... CAMPUSECHO STUDENTISCHE ZEITUNG DER UNIVERSITÄT ERFURT JAHRGANG 4 AUSGABE 3 02.06.2009 KOSTENLOS STUDENTISCHES M A GA ZIN DER UNIVERSIT Ä T ERFURT W ar u m E u r opa ? STuFu: Was soll es bringen? STURA: Die Ablösung steht bevor LANDTAGSWAHL ‘09 : FDP und Grüne im Interview CAMPUSECHO • 3 Hab‘ PSP. Anmerkung der Redaktion: die PSP (Projektstudienphase) zwingt die KW‘ler im fünften und sechsten Se mester zur völligen Aufgabe sozi aler Kontakte und Verpflichtun gen. Auch der Harry ist ein KW‘ler -deshalb sei er hiermit entschuldigt. CAMPUSECHO INHALT Warum Europa? Seite 4 Das Kreuz mit dem Kreuzchen Seite 5 Interview mit Grünen-Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich Seite 6 Interview mitFDP-Spitzenkandidat Uwe Barth Seite 7 „Handeln statt behandelt werden” Seite 8 Falscher Alarm im Audimax Seite 9 Das besetzte Haus? - Ein Nachruf Seite 10 3,8 Millionen für das Mitarbeitergebäude Seite 11 Bald ausgecoked? Seite 11 Den eigenen Horizont erweitern Seite 12 Bilungsstreik 2009 - eine Kontroverse Seite 13 Campusmenschen: Frau Lindner Seite 14 Campusechogedanken: Der Bibo aufs Dach steigen... Seite 14 Theater an der Uni Erfurt Seite 15 Impressum + Termine Seite 16 EDITORIAL D D as Superwahljahr 2009 kommt immer mehr in Fahrt! Studenten engagieren sich um mehr Verständnis für die EU und ihre Institutionen, andere wollen allgemein für mehr Aufmerksamkeit und Wahlbeteiligung sorgen und fordern die Studenten zum Wählen gehen auf! Doch auch die Landtagswahl 2009 in Thüringen wirft immer mehr ihre Schatten voraus, weshalb wir die Interviewserie mit den Spitzenkandidaten der Parteien auch in dieser Ausgabe weitergeführt haben. Diesmal waren die FDP und die Grünen an der Reihe, die zwar nicht im Landtag vertreten sind, aber zu unserer politischen Kultur gehören und besonders unter den Studenten eine große Anhängerschaft haben. Auch an der Uni Erfurt wird neu gewählt, der alte Stura verabschiedet sich und CAMPUSECHO hat nochmal zum Abschied eine Bestandsaufnahme der Stura-Arbeit vorgenommen. Bei so viel Wahlen und Politik bleibt es auch natürlich nicht aus, dass auch an der Uni politisiert wird. Das nächste große „Ding“ kann vielleicht der Bildungsstreik 2009 sein. CAMPUSECHO gab jeweils einem Vertreter der PRO – und CONTRA-Fraktion die Möglichkeit sein Anliegen vorzutragen. Somit könnt ihr selber entscheiden, was ihr von dem Ganzen haltet. Bei all der Politik und dem Gewähle empfehle ich euch natürlich, nicht zu vergessen, dass mittlerweile Sommer ist! Man kann sich ja auch mal zu einem entspannten Gespräch mit dem politischen Gegner auf der Campus- wiese treffen... Sven Morgen 4 • CAMPUSECHO Warum Europa? CAMPUSECHO begibt sich mit AEGEE auf eine europäische Entdeckungsreise nach Brüssel 7. Juni ist Europawahl, A A m doch warum soll man eigentlich jemanden in das europäische Parlament wählen? Warum scheint für manche Leute Europa so wichtig und für andere nicht? Warum ist Europa auch hier, mitten in Thüringen, so wichtig? Warum gibt es selbst an unserer kleinen Universität zwei verschiedene Hochschulgruppen, die sich mit Europa beschäftigen (AEGEE und JEFF)? Die Antwort begannen 30 Studenten am Erfurter Busbahnhof am Morgen des 14. Mai um 3:45 Uhr zu suchen. In 15 Minuten wird ein Bus im Rahmen einer Studienreise in Richtung Brüssel, der heimlichen Hauptstadt Europas, starten. Die Fahrt wird von der europäischen Hochschulgruppe AEGEE organisiert. Auf dieser Reise soll Europa nicht, wie in der Uni üblich, trocken und theoretisch näher gebracht werden. