Purg , Peter: Körper im elektronischen Raum. Modelle für Menschen und interaktive Systeme


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Kapitel 2. DATENVERARBEITUNG KOMMUNIKATIV UND SOZIAL

In diesem Kapitel sollen zuerst einzelne theoretische Grundsätze reflektiert werden, die eine operative Präzisierung der Frage- bzw. Problemstellung und einen einheitlichen (obwohl heterogenen), plausibel kombinierten methodischen Zugang zur Beantwortung bzw. Lösung dieser ermöglichen. Die Methodenwahl soll eine feste Einbettung in den breiteren theoretischen wie auch in den spezifisch empirischen Kontext der Arbeit erfahren, indem das konkrete methodische Vorgehen stufenweise und im relevanten Detail beschrieben werden soll. Einführende, den Forschungszugang mitkonstituierende Annahmen sollen zum Teil rekonstruiert werden. Des Weiteren soll sowohl ihrer allmählichen Entwicklung zu Hypothesen als auch den Bedingungen einer antizipativen Modellierung nachgegangen werden. Über dieses Kapitel hinaus bedürfen die sowohl auf eigener körperlicher Erfahrung als auch auf dem vorangehenden, angemessen präparierten theoretischen „Textkorpus“ (Kapitel 1.) basierenden Erwartungen zweifelsohne praktischer (Methode in den Kapiteln 2.3. bis 2.5., kondensiertes Resultat in 3.3.) wie auch erneuter theoretischer Reflexion (bereichsspezifisch in 3.1., fallspezifisch in 3.2.). Im gesamten Kapitel 3. sollen systematisierende medientheoretische Versuche zu fruchtbaren Überschneidungen mit praktischen Vorschlägen für die interdisziplinäre Praxis sowie mit einigen kulturpolitisch und -wissenschaftlich ansetzenden Visionen zusammengeführt werden. Darauf hin sollen die Schlussziehungen der vorliegenden Arbeit ein letztes Mal im Kapitel 3.4. ausgewertet und kondensiert werden.

2.1 THEORETISCHE PLURALITÄT ALS METHODISCHE KOHÄRENZ:
PRINZIP DER KOMMUNIKATIVEN SOZIALFORSCHUNG<683>

Eigens der Vorschlag, dass die Forschung als ein kommunikativer (interaktiv rückkoppelnder) und sozialer (kollektiv reflexiver) Prozess gestaltet werden soll,<684> wäre als der entscheidende Grund zur Methodenwahl in der vorliegenden Arbeit zu nennen. Trotz einer allgemeinen aktuellen Akzeptanz, die in einigen Disziplinen (z. B. praktische Beratung oder eben theoretische Anthropologie) sogar als Hochkonjunktur interpretiert werden könnte, bleiben solche menschen(komplexitäts)gerechte, obwohl technisch breit unterstütze Herangehensweisen im technologisch dominanten, auf der maschinenspezifischen, quantitativen Empirie beharrenden Bereich der Medienforschung immer noch selten. Insoweit der menschliche Körper und der ihn umgebende/beinhaltende/füllende konkrete Raum wie auch ihre virtuellen bzw. konstruierten Varianten (etwa Identität und Territorialität) als mediale, somit medientheoretisch relevante Parameter verstanden werden,<685> müssen dem


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„Objekt“<686> wesentlich angemessenere Methoden unbedingt in Erwägung gezogen werden. Der paradoxerweise in der empirischen Medienwissenschaft fast völlig fehlende Ansatz zur menschlichen körperlichen und i. d. S. multimodalen<687> Kommunikation wäre am besten in den grundlegenden Prinzipien und konkreten Methoden der Kommunikativen Sozialforschung zu suchen.

2.1.1 Konzeption

Für multimediale Maschinenkommunikation gibt es mittlerweile genügend etablierte Forschungsstrategien und ausreichend präzisierte Modelle (Systemtechnik, Maschinenkybernetik, Elektrotechnik usw.), außerdem lässt sich das alphanumerisch erhobene Datum zumindest bei digitalen Medien wesentlich einfacher und genauer bestimmen. Insbesondere forschungsrelevant erscheint dagegen genau die zwischen analoger und digitalerer Informationsverarbeitung oszillierende, einerseits organisch und andererseits technisch definierte Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. In diesem Mischbereich artverschiedener Kommunikatoren muss eine exakte Datenerhebung mit einer schwieriger dokumentier- und beschreibbaren Erfahrungsgewinnung kombiniert werden. Eine jeweils informationsverarbeitungsspezifische (duplex) Empirie erfolgt somit zwischen verschiedenen (sowie trotzdem kompatiblen) Kodes und Diskursen, Systemen und Strukturen. Eine anders-als-kausale, affektive und parallele, i. d. S. multimediale Daten- bzw. Informationsverarbeitung erweist sich aktuell als ein unhintergehbares Komplement zu den etablierten „objektiven“ Methoden der rein kognitiven, verbal und quantitativ begründeten Wissensschöpfung durch distanzierte Betrachtung, lineare Deduktion, Statistik usw.

Die historische Begriffsbildung wie auch der Großteil der gängigen Konzeption der Kommunikativen Sozialforschung wäre der - sich als interdisziplinäres Kollektiv verstehenden - „Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen“ aus 1976 zu entnehmen.<688> Die Forschungsmethode wurde als ein, den Prinzipien des Gesprächs von Angesicht zu Angesicht (als einer selbstgesteuerten, interaktiven und multimodalen Kommunikationsform) verpflichteter und grundsätzlich selbstreflexiver, Prozess bestimmt. Somit unterschied sie sich zumindest im soziologischen Bereich von der bis dahin monopolistischen „objektiven“ (quantitativen, statistischen usw.) Betrachtung durch Distanznahme zum Forschungsgegenstand. Im Bezug zum hybriden, interdisziplinären Objektbereich der vorliegenden Arbeit bietet sich nun eine sinnvolle Erweiterung der in den vergangenen Jahrzehnten mehrmals abgesicherten<689>


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Methodologie um die allgemein mediale (nicht bloß medientechnische!) wie auch die spezifisch kulturelle (nicht bloß technokulturelle!) Dimension - vor allem in ihren pluralistischen Ausführungen. Im Interesse einer einsatzfähigen Methodik setzt sich die Arbeit zum Ziel, einen wichtigen Teil der Konzepte, Konzeptionen und Programme der interpersonalen Kommunikation und interdisziplinären Kooperativität im kreativen Bereich der elektronischen bzw. digitalen Medien (Medienkunst, -technik, -pädagogik, -politik) nicht nur optimal zu beschreiben, sondern sie durch angemessene wissenschaftliche Kommunikationsstrategien und ästhetisch-pädagogische Beispielssetzungen auch konkret zu optimieren. Im Rahmen dieser Vision sollen in der vorliegenden Arbeit zumindest erste Vorschläge geliefert werden, wie solche Prozesse und Systeme methodisch anzugehen, sowohl wissenschaftlich als auch ästhetisch zu bearbeiten und letztendlich plattformübergreifend kommunikations- und einsatzfähig zu machen sind.

2.1.2 Spiegelungsphänomene

Im Rahmen einer multiperspektivischen Kommunikativen Sozialforschung verstehen sich der (wie auch immer) kommunizierende Mensch und die ihn betreffenden sozialen Phänomene als informationsverarbeitende Systeme, kommunikative Netzwerke oder Medien/Kodes, inklusive aller Kombinationsmöglichkeiten der drei Grundmodelle.<690> Bei gleichartigen (homomorphen) Systemen sind es eben Spiegelungsphänomene, die sich am einfachsten beobachten lassen. Sie besitzen ein relativ hohes (und im wahrsten Sinne objektives) Informationspotential für menschliche Identität und Kommunikation: Analysen von Mikrosystemen zeigen sich oft imstande, strukturelle und prozessuale Differenzen höherer Komplexitätsebenen (Makrosysteme) zu vernehmen. Selbstreflexion kann zur Umwelterkundung benutzt werden, subtile Umweltbeobachtung führt leicht zur Selbst(er)kenntnis.<691> Biotische


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wie auch technische Systeme weisen, insbesondere aus der Sicht der vorliegenden Arbeit, einen hohen Grad an Spiegelungen untereinander auf, die als solche einer genauen Beobachtung und Begründung (Kapitel 3.2.) wie auch weiterer, wissensschöpfender Spiegelungskonstruktion bedürfen (Kapitel 3.3., siehe auch 2.3.1.). Die ontologische Auffälligkeit dieser Analogien zwischen Mensch und Maschine (3.3.1.) soll durch eine überwiegend psychologische (3.3.2.) sowie eine spezifisch soziale bzw. interdisziplinär kooperative (3.3.3.) Modellierung ergänzt werden.

Die zu erforschenden sozialen und kulturellen Phänomene spiegeln sich laut den Prämissen der Kommunikativen Sozialforschung psych(olog)isch und körperlich im einzelnen - mit angemessener Kommunikationsempfindsamkeit und Method(ologi)e ausgerüsteten - Forscher bzw. der Forscherin, was auch für die vorliegende Arbeit größtenteils als Voraussetzung gelten soll.<692> Im Fall einer ForscherInnengruppe (als Idealkonstellation eines solchen Modells) können Spiegelungsphänomene sogar exakt sozial bzw. interpersonal (etwa unter der GruppenmitgliederInnen) festgehalten und somit im traditionellen Sinne „objektiv“ dokumentiert sowie daraufhin kritisch ausgewertet werden. Die induktive Denkweise stützt sich dabei größtenteils auf einen einzigen, jedenfalls aus vielerlei Perspektiven und unter feingerasterten Kriterien beobachteten Einzelfall. Dem somit kaum verminderten „endgültigen“ - wegen der Kommunikationsdynamik lediglich im Interim feststellbaren - Wissen über das Objekt gesellt sich eine kommunikativ ausgehandelte und nicht gänzlich im voraus geplante, also beidseitig gesteuerte Beeinflussung zwischen dem Forschenden und dem Erforschten. Eine Optimierung bzw. Verbesserung des Erforschten im Sinne eines „training-cum-research“ kann nur durch sorgfältig vorbereitete und gewissenhaft ausgeführte Methoden gesichert werden, sie beruht jedoch vorerst auf einer intensiven kommunikativen und sozialen Vernetzung aller am Forschungsprozess teilnehmender Systeme.

In Anlehnung an die Tradition der Aktionsforschung werden Möglichkeiten für konstruktive Intervention und Aufbesserung des erforschten Systems erwägt: da aus der reflexiven Kommunikationsperspektive nicht nicht kommuniziert werden kann, werden sich beide Systeme notwendigerweise gegenseitig beeinflussen. Nicht nur soziale Wirklichkeit soll durch eine ebensolche erhoben werden, auch (anders- bzw. hybrid)mediale Realitäten müssen mit entsprechenden Medien(kombinationen) verarbeitet werden. Unter Bedingungen einer wesenhaft prozessualen, relationalen Kommunikation und ihrer inhärenten (bereits biotisch bedingten) Reflexivität muss die empirische Kommunikationsforschung zu Methoden greifen, die von den bisherig etablierten und für Einzeldisziplinen ausreichenden in etlichen Punkten radikal abweichen.<693>


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2.1.3 Informationsverarbeitende Systeme

Forscher und ihre Projekte - samt den Forschungsobjekten - lassen sich aus einer kommunikationstheoretischen Perspektive als informationsverarbeitende Systeme auffassen, was als eine günstige Ausgangsposition für eine grundsätzlich multimedial und interaktiv angelegte Arbeit wie die vorliegende von großer Bedeutung ist. Die kooperative Informationsverarbeitung zwischen dem untersuchten und dem untersuchenden System - wie auch innerhalb der beiden - spricht für ein multiperspektivisches Herangehen samt dem notwendigen Rollen- und Programmwechsel. Nicht nur im besonderen Fall der vorliegenden Arbeit, sondern in vielen aktuellen Forschungsbereichen zunehmend, konstituieren sich Forschungssysteme aus einer komplexen Kombination von biotischen und technischen Entitäten, die unter Berücksichtigung sozialer bzw. kommunikativer Forschungsziele aufeinander abgestimmt, in ihrer Artverschiedenheit reflektiert (beschrieben) wie auch in ihrer Operationalität zusammengeführt (angewandt) werden müssen. Dank dem aktuellen technologischen Fortschritt und etlichen Standardisierungen im Bereich der Durchschnittsnutzung kann exakte (und intersubjektiv überprüfbare!) optische und akustische Wahrnehmung größtenteils den (zunehmend vernetzten) Aufzeichnungsapparaten überlassen werden.<694> Das multimodale Wahrnehmungs- und Reflexionspotential des menschlichen Körpers kann somit inhaltlich, im Bereich der kognitiven Informationsverarbeitung entlastet werden, um sich auf subtile und komplementäre Kommunikationsmomente konzentrieren zu können (vgl. Kapitel 2.1.2.).

Die affektiven Daten sollen elektronisch (schnittstellengetreu, umfassend) gespeichert und digital (kodiert, detailliert) ausgewertet werden, wodurch sie letztendlich auch zu einer medientechnologisch optimalen Datendarstellung besser geeignet sind. Es ist zudem - und teilweise eben aus diesen Gründen - auch nicht mehr unbedingt notwendig, sowohl das Rohmaterial als auch die wissenschaftlichen Raffinements in linearer Schriftfassung oder sonst auf Papier festzuhalten. Wie die vorliegende Arbeit als Beispiel an sich zu zeigen versucht, verlangen etliche intersubjektiv relevante Inhalte nach zutreffenden, sowohl aktuellen elektronischen bzw. technischen als auch „altbekannten“ biotischen bzw. sozialen Medien. Nur so können quantitativ und vor allem qualitativ verschiedene Wissensbestände aufeinander abgestimmt werden. „Alltag und Wissenschaft brauchen eine gemeinsame hard- und software - ansonsten wäre jede bislang kritisierte 'Wissenschaft im Elfenbeinturm' nur ein harmloses Vorspiel einer möglichen zukünftigen Entrückung.“<695>

2.1.4 Hybride Struktur

Da aus gewissen Perspektiven die Methoden der Kommunikativen Sozialforschung möglicherweise als allzu „weich“ (etwa für eine objektivistisch und empiristisch fixierte Wissenschaft) abgetan werden könnten, sollen sie in der vorliegenden Arbeit durch


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eine betont exakte Datenerhebung wie auch mehrstufige und komplexe Datenauswertung ergänzt und somit „verfestigt“ werden. Die meistversprechenden Qualitäten der tradierten empirischen Wissenschaft sollen mit den kulturgemäßen Methoden einer objektrelevanten, einschlägigen Praxis zusammengeführt werden. Dies hauptsächlich, um den hybriden Bereich nicht nur mit einem ausgewogenen und facettenreichen Herangehen noch besser decken zu können, sondern insbesondere damit die Resultate solcher Forschung in all ihrer Wirksamkeit auch denjenigen Milieus näher gebracht werden können, denen solche Methoden prinzipiell fern liegen und somit suspekt erscheinen mögen.

