenen, multimedial und interaktiv eingesetzten Körper des Autors wie auch die Körper der Interviewten, der Kooperierenden und nicht zuletzt der RezipientInnen. Eine mehrfache Rehabilitierung des pessimistisch medialisierten, zerredeten Körpers erfolgt im aktuell fruchtbarsten sowie symptomatisch mythenreichsten Zwischenfeld von (Tanz)Kunst und Technologie - eben nicht nur rein wissenschaftlich, sondern auch ästhetisch-produktiv durch die eigene und eigentliche interdisziplinäre Tätigkeit. Daraus werden relevante Modelle zur theoretischen und praktischen Arbeit mit dem Körper im elektronischen Raum sowie allgemeine Vorschläge für Beschreibung und Gestaltung interdisziplinärer Kooperationsprojekte abgeleitet.

Abstract

In contact with media technology the human body is often being dismissed as hardware out of date - especially if merely thought and talked or written about. Concretely, with all the sensory channels employed, the body proves to be a diversely applicable interface and still a fully compatible interactive medium that can communicate with the machine itself as well as with other (human or at least humanoid) bodies within technical environments in a complex way. Computers and the Internet are not only instruments and conductors but increasingly also communicative partners, whose ways of information processing should be conceived in association with (inter)personal communication patterns. How are the multimodal affinities of “new“ media and the “good old“ body to be described and designed within the electronic interactions of art, technology and science?

Beyond traditional hierarchies and unnecessary reductions the project attempts to elicit the seminal modalities of (re)production as well as perception that the human


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body is capable of in the context of new media. In spite of plausible discourse critique, productive approaches at a practically informed media-theory discussion on the body in the virtual and especially in the concrete electronic space are elicited - and eventually feedbacked to the practical field. For this purpose the dominant body discourse is used, yet at the same time undermined by investigating its object in the state of acting as well as in the state of being acted-upon, artistically and scientifically. This also happens through the own, multimediatized and inter-activated body of the author as well as the bodies of the persons interviewed, cooperating and, lastly, addressed. A manifold rehabilitation of the pessimistically mediatized and talked-apart body takes place at the both topically prolific and symptomatically mythologized crossings of (dance) art and technology - not only scientifically but also in terms of the author‘s aesthetic production within the interdisciplinary field. Deriving from all this, models for theoretical and practical treatment of the body in the electronic space as well as general propositions for description and design of interdisciplinary cooperation projects are developed finally.

Schlagwörter:

Schlagwörter:
Körper, Raum, Schnittstelle, Medienkunst, Tanz, Multimedia, ästhetische Kommunikation, dance-tech, Kommunikative Sozialforschung, Triangulation, Hypermodellierung, interdisziplinäre Kooperation

Keywords:

Keywords:
body, space, interface, media art, dance, multimedia, aesthetic communication, dance-tech, Communicative Social Research, triangulation, hypermodelling, interdisciplinary collaboration