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, Europa und seine Institutionen hautnah zu erleben. Da es im europäischen Brüssel viel zu erleben und zu lernen gibt, ist der Zeitplan straff organisiert. Schon auf der Busfahrt werden die Teilnehmer mit einem EuropaAEGEE- Quiz und material eingestimmt. Neun Stunden später stoppt der Bus auch schon vor der Europäischen Kommission. Es folgen drei Vorträge von Marco Düerkop, Assistent des stellvertretenden Generaldirektors in der Generaldirektion „Handel“, Herrn Thorsten Behnke, Mitarbeiter der Generaldirektion „Binnenmarkt und Dienstleistungen“ in der Abteilung „Banken und Finanz konglomerate“, und zum Abschluss Frau Isabelle Trautmann, Mitglied des externen Sprecherteams der Eu ropäischen Kommis sion. Die Europäische Kommission ist ein reichlich Info- und den aus seiner Sicht erfolgreichen Umgang mit der Globalisierung, und konkrete Erfolge, wie das Studenten- austauschprogramm ERASMUS, mals die politische Bedeutsamkeit und Strahlkraft dieses, für ihn schon fast heiligen, Ortes. Das Europäische Par- lament ist die größte Parlamentsde- Der Sitz des Europäischen Parlaments in Brüssel supranationales Organ der EU. Jedes Mitgliedsland entsendet einen Kommissar. Die Kommission nimmt die Exekutivaufgaben in der EU wahr und hat das Recht, Vorschläge für Richtlinien auszuarbeiten. Bereits nach dem ersten Vortrag von Marco Düerkop über die Geschichte und die Funktionen der Europäischen Union werden die ersten kritischen Fragen gestellt. Ausführlich wird über die Aufgaben der EU und deren Verdienste referiert, doch den Studenten fehlt der konkrete Rückschluss auf den einzelnen EU-Bürger. Ein Argument, welches wohl die Hauptursache für das Desinteresse an der EU-Wahl (die Europawahl-Beteiligung liegt bei ca. 45%) ist. Doch dieses Desinteresse wird Europa nicht gerecht. Wer nicht wählt, nimmt sich die Gelegenheit, Prozesse auf der EU-Ebene mitzugestalten, die bis nach Thüringen oder Erfurt reichen können. Für Düerkop generiert sich die Legitimation der Europäischen Union über ihre Erfolgsgeschichte. Er verweist auf abstrakte Erfolge, wie den weltweit größten Binnenmarkt, 60 Jahre Frieden in Europa an dem zum Beispiel in Erfurt bis zu 120 Studenten teilnehmen können. Direkt auf das mangelnde Interesse des einzelnen Bürgers angesprochen, kann auch er kein Patentrezept liefern, weist aber darauf hin, „dass sich die EU nicht anbiedern muss.“ Auch Frau Trautmann kann kein Patentrezept liefern, macht den Studenten dennoch mit klaren Worten deutlich: „Wählt ihr Weicheier in das EU-Parlament, bekommt ihr auch Weicheipolitik.“ Denn das Europäische Parlament teilt sich im europäischen Institutionengefüge mit dem Rat der Europäischen Union die Aufgabe der Gesetzgebungsfunktion. Es entscheidet über die Kommissionsvorschläge für Gesetze, die in der EU Richtlinien heißen, und bestätigt die personelle Zusammensetzung der Kommission. Am zweiten Tag hat die AEGEE-Reisegruppe einen Besuch des EU-Parlaments auf die Tagesordnung gesetzt. Adam Mouchtar, Berater der Europagruppe der FDP, führt uns Studenten durch das Gebäude und betont mehr CAMPUSECHO • 5 mokratie der Welt und mit seinen 27 Mitgliedsstaaten etwas Besonderes. Je länger man ihm zuhört, desto mehr erschließt