Deshalb stützt sich die vorliegende Arbeit zusätzlich auf ein substantielles theoretisches Kontingent (Kapitel 1.) wie auch auf einschlägige aktuelle Forschung Dritter (theoretisch in 1.3., praktisch insb. in 3.1.), um ihre spezifische, primäre Empirie umso überzeugender - obwohl kaum ohne notwendigen Widerspruch - einbetten zu können. Die textuelle Formulierung von „Beispielen, Vorschlägen und Visionen“ (3.2.) wie auch die grundsätzliche Gestaltung der (hyper)graphischen Modelle (3.3.) stützt sich jedoch meistenteils auf die in natura erhobenen und eingehend - eben auch technisch - verarbeiteten primären Daten bzw. derer Mikroanalyse und informiert sich vorerst nur am Rande, etwa in Form einer unorthodoxen Zitatenmontage im bereits vorhandenen wissenschaftlichen Diskurs. Die breitere theoretische Fundierung des ersten Kapitels und der Bezug auf empirische Forschung Dritter dienen als mehrschichtig angesetzter, obwohl nur an notwendigen Stellen sichtbar vertiefter Nährboden für tatsächlich Neues. Die durch das interdisziplinär-kooperative Moment erweiterte und stellenweise auf das Untersuchungsobjekt wie auch auf den Forschungskontext zugeschnittene Methodik der Kommunikativen Sozialforschung soll im Folgenden genauer beschrieben werden.

2.2 EMPIRISCHE PLURALITÄT ALS METHODISCHE KOHÄSION:
DIE ANWENDUNG

Entlang des gesamten Forschungsvorgangs wurden Prozesszustände im Interim möglichst festgehalten, später untereinander verglichen und primär auf Spiegelungsphänomene sowie auf syntaktische Brüche, Oppositionen, Wiederholungen und andere metakommunikative bzw. subdiskursive Symptome untersucht. Besondere Aufmerksamkeit galt den, in der „transmedialen“ Dimension interpretativ feststellbaren und dokumentarisch festhaltbaren, Spiegelungen (Gestik vs. Gesprochenes, Selbstbeschreibung vs. Videoaufnahme), kaum minder wurden jedoch spezifische Analogien innerhalb einer medialen Konstellation beobachtet (Installation vs. Performance, Selbstbeschreibung vs. Fremdbeschreibung). Die der jeweiligen Fragestellung bzw. Hypothesenbildung angemessenen diskursanalytischen Zugänge verteilten sich beinahe gleichmäßig auf alle Teile der vorliegenden Arbeit, verdichten sich jedoch im (daraufhin gestalteten) Kapitel 3.2.<696> Die Strukturen und


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Zustände des untersuchten Systems verweisen auf ausschlaggebende Analogien im Forschungssystem bzw. in der forschenden Person-im-jeweiligen-Sozialsystem. Einzelne hypothetische Annahmen wie auch die fester zu behauptenden Positionen wurden regelmäßig am Basismaterial überprüft, wo stellenweise weitere aufschlussgebende Parallelen und Konflikte zu entdecken waren. Die zyklische Methode ergab einen sich stufenweise verfestigenden Aufbau, der fundierte wissenschaftliche End- bzw. Zwischenaussagen ermöglichte.<697>

2.2.1 Partizipativ: Konstitution des Forschungssystems und Objektwahl

Das Forschungssystem konstituierte sich innerhalb der vorliegenden Arbeit lediglich aus einem einzigen Forscher und einem genau eingegrenzten Forschungsobjekt. Eine Abweichung von der gewöhnlichen (Gruppen)Konstellation eines idealen Forschungssystems nach den oben beschriebenen Prämissen der Kommunikativen Sozialforschung wäre zu begründen, indem sich die Aufgabe primär an theoretischer Basisforschung und persönlichen Interessen des Forschers (pädagogische und künstlerische Praxis) wie auch an den ihn umgebenden institutionellen Parametern orientierte.<698> Die üblicherweise eindeutige Rolle des „Auftraggebers“ müsste deshalb in der Institution der akademischen Promotion bzw. der Dissertation als der - beinahe einzigst qualifizierbaren und somit bindenden - Objektivierung einer akademischen bzw. wissenschaftlichen Leistung gesucht werden.

Die interdisziplinäre (i. o. S. sowie in ihrer Selbstbeschreibung „intermediale“) Gruppe „Palindrome Inter.media Performance Group“ und ihr Projekt „Seine hohle Form...“<699> wie auch das spezifische medientheoretische-cum-praktische Interesse am konkreten, von dieser Gruppe entwickelten und benutzten interaktiven System „EyeCon“<700> motivierte mich<701> zu einer kommunikativen und praktischen Annäherung an das Forschungsobjekt. Die anfangs in Erwägung gezogene distanzierte Beobachtung konnte durch meine Teilnahme am von Palindrome organisierten Workshop durch ihr partizipatives Komplement erfolgreich ergänzt werden: nach eingehender


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methodischer Entscheidung für Ansätze der Kommunikativen Sozialforschung wurden kombinierte, narrativ-beschreibende Interviews<702> konzipiert und auf den theoretisch breit fundierten Ausgangsstand der Hypothesen- und Modellbildung angepasst (der Ausschlag von Hypothesenbildung sind die „Beispielen, Vorschläge und Visionen“ des Kapitels 3.2.). Dabei wurden Palindromes bisherige interdisziplinäre Projekte im Bereich zwischen Tanz und Technologie wie auch spezifisch wissenschaftliche und künstlerische Aussagen (diverse Veröffentlichungen) der GruppenmitgliederInnen bei Vorbereitung von Interview-Fragen ebenfalls als begrifflicher und konzeptioneller Input zentral einbezogen. Die Interviews sollten im Rahmen eines interdisziplinären Workshops unter dem Motto „Tanz und Technologie“ (Nürnberg, Januar 2003)<703> geführt werden, wo auch ein multimediales Projekt zusammen mit einem Teil der Gruppe - und unter Anwendung der im Projekt „Seine hohle Form...“ benutzten Medientechnologie - wenigstens ansatzweise realisiert werden sollte. Teilnehmende Beobachtung (samt Dokumentation) wie auch praktische Partizipation (samt evtl. Produktion) wurden als optionale, dem Kontext innerhalb des partizipativen Forschungsprozesses anzupassende Methoden vorausgeplant und schließlich realisiert.

2.2.2 Multimedial: Datenerhebung und Dokumentation

Die im Vorfeld generierten Erwartungen und Vermutungen fanden ihre Umsetzung sowohl bei der Vorbereitung von Interviews wie auch innerhalb der theoretischen Vorarbeit. Einige vorwegnehmende Sätze mussten natürlich bereits am Anfang formuliert werden (Kapitel 0.1.f, teilweise die Einführungen der Kapitel 1.1., 1.2. und 1.3.), damit entsprechende theoretische Forschung (1.) wie auch methodisches Herangehen (2.) präzisiert werden konnte. Im einführenden Kapitel und in der dokumentierten Selbstbeobachtung beim empirischen Forschungsprozess (2.2.3.) sollte sowohl eine notwendige Klärung der Einstiegspositionen des Forschenden wie auch seines eingehenden Wissens realisiert werden (spezifische Wahrnehmungsprogramme, Standpunkte, Perspektiven usw.).

Die videodokumentierten Interviews fanden in einer arbeitsintensiven und kreativen Atmosphäre des Workshops statt, obwohl sie eben auch durch die workshop-spezifischen Bedingungen (Zeit- bzw. Produktionsdruck, Raumenge, divergierende Arbeitsprioritäten und Diskurse) zum Teil erschwert wurden. Geführt wurden die Interviews in der abschließenden Phase des Workshops (Vorbereitung der Projektarbeiten für Präsentation). Am Anfang eines jeden Gesprächs wurde das Einverständnis der interviewten Person zum weiteren wissenschaftlichen Gebrauch der erhobenen Daten schriftlich eingeholt (siehe Anm. 1137). Der Interview-Raum war


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vom Rest der Arbeitsräume gut schallisoliert, zu den Interviewterminen von Tageslicht erhellt, als einzig möglicher ungestörter Ort jedoch zeitweise ungemütlich kalt. Für die Aufnahme wurde primär eine professionelle DV-Kamera (frontal links oben zum Interviewten) und sekundär eine kleine Digitalkamera (frontal rechts unten zum Interviewten) zwecks Alternativperspektiven des Körperausdrucks und zur Erstellung von Sicherheitsversionen benutzt. Für die Transkription wurden - im Sinne eines interpersonal verständlichen Kodesystems - allgemein bekannte und stellenweise vereinfachte Zeichensätze und Richtlinien benutzt.<704> Die Verwendung einzelner Zeichen wie auch die Genauigkeit der Verzeichnung wurde der Bedürfnissen der Analyse angepasst: es wurden nur die (für mich als den einzigen Forscher) hervorstechenden und thematisch relevanten nonverbalen Kommunikationsdaten verzeichnet. Als wesentliches Datenkomplement zu den Transkriptionen wurden meine eigenen Kommentare (kognitive und affektive Daten) unmittelbar nach den Interviews, während der ersten Oberflächenanalyse der Videos aufgezeichnet, dies teilweise mit Hilfe von schriftlichen und graphischen Notizen, die direkt während einzelner Interviews gemacht wurden.<705>

2.2.3 Transmedial: Datenauswertung und selbstreflexive Vervollständigung der Datenbasis

Die teilnehmende Beobachtung am Workshop (kooperative interdisziplinäre Arbeit, Gruppengespräche) ergab einzelne textuelle Notizen wie auch weiteres Bildmaterial (digitale Fotoaufnahmen und Kurzvideos), die alle in die abschließende Modellierung eingeschlossen wurden (siehe Kapitel 2.4.2.). Die textuelle Aufzeichnung der Selbstbeobachtung beim Produktionsprozess (Konzeption und Ausführung der Performance, siehe 2.3.1.2.) wurde mitten im Prozess aufgegeben - ich habe mich aufgrund der intensiven Gruppenerfahrung entschieden, den üblichen Darstellungsformen des Milieus zu folgen und lediglich das (eben auch performativ wiederholbare) Endprodukt als Videodokumentation heranzuziehen.<706> Anhand von mehreren Auswertungsphasen wurden die Daten aus den Interviews in Hypothesen formuliert, die mit den direkt an die Frage- bzw. Problemstellung bzw. an das gesamte Kapitel 1. anknüpfenden Vorwegnahmen verglichen und stufenweise zusammengeführt wurden.

Die Hypothesenüberprüfung erfolgte stufenweise nach kombiniertem Prinzip von Diskursanalyse und einer internen Intertextualität (artverschiedene und deshalb gemischte textuelle Diskurse innerhalb der vorliegenden Arbeit, zur genaueren Beschreibung dieses Verfahrens siehe Kapitel 2.4.). Die Datenauswertung wurde stellenweise zusätzlich durch eigens aufgezeichnete Affekte wie auch Notizen und


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weitere elektronische Dokumentationsmaterialien aus dem Workshop „in-formiert“. Die Datenbasis wurde somit konstant und zyklisch durch selbstreflexive Beschreibungen und andere (kollektiv sowohl als intim) selbstreferentielle Informationen ergänzt. Die textuell montierten Hypothesen (3.2.) wie auch die hypergraphisch und i. d. S. hybrid gestalteten Modelle (3.3.) greifen ineinander sowohl mit ihrer argumentativen Beispielssetzung als auch mit einer begrifflich-taxonomischen Kohäsion und nehmen, zumindest in ihrer elektronischen Fassung, direkten Bezug nicht nur auf die textuellen, sondern auch auf die audiovisuellen Dokumentationsmaterialien.<707>

2.2.4 Zyklisch: Datenrückkopplung

Durch elektronische Datenspeicherung, -verarbeitung und -darstellung wurde eine unikate interpersonale Informationsplattform geschaffen, die allen an dieser wissenschaftlichen Kommunikation beteiligten Entitäten eine besonders intensive Partizipation ermöglicht(e). Am - sowohl rohgefassten als auch bereits präparierten bzw. interpretierten - Dokumentationsmaterial lassen sich später nämlich weitere beliebig detaillierte und umfassende Analysen ausführen, womit nicht nur soziale, sondern auch wissenschaftliche Kontinuität eines solchen Projekts gesichert werden kann. Die vorliegende Arbeit nimmt sich vor, die Daten seitens des „untersuchenden Systems“ sowohl an die „Auftraggeber“ (als relativ personifizierte Institution der akademischen Promotion) wie auch an das „untersuchte System“ (Gruppe Palindrome und andere TeilnehmerInnen des Workshops) rückzukoppeln.

Eine „Triangulationssitzung“ (siehe Kapitel 2.5.) im engeren Sinne wurde trotz einer diesbezüglich ungünstigen Spezifik des Projekts („unmotiviertes Untersuchungsobjekt“, „einmalige Gegebenheit“, vgl. Kapitel 2.1.) eingeplant und fand als informelles „Feedback-Treffen“ statt, bei dem die Ergebnisse der Untersuchung wie auch einzelne Dokumentationsmaterialien den Mitgliedern von Palindrome im Gespräch sowohl diskursiv als auch multimedial angeboten und als weitere Wissensschöpfungsquelle der Arbeit benutzt wurden (ausführlicher zum Konzept und Realisierung der „Triangulation“ im Kapitel 2.5.). Dies ermöglichte der vorliegenden Arbeit einen weiteren reflexiven Zyklus, der schließlich in die vorliegende Argumentation (als zum bestimmten Zeitpunkt dargelegten Zustand-des-Prozesses) sowohl im linear textuellen als auch im multimedialen Sinne eingeschlossen wurde. Durch stringente, obwohl dem Kontext möglichst angepasste methodische Umsetzung von Maximen der Kommunikativen Sozialforschung erhofft sich das Projekt eine Annäherung ans optimale Moment einer dialogischen balancierten Selbstbeobachtung sozialer Interaktion.<708>

2.2.5 Hybrid: Methoden- und Ergebnisvergleich, Ergebnisformulierung

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sollen selbstverständlich nicht nur im


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Forschungs- bzw. Objektbereich isoliert bleiben, vielmehr finden sie ihr Publikum innerhalb der aktuellen gemischten wissenschaftlichen-cum-künstlerischen Praxis und ihrer Diskurse. Zu diesem Zwecke werden diverse und divergierende Output- bzw. Kommunikationsmedien benutzt, die im Folgenden noch detaillierter zu begründen sind. Die Arbeit erhofft sich in diesem Sinne auch eine Rezeption im pädagogischen bzw. didaktischen Feld, zumal sie sich vorerst als ein Versuch der fruchtbaren Kreuzung von wissenschaftlichen, pädagogischen und ästhetischen Zielsetzungen verstehen möchte. Da dem Autor der vorliegenden Arbeit keine Forschungsprojekte mit vergleichbarer Kombination methodischer Prämissen und Objektwahl bekannt sind, kann die hier beschriebene Methode als solche auch kaum mit ihr ähnlichen oder artverwandten Instanzen verglichen werden.<709>

Zu den wichtigsten methodischen Aspekten gehören ein intensiv gemischter Diskurs (artverschiedener Positionen) und zugleich eine offene Konfrontation mit andersartigen, eher monodisziplinären methodischen Zugängen von ähnlichem kulturellen Interesse. Die Hauptvertreter der thematisch und motivationsmäßig verwandten Arbeiten werden teils im theoretischen Unterbau (Kapitel 1.) teils jedoch erst im auswertenden bzw. synthetisierenden Teil (3.) der vorliegenden Arbeit herangezogen. Im Sinne einer Integration von Selbst- und Umweltbeobachtung mussten einschlägige Sekundärquellen herangezogen werden, unter denen vor allem die aktuelle Publikation „Tanz und Technologie“ von Martina Leeker und Söke Dinkla sowie einige weitere, hauptsächlich im Kapitel 3.1. herangezogene Quellen genauere Beachtung verdienen.<710> In das textuelle Argumentationsgeflecht sollen außerdem noch einige thematisch verwandte Workshop-Berichte (z. B. Scott deLahuntas und Johannes Birringers) wie auch einschlägige wissenschaftliche und vor allem künstlerisch-selbstbeschreibende Auseinandersetzungen (Texte von Mitgliedern der Palindrome oder einschlägigen Medienkünstlern wie etwa David Rokeby) eingeschlossen werden, die zusammen mit dem oben Erwähnten zu einigermaßen sicheren abschließenden Formulierungen (3.3.3., konzentriert 3.4.) führen und somit einen Beitrag zu einer Epistemologie interaktionsintensiver (eben auch medial rückkoppelnder) Kommunikation leisten sollen. Die allgemeine, alle Aspekte zusammenfassende Zielsetzung der vorliegenden Arbeit im Hinblick auf die erwähnten Quellen könnte auch folgenderweise paraphrasiert werden: Vorschläge für Beschreibung, Kommunikation und Optimierung von sozialen/kulturellen Programmen im interdisziplinären Schnittfeld von Körper, Raum und Technik bzw. Kunst, Wissenschaft und Technologie.