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Inhaltsverzeichnis

Titelseite Körper im elektronischen Raum. Modelle für Menschen und interaktive Systeme
Widmung
0 WISSEN(SKÖRPER) SCHAFFEN ÜBER KÖRPER(ERFAHRUNG)
0.1 Motivation und Problemstellung
0.2 Plurale Konzeption und nonlineare Strategie
0.3 Praxisrelevante Theoriebildung
0.4 Anmerkungen zu verschiedenen Medien und Formaten der Arbeit
1 KÖRPER UND MEDIEN
1.1 KÖRPERMENSCHEN VS. MASCHINENKÖRPER
1.1.1 Geschichten und Konzeptionen des Körpers
1.1.2 Hoffnungen und Zweifel an die neuen Körper
1.1.2.1 Maschinenkörper
1.1.2.2 Geschwindigkeitskörper
1.1.2.3 Tanzkörper
1.1.2.4 Wi(e)der Körper
1.1.3 Wunschkörper der Techniker und Informatiker
1.1.4 Computerisierung der Körperkünste für eine künftige Körperkultur
1.2 RAUM, EIN MEDIUM?
1.2.1 Weitere Dimensionen des Raumes
1.2.2 Elektronisch inszenierte Körper
1.2.2.1 Medialisierte Bühnen
1.2.2.2 Konkrete und virtuelle Theatermaschinen
1.2.2.3 Installierter Raum
1.2.2.4 Zwischen Territorien: Reflexion eines Tänzers
1.2.2.5 Neue Resonanzräume des bewegten Körpers
1.2.3 Cyberspace, ein körperfremdes Raumkonzept der Informatik
1.3 SCHNITTSTELLENKÖRPER - INTERAKTIONSRÄUME
1.3.1 Neue Schnittstellenkonzepte
1.3.1.1 Computer in Bewegung
1.3.1.2 Natürliche Schnittstellen und weitere Alternativen
1.3.1.3 Multimodalität als Strategie der Effizienzsteigerung
1.3.2 Immaterielle Schnittstellen für Wunschkörper und Illusionsräume
1.3.3 „Raum, ein Datenraum“ und die gemischten Realitäten
1.3.4 Technisierte Interaktion zwischen Alltag, Akademie, Industrie und Kunst
1.3.4.1 Inter-aktivitäten
1.3.4.2 Wunschplattform Computer
1.3.4.3 Gegen den elektronischen Strom der Interpassivität
1.3.4.4 Aus immersiven Welten in hybride Räume - eine Rückkehr?
1.3.5 Telematik und -präsenz der Körper im elektronischen Raum
2 DATENVERARBEITUNG KOMMUNIKATIV UND SOZIAL
2.1 THEORETISCHE PLURALITÄT ALS METHODISCHE KOHÄRENZ:
PRINZIP DER KOMMUNIKATIVEN SOZIALFORSCHUNG
2.1.1 Konzeption
2.1.2 Spiegelungsphänomene
2.1.3 Informationsverarbeitende Systeme
2.1.4 Hybride Struktur
2.2 EMPIRISCHE PLURALITÄT ALS METHODISCHE KOHÄSION:
DIE ANWENDUNG
2.2.1 Partizipativ: Konstitution des Forschungssystems und Objektwahl
2.2.2 Multimedial: Datenerhebung und Dokumentation
2.2.3 Transmedial: Datenauswertung und selbstreflexive Vervollständigung der Datenbasis
2.2.4 Zyklisch: Datenrückkopplung
2.2.5 Hybrid: Methoden- und Ergebnisvergleich, Ergebnisformulierung
2.3 METHODISCHES FAZIT: NEUE KOOPERATIVE UND REFLEXIVE STRATEGIEN ZWISCHEN WISSENS- UND ERFAHRUNGSSCHÖPFUNG
2.3.1 Workshop und Performance als Formen der Wissensschöpfung
2.3.1.1 Produktorientierter Prozess: Der Workshop
2.3.1.2 Prozesshaftes Produkt: Die Performance
2.4 HYPOTHESEN UND MODELLE
2.4.1 Hypothesen
2.4.2 Modelle
2.5 TRIANGULATION ALS TRANSMEDIALER DIALOG
3 INTERAKTIONSRÄUME FÜR KÖRPER UND DISKURSE
3.1 KREUZUNGEN VON TANZ UND TECHNOLOGIE
3.1.1 Technisierter und diskursivierter Tanz
3.1.1.1 Neue Momente des Tanzes: Partizipation und Telematik
3.1.1.2 Digitalisierende Diskurse
3.1.1.3 Von digitaler Sinnstiftung zu analoger Körperkollaboration
3.1.2 Geschichten von Tanz und Technologie
3.1.3 Kontrollmythos entmystifiziert: partizipative Ansätze der interaktiven Medienkunst
3.1.4 Kreative Konvergenzen im kooperativen Raum
3.1.4.1 Annäherungen von Tanztechnik und Technokunst
3.1.4.2 Verfolgung und Erfassung des bewegten Körpers
3.1.4.3 Partizipation als Emergenz unter artverschiedenen Systemen