sich für jeden die Bedeutung dieses Parlaments. Die Parlamentarier schließen sich über Landes-und scheidung, an der das EU-Parlament nicht mitgewirkt hat. Somit wird durch das Parlament die Stimme aller EU- Bürger vertreten und gehört. Je höher die Wahlbeteiligung, desto lauter kann diese Stimme im europäi „Das Europäische Parlament als Sprachgrenzen zu schen Konzert politischen Grup-Stimme der Bürger” sein. pen zusammen. In diesen Gruppen wird zuerst nach politischer Facon und erst nachrangig nach nationaler Herkunft über die Vorlagen aus der Kommission entschieden. Hier versteht man, warum man die Europawahl ernst nehmen muss. Sie ist für den Bürger die einzige Chance über das Parlament im Konzert der EU-Institutionen mitzuspielen. Es gibt im supranationalen Bereich keine Ent- Wie wichtig Europa indies für Deutschland und Thüringen ist, zeigt der Fakt, dass jedes Bundesland und selbst der Bundestag, eine Vertretung in Brüssel unterhalten. Frau Christine Holeschovsky, Leiterin der Landesvertretung Thüringen, versteht die Vertretung als eine Art Lobbygruppe, um in Entscheidungsprozessen der EU die spezifischen Interessen Thüringens zu vertreten. Gleichzeitig informiert Sie den Landtag über aktuelle Entwicklungen in der EU. Als es am Sonnabend dann für die AEGEE- Reisegruppe wieder gen Erfurt geht, haben die Studenten mehr als nur belgische Schokolade und Waffeln oder ein paar von den über 200 Biersorten mitgenommen. Auf die Ausgangsfrage „Warum Europa?“ haben alle Teilnehmer ihre eigene Antwort gefunden. Einig sind sich alle darüber, dass die EU mehr ist, als ein abstraktes Etwas, sondern durch ihre über 60-jährige Erfolgsgeschichte das Leben eines jeden in Europa berührt und deshalb am 7. Juni ihre gebührende Aufmerksamkeit verdient hat. Amrisha Uriep und Sven Morgen Das Kreuz mit den Kreuzchen – die „Wählen gehen“-Kampagne Wer es bisher noch nicht mitbekommen hat, ist selbst schuld: wir befinden uns in Thüringens Super-Wahljahr 2009. Vier Wahlen, vier Entscheidungen: Europawahl, Kommunalwahl, Landtagswahl, Bundestagswahl. Doch während andere Länder für Demokratie und ihr Wahlrecht kämpfen, sich gesittet in meterlangen Schlangen vor das Wahlbüro stellen, wissen viele Deutsche nicht einmal was, wann, wo, wie gewählt wird und wozu der ganze Aufwand überhaupt betrieben wird. Zwar würde man sich hüten, Erfurts Studenten mit dem „wahlfernen“ Teil Deutschlands in einen Topf zu werfen, dennoch trifft man auch auf dem Campus noch Menschen, die vom Kreuzchenmachen außerhalb (ent)spannender Vorlesungen keine Ahnung haben. Genau um diesen Missstand kümmert sich die Kampagne „Wählen gehen“. Aus den politischen Hochschulgruppen Campusgrün, Jusos, Liberale Hochschulgruppe, Ring Christlich-Demokratischer Studenten haben sich engagierte Vertreter zusammengeschlossen, um gemeinsam die Wahlen wenigstens in die Hinterköpfe der Studenten zu holen. Mit 3 Aktionsständen, am 19. Mai, 4. Juni und 1. Juli, vielen Flyern und einer eigenen Website nehmen sie den Kampf gegen die Unmotiviertheit der Studenten auf. Denn zur Zeit der Landtags-und Bundestagwahlen sind Semesterferien, in denen viele Studenten gar nicht in Thüringen sind. Wer wählen will (und auch hier in Thüringen seinen Hauptwohnsitz hat), muss also die Briefwahl beantragen. Neben dem BAföG-Dschungel ein weiterer Papierstapel, durch den sich der Student kämpfen muss. Hat man dann erst