In solch fundierten Modellierungen und Thesensetzungen werden Programme für


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kollektive und individuelle Informationsverarbeitung vorgeschlagen, die als rekonstruierte „Normalformmodelle“ <711> für den praktischen Alltagsgebrauch (etwa nach der Abfolge Realisierung - Abgrenzung - Modifizierung) zur Verfügung stehen sollen. Somit werden nicht nur bestehende, empirisch festgehaltene Programme beschrieben, sondern auch (dynamische) Verbesserungen vorgeschlagen. Die kollektive Informationsverarbeitung erfährt eine entscheidende Operationalisierung, indem die eigenen Programme mit den Informationsverarbeitungsstrategien anderer verglichen, reflektiert und schließlich optimiert werden, womit sowohl systeminterne als auch -externe Konflikte und Kommunikationshürden leichter überwunden und neues Wissen bzw. neue Erfahrung intensiver geschöpft sowie vermittelt werden können.

2.3 METHODISCHES FAZIT: NEUE KOOPERATIVE UND REFLEXIVE STRATEGIEN ZWISCHEN WISSENS- UND ERFAHRUNGSSCHÖPFUNG

Sowohl die Datenerhebung als auch die Datendarstellung bzw. -interpretation müssen sich dem Objekt und seinem Kontext anpassen können: dem Körper (als Form, Inhalt oder eben Medium) verpflichtete Praxis muss mit angemessen wissenschaftlichen - aber auch diese zweckmäßig unterlaufenden, weil reflektierenden - Methoden begegnet werden. Aus gleichem Grund muss auch der (physisch konkrete, kaum minder der elektronisch/digital virtuelle und somit zwischen den beiden entstehende hybride) Raum als wesentlicher Faktor beobachtet und miteinbezogen werden. In der vorliegenden Arbeit ist dem Moment der konkreten körperlich-räumlichen Präsenz in erster Linie durch persönliche Interviews empirisch gerecht geworden, anstatt etwa einer (Wieder)Verwendung der bereits zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen und Dokumentationen (diese fungierten als sekundäre Quellen) oder sogar des mittlerweile üblichen telematischen (telefonischen, internetbasierten usw.) Kontakts. Um zudem den Momenten der physischen Präsenz sowie der interdisziplinären Kooperation noch konsequenter gerecht zu werden, wurden die Interviews in einem thematisch, technisch und sozial relevanten Kontext ausgeführt: ein Workshop zum Thema „Tanz und Technologie“ in den Räumlichkeiten eines Tanzzentrums bzw. Theaters, an dem ich selber - aus Perspektive der vorliegenden Arbeit als einzigster Forscher - aktiv und gleichberechtigt teilgenommen habe. Somit konnte ich Professionelle in einer professionellen und betont interdisziplinären (obwohl pädagogisch und explorativ angelegten) Umgebung beobachten, dokumentieren sowie mit ihnen (sachlich) kommunizieren und (ästhetisch) kooperieren.<712>

Eine ganzkörperliche, multimediale Datenerhebung wurde meinerseits somit nicht nur in den Interviews, sondern vor allem in deren sozialem Kontext (des gesamten Workshops) realisiert und teilweise schriftlich wie auch audiovisuell dokumentiert.<713> Zusätzlich wurde eine kombinierte, aus informationstheoretischer Sicht eindeutig


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hybride Strategie der teilnehmenden Beobachtung als Datenerhebungsmethode gewählt, womit auch die entsprechenden selbstreflexiven Informationen an Ort und Stelle unmittelbar verzeichnet werden konnten („Feldnotizen“, siehe auch Beilage 2. im Anhang). Die partizipative Erhebung und teilweise kollektive Reflexion relevanter sozialer, psychologischer, schließlich auch produktionstechnischer und sogar technologischer Daten informierten sowohl die Interviews als auch die (unmittelbar anschließende) Hypothesenbildung. Kaum minder beeinflusste sie natürlich auch die eigene Produktion (Performance des Autors als Projektarbeit am Workshop, die einzeln, paarweise wie auch innerhalb der Workshopgruppe erfolgte)<714> und interpersonale Kommunikation (als dialogische Gruppendiskussion) am Workshop, die vor allem dokumentarisch (elektronische Version) aber auch argumentativ (Kapitel 3.2.) in die vorliegende Arbeit eingeschlossen wurden. Eine weitere, komplementäre reflexive Instanz boten auch die (dem Objektbereich externen) dissertationsbegleitenden Kolloquien und Konsultationen, die aber der Maxime eines interpersonal und zyklisch reflektierenden Forscherteams lediglich ansatzweise gerecht werden konnten.<715> Die übliche, nur teilweise dialogische (als zwei-gesprächige) Reflexion-als-intrapersonale-Strategie soll im Sinne einer zeitgemäßen akademisch-institutionellen Wissensschöpfung durch die vorliegende Arbeit etliche Argumente für ihre konkrete Kollektivierung bzw. Sozialisierung gewinnen können.<716>

Die interdisziplinär besetzte und medientechnisch erweiterte Musik- und Tanzperformance (genauer und selbstbeschreibend „interaktives Environment für Tanz- und Musikperformance“, engl. „Interactive Dance and Music Performance Environment„)<717> von Palindrome und dem gruppenexternen Koautor Joseph Butch Rovan kann in ihrer stellvertretenden, mikroanalytischen Lesart als (im engeren Sinne „einzigst nicht-partizipative“) ästhetische Vertretungsinstanz des gesamten Themenkomplexes der „Körper im elektronischen Raum“ begriffen werden. Die konzeptuelle, technische, körperlich-performative und schließlich kooperative Komplexität von „Seine hohle Form...“ entspricht den Fragestellungen der vorliegenden Arbeit im maximalen Umfang, andererseits handelt es sich um ein nicht nur technisch (3.3.1.), sondern auch sozial (3.3.3.) überschaubares menschlich-maschinelles informationsverarbeitendes System (3.3.2.). Samt der oben beschriebenen (selbstreflexiven, interaktiven, multimedialen, sozialen) Methode der Kommunikativen Sozialforschung kann die Tanzperformance in ihrer Rolle der zentralen Anregungsquelle (kreativer Sekundärinput) mit einiger Gewissheit als ein i. o. S. angemessen überkomplexes und ergiebiges Forschungsobjekt betrachtet


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werden. Als Primärquelle und empirisches „Datum“ wurde die offizielle Videoaufzeichnung des Stücks von Palindrome benutzt, es wurden zudem alle zugängliche Sekundärtexte und Äußerungen der Teilnehmenden herangezogen. Eine nähere inhaltliche oder formale Analyse bzw. Interpretation der Tanzperformance wurde im Sinne der oben erläuterten Methode unterlassen, einzelne Teile der Videoaufzeichnung wurden für die hypermediale Modellierung ausgewählt (siehe zur Erläuterung Kapitel 2.4., als Beispiel Kapitel 3.3.1. und 3.3.2., insb. die Modellierungen in der elektronischen Version, wo das Videomaterial mit entsprechenden Textausschnitten und graphischen Darstellungen kombiniert wird). Das eigentliche Forschungsobjekt konstituierte sich also im sozialen System des Workshops, der von derselben interdisziplinären Gruppe - mit Ausnahme des äußerlich kooperierenden Rovans - und im beinahe identischen techn(olog)ischen Kontext (selbstverständlich von niedrigerer Komplexität) veranstaltet wurde. Deshalb wurde das komplexe Phänomen der Performance in der vorliegenden Arbeit auch mit angemessen komplexen Methoden und durch artverwandte Medien betrachtet, bearbeitet und wissenschaftlich dargestellt. Selbst der immanenten (informatischen) Interaktivität des Objektbereichs sollte durch prinzipiell interaktive (soziale) Informationsverarbeitung gerecht werden, wozu die Prinzipien der Kommunikativen Sozialforschung zweifelsohne am geeignetsten erscheinen müssen.

Zu den akademischen Standardmedien der „objekt-iven“ Vermittlung (textuelle Diskursivierung und statisch graphische Modellierung) gesellt sich im Falle der vorliegenden Arbeit eine digital erstellte, elektronisch vermittelte und prinzipiell interaktive Darstellungsform, die zweierlei Trägerformate beinhaltet: CD-ROM und Webseite. Auf diese zwei Veröffentlichungsformen wird innerhalb der vorliegenden Arbeit als auf „die elektronische Version“ rekurriert, da die „digitale“ Eigenschaft m. E. lediglich in der Herstellungsphase, weniger jedoch in der Rezeptionsphase zutrifft. Auch die Verbreitung der vorliegenden Arbeit umfasst somit zwei formell und inhaltlich möglichst gleiche, immerhin spezifisch anwendbare Rezeptionsvarianten: Zur materiellen, archivfähigen und von Internet-Zugangsmöglichkeiten unabhängigen CD-ROM (als physischer Datenträger) gesellt sich die global zugängliche, institutionell und wissenschaftlich verbindliche (elektronisch publizierte) Variante in Form einer Webseite.<718> Beide Veröffentlichungsmodi beinhalten auch druckoptimierte (PDF) Formate der vorliegenden Arbeit in Form von Text und statischem Bild. Durch präzise audiovisuelle Dokumentation, explorative Hypergraphiken und diverse Datenumgangsweisen (Suchfunktion, Perspektivenwechsel anhand relativer Plattform- und Kode-Unabhängigkeit durch Standardformate) als spezifische Merkmale einer elektronischen bzw. digitalen Erfassung, Bearbeitung und Darstellung wurde eine intensivere, nonlineare und explorative/partizipative Auswertung des Projekts für Dritte ermöglicht. Anders als in der aktuell immer noch verbreiteten Praxis versteht sich die elektronische Publikation als der primäre und einzigst vollständige Rezeptionsmodus der vorliegenden Arbeit. Zudem schreibt sich auch die körperlich-


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räumliche Vermittlungsinstanz des akademischen Vortrags hiermit in die Reihe des Hybriden<719> ein, hauptsächlich indem sie sich im vorliegenden Fall neben biotischer intensivst auch technischer, größtenteils elektronischer Kommunikationsmedien bedient.<720>

Im Sinne einer Zusammenführung von leiblichen und elektronischen Medien - und als eine in ihrem Entstehungsprozess selber bereits realisierte Vision - soll nicht zuletzt ein weiterer, den vordefinierten Rahmen des Dissertationsprojekts übergreifender Teil des Projekts vermerkt werden: die (video-verzeichneten, transkribierten und analysierten, somit für Hypothesenbildung operationalisierten) Interviews, wie auch die (i. o. S. multimedial aufbereiteten) Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wurden an die konkrete soziale „Quelle“ der prinzipiell multimedial und dialogisch arbeitenden interdisziplinären Gruppe rückgekoppelt (siehe die Konzeption und Dokumentation der „Triangulation“ im Kapitel 2.5. sowie die betreffende Hypermodellierung in der elektronischen Version). Nach einer genauen Lesart von Prämissen der Kommunikativen Sozialforschung könnten die Ergebnisse nicht nur im Sinne eines methodologischen Novums, sondern auch als ein konkreter positiver Ansatz für weitere Zusammenarbeit (Kooperation) im Schnittfeld von Wissenschaft, Kunst und Technologie begriffen werden.<721> Das leitende Medium ließe sich nun mit einiger Wahrscheinlichkeit in einer kreativen und kommunikativen, durch neue technologische und wissenschaftliche Erkenntnisse bereicherten diskursbewussten Praxis erkennen und als multimedialer und sozialer Raum - in all seiner aktuellen „Interaktivität“ und „Elektronizität“ - positiv paraphrasieren.

Als eine ebenfalls verbindliche, zyklische und prinzipiell selbstreflexive Form der komplexen wissenschaftlichen-als-hybriden Informationsverarbeitung soll nicht zuletzt auch die (vorerst workshop-interne, dann im Rahmen des Vortrags öffentlich aufgeführte) eigene Performance des Autors begriffen werden, die sowohl in den elektronischen Veröffentlichungsformen (Dokumentation ihrer Konzeption) als auch in der Präsentationsphase der vorliegenden Arbeit (als Element des öffentlichen Vortrags im Rahmen der Promotion) gefunden werden kann. Ein Großteil der empirischen-cum-produktiven Forschung am Workshop wurde somit in einer strategisch offenen, experimentellen Weise gestaltet.