3.1.5 Reflektierte Praxis durch begleitende Diskurse
3.1.5.1 Interaktivierung von Choreographie
3.1.5.2 Telematisierung von Tanz
3.1.5.3 Choreographieren von Repräsentation und Entfernung
3.2 BEISPIELE, VORSCHLÄGE UND VISIONEN FÜR MENSCHEN IN INTERAKTIVEN SYSTEMEN
3.2.1 Interdisziplinäre Kooperation
3.2.1.1 Der ambivalente Mythos des Renaissancemenschen
3.2.1.2 Die Wiederkehr des Ganzheitlichen?
3.2.1.3 Bedürfnis nach neuen Organisationsformen
3.2.1.4 Rebalancierung der Rollen als Ressourcenökonomie: zwischen Zeitnot und Geduld
3.2.1.5 Rollenwechsel unter Moderation: Kodes gemeinsam erfinden, zu gemeinsamen Sprachen finden
3.2.1.6 Interdisziplinäre Übersetzung als diskursives Ausgleichsprogramm
3.2.2 Kunst und Technik
3.2.2.1 Kunst für Technik
3.2.2.2 Technik für Kunst
3.2.2.3 Von technischer Machbarkeit zur künstlerischen Idee und zurück: „Renaissanceteams“
3.2.3 Körperinformation im interaktiven elektronischen Raum
3.2.3.1 Problemaxis: analog vs. digital
3.2.3.2 Problemfeld: zwischen populistischer Vereinfachung und poetischem Leitprinzip der Datenreduktion
3.2.3.3 Visionäre Theorie: analoges Gegenüber des Digitalen im „closed loop“
3.2.3.4 Einsetzbare Technik: ein Beispiel für Integration artverschiedener Systeme
3.2.4 Schnittstellen
3.2.4.1 Ausgleichsprogramme gegen Dominanz der graphischen Schnittstelle
3.2.4.2 Von Flächenmedien zu Raummedien
3.2.4.3 Körper- und Schnittstelleneinsatz in der kreativen Medienarbeit
3.2.5 Visionen revidiert
3.2.5.1 Mixed Reality als Dachkonzept der neumedialen Balancierung
3.2.5.2 Ökulogische Schnittstellen: körpernahe (Inter)Aktivierungsstrategien für den elektronischen Raum
3.2.5.3 Zur Modellierung der interdisziplinären Kooperation im techno-organischen Paradigma
3.2.5.4 Entmystifizierung der Medienkunst: für eine ästhetisch kommunizierte mediale Egalität
3.2.5.5 Ein neonaturalistisches Programm für die Praxis
3.3 MODELLE FÜR KÖRPER IN INTERAKTIVEN ELEKTRONISCHEN RÄUMEN
3.3.1 Körper im interaktiven elektronischen Raum 1: Systemtechnikmodell für Mensch-Maschine System
3.3.2 Körper im interaktiven elektronischen Raum 2: Informationsverarbeitungsmodell für Subsystem Mensch
3.3.2.1 Diskursbildung
3.3.2.2 Struktur- und Systembildung
3.3.2.3 Programmbildung
3.4 ZUSAMMENFASSUNG UND WEITERER AUSBLICK
Mediographie
Anhang
Abkürzungsverzeichnis  
Danksagung
Lebenslauf
Selbständigkeitserklärung


Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Originales Systemschema von Palindrome
Abbildung 2: Interpretiertes Systemschema für die Interviews
Abbildung 3: Systemtechnikmodell für Mensch-Maschine System: Grundformen der Informationsverarbeitung als Zeichen- und Impulsverarbeitung am Beispiel des “closed loop“ Systems in installativer und performativer Medienkunst; (zur textuellen und audiovisuellen Belegung sowie Exploration siehe die elektronische Version)
Abbildung 5: Informationsverarbeitungsmodell für Subsystem Mensch: Menschliche Informationsverarbeitung als reflexives und regulatives System zwischen (analoger) körperlicher Impulsverarbeitung und (digitaler) intellektueller Datenverarbeitung; (zur textuellen und audiovisuellen Belegung sowie Exploration siehe die elektronische Version)
Abbildung 4: Taxonomietabelle zum Körper im interaktiven elektronischen Raum
Abbildung 6: Interdisziplinäre Kooperation: ein Modell für konkreative Gruppendynamik; (zur perspektivisch differenzierbaren Version siehe die elektronische Version)

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Wed Dec 1 19:27:54 2004