einmal die Wahlliste in der Hand, muss man sich aber noch entscheiden. Auch hierfür geben die „Wählen gehen“ – Stände Hilfestellung. Es liegen Ordner aus, in denen die jeweiligen Kandidaten und dazugehöriger Partei vorgestellt werden. Es wird jedoch keine Werbung für einzelne Parteien gemacht, diesen Schritt müssen die recherchebewanderten Studenten alleine gehen. Die Hochschulgruppen wollen sich gemeinsam für das Informationsinteresse einsetzen: „Das hier ist Wahlkampf für die Wahl, nicht für irgendeine Partei!“ Katharina Bartsch weitere Infos unter: www.waehlengehen2009.de.vu Infokasten Wahldaten: 7. Juni -Kommunalwahl + Europawahl 30. August - Landtagswahl 27. September - Bundestagswahl Gremienwahl Universität: Und noch mehr Kreuzchen, am 9. und 10. Juni ist StuRa- und Gremienwahl (Senat, Fakultätsrat, Gleichstellungsbeauftragter) Kleiner Wahlknigge: Für die Wähler: • Keine Teile des Stimmzettels aus Wut abreißen • Nicht in die Wahlkabine nebenan lugen und die Leute fragen was sie wählen, man selbst könne sich nicht entscheiden • Nicht versuchen, die Wahlurne zu öffnen, um zu sehen, wie viele Leute schon gewählt haben Für die Parteien: • Keine Schnurrbärte auf Wahlplakate malen • Keine ausgelegten Flyer klauen und wegwerfen • Infostände anderer Parteien nicht mit Papierbällchen oder Bananenschalen bewerfen 6 • CAMPUSECHO „ Die Alleinregierung lähmt.” Astrid Rothe-Beinlich über Köpfe als Ressource, Kontrollzwang und die verkrustete Landesregierung Landtagswahl 2009 -nach der SPD und den LINKEN (letze Ausgabe) sind diesmal die Spitzenkandidaten der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, und der FDP, Uwe Barth, an der Reihe. CE: Frau Rothe-Beinlich, wie würden Sie die aktuelle hochschulpolitische Situation in Thüringen beschreiben? Was ist gut und was ist schlecht? Rothe-Beinlich: Ich glaube, dass Thüringen sehr viel mehr kann. Gerade im Bereich der Hochschulpolitik liegen Potenziale brach und es fehlt oftmals die Verknüpfung und Einbindung der Unis vor Ort und die Identifikation mit den Universitäten. So wirbt beispielsweise Erfurt nicht wirklich damit, auch Hochschulstandort zu sein und ich frage mich: Warum? Die Landesregierung hat leider immer noch nicht erkannt, dass die Menschen – sprich die Köpfe – unsere zentrale Ressource sind und dass wir in diese investieren sollten. Damit könnte Thüringen zu einem herausragenden Bildungsstandort werden. Was ebenfalls nicht gut läuft, ist das offensive Werben für den Standort. Wir müssen uns bundesweit noch besser präsentieren, unsere Hochschulen sind teilweise im Westen schlichtweg unbekannt. CE: Die Hochschullandschaft in Thüringen ist sehr vielfältig. In wieweit ist es da möglich, mit LUBOM einen einheitlichen Rahmen bei der Finanzierung zu setzen. Rothe-Beinlich: LUBOM verteilt die Finanzmittel an die Universitäten nach ihren Leistungen. Was sind aber die Leistungen einer Universität? Man kann die Naturwissenschaften nicht so einfach mit den Geisteswissenschaften vergleichen und finanziell über einen Kamm scheren. Es ist ein ernsthaftes Problem, dass die finanzielle Ausstattung derart knapp ist und die Hochschulen um ihr Überleben kämpfen müssen. Ich weiß, dass Universitäten nicht billig sind, aber wenn Thüringen sich bundesweit als Bildungsstandort profilieren will, dann muss es sich Bildung auch etwas kosten lassen! CE: Wie charakterisieren Sie die