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2.3.1 Workshop und Performance als Formen der Wissensschöpfung

Das innerhalb des Workshops als „Normalfall“ (Pflichtleistung jeder TeilnehmerIn) zu verstehende Performanceprojekt wurde sowohl inhaltlich (Motto: „Körper - Raum - Interaktivität - Schnittstelle“) als auch medientechnisch direkt auf das Dissertationsprojekt bezogen und gleichzeitig in sein Rahmen eingebunden. Dies vorerst als gewisser Ausnahmefall, da die Projekte anderer TeilnehmerInnen primär ästhetisch bzw. technisch-explorativ angelegt wurden. Mit Absicht eines wissenschaftlich-ästhetisch-technologischen Pilotversuchs konnten den beiden Kontexten etliche einschlägige Spiegelungsmomente entnommen werden, die wesentlich optimistische Lesarten für eine solch hybride Praxis zulassen:<722> Die Performance wurde bereits in der Konzeptionsphase sowohl thematisch als auch bühnenstrategisch auf den akademischen Präsentationskontext zugeschnitten und konnte somit später anhand minimaler Änderungen des interaktiven Systems optimal reproduziert und sogar verbessert werden. In der kollektiven, unmittelbar forschungsrelevanten Entstehungsphase der Performance (Konzeption und Reflexion am Workshop) konnten wiederum wesentliche Erkenntnisse für den erweiterten wissenschaftlich-ästhetischen Kreisschluss gewonnen werden. Das medienästhetische bzw. -technische Ambiente diente somit erst als Spiel- und Versuchsraum für die eigentliche (nicht weniger ästhetische, doch eben primäre) wissenschaftliche Performanz, wobei genau der antizipierte wissenschaftliche Kontext die notwendigen kreativen Inputs und Fragestellungen schuf. Sowohl die Kostümbildung als auch die audiovisuelle und choreographische Erschöpfung des Forschungsthemas zeugen von weiteren Versuchen für fruchtbare (selbstreflexive, somit zyklische) Spiegelungen zwischen der wissenschaftlichen, künstlerischen und technologischen Kreativität, die als ein aktuelles Wissens-, genauer noch als Erfahrungsschöpfungsparadigma anhand zahlreicher praktischer und theoretischer Argumente postuliert werden kann.<723> Aufgrund ihrer Positionierung als methodisches und interdisziplinär-produktives Novum soll diese „Performance als Form der Wissensschöpfung“ im folgenden Exkurs detaillierter dargestellt und durch einige weitere Implikationen begründet werden:

Im Sinne der Kommunikativen Sozialforschung kann die Performance - samt ihrem Entstehungsprozess am Workshop - auch als Datenerhebung durch körperliche Reflexion verstanden werden. Darüber hinaus muss diese Form von Datenerhebung unbedingt auch in ihrer kognitiven, also intellektuell-reflexiven Dimension betrachtet werden, wodurch ein weiterer perspektivischer Kreuzungsversuch als fruchtbar eingeschätzt werden kann. Einige Bewegungskombinationen etwa, die in die Performance eingebaut wurden, stammten unmittelbar aus dem tänzerischen Training im Rahmen des Workshops, das von Robert Wechsler (zugleich einen der zentralen Untersuchungspersonen bzw. „-objekte“) gestaltet und geleitet wurde. Bei den (prinzipiell aktiven) körperlichen Übungen im Workshop wie auch bei der (prinzipiell passiven) Rezeption des Tanzes in der „untersuchten“ Tanzvorstellung können zwei


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radikal verschiedene Formen bzw. Stufen des „Pacings“<724> entdeckt werden: Im ersten Fall handelt es sich um konkrete körperliche Nachahmung,<725> wo ein aktives Mitmachen im Raum-und-Körper als direkte Erfahrung (des Autors) nötig ist, um die primär affektive - und nur minimal bzw. erst a posteriori kognitive - Reflexion des spezifischen „tänzerischen Zustandes“ (inner- wie auch außerhalb des interaktiven Systems) hervorzubringen. Bei einer intensiven Rezeption einer Tanzvorstellung „von außen“, also ohne eigene körperliche Teilnahme, handelt es sich ebenfalls um ein Prinzip des Pacings, nur gründet dieses im kinästhetischen<726> Erleben des fremden Körpers-im-(fremden-)Raum. Die körperlichen Zustände und Prozesse können somit indirekt nacherfahren werden, wobei vor allem im hier vorliegenden Fall natürlich eine stringentere intellektuelle bzw. kognitive Reflexionsart stärker ins Gewicht fällt.<727> Das eventuelle (bei Palindrome jedoch oft zentral thematisierte) technische interaktive System wird dabei aus einer Distanz begriffen, die keinerlei direkte Erfahrung zulässt, wobei eine kinästhetische Variante des „Nacherlebens“ für unplausibel gehalten werden muss: der eigen(tlich)e Körper und die Interaktion mit anderen Körpern-im-Raum wird gewöhnlich außerhalb technischer Systeme erfahren. Vor allem aus diesem Grund sollen interaktive Installationen in ihrem kombinatorischen Wert mit (ihren möglichst immanenten) performativen Varianten begriffen und kreiert werden, ebenfalls umgekehrt.<728>


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So wurde - als wissensschöpfende Demonstration sowie erfahrungsschöpfende (Selbst)Reflexion - das interaktive System EyeCon auch in die Präsentationsphase des gesamten Dissertationsprojekts einbezogen. Dies verweist auf eine weitere, nunmehr praktisch-produktive Dimension des hybriden Herangehens an komplexe (multimediale, multidisziplinäre) Objekte bzw. Projekte. Es handelt sich dabei also um eine mehrstufige Datenerhebungsmethode, die den körperlich-affektiven mit dem intellektuell-kognitiven Niveau auf einer einheitlichen Reflexionsebene zusammenführt, im wissenschaftlichen Kontext zweifelsohne sogar zu „versöhnen“ sucht. Die methodisch kontrollierte und kooperativ bereicherte (Ko)Produktion des Autors der vorliegenden Arbeit am Nürnberger Workshop kann somit sowohl als Form und Prozess empirischer Datenerhebung wie auch als gelungenes wissenschaftlich-technisch-ästhetisches Hybridprodukt - und aus beiden Perspektiven gleichzeitig - verstanden werden.

2.3.1.1 Produktorientierter Prozess: Der Workshop

Die Performance entstand im Rahmen meiner Teilnahme am „Tanz und Technologie“-Workshop von Palindrome IMPG, wo laut den OrganisatorInnen einer „Gruppe von Studenten und Profis“ die Gelegenheit geboten werden sollte, unter Begleitung von Künstlern und Technikern neue Technologien zu „erfahren“ und sie in kreativer Arbeit anzuwenden. Es wurden sowohl interaktive Audio- und Videosysteme wie auch Elektrodentechnologie kennen gelernt. In kaum minderem Maß wurden darüber hinaus „Choreographie für interaktive Bühne“ und intensives tänzerisches Training einbezogen. Selbst die disziplinäre Ausrichtung des Workshops war keine prämierende: es sollten (wie sonst nur selten der Fall)<729> sowohl TänzerInnen, StudentInnen der traditionellen sowie der Medienkunst als auch eher theoretisch bzw. wissenschaftlich interessierte Personen gleichberechtigt teilnehmen können. Sogar eine genügend themeninteressierte „Laienperson“ wäre ihres Erachtens sowie nach dem persönlichen Eindruck der Autors der vorliegenden Arbeit nicht am falschen Platz gewesen: Sowohl die Tanztrainings wie auch einzelne technische (frontale und partizipative, grundsätzlich jedoch an Gruppenarbeit orientierte) Ein- und Ausführungen versuchten sich möglichst an individuelle Kenntnis- und Erfahrungsniveaus anzupassen. Eine der Artverschiedenheit des Arbeitskollektivs entstammende Gruppendynamik wurde zum großen - diskursiv wie auch nicht zuletzt ästhetisch ausgewerteten - Thema des Workshops.<730>


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Die motivierende Fragestellung des Workshops bezog sich laut den VeranstalterInnen auf den gängigen Vorwurf der „Trendyness“ von interaktiver Technik im Allgemeinen, die Schwerpunkte wurden sowohl in installativer als auch insbesondere in performativer Medienkunstpraxis gesetzt und decken sich in beträchtlichem Maße mit etlichen Fragestellungen der vorliegenden Arbeit: Unter welchen Voraussetzungen kann interaktive Technik künstlerisch plausibel sein? Handelt es sich bloß um Faszinationsstrategien durch hi-tech Tricks, gerichtet an diejenigen, die nicht hinter die Kulissen eines Know-hows sehen können? Sollen radikale Verschiebungs- und Erweiterungspotentiale der körperlich begründeten Kunstformen gänzlich dem Computer zugeschrieben werden? Worin liegt der interdisziplinäre Gewinn solcher hybriden, sozialen und (gleichzeitig) produktionstechnischen Umgebungen?

Individuelle Termine (Soft- und Hardwarewissen bzw. -können), Gruppenbesprechungen (kreative und konzeptuelle Strategien) wie auch gemeinsame Trainings (Tanztechnik und technisches Know-how) wurden mit produktorientierten Paar- und Kleingruppenarbeitsphasen (Projektarbeit)<731> zum ganz- bzw. mehrtägigen Schaffensprozess kombiniert. Einmalige soziale und interdisziplinäre Momente begleiteten die Arbeit an eigenen Pilotprojekten und Studien, die als individuelle Umsetzungen bzw. Konvergenzen aller im Workshop generierter bzw. katalysierter Kenntnisse und Erfahrungen sowohl für die Gruppe als auch für jede/n Einzelne/n weiterführend wirken konnten. Eins dieser Projekte war auch die hier als komplementäre Primärquelle herangezogene Performance des Autors, die im regen Austausch mit der Gruppe und intensiver Kooperation mit einigen TeilnehmerInnen nicht nur konzipiert, sondern als solche auch weitgehend (immerhin als „Pilotperformance“) realisiert wurde:<732>

2.3.1.2 Prozesshaftes Produkt: Die Performance

Da die Performance anlässlich des Workshops für die eigentliche Situation des öffentlichen Vortrags (im Rahmen der Promotion) konzipiert wurde, bezieht sich die folgende Beschreibung auf den intendierten akademischen Kontext, der bei der Erstaufführung im Rahmen des öffentlichen Vortrags später auch tatsächlich relevant wurde. Jedenfalls wurden bereits die Bedingungen der Pilotaufführung in der Präsentationsrunde am Ende des Workshops maximal an die vorauszusehenden realen Umstände angepasst:<733> Der Versuch, den wissenschaftlichen Vortrag mit


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einer verbindlichen und endgültigen Aussage über den „Körper im interaktiven elektronischen Raum“ (per se) abzurunden, zerbröckelt und verfließt letztendlich in einen körper(sprach)lich gebundenen Redeschwall aus zentralen Begrifflichkeiten des erforschten Diskurses, der jedoch nicht mehr mündlich - oder überhaupt als Sprechakt im traditionellen Sinne - realisiert wird. Mithilfe des von Palindrome entwickelten (und in „Seine hohle Form...“ zentral eingesetzten) interaktiven Systems EyeCon<734> können durch (didaktisch „einwandfreie“, obwohl körpersprachlich überbetonte) Bewegungen meines „vor-tragenden“ Körpers die zuvor aufgenommenen Worte „Körper“, „Raum“, „Interaktivität“ und „Schnittstelle“ mit viererlei Varianten des ontologisch bestimmenden Verbums „sein“ kombiniert werden: „ist“, „war“, „wird“ und „sei“ - dies jeweils im interrogativen und im indikativen Intonationsmodus. Bei einem zwar didaktisch suggestiven, doch eigentlich stummen Gesichtsausdruck reagiert mein Körper spontan auf die (von seiner eigenen Bewegung ausgelösten) Aussagen, Fragen, Vermutungen und Zitate. Der Bewegungsablauf scheint sich bald in einer zwar divergenten, jedoch kreisförmigen, „um-sich-kreisenden“ Art eingependelt zu haben. Die Reaktionsschlingen werden immer kürzer, die intellektuelle, hier zunehmend kognitive Reflexion (vgl. Anm. 1003) wird allmählich von der affektiven Verarbeitung der rhythmischen Wortfolge ergänzt. Die anfangs eindimensionale, frontale Kommunikation beginnt sich nun eindeutig - in andere Raumrichtungen und auf andere Sinneskanäle - zu zerstreuen. Das Wort wird stellenweise zum Laut „reduziert“, der in seiner rein akustischen, physischen Qualität (materielle Frequenz) den Körper rhythmisch zu steuern beginnt. Während dieser ersten Stufe erscheint im Hintergrund (auf der Vortragsleinwand) mein Standbild in abgewandter, kontemplativer Stellung.

Zwischen dem Körper und „seinen“ Wörtern ansteigend, oszilliert der Redeschwall und geht plötzlich in eine ebenfalls mit den Körperbewegungen korrelierende Stimmenkombination über: diesmal sind es nonverbale (doch weiterhin meine eigenen, aufgenommenen) Laute, die auch als „Mundperkussion“ aus den aktuellen (hybriden) musikalischen Praxen<735> bekannt sein dürften. Im Austausch mit diesem Lautrhythmus geht die Bewegung des Körpers aus einem eher „didaktischen“ (akademisch stringenten, substanzielleren) in einen mehr „tänzerischen“ (künstlerisch parallelen, liquideren) Duktus über. Im Hintergrund erscheinen im gleichen Rhythmus Kurzvideos meiner (nunmehr frontal aufgenommenen) affektiven Gesichtsausdrücke, die in diversen Improvisationsübungen zum Thema entwickelt wurden. Am Klimax dieser selbst-reflexiven Kommunikation im „closed loop“<736> trete ich näher zum


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Auditorium, heraus aus der interaktiven Schlinge. Gleichzeitig erklingt laute Tanzmusik, an der Leinwand erscheint ein in mehreren Improvisationsübungen erarbeitetes Tanzvideo von intensiver Ausdruckskraft. Das kooperativ entworfene Video beschreibt einen kurzen, intensiven Bogen von körperlicher Ruhe, Bewegungsklimax und Ausschöpfung.<737> Die abschließende Note der Performance baut auf dem starken Kontrast zwischen dem medialisierten (sich bewegenden, schwitzenden, entblößten und formdynamischen) Körper im Videobild und meiner tatsächlich präsenten (ruhigen, trocken eingekleideten und formstatischen) Gestalt, dem Körper. Während schweigsamer und ruhiger Beobachtung des Auditoriums in-presentia geht das hinter mir projizierte Video im Tonausklang und maximaler Nahaufnahme meiner Haut auf. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

“What begins as a formal lecture, degenerates, in stages, into performance art - an interesting interplay of the cerebral and the physical. [...] what impressed me was the sliding transition between what we normally think of quite opposite formats of expression; cognitive/academic and intuitive/artistic." (Robert Wechsler, Palindrome)<738>

2.4 HYPOTHESEN UND MODELLE

Das methodische Herangehen entwickelt sich meistens anhand von (teilweise sogar unbewussten) Erwartungen und Vorwegnahmen, die einem Forschungsunterfangen zugrunde liegen. Sie dienen zur ersten Thesenformulierung, deren Dynamik im Idealfall wiederum mit der Methodenentwicklung korrelieren sollte. Die eingehenden Wissens- und Erfahrungsbestände sowie die darauf basierenden Annahmen bewirken also unbedingt die Methoden, von welchen sowohl die Hypothesenbildung als auch ihre spätere Verifikation bzw. Extrapolation (etwa Trendeinschätzung) abhängen. Bei der Entstehung der vorliegenden Arbeit ging dieser Prozess mit einer intensiven Aneignung der theoretischen sowie sekundär-praktischen Informationsbestände einher, deren objektrelevante Verdichtungen im Kapitel 1. sowie teilweise im Kapitel 3.1. (resp.) zu finden sind. Die mehr oder weniger expliziten (bzw. zu explizierenden) Programme ändern sich entlang des gesamten Forschungsprozesses und nehmen ständigen Einfluss auf die „Zwischenphasen“ - genau dieser Aspekt kann und soll nicht zuletzt auch durch die Vorschläge der vorliegenden Arbeit optimiert werden.<739>


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Obwohl die ideale Konstellation eines wissenschaftlichen Forschungsprozesses die Transformierung der spiegelnden Kreisförmigkeit in die metaphorische Progressivität (etwa einer Spirale) vorsehen mag, versucht die vorliegende Arbeit den Grundsatz der (i. d. S. statisch eingehaltener) „Spiegelung“ möglichst konsequent zu verfolgen, dies hauptsächlich indem sie sich primär der Entdeckung von oben präzisierten Phänomenarten innerhalb eines wenig erforschten Gebiets widmet und den Prozess (trotzdem) zur Wissens- und Erfahrungsschöpfung - also immerhin progressiv - gestalten möchte. Die Auswertung des vorhandenen, oben angeführten bzw. teilweise beschriebenen (weil nicht textuellen) Informationskomplexes erfolgte anhand zweierlei miteinander eng verflochtener Strategien der Hypothesen- und der Modellbildung, die im Folgenden erläutert werden sollen.<740>

2.4.1 Hypothesen

Gemäß den oben ausgeführten Methoden erfolgte die Hypothesenbildung in einer mehrstufigen und prinzipiell rückkoppelnden Abwechslung von Paraphrase und Synthese. Zuerst wurden aus den diskursiven Beständen der vorliegenden Sekundärquellen (Theorie und Sekundärempirie) sowie der Interviews (Primärempirie) in einem unorthodox diskursanalytischen<741> Verfahren einzelne Begriffe ausgesondert, die samt ihrer Umgebung (Kontext, Körpersprache, thematischer Rahmen) zu erwarteten semantischen Feldern und neuen thematischen Clustern organisiert wurden. Des Weiteren wurden einzelne Aussagen, in denen die thematisch raffinierten Begriffe eine gewisse Dichte aufwiesen, aus den transkribierten Interviews als Leitungssätze ausgelesen und mit ihrer audiovisuellen Entsprechung verglichen, womit weitere diskursanalytische Nuancen gefiltert werden konnten. Im nächsten Zyklus wurden die teilweise bereits modifizierten Leitsätze aufeinander abgeglichen und in einzelnen Paraphrasen verdichtet wie auch um weitere Materialien aus den Interviews ergänzt. Durch eine ständige Rückkopplung auf die elektronischen Aufzeichnungen (Video- und Bilddokumentation) und unter Miteinbeziehung der erhobenen kognitiven wie auch affektiven Daten (Interview- und Feldnotizen) schwankte die Hypothesenbildung gewinnbringend zwischen dem intra- und dem interpersonalen Modus.<742> Somit konnte das Spiegelungsprinzip in effektivster Weise umgesetzt werden (Mikro vs. Makroperspektive). Zahlreiche elementare Spiegelungen zwischen den „informellen“ und den „interviewten“ Aussagen ergaben sich auch bei Betrachtung einzelner postproduzierten Dokumente des gesamten Workshops


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(Workshop- und Projektberichte, E-Mail Austausch) sowie der aktuellen interdisziplinär-pädagogischen Tätigkeit der Gruppe Palindrome.<743> Diese konnten jedoch aus relevanzhierarchischen wie auch zeitökonomischen Gründen nicht in die vorliegende Arbeit eingebunden werden.

Bei der endgültigen Formulierung von Hypothesen wurden diverse Anschlüsse an den bereits vorhandenen theoretischen wie auch praktisch-dokumentarischen Informationskorpus sowie an den (parallel entstehenden) hypergraphischen Modellen überprüft. Darauf sollten nicht nur digital bzw. elektronisch erweiterte Graphiken (Hypergraphiken), sondern auch den textuellen Diskurs abschließende Vorschläge und Visionen bezogen werden können. Für diesen (in seiner Entstehung rhizomatischen) „Hypothesentext“<744> wurden typische, u. a. auch kreuzgeführte (Normalfall)Aussagen von möglichst verschiedenen InterviewteilnehmerInnen aus den Transkripten ausgewählt und in die Argumentation als diskursiv illustrierende Primärquellen eingeschlossen. Außer einer Nebeneinanderstellung ausgewählter Aussagen von MitgliederInnen einer interdisziplinären Gruppe im kooperativen Kontext (Workshop) wurden einzelne ausschlaggebende - entweder kohärente oder eben gegenläufige bzw. brüchige - Äußerungen der gleichen Person parallel benutzt.

Unter Einfluss der vorangehenden Auseinandersetzungen mit medientheoretischen, kulturwissenschaftlichen (Kapitel 1.) und vor allem interdisziplinär-praktischen (ansatzweise 1.3., themenspezifisch 3.1., praktisch ab 3.1.2.) Aspekten der „Körper im elektronischen Raum“ wurden die somit assemblierten Hypothesen (Textmontage) im Kapitel 3.2. zusammengefasst, miteinander nach Prinzipien diskursiver Logik verknüpft und schließlich für weitere Strategien wissenschaftlicher Darstellung operationalisiert: Anhand von insgesamt über dreißig erweiterten und zusätzlich belegten (linearen) Paraphrasen wie auch (topologischen) Begriffsfeldern wurden zwei grundlegende Thesenkomplexe, zwei „Exkurse“ („Kunst&Technik“, „Schnittstelle“) und ein zusammenfassender „Ausblick“ formuliert (vgl. die Struktur des Kapitels 3.2.). Die mediale Erweiterung und Transponierung (Multi- und Transmedialisierung) in graphische und schließlich dynamische (hypergraphische) Modelle erfolgte, indem der erste Thesenkomplex - unter Berücksichtigung beider Exkurse - in zwei informationstheoretisch fundierte und miteinander verbundene Modelle („Körper im interaktiven elektronischen Raum 1 und 2“) überführt wurde; das dritte Modell („Interdisziplinäre Kooperation“) entstand hauptsächlich anhand des zweiten Thesenkomplexes und rekurriert unmittelbar auf die zwei erwähnten Modelle (vgl. die Struktur des Kapitels 3.3.).


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2.4.2 Modelle

Anhand von zyklisch überprüften Hypothesen erfolgte zunächst eine hypergraphische Modellierung, die auf einem sowohl kybernetisch<745> bzw. systemtheoretisch als auch fachpraktisch (Systemschema einer Performance) begründeten Informationsverarbeitungskreis<746> basierte. Graphisch-konzeptueller Ausgangspunkt für die Gestaltung des ersten Modells „Körper im interaktiven elektronischen Raum“ wurde eine einfache graphische Darstellung, die zudem in den Interviews als einzigst konkreter Input Einsatz gefunden hatte: Das Systemschema der in der Performance „Seine hohle Form...“ verwendeten Medientechnik wurde von der interdisziplinären Autorengruppe (Frieder Weiß, Robert Wechsler, Butch Rovan)<747> als wissenschaftliche Veranschaulichung und i. d. S. als Kommunikationsunterlage bei Symposien, Druck- und Internetveröffentlichungen benutzt. In der vorliegenden Arbeit dient dieses im Schnittfeld von Technik, Kunst und Wissenschaft entworfene wie auch angewandte interpersonale Kommunikat als Vorlage für die erste Tiefenstufe der graphischen Modellierung.

Im Kontext der o. e. Hypothesenbildung veranschaulicht es die Grundformen der Informationsverarbeitung (als Zeichen- und Impulsverarbeitung) am Beispiel des “closed loop“ Systems in installativer und performativer Medienkunst und deckt somit die interpersonale (samt der systemtechnischen) Perspektive.<748> Die Druckfassung der vorliegenden Arbeit beschränkt sich in ihrer medialen Spezifik lediglich auf die statischen, nicht audiovisuell besetzten oder interaktiv konzipierten Varianten dieser prinzipiell multimedialen und explorativ angelegten Modellierungen. Die Möglichkeit der parallelen und multimedialen Rezeption der Modelle wie auch ihrer (inter)aktiven Benutzung - natürlich im Rahmen der Interaktivitätsmöglichkeiten des (Standard)Personalcomputers - beschränkt sich also auf die elektronischen Versionen der vorliegenden Arbeit. Die CD-ROM und die Online-Publikation gelten somit als die einzig vollständigen Rezeptionsmodi, sowohl im wissenschaftlich bzw. interdisziplinär kommunikativen als auch im institutionellen Sinne (elektronische Publikation der Dissertation). Um dem Objektbereich wie auch dem gesamten Forschungssystem kommunikativ angemessen zu bleiben, soll die bevorzugte bzw. (themen)immanente Darstellung wie auch die Rezeption der vorliegenden Arbeit in einer der beiden elektronischen Fassungen erfolgen - wobei beide natürlich auch als Komplemente zur Druckfassung verstanden und benutzt werden können. Alle drei Modelle wurden innerhalb eines Zeichenprogramms konzipiert, welches eine breite Palette von Formen, Farben, Verweisen und sonstigen graphisch-konzeptuellen


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Veranschaulichungsstrategien zur Verfügung stellte. Des Weiteren wurden spezifische Möglichkeiten erwägt, die trotz des leitenden Durchschnittsnutzungsanspruchs eine angemessene multi- und transmediale Auswertung des vorliegenden Materials ermöglichten:

Wenn sich die erste Modellierung an einem technischen System orientiert, dann widmet sich das zweite Modell „Körper im interaktiven elektronischen Raum“ einer betont menschenzentrierten, psychologischen Tiefenebene des ersten Modells, wodurch die informationstheoretische Perspektive noch enger mit seiner konzeptionellen Abstammung verbunden und ein „tieferer Einblick“ in die (noch weitreichender hypothetisierte) intrapersonale Ebene gewährt werden sollte. Der kybernetische Kreisschluss wurde in beiden erwähnten Modellierungen sowohl als informationstheoretische Voraussetzung wie auch als konsequente Umsetzung des Spiegelungsprinzips (siehe Kapitel 2.1.2.) angestrebt. Durch Konzentrierung auf ein einziges „Personensystem“ sollte menschliche Informationsverarbeitung als reflexives und regulatives System zwischen (analoger) körperlicher Impulsverarbeitung und (digitaler) intellektueller Datenverarbeitung am Beispiel von installativer und performativer Medienkunst beschrieben werden (können). Auch diese Hypergraphik besteht aus mehreren Bildern und Videobeispielen wie auch Teilen der transkribierten Interviews, die neben der zweidimensionalen Graphik und ihrer textuellen Erläuterung weitere (trans- und multi)mediale Kombinationen zwischen Inhalt und Form, Wort und Körper wie auch ihren artverschiedenen Vermittlungsweisen anbieten. Die explorative Anlegung der beiden Modelle - spezifisch für ihre elektronische Fassung - bezeichnet die zyklische, selbstreflexive Eigenschaft der primär systemischen und durchaus informationstheoretischen Perspektive, die besonders in der zweiten Modellierung einen kybernetischen „Erkundungsweg“ als (interpersonal anregende didaktische bzw. pädagogische) Strategie wählt. Die Synergie der explorativen und der multimedialen Darstellungsweise erfolgt primär softwaremäßig auf einer standardisierten (in allen gängigen Browsern vollständig erfahrbaren), Javascript-erweiterten HTML-Plattform: Einzelne graphische Bereiche und insbesondere textuelle Teile des Schemas wurden mit Text-, Ton-, Bild- und Videodateien verknüpft, die entweder bei „Berührung“ (taktile Tastmetapher) mit der Maus oder beim (durch den pfeilbegleitenden „Alt-Text“ angeleiteten) direkten Mausklick ausgelöst werden können.<749>

Die Anleitungen zur Exploration sowie einzelne navigatorische bzw. kybernetische<750> Optimierungen wurden in einer informellen Testgruppe von potentiellen NutzerInnen besprochen und der Komplexität des jeweiligen Schemas angepasst. Die Anforderungen an die Rezeption bleiben zumindest im technischen Sinne sicherlich unter dem aktuellen Standard der adressierten ([inter]professionellen wie auch populären) Milieus. Bis auf die Videoübertragung durchs Internet, die eine bequeme Übertragung-cum-Wiedergabe (Streaming) von Videos ermöglicht, stellen sie keine besonderen Anforderungen weder an die Hardware-Ausstattung noch an die Softwarebedienungskenntnisse der NutzerInnen. Für die Erkundung der Modelle werden lediglich Kenntnisse von Grundfunktionen des Web-Browsers und minimale allgemeine Medienkundigkeit vorausgesetzt (etwa eventuelles Herunterladen eines


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Abspielprogramms und seine Installation).<751>

Im dritten „Modell für konkreative Gruppendynamik“ wird ein einsatzfähiger Vorschlag zur theoretisch wie auch praktisch motivierten Beschreibung der „interdisziplinären Kooperation“<752> angestrebt. Bei diesem Modell - der zumindest aus der Ergebnisperspektive der vorliegenden Arbeit eine kumulative Superposition zu den beiden vorangehenden aufweist - handelt es sich um eine verdichtende Operationalisierung<753> der theoretisch wissenschaftlichen Aussage, die um eine Optimierung von sozialen Prozessen, von kommunikativen und konkreten Ereignissen der realen-als-erlebten Welt bemüht ist. Die explorative Konzeption des Modells wurde zugunsten seiner graphischen Überschaubarkeit minimiert, und bezieht sich lediglich auf seine Tiefenstruktur bzw. Perspektivenvielfalt (graphisch dargestellte Möglichkeit der jeweiligen Perspektivenprämierung). Auf multimediale Belege wurde aus rezeptionsökonomischen Gründen sowie wegen eines Anspruchs auf Allgemeingültigkeit bei dieser Modellierung ebenfalls verzichtet. Allerdings wurde durch HTML-Programmierung und Bildbearbeitung eine perspektivische Darstellung und somit eine Tiefendimension bzw. die Dreidimensionalität des gesamten Modells angestrebt - diese wiederum spezifisch für die elektronische Fassung. Die dreidimensionale Dreibein-Form, die eine gleichwertige Betrachtung eines jeden der drei Aspekte ermöglicht, oszilliert jedoch mit der zu erwartenden zweidimensional-hierarchischen, graphischen Lesart (von „oben“ nach „unten“, von „links“ nach „rechts“), bei der der(operationell fähigste) „Strategienaspekt“ höchstwahrscheinlich über die beiden Beschreibungsaspekte der „Informationsverarbeitung“ und „Vernetzung“ positioniert wird. Mit dieser nonlinearen und oszillierenden Anlegung des Modells sollte vor allem der hohen Komplexität des (potentiellen) Objektbereichs bzw. den hypothetischen als auch den visionären Ausführungen der Arbeit gerecht werden.