Lastenverteilung, was müssen die Hochschulen und was das Land leisten? Rothe-Beinlich: Ganz entscheidend ist, dass beide Seiten auf Augenhöhe miteinander verhandeln können. Dies ist jedoch derzeit nicht der Fall. Die Universitäten werden immer mehr zu Bittstellern degradiert, echte Mitsprache findet nicht statt. Das neue Hochschulgesetz beschneidet massiv die echten Mitbe individuell fördert und mehr Menschen zu besseren Bildungsabschlüssen führt, ernst meine, dann muss ich schauen, mit wem sich tatsächliche Reformen durchsetzen lassen. Wenn ich mir allerdings die Realität vor Augen führe, sehe ich wenige Schnittmengen mit und noch weniger Veränderungsbereitschaft bei der CDU. Aber selbst der muss man potenziell einen Veränderungswillen zugestehen. Sollte sie dazu nicht gewillt oder in der Lage sein, werden wir stimmungsmög-„Unzufriedenheit mit den Einheits-nicht zueinanlichkeiten. Die der finden. Uns brei der drei Parteien” Landesregierung zeigt wenig Initiative tatsächlich die Interessen der Universitäten zu berücksichtigen. Für die Grünen ist es wichtig, dass die Universitäten weitestgehend autonom agieren können. Die Landesregierung ist in diesem Punkt einem Kontrollzwang verfallen und dieser geht ganz klar zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen und läuft der Idee vom Campus als Ort gelebter Demokratie zuwider. CE: Wie schätzen Sie die Bereitschaft der jetzigen Landesregierung ein, neue hochschulpolitische Ideen zu entwickeln und umzusetzen? Rothe-Beinlich: Diese Regierung ist verkrustet Es gibt ganz wenig Bereitschaft für Neues. Ich will aber davor warnen, zu denken, dass mit einer neuen Regierung alles sofort besser wird. Die Ministerien sind langfristig mit den jetzigen MitarbeiterInnen besetzt. Diese Strukturen können nur langsam aufgebrochen werden. Auch ein Bildungssystem kann nicht von heute auf morgen geändert werden. Trotzdem muss man sich mit den Hochschulen an einen Tisch setzen und die Probleme diskutieren. CE: Mit welchem Koalitionspartner würden Sie Ihre hochschulpolitischen Ziele am ehesten verwirklicht sehen? Rothe-Beinlich: Ich halte diese allseits beliebte ‚Ausschließeritis‘ für falsch. Wenn ich es mit einer neuen Bildungspolitik, die tatsächlich alle geht es nicht um Macht als Selbstzweck, sondern darum, bestimmten Inhalten zum Durchbruch zu verhelfen. Programmatisch gibt es mit der SPD die größten Überschneidungen. Auch mit den LINKEN gibt es gewisse Übereinstimmungen. Wir teilen jedoch nicht deren Ansichten in Sachen Hochschul-Autonomie. Die wenigsten Schnittpunkte gibt es mit der FDP. Die haben eine ganz andere Herangehensweise und ein Elitenverständnis, das mit unseren Vorstellungen, im Bildungsbereich alle Talente zu nutzen, nicht vereinbar scheint. CE: Wie groß sehen Sie Ihre Chancen in den Landtag einzuziehen? Rothe-Beinlich: Ich bin davon überzeugt, dass wir die besten Ausgangsbedingungen seit 15 Jahren haben. Es liegt viel an uns selbst, aber auch der Bundestrend, mit der Europa-, Bundestags- und den anderen Landtagswahlen, wird eine große Rolle spielen. Hier in Thüringen ist die Unzufriedenheit mit der jetzigen Landesregierung und dem Einheitsbrei der drei Parteien extrem groß. Ich gehe davon aus, dass die Grünen im Thüringer Landtag vertreten sein werden. Das wird Thüringen gut tun. Wir werden im Landtag um Inhalte und neue Bündnisse ringen müssen. Das wird für mehr Bewegung sorgen. Die jetzige Alleinregierung lähmt schlichtweg. CE: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Dennis Frieß und Sven Morgen CAMPUSECHO • 7 „Der Spareffekt darf nicht im Vordergrund stehen” Uwe Barth über LUBOM, Studiengebühren und den Wettbewerb zwischen den Hochschulen CE: Wie würden Sie die aktuelle hochschulpolitische Situation in Thüringen beschreiben? Was ist gut und was ist schlecht? Barth: Wenn man schaut, wo man herkommt, fand in Thüringen in den letzten 20 Jahren ein unglaublicher Entwicklungsprozess statt. Es hat sich viel zum Positiven gewendet. Schlecht ist, dass es uns in den letzten 20 Jahren nicht gelungen ist, Thüringen bundesweit als Hochschulstandort bekannt und attraktiv zu machen. CE: Was halten sie von LUBOM? Barth: Hochschulen müssen Planungssicherheit haben, das soll LUBOM bezwecken. Diesen Ansatz halte ich grundsätzlich für richtig. Aber unter dem Deckmantel des Versuches Planungssicherheit zu geben, ist LUBOM vor allem ein Instrument zum Sparen. CE: Halten Sie die für alle gleichen und starren Kriterien, die den dagegen unterschiedlichen Universitäten in Thüringen auferlegt werden für sinnvoll? Barth: LUBOM ist nicht flexibel genug. Wir haben ja mit dem Hochschulgesetz die Möglichkeit, Leistungs- und Zielvereinbarungen mit den Hochschulen zu treffen. Ich denke, wenn man ein Instrument hat, welches eine passende Differenzierung erlaubt, sollte man damit auch versuchen, eine Lösung zu finden. Es sollten beide Seiten damit leben können, so dass die „Studiengebühren den Hochschulen schulen ihr Profil Hochschulen nicht verbieten” noch stärker aus- und einmalige Bedingungen haben, wie zum Beispiel das gute Betreuungsverhältnis in Erfurt. Aus dieser Entwicklung müssen wir Kapital schlagen und die Abiturienten nach Thüringen holen. Alles was davon ablenkt, und das macht LUBOM, muss unterbleiben. Hier würde die FDP sofort ansetzen. Die nächste Landesregierung muss noch im Herbst mit den Hochschulen ins Gespräch gehen und klären, wie man Ihnen die Belastungen durch LUBOM nehmen kann. CE: Eine andere Möglichkeit der Finanzierung sind Studiengebühren. Wie sieht die FDP das Thema? Barth: Wir sind insgesamt der Auffassung, dass wir den Hochschulen weit mehr Autonomie einräumen sollten, als es heute der Fall ist. Neben der Grund finanzierung, die ganz klar der Staat leisten muss, muss es den Hochschulen möglich sein, eigene Mittel über Drittmittel einzunehmen. Im Rahmen der Autonomie wäre es Sache der Hochschulen über Studiengebühren zu entscheiden. CE: Lassen Sie damit nicht die Hochschulen alleine? Es ist ja bei der Auswahl des Studienortes ein Kriterium ob man Studiengebühren zahlt oder nicht. Barth: Die Hochschulen wissen selber gut genug, mit welchen Argumenten sie auf dem Markt punkten und wo sie Nachteile haben. Mit Studiengebühren könnten die Hoch- ihre Freiräume bekommen und das Land effektiv Geld einsetzen kann. Der Spareffekt darf aber nicht im Vordergrund stehen! CE: Aber LUBOM bestimmt die Diskussion an den Unis, besonders unter dem Aspekt des Sparzwanges. Barth: Die aktuelle Entwicklung ist die, dass in Thüringen die Abiturien- tenzahlen zurückgehen und im Westen jetzt die doppelten Abiturjahrgänge kommen. Hier liegt eine Chance. Wir müssen sagen können, dass wir gute bilden. Ich habe großes Vertrauen in die Hochschulen. Ich glaube nicht, dass die alle voll loslegen und Studiengebühren