Bereits wegen grundsätzlicher Anpassung an artverschiedene Kommunikatoren (des Objektbereichs sowie an andere RezipientInnen der Arbeit) kann eine dimensionierbare Parallelstellung mehrerer Prozesse wie auch Perspektiven unter notwendig transdisziplinärer Behandlung ohne Weiteres als Voraussetzung für eine solche Modellierung angenommen werden. Für das jeweils betrachtete Phänomen wurde in der vorliegenden Arbeit jedoch eine jeweils angemessene (einheitliche und auf bekannte, öfters diskurs-dominante Vorlagen rekurrierende) Modellierung bestimmt.<754> Darum wurde je nach Schwerpunktsetzung sowohl zur schriftlichen als auch zur graphischen bzw. multimedialen Darstellungsform gegriffen, die - jedenfalls auf dem aktuellen Stand der Medientechnik - die vom Buchdruck geprägten


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Standards der linearen, zweidimensionalen und statischen Informationsdarstellung wesentlich erweitert. Unter Anwendung von Computerprogrammierung (seitens des Autors der vorliegenden Arbeit) konnten graphische Modellierungen miteinander verbunden und somit dynamisiert wie auch für eine breite, trotzdem aber individualisierte wissenschaftliche Rezeption explorativ - somit zumindest ansatzweise partizipativ - angelegt werden. Audiovisuelle Dokumentationsmaterialien ließen sich direkt in die graphische Darstellung als gleichwertiger Teil der multimedialen Textur einbinden. Trotz vollständiger Berücksichtigung der traditionellen (linear-kausalen, hierarchischen, monomedialen) Textform und Einhaltung etlicher symbolischer Darstellungsprogramme und gängiger Strukturvorlagen des aktuellen wissenschaftlichen Betriebs (Makrogliederung) erfährt die vorliegende Dissertation in ihrer elektronischen Version eine komplementäre (und nicht bloß elaborative) Erweiterung. Unter Berücksichtigung von den immer wieder aktuellen Maximen der Kommunikativen Sozialforschung<755> soll sowohl offline auf CD-ROM als auch bei der online Variante mit weiteren medienintegrativen Vorteilen des digitalen Formats dem thematisch inhärenten multimedialen Anspruch sowie dem kaum mehr zu bezweifelnden Zeitgeist Rechnung getragen werden.

2.5 TRIANGULATION<756> ALS TRANSMEDIALER DIALOG

Nach den methodischen Leitsätzen der Kommunikativen Sozialforschung fasst sich die forschende Instanz primär als multisensoriell auf (Kapitel 2.2.2.) und versucht durch partizipative bzw. womöglich (gleichwertig) kollaborative Strategien das Objekt zu untersuchen. Ein naher, ganzkörperlicher und persönlicher Kontakt durchs Hineinbegeben ins soziale (kommunikationsintensive) sowie praktische (produktionsintensive) Feld des untersuchten Systems sichern eine informationsergiebige und medial vielfache Interaktion. Als Bedingung des deduktiven Wissensschöpfungsansatzes ermöglicht dies ein logisches (kognitives), sowie gefühlsmäßiges (affektives) Schließen von Mikro- auf Makroperspektive, damit eine subjektiv sichere, kaum weniger auch objektiv nachprüfbare Deutung von sozialen


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und psychologischen Phänomenen.<757> Der wissenschaftliche Akt der Hypothesenüberprüfung und -präzisierung erfolgt als dialogische (reziproke und ganzkörperliche, audiovisuell ebenfalls gespeicherte) Datenrückkopplung an das untersuchte System mit Absicht einer Verbesserung bzw. Optimierung von (intrapersonalen) selbstreflexiven Prozessen sowie von Dynamik interpersonaler Interaktion im sozialen System.

Im Rahmen des Dissertationsprojekts wurden die eingehenden (überwiegend theoretisch bzw. sekundär-dokumentarisch informierten) Ersthypothesen im praktischen Kontext des interdisziplinären Workshops der Gruppe Palindrome durch Interviews sowie durch teilnehmende Beobachtung reformuliert und erweitert. Die Ergebnisse wurden mit weiteren, stets aktualisierten Untersuchungen in der florierenden interdisziplinären Praxis des "dance-tech" (3.1.) sowie durch Selbstreflexion des Autors vervollständigt und zu abschließenden „Beispielen, Vorschlägen und Visionen“ (3.2.) geführt. Das facettenreiche Projekt erfasst somit theoretische und diskursive Reflexion (Dissertationstext, andere Veröffentlichungen), interdisziplinäre Auswertung im akademischen (Hypermodelle, Performances) und praktisch-pädagogischen Kontext (Triangulation, Workshops) sowie der ästhetisch-sozialen Produktion in thematisch verwandten außerinstitutionellen Projekten.<758>

Die zur Triangulation herangezogenen Interviews mit Frieder Weiß, Robert Wechsler und Georg Hobmeier wurden anlässlich des Workshops „Tanz und Technologie“ in Nürnberg (Januar 2003) geführt und nach Prinzipien der Kommunikativen Sozialforschung ausgewertet, anschließend samt vorhandenem Thesenmaterial hypermedial modelliert. Als die letzte Phase der zyklischen Hypothesenbildung wurde im März 2004 die Triangulationssitzung ausgeführt - und erneut hypermedial ausgewertet (diese Modellierung kann wegen ihrer konzeptionellen Spezifik nur in der elektronischen Version rezipiert werden). Anlässlich des Treffens mit Robert Wechsler und Frieder Weiß fünfzehn Monate nach den Interviews wurden einige Thesen bzw. thematische Komplexe anhand von videodokumentierten und i. o. S. hypermedial modellierten Aussagen der Interviewten samt weiteren Dokumentationsmaterialien aus dem Workshop eingeleitet, gemeinsam diskutiert und innerhalb eines kollektiven wissensschöpfenden Kreislaufs präzisiert.<759> Als letzte Phase der zyklischen Wissensschöpfung wurden anhand von Reaktionen der Interviewten auf ihre eigenen Äußerungen und anschließenden gemeinsamen Reflexion einige Vorschläge und


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Visionen sowie Beispiele (3.2.) mit den empirischen Befunden abgeglichen und ein letztes Mal reformuliert (z. B. der beispielhaft pointierte „Renaissancemensch“).<760> Als Vorlagen für die Selbstreflexion (Konfrontation mit eigenen Vorannahmen, Verhaltensmustern usw.) der forschenden Instanz (Einzelforscher!) wurden sowohl Videodokumentationen als auch Feldnotizen (etwa als „Verschriftete Neben- und Nachgedanken“ zu den Interviews, siehe Beilage 2. im Anhang) sowie einige vorformulierte Hypothesen der vorliegenden Arbeit benutzt. Bei solch intensiver kommunikativer (beidseitiger) Einwirkung ändert(e) sich auch das beobachtende System (Forschersubjekt) - dementsprechend wurde es zumindest im triangulationsbezogenen Teil mitmodelliert. Die endgültigen schriftlichen sowie hypermedialen und sogar performativen (2.3.1.2.) Form(ul)ierungen der Dissertationsarbeit sind somit als eine relativ stabile Kristallisierungsstufe dieser kommunikativen Oszillation zwischen Selbst- und Fremdreflexion - durchaus im kollektivem Kontext - zu verstehen.

Aus Gründen einer hohen methodischen Komplexität und wegen oben (2.2.5. und 2.4.2.) begründeter tendenzieller Nutzung von Vorteilen elektronischer Datenspeicherung (audiovisuelle Träger), -übertragung (CD-ROM, Internet) und -strukturierung (HTML, Javascript) wurde auch die Triangulation hypermedial modelliert: der Webseitenkomplex der Hypermodelle versucht die dialogische Informationsverarbeitung als soziales System aufzufassen und somit transmediale Wissensschöpfungsstrategien der Kommunikativen Sozialforschung auszuloten. Eine solche Modellierung ermöglicht zudem eine formale und konzeptionelle Verknüpfung mit den anderen drei parallel entstehenden hypermedialen Modellen (3.3.), wodurch nicht nur die wissenschaftlichen Darstellungsstrategien im Allgemeinen, sondern vor allem ein einzelner, dezidiert hybrider methodischer Ansatz als Prämisse mit (seinen) wissenschaftlichen Derivaten verbunden und in seiner Genealogie zurückverfolgt werden kann. Die parallele bzw. als solche zu modellierende (digitale) Datenverarbeitung sowie die transmedialen (elektronischen) Übertragungsmöglichkeiten des multimedialen Computers korrespondieren - selbstverständlich innerhalb des jeweiligen Stands der technologisch-kulturellen Entwicklung bzw. Interaktion - mit den multimedialen (ganzkörperlichen) sensorischen und kommunikativen Programmen des Menschen. Die Annäherung wissenschaftlicher Darstellungsstrategien an die aktuellen kommunikativen sowie tech(nolog)ischen Entwicklungsstufen ihrer Kultur soll als die Mindestvoraussetzung für einen erfolgreichen interdisziplinären und interkulturellen, intensiv sozialen Austausch verstanden werden.

“Triangulationssitzungen bieten den beforschten Systemen und ihren Elementen (Subsysteme oder auch einzelne Personen) die Möglichkeit sich mit ihrem Erleben, ihrem Verhalten, also mit ihren eigenen Programmen auseinanderzusetzen“<761> - und


215

sie gegebenenfalls positiv zu verändern. Als direkter Verbesserungsvorschlag im Sinne eines Interventionsschemas in das untersuchte System (sowie in diesem ähnliche Systeme) wurde anhand dieser intensiven multimedialen und teilweise kooperativen Interaktion die oben (2.4.2.) bereits erwähnte und im Weiteren präzisierte (3.3.3.) präskriptive Modellierung konzipiert. In ihrem ganzheitlichen Anspruch nimmt die Modellierung der „interdisziplinären Kooperation“ Bezug auf drei wesentliche Perspektiven, aus denen ein solcher Prozess nicht nur beobachtet, sondern vor allem auch (vor)gestaltet und reguliert werden kann - und soll: kollektive (primär verbale) Informationsverarbeitung, systematische und strukturelle Aspekte der Vernetzung im Arbeitsprozess, reflektierte Dynamik zwischen impliziten und expliziten Strategien bzw. Programmen.<762>

>>weiter>>


Fußnoten:

<683>

Der Großteil von basalen Konzepten und Strukturen in diesem Kapitel wurde der umfangreichen online Datenbank „Kommunikative Sozialforschung“ von Michael Giesecke (Giesecke: Michael: Kommunikative Sozialforschung. Datenbank: <www.kommunikative-sozialforschung.de>) wie auch etlichen persönlichen Gesprächen mit dem Autor - hauptsächlich in der Rolle des Betreuers der vorliegenden Arbeit - entnommen.

<684>

Vgl. insg. die praktisch breit fundierte Veröffentlichung von Giesecke, Michael / Rappe-Giesecke, Kornelia: Supervision als Medium kommunikativer Sozialforschung. Die Integration von Selbsterfahrung und distanzierter Betrachtung in Beratung und Wissenschaft. Frankfurt/Main 1997.

<685>

Siehe zum Verhältnis von menschlichem Körper und elektronischer Medientechnik genauer Kapitel 1.1.1. bis 1.1.2. (Körpertheorie) und 1.1.3. (Körperdiskurs der Informatik) sowie Kapitel 1.2.3. (Cyberspace-Konzepte).

<686>

In den folgenden Kapiteln soll detailliert ausgeführt werden, warum das jeweilig gewählte Objekt niemals ohne die subjektive Position bzw. ihre Reflexion „objektiv“ und distanziert betrachtet werden kann. Zur praktischen Exemplifizierung des Ansatzes siehe insb. Kapitel 2.3.1.2. (Performance) und 2.5. (Triangulation).

<687>

Zur naturwissenschaftlichen Begründung des Konzepts siehe Kapitel 1.3.1.3.

<688>

Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hg.): Kommunikative Sozialforschung. München 1976.

<689>

Siehe diverse Quellen in diesem Kapitel und vgl. insb. Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Methodologie“, Artikel: „Theoretische Vorläufer der Kommunikativen Sozialforschung“. Dazu merke den breiteren theoretischen Kontext wie ausgeführt im Kapitel 0.3. Ein Großteil der Kommunikativen Sozialforschung stützt sich auf den Symbolischen Interaktionismus, die Ethnomethodologie, die Wissenssoziologie wie auch auf einige soziologische Schulen. In seinen Ansätzen schenkt Giesecke jedoch besondere Aufmerksamkeit der - im Bereich sonst weniger rezipierten - allgemeinen Systemtheorie und der Theorie sozialer Systeme von Niklas Luhmann und deutet diese in einer betont ökologischen Lesart.

<690>

Vgl. im Allgemeinen wie auch im Einzelnen Gieseckes dreidimensionale Modellierung unter Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Ziele“ wie auch Modul: „Selbstreflexion“. Mit Niklas Luhmann bestimmt Giesecke selbstreferentielle Systeme in folgender Weise: „Die Theorie selbstreferentieller Systeme geht davon aus, daß diese Systemtypen immer über Modelle von sich selbst verfügen müssen, um ihre internen Prozesse zu steuern, ihre Komplexität zu erhalten und sich von ihrer Umwelt so abzugrenzen, daß diese sie als eine Einheit erkennen kann.“ Ebd. Modul: „Methodologie“, Artikel: „Systemtheoretische Grundlagen der Kommunikativen Sozialforschung“.

<691>

Diese oft als „Binsenwahrheiten“ abgetanen oder sogar unter den Teppich gekehrten Prämissen besitzen aus der Sicht der Kommunikativen Sozialforschung ein großes Argumentationspotential und werden auch in der vorliegenden Arbeit auf besonders konsequente Weise umgesetzt: Nicht nur beobachtbare, in Interaktion untereinander tretende Objekte, sondern vor allem diejenigen Objekte, die sich das (forschende, wissensschöpfende) Subjekt - wie auch immer informatisch - durch (notwendige) Interaktion anzueignen versucht, können durch formale, strukturelle, prozessuale u. ä. Analogien genauer erfasst werden. Diese emergieren entweder im Zustand bzw. Prozess des - wie auch immer informatischen - Austauschs oder sind bereits vorher vorhanden und müssen a posteriori expliziert werden. Eine Forschung (als informatische Aneignung i. o. S.) aus Distanz und ohne Veränderung des erforschten Objekts ist im sozialen und kommunikativen Gefüge somit unplausibel, wogegen ein beidseitig verändernder, bewusster (reflektierter) Austausch zwischen dem Forschenden und dem Erforschtem nicht nur eine Optimierung des Informationsaustauschs, sondern vor allem eine (sowohl informationstechnisch als auch psychologisch bzw. ethisch aufgefasste) „Verbesserung“ beider Systeme ermöglicht. Siehe dazu weiter unten und vgl. Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. insg. Modul: „Selbstreflexion“.

<692>

Vgl. allgemein Kapitel 2.4. M. E. von größter Argumentationskraft wäre an dieser Stelle jedoch die Videodokumentation der Performance im Rahmen des Workshops (siehe elektronische Version) bzw. die dazu relevanten Ausführungen in 2.3.1. Vgl. „Pacing“ als ein körperlich intensives und dynamisches Spiegelungsphänomen in Anm. 724.

<693>

Nach Zusammenfassung aus Merten, Klaus / Teipen, Petra: Empirische Kommunikationsforschung. Darstellung, Kritik, Evaluation. München 1991. S. 35 - 39. Zusammengefasst von Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Methodologie“, Artikel: „Probleme empirischer Kommunikationsforschung“.

<694>

Vgl. allgemein ders.: Von der typographischen zur elektronischen Konstituierung von Daten in den Sozial- und Sprachwissenschaften. <www.michael-giesecke.de/giesecke/dokumente/48/index.html> (erschienen auch in: LiLi, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Heft 90/91, Jg. 23. Göttingen 1993)

<695>

Ebd. S. 13. (PDF-Version).

<696>

Vgl. sowohl das überwiegend theoretisch informierte Kapitel 1.3. wie auch das sowohl thesenausführend als auch visionär motiviertes Kapitel 3.2. (eine ähnliche, nur themenspezifischere und primär diskursiv-dokumentarische Methode wurde auch etwa im Kapitel 3.1.5. angewandt). Im ersten Fall stützt sich die Zitatenmontage auf eine breite Analyse des gängigen theoretischen und (meta)technischen Diskurses, die hypothetischen und teilweise visionären Schlussfolgerungen des Kapitels 3.2. basieren dagegen auf einer mikroanalytischen und zyklischen Ergründung der videoaufgenommenen Interviews. Vgl. Kapitel 2.2.3. bis 2.2.5.

<697>

Die folgende Beschreibung von Methoden erfolgt nach Phasen in einer Abfolge, in der sie realisiert wurden. Grundsätzlich orientiert sie sich an der Vorgabe von Giesecke, Michael / Rappe-Giesecke, Kornelia: Zur Integration von Selbsterfahrung in der Wissenschaft. (S. 9ff der PDF-Version unter <www.michael-giesecke.de/giesecke/dokumente/74/>). Sie erfasst drei grundlegende Entitäten des Objektbereichs, die sich für die Perspektive der Kommunikativen Sozialforschung von Belang zeigen: den Workshop (sozial), die Interviews (diskursiv, analytisch) und die eigene Performance (produktiv, synthetisch). Einige weitere relevante Elemente des empirischen Kontingents, die ebenfalls an die hier beschriebene Methodologie anknüpfen, sollen im folgenden Kapitel 2.3. beschrieben werden.

<698>

Siehe Anm. 727 wie auch die einführenden Kapitel 0.1f.

<699>

Siehe Anm. 710.

<700>

<http://eyecon.palindrome.de> Autor des interaktiven Systems „EyeCon“ ist Frieder Weiß (<www.systemhaus-weiss.de/>), auch Mitglied von Palindrome IMPG.

<701>

In den folgenden Abschnitten soll die Ich-Form im Sinne einer möglichst konsequenten sowie selbstreferentiellen Verfolgung des (erst)persönlichen Satzes der gewählten Methode benutzt werden. Siehe die Ausführungen zur Erhebung und Dokumentation im Weiteren.

<702>

Ein narratives Interview konzipiert die Datenerhebungssituation primär als flexibles Gespräch, in dem die befragte Person zur freien Erzählung angeregt wird, wobei eine exakte Beantwortung der Fragen (beschreibendes Interview) nicht forciert - jedoch möglichst spontan angeleitet - werden soll. Neben expliziter Positionen und (miteinander kontrastiv zu analysierenden) argumentativen Strängen sollten vor allem unbewusste Positionen und Programme (in Phänomenen wie Gestik, Stimmführung, Sprechrhythmus usw.) vernommen und ausgewertet werden können.

<703>

Detaillierte Beschreibung der Workshopkonzeption von Palindrome befindet sich unter <www.palindrome.de/wkspg.htm>; aktuelle Ankündigungen dieser (seit dem Pilotversuch in Januar 2003) nun einigermaßen regelmäßigen Reihe unter <www.palindrome.de/tanzereiworkshop.htm>. Vgl. auch Anm. 721.

<704>

Als Primärquelle für das Transkriptionsverfahren wurden die Richtlinien zur Datendokumentation von Michael Giesecke herangezogen: Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. insg. Modul „Datendokumentation“, denen ausführliche Anleitungen zu diversen Genauigkeitsstufen und Anwendungsbereichen für Transkriptionen zu entnehmen sind.

<705>

Die transkribierten Interviews (samt Transkriptionslegende) wie auch die eigenen selbstreflexiven Kommentare zu den Interviews befinden sich vollständig im Anhang zur vorliegenden Arbeit.

<706>

In der elektronischen Version sollen die innerhalb der Hypermodellierungen zur Verfügung stehenden Videoaufnahmen herangezogen werden - dies möglichst parallel zur transkribierten Textfassung der Interviews, insb. zu den Textabschnitten innerhalb der Hypergraphiken.

<707>

Siehe insb. die Hypergraphiken der elektronischen Version bzw. den Kapitel 3.3.

<708>

Vgl. Modell „Interdisziplinäre Kooperation“, insb. den Kapitel 3.3.3.1. und den „Informationsverarbeitungsaspekt“.

<709>

Gemeint sei hier vorerst die möglicherweise tatsächlich originale Herangehensperspektive aus dem primär theoretischen Umfeld, die - spontan und in Interaktion mit dem Forschungsobjekt - zu einem betont (ästhetisch, technisch) praktischen bzw. intensiv (pädagogisch, wissenschaftlich) empirischen Prozess herangewachsen ist. Ein ähnliches intensives Zusammenspiel zwischen Theorie und Praxis kann zumindest im Bereich des institutionalisierten - entweder technisch oder künstlerisch, meistens jedoch beiderseits motivierten - „Art&Science“ (Mythos, vgl. Anm.1047 samt Kontext des Kapitels) zwar öfters und sogar als Regelfall beobachtet werden.

<710>

Als eine reichlich diskursiv sowie (video)dokumentarisch belegte Primärquelle aus dem performativen Medienkunstbereich wird die Tanzperformance „Seine hohle Form...“ von Palindrome IMPG und Butch Rovan herangezogen (siehe etwa die Begründung in der Anm. 1034). Die zahlreichen weiteren in den Kapiteln 3.1. und 3.2. behandelten Arbeiten sowie die dazugehörigen Reflexionen deinen nicht nur als vom erwähnten Projekt abzugrenzende, sondern auch als das breite praktische und diskursive Feld absteckende und darüber hinausweisende Beispiele.

<711>

Siehe Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Ergebnisse“, Artikel: „Normalformrekonstruktion als Ziel der Forschung“.

<712>

Siehe detaillierte Beschreibung im Kapitel 2.2. und vgl. die audiovisuellen Dokumentationsmaterialien der elektronischen Version.

<713>

Siehe Beilagen im Anhang sowie die audiovisuell belegten elektronischen Versionen der Modelle, insb. Kapitel 3.3.1. und 3.3.2.

<714>

Siehe dazu ausführlicher Kapitel 2.3.1.

<715>

Siehe auch Danksagung im Anhang der vorliegenden Arbeit.

<716>

Vgl. zum individualistischen Paradigma der Wissensschöpfung die kritische Auseinandersetzung von Giesecke / Rappe-Giesecke: Zur Integration von Selbsterfahrung und distanzierter Betrachtung in der Wissenschaft. Dem rückkopplungs- und interaktionsarmen Standard der neuzeitlichen Wissenschaft entgegnen die Autoren diverse Formen „sozialer Informationsschöpfung“ durch „kollektive Selbstreflexionsprozesse“. Siehe praktisch ergänzend dazu Kapitel 2.1., vgl. letztlich die Prämissen des Kapitels 3.3.3.3.

<717>

Die Beschreibung entstammt dem gemeinsamen Artikel bzw. Projektbericht von den drei Hauptakteuren des Projekts. Rovan, Butch / Wechsler, Robert / Weiß, Frieder: ... Seine hohle Form... - Artistic Collaboration in an Interactive Dance and Music Performance Environment. <www.palindrome.de/4-paper-2w.htm> Im Weiteren wird diese Performance grundätzlich als »Tanzperformance« betrachtet und als solche auch primär bezeichnet.

<718>

Die Arbeit bleibt online zugänglich als Bestand der „Digitalen Bibliothek Thüringen“ und im Rahmen des „DissOnlineProjekts“ der „Deutschen Bibliothek“, die eine Zugangsfrist bzw. plattformunabhängige Lesbarkeit von mindestens 50 Jahren garantieren. <www.db-thueringen.de/> Neben einer Doppelsicherung auf zwei Servern wird der Publikation auch eine Konstante Internetadresse (als URN) zugewiesen. Angesichts des Umfangs sowie der medialen Diversität der Materialien wurden in einem separaten HTML- und Videobearbeitungsverfahren seitens des Autors alle online zu stellenden Inhalte sowohl für Hochgeschwindigkeitsanschlüsse als auch für niederigere Datenübertragungsgeschwindigkeiten (analoges Modem, ISDN) optimiert.

<719>

Siehe Anm. 336.

<720>

Siehe Kapitel 2.3.1., wo die eigene Performance des Autors als wesentlicher Teil des öffentlichen Vortrags dargelegt wird.

<721>

Unter Mitarbeit des Autors der vorliegenden Arbeit fand zwischen dem 2. und dem 5. Dezember 2004 an der Universität Erfurt ein interdisziplinärer Workshop als Veranstaltung des Instituts für Literaturwissenschaft / Medien <www.uni-erfurt.de/kommunikationswissenschaft/> unter Leitung von Prof. Michael Giesecke und Christiane Heibach statt. StudentInnen sowie Lehrkräfte verschiedener humanistischer Richtungen (Kommunikations- und Literaturwissenschaft, Geschichte, Kunstpädagogik) erforschten zusammen mit einschlägigen MedienkünstlerInnen (Tänzer Robert Wechsler von „Palindrome IMPG“, Multimedia-Choreograph Johannes Birringer, Ursula Hentschläger und Zelko Wiener als „Zeitgenossen“ <www.zeitgenossen.com>) das Schnittfeld zwischen „Synästhesie und Medienkunst". Merke zu den beiden ersterwähnten Künstlern insb. ihre wortführende Rolle in den Kapiteln 3.1. und 3.2. Zum Workshop siehe <www.uni-erfurt.de/kommunikationswissenschaft/workshop/>.

<722>

Vgl. bezüglich dieser und folgender Aussagen möglichst exakt die Videodokumentation der „Pilotperformance“ in der elektronischen Version der vorliegenden Arbeit und verknüpfe mit dem Kapitel 2.3.1.2.

<723>

Ebd. Vgl. die Dokumentationen der beiden Performances, insb. untereinander.

<724>

Hier wird „Pacing“ prozessual als „dynamische Spiegelung“ verstanden. Siehe dazu genauer Kapitel 2.1.2. Außerhalb der Tanzwissenschaft (primär körperlich) und der Psychologie (primär kognitiv) bezieht sich der Begriff auf die Angleichung des Tempos bzw. der Bewegungsgeschwindigkeit von zwei oder mehreren TeilnehmerInnen bei Rennveranstaltungen (von Langlauf und Marathon bis zu Pferde- oder Autorennen). Vgl. zum Pacing-Konzept den in der vorliegenden Arbeit mehrfach tragenden (etwa 3.2. und 3.3.) und im Neuro-Linguistischen Programmieren parallel benutzbaren Begriff „Spiegeln“: „Beim Spiegeln paßt sich ein Kommunikator (eine Kommunikatorin) an Teile des beobachten Verhaltens einer Person an. Spiegeln kann sprachlich oder nichtsprachlich geschehen.“ nlp.wörterbuch. (Artikel: <www.nlp.at/lexikon_neu/show.php?input=246>). Im Bereich des NLP kommt das Spiegelungsphänomen vielfach zum Tragen - etwa sowohl bei verbaler als auch bei nonverbaler Kommunikation - und erweist einen besonderen praktischen bzw. pädagogischen oder sogar therapeutischen Wert.

<725>

Siehe Anm. 737.

<726>

Zum Begriff der „Kinästhetik“ vgl. Anm. 412.

<727>

Vgl. die Zwiespalt zwischen „intellektuell“ und „kognitiv“ wie dargestellt in der Anm. 1003. Aus dieser Perspektive ist sicherlich auch die gesamte vorliegende Arbeit als (primär) intellektuelle Leistung im Rahmen einer akademischen Promotion zu betrachten. Trotzdem wird es durchgehend versucht, die affektive Reflexion sowie die technisch-körperliche ästhetische Produktion als wissenschaftliche Kategorie heranzuziehen, sie format- und mediumgemäß zu dokumentieren, um sie in die Strukturen und Prozesse einer Dissertation einbinden zu können. Eine solche Wissenschaft muss sich durchgehend in einem i. o. S. hybriden Zustand des Austauschs mit artverschiedenen - obwohl als Objekte bzw. Subjekte systeminternen - Bereichen verstehen und wiedererfinden können. Vgl. Anm. 336.

<728>

Als ein Beispiel mit naher Anbindung an den Objektbereich vgl. den produktionsorientierten „interdisziplinäre[n] europäische[n] Workshop, der neue Wege der Verknüpfung zwischen realem und virtuellem Raum experimentell erkunde[n]“ haben sollte. Er fand statt anlässlich des internationalen Festivals für computergestützte Kunst „CYNETart“ im Jahr 2002 in Hellerau bei Dresden, dies unter dem Motto „Realtime & Presence“. (<www.body-bytes.de>, siehe das Unterverzeichnis „Archiv“). Sowohl die MitgliederInnen von Palindrome als auch das interaktive System EyeCon (siehe genauer unter 2.3.1.1.) wären hier als zentrale Figuren/Plattformen der interdisziplinären Kooperation zu beobachten. Die interaktive Bühne konnte von den BesucherInnen der abschließenden Performance nach der Aufführung unabhängig erfahren werden. Vgl. die Videodokumentation im Kapitel 3.3.1. (elektronische Version) im Schemabereich „ELEKTRONSICHER RAUM / installativ“, wo ein kurzes Videoabschnitt die gemeinsame „Er-fahrung“ (vgl. Anm. 68) des performativen Settings der Performance „AchtMotivAcht“ seitens des Publikums dokumentiert. Die Performance war eine Produktion des erwähnten Hellerauer Workshops und fand am 8. 11. 2002 im Schauspielhaus Hellerau statt. Das interaktive System EyeCon wurde dabei als zentrales Softwareprogramm für Bewegungserfassung und Medienausgabesteuerung angewandt.

<729>

Vgl. als Gegenbeispiele etwa ähnliche Workshops von „Troika Ranch“ (primär Tanzstudenten <www.troikaranch.org>) oder etwa das Projekt „ADaPT“ (meistens Künstlerprofis oder institutsinterne StudentInnen, Anm. 823)

<730>

Die in diesem Abschnitt angeführten Beschreibungen und Zitate entstammen größtenteils der (i. o. S. „selbstbeschreibenden“) Workshop-Seite von Palindrome <www.palindrome.de/index.html?/workshop.htm> bzw. dem dazugehörigen Promotionsmaterial wie auch den eigenen persönlichen Beobachtungen des Autors. Vgl. dazu die Ausführungen des Kapitels 3.2.1. bzw. die Visionen des Kapitels 3.2.5.3.

<731>

Vgl. zu den visionären Systematisierungen von „Projektarbeit“ Kapitel 3.3.3.2.

<732>

Die Realisierung der „Pilotperformance“ in einer abschließenden Präsentationsrunde am Nürnberger Workshop erfolgte unter maximal „realistischen“ Bedingungen (Zeitdruck, Publikum) und wurde als solche audiovisuell aufgezeichnet (siehe elektronische Version der vorliegenden Arbeit). In konsequenter Rücksichtnahme auf die institutionelle Beschaffenheit ihrer Konzeption (ein zu benotender akademischer Akt) fand die Performance am 17. Juni 2004 an der Universität Erfurt als abschließender Teil des Vortrags im Rahmen der studienbegleitenden mündlichen Prüfungsleistung statt.