einführen. Ich will es den Hochschulen nicht vorschreiben aber auch nicht verbieten. CE: Welchen Stellenwert haben die einzelnen Hochschulen für Thüringen? Ist es sinnvoll, so viele verschiedene und kleine Hochschulen zu unterhalten? Barth: Ich glaube, die vielfältige Hochschullandschaft ist eine Stärke Thürin gens. In der Wirtschaft haben wir ein stark ausdifferenziertes Bild und das kann man nicht mit zwei oder drei großen Hochschulen bedienen. Deswegen braucht man eine Fachhochschule in Nordhausen oder eine Technische Universität in Ilmenau, die jeweils mit den regionalen Partnern eng zusammenarbeiten. Natürlich brauchen alle Hoch schulen ein eigenes Profil, sie sollen zwar im Wettbewerb zueinander stehen, aber sich insbesondere gegenseitig ergänzen. CE: Wir haben über ihre Ziele in der Hochschulpolitik geredet, mit welcher anderen Partei würden Sie diese am ehesten vereinbart sehen. Barth: Ich unterstelle den meisten Parteien, dass alle die gleiche Zielstellung haben. Nur in der Herangehensweise gibt es gibt es Unterschiede. Wenn wir eine Koalitionsvereinbarung nur für die Hochschulpolitik treffen müssten, würde ich fast keine Partei ausschließen. Dass ich dennoch die LINKE ausschließe, hat Gründe in vielen anderen politischen Feldern. CE: Wie groß sehen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass aus dem jetzigen Drei-Parteien-Parlament ein Vier-oder Fünf-Parteien-Parlament wird? Barth: Ich glaube, dass es mindestens vier Parteien werden. Die FDP kann sich berechtigte Hoffnungen machen. Wir haben aber auch gelernt, dass nicht die Frage, was man vier Jahre lang gemacht hat, sondern vielleicht die Frage, wie man sich am Ende beim Hochwasser verhält, wahlentscheidend sein kann. Wir wollen mitregieren und unsere politischen Ziele umsetzen. Eine Koalition kann durchaus für deutlich mehr Bewegung sorgen, als eine Alleinregierung. Als Alleinregierung hat man irgendwann keinen Grund mehr sich etwas Neues einfallen zu lassen. Schon deshalb halte ich es für dringend erforderlich, dass die zehn Jahre Alleinregierung beendet werden. CE: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch. Sven Morgen 8 • CAMPUSECHO „Handeln statt behandelt werden” Der StuRa setzt sich für die Studierenden ein, aber nur wenige interessiert`s „StuRa zum Anfassen“ -unter diesem Motto, verlegte der Studierendenrat Anfang Mai seine wöchentliche Sitzung ins Foyer der Mensa. So sollten mehr Studenten die Möglichkeit haben, sich ein Bild über die Arbeit des StuRa zu machen. Viele strömten zu dem Stand nebenan, an dem kostenlos Werbeprodukte verteilt wurden. Einige blickten verwundert zu den Bierbänken auf denen die StuRaner saßen und bunte Kärtchen zur Abstimmung in die Höhe hielten. Ernsthaft zuhören wollte aber niemand. Nur ein Vertre-„Wenn man an der Uni etwas verän-staltung von der ter aus einem dern will, dann geht das am besten Größe kann nicht Fachschaftsrat allein von uns im StuRa .” berichtet Ziehm. Der „Preis der guten Lehre“ wurde wieder vergeben, auf der Bücherbörse gingen rund 200 Bücher über den Ladentisch und beim Baumweitwurf- Wettbewerb gewann die Uni einen Gutschein von IKEA, mit dem eine Sitzecke im Lehrgebäude 1 gestaltet wird. Die große Reifeprüfung für den Stu- Ra war die Organisation des Graduierungsballes. „Wir haben der Hochschulleitung viel Arbeit abgenommen, aber eine Veran war zu Gast. Er wollte Gelder für einen