<733>

Vor der Aneignung der folgenden textuellen Beschreibung der Konzeption empfiehlt es sich - zumindest im Fall der Verfügung über die elektronische Version - das Video der Performance möglichst in beiden Varianten (die Pilotperformance sowie die Performance im Rahmen des Vortrags) und in voller Länge anzuschauen. Es bietet sich dazu auch die Möglichkeit einer parallelen Rezeption: entlang des linearen Leseprozesses kann das Video stufenweise (etwa in einem zweiten Fenster am Bildschirm) abgespielt werden.

<734>

“This video based interactive computer system allows movement to control or generate sounds, music, text, stage lighting or projectable art. They are [sic!] adaptable to an enormous number of applications, lending themselves to experimentation in genuinely new directions in the performing arts. EyeCon offers an easy to use way to create video interactive environments without the need to go into graphical or script based programming. Also people without computer skills are able to setup interesting interactive installations.“ EyeCon Program Help File and Manual. <http://eyecon.palindrome.de> Dieses Zitat aus der Hilfedatei des Programms kann als eine weitere, diesmal technische Instanz der „Selbstbeschreibung“ betrachtet werden. In diesem Sinne handelt es sich um eine „menschliche“ Beschreibung bzw. höchstens um „Übersetzung“ einer technischen Funktions- und Anwendungsweise (aufs interpersonale Niveau).

<735>

Hauptsächlich etwa „a capella“ Gesang oder Rapmusik, wie auch aktuelle Kreuzungen zwischen Ethnomusik, elektronischer Musik, Jazz usw.

<736>

Hier als geschlossener Reaktionskreis im interaktiven System. Vgl. die Ausführungen zum Konzept des „closed loop“ im Kapitel 3.2.3.3. (deskriptiv) und 3.2.5.2. (präskriptiv) sowie die Modellierung im Kapitel 3.3.3.1. Zu Konzeptionen der Selbstreflexion vgl. diesbezüglich auch Kapitel 2.1.2.

<737>

Das Video wurde aufgenommen von Bram Vreeswijk (<www.geestesoog.nl>) zum Musiktitel „Dub Experience“ der Gruppe „St. Germain“ (<www.bluenote.tm.fr/french/stgermain.html>). Es handelt sich dabei um eine kommunikativ („shadowing“ als tänzerische Strategie der nahen Verfolgung bzw. gegenseitigen Angleichung zweier Körper und als Konzept des „dynamischen Gleichgewichts“ bei tänzerischer Paar- bzw. Gruppenimprovisation) aufgenommene und im nachhinein zusammen mit dem niederländischen Videokünstler elektronisch bearbeitete Sequenz meiner Tanzimprovisation, die von Robert Wechsler, einem der Workshopleiter als „copoeira-taiqi-studio-workout“ beschrieben wurde. Wechsler, Robert: Palindrome Workshop: January 2003. Reviews of the Experimental Works Created and Presented during the Workshop. <www.palindrome.de/workshop/testamonials.htm> (Lesedatum: 02. 02. 2004). Vgl. auch Wechslers Nachricht an die Mailingliste „Dance Tech“: Wechsler, Robert: Report on PALINDROME WORKSHOP (Nürnberg , 1-2003). In: Archiv der Mailingliste ’Dance-Tech‘. 26. 02. 2003. <www.dancetechnology.com/dancetechnology/archive> (Artikel: www.scottsutherland.com/dancetechnology/archive/2003/0070.html )

<738>

Ebd.

<739>

Vgl. die Ausführungen zur Modellierung im Kapitel 3.3.3.3.

<740>

Vgl. die Gliederung des gesamten Kapitels 3.

<741>

Die üblichen Richtlinien für „Konversationsanalytische Transkriptionen“ (Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Datendokumentation“) wurden im Fall der vorliegenden Arbeit nicht auf die „möglichst genaue“ sondern eben auf die für das Vorhaben optimale Genauigkeit reduziert. Insbesondere wurde die Strukturierung von „Turns“ in Hinsicht auf die ausschlaggebenden Begriffe (wie etwa „Körper“, „Raum“, „Interaktivität“, „Schnittstelle“ usw.) beobachtet, wodurch einzelne unterschwellige, nicht explizit im Wortlaut zu erkennende Schattierungen bei einzelnen Aussagen analysiert werden konnten. Als ergiebigste Quellen ergaben sich vor allem diskursivierte - und natürlich in der Körpersprache betonte oder eben negierte - Oppositionen (etwa „Kunst vs. Technik“) und Hierarchisierungen (etwa „Nutzer > Techniker > Künstler“). Bei Erwägung von Gesprächsdynamik und Rhythmus wurde das audiovisuelle Dokumentationsmaterial mehrmals herangezogen.

<742>

Vgl. untereinander die beiden Hypermodellierungen in den Kapiteln 3.3.1. und 3.3.2. der elektronischen Version.

<743>

In den Jahren 2003 und 2004 entwickelten die HauptakteurInnen der Gruppe Palindrome am britischen „Doncaster College“ das Masterprogramm “digital performance“. <www.don.ac.uk/ipa>. Siehe auch Anm. 721.

<744>

Vgl. die seit mindestens zwei Jahrzehnten prägende vernetzungstheoretisch motivierte Textmetapher als mehrdimensionales Geflecht. Zur Begründung des Begriffs „Rhizom“ und seines kulturwissenschaftlichen Umfelds siehe Deleuze, Gilles / Guattari, Felix: Tausend Plateaus. Berlin 1992 (1980). Diese Prämisse wird in der elektronischen Version der Arbeit durchgängig eingehalten, bei der Druckfassung kann sie lediglich im beschränkten Umfang durch Anmerkungen und Querverweise einigermaßen kompensiert werden.

<745>

Nach dem zweiten Weltkrieg zeigten die bisher getrennten Zweige der Natur-, Geistes- und Ingenieurwissenschaften eine starke Tendenz, die Kollaborationsparadigmen und Synergien aus dem militärischen Kontext für humanere Ziele zu erhalten und weiter zu entwickeln. Das »epistemologische Experiment« (Warren McCulloch) der Kybernetik wäre auch als einer der wichtigsten Versuche einer allgemeingültigen und vielseitig ausgewogenen Theorie anhand der Paradigmen von Feedbackschleifen und Informationsverarbeitungssystemen zu verstehen. Eine solche universale Regulationslehre sollte für biotische sowie für technische Entitäten, nicht zuletzt auch für soziologische und psychologische als auch für ökonomische und sogar ästhetische Betrachtung nutzbar gemacht werden.

<746>

Siehe Kapitel 2.1.3.

<747>

U. a. etwa insg. der Artikel von Rovan / Wechsler / Weiß: ...Seine hohle Form...

<748>

Zur stufenweise dargestellten Entwicklung und genaueren Erläuterung des Schemas siehe Kapitel 3.3.1.

<749>

Zur genaueren Erläuterung des Modells siehe Kapitel 3.3.2.

<750>

Vgl. die Etymologie des Begriffs „Kybernetik“: „zu altgr. kybernetiké téchne, ‚Steuermannskunst‘, zu kybernétes, ‚Steuermann‘“ Wikipedia. (Artikel: <http://de.wikipedia.org/wiki/Kybernetik>)

<751>

Als das Standardformat für Video wurde - trotz der prinzipiellen Einstellung des Projekts gegen geschlossene, proprietäre Formate (vgl. die informationsreiche Anm. 1083 zum Konzept „Open Source“) - „Real Video“ gewählt, vorerst wegen seiner breiten Benutzung, allgemeinen Bekanntheit und optimaler Kompressionsleistung im Vergleich mit den zur Zeit der Entstehung der Modelle noch unausgereiften Technologien im „open-source“ Bereich. Siehe auch die „Anmerkungen zur Nutzung“ in der elektronischen Version.

<752>

Siehe die Modellierung und ihre Erläuterung im Kapitel 3.3.3.

<753>

Im aktuellsten deutschsprachigen medientheoretischen Sammelband „Theorien der Medien“ (Weber [Hg.]: Theorien der Medien) endet die Mehrheit der Beiträge mit einer Absage an trockene Theorie und anknüpfungsarme Wissenschaft. Von primär theoretisch interessierten AutorInnen werden mehr oder weniger implizite Visionen für praktisch anwendbare Medientheorie und -wissenschaft formuliert. Siehe Fazit im Kapitel 0.3.

<754>

Siehe Kapitel 2.4.1.

<755>

Eine diesbezüglich einschlägige Formulierung der Einbettung von Prinzipien der Kommunikativen Sozialforschung in die Programme der Informationsgesellschaft findet sich bei Michael Giesecke: „Alle zentralen Kategorien, mit denen die Besonderheiten der Informationsgesellschaft gegenwärtig hervorgehoben werden: Interaktivität, Multisensualität, Multimedialität, Parallelverarbeitung, Globalisierung, Online-Vernetzung, Hypertext und vieles andere mehr, stehen im polaren Gegensatz zu den Kategorien, mit denen der Wissenschaftsbetrieb bis vor kurzem seine Tätigkeit praktisch ausschließlich beschrieb: distanzierte, d. h. rückkopplungsfreie Beobachtung, praktisch ausschließliches Vertrauen auf den visuellen Wahrnehmungskanal, monomediale Präsentation der Ergebnisse, lineare und kausale anstatt parallele Verknüpfungsstrategien, widerspruchsfreie Beschreibungen usf. Die kommunikative Sozialforschung versteht sich demgegenüber als eine zeitgemäße Antwort auf die Anforderungen der Informationsgesellschaft.“ Giesecke / Rappe-Giesecke: Zur Integration von distanzierter Betrachtung in der Wissenschaft.

<756>

Im Rahmen einer dezidiert kommunikativ (rückkoppelnd und dynamisch) ansetzenden Methodik der Kommunikativen Sozialforschung definiert Michael Giesecke Triangulation als „die Konfrontation der Datenproduzenten/des untersuchten Systems mit den von ihnen produzierten Daten bzw. den Daten, die im Verlauf des Forschungsprozesses aus den Ursprungsdaten [Videoaufzeichnungen sowie daraus derivierte Transkriptionen, Paraphrasen, Hypothesen und Modelle, P. P.] generiert wurden, durch einen Forscher/ein Forscherteam in einem abgegrenzten Setting.“ Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Rückkopplung“, Artikel: „Triangulation“.

<757>

Ebd., insb. im Modul: „Auswertung.“ Vgl. auch die hohe Objektivitätsstufe bzw. den langfristigen Dokumentationswert der technisch unterstützten Datenerfassung, -bearbeitung und -darstellung (Kapitel 2.2.2. und 2.4.).

<758>

Siehe einige außerakademische Projekte des Autors der vorliegenden Arbeit, wo sich die Ansätze der multimedialen und ganzkörperlichen Aufnahme, Verarbeitung und Darstellung von Information in seiner künstlerischen bzw. sozialen Praxis wiederspiegeln: im Projekt „BUmBUs - Trommeln für Taube“ (2003/2004) wird etwa das Konzept des Rhythmus in der sozialen Gruppe der Gehörlosen ästhetisch-experimental sowie therapeutisch auf visuelle (VJing) und körperliche (Tanz, Trommeln) Medien erweitert. Durch kombinierte partizipative und kollaborative Strategien werden nicht nur wertvolle wissenschaftliche Befunde und ästhetische Neuerungen, sondern auch eine kreative therapeutische „Verbesserung des untersuchten Systems“ und nicht zuletzt seine (soziale) Selbstreflexion angestrebt. Neben einer transmedialen Nutzung der Trommel - als primär musikalisches Instrument wird sie auf bisher unterschätzte visuelle, kinästhetische und taktile Qualitäten untersucht - soll eine fremde (afrikanische) Kultur multimedial und zielgruppenspezifisch vermittelt und reflektiert werden. <www.kud-bu.si/bumbus> (Webseite in slowenischer Sprache).

<759>

Vgl. die vollständige hypermediale Modellierung im Kapitel 3.3.2., insb. der elektronischen Version.

<760>

Vgl. das detaillierte Beispiel der Modellierung von Triangulation als prinzipiell „dialogisches“ und „informationsverarbeitendes“ System. Diese Hypermodellierung „transmedialer Wissenschöpfungsstrategien der kommunikativen Sozialforschung“ kann aus Gründen der medialen Spezifik lediglich in der elektronischen Version der vorliegenden Arbeit vorgefunden werden. Im Unterschied zu den anderen drei Hypermodellierungen kann in diesem Fall keins der graphischen Elemente bzw. Schemata in die Druck- bzw. Textversion der Arbeit plausibel eingeschlossen werden. Siehe insb. die stufenweise modellierte Explizierung des Falles „Renaissancemensch“ und vgl. daraufhin Kapitel 3.2.1.1. sowie 3.2.2.3. (etwa zur Entwicklung des Konzepts zum „Renaissanceteam“), wo die Triangulationssitzung die endgültige Formulierung von Hypothesen direkt beeinflusste.

<761>

Giesecke: Kommunikative Sozialforschung. Modul: „Rückkopplung“, Artikel: „Triangulation als Intervention in das beforschte System und die Konsequenzen für das Selbstverständnis des Forschers“. Der Autor weist auch eine wichtige - aus interaktionsarmer „objektiver“ Beobachtungsposition unmögliche - Zusammenführung von Forschungs- und Beratungsinteressen an, die eben im Ansatz der Kommunikativen Sozialforschung am optimalsten realisiert zu werden scheint: „Betrachtet man den Forschungsprozeß, der aus reinen Forschungsinteressen (und nicht aus dem Interesse an Beratung) entstanden ist, so zeigt sich daß jeder Kontakt, jede Interaktion, zwischen Forschern und VP´s [Versuchspersonen, P.P.] eine Störung/Intervention in das beforschte System darstellt. Allein die Typisierung eines Systems als ‚beforschtes System‘ stellt eine solche Störung dar, die dieses System anregt die eigenen Strukturen und Programme verstärkt zu beobachten und evtl. zu thematisieren.“ Bei solch tiefgreifender Intervention in das beforschte System käme es laut Giesecke zu einer tektonisch wirkenden „Gegenüberstellung von Fremdbildern (Hypothesen der Forscher über das beforschte System) und der Selbstwahrnehmung des Systems,“ die in einem „fruchtbaren Prozeß der Selbstreflexion, - der Auseinandersetzung mit den eigenen Strukturen, den eigenen Programmen und Werten“ resultieren, was letztendlich zu deren Erhaltung oder eben positiven Veränderung führen sollte. Eine Forschungsmethode, die sich ebenfalls als - direkte, persönliche oder eben durch Forschungsresultate/Wissensdarstellung indirekte - Beratung auffasst, muss zudem mit einer entsprechenden Erweiterung der Verantwortung (und derer ständigen Reflexion) rechnen. Ebd.

<762>

Vgl. näher zu einzelnen Aspekten und Vorschlägen für den Bereich der interdisziplinären Kooperation (Dialog - Projektarbeit - Ökulog) insg. Kapitel 3.3.3.

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Wed Dec 1 19:27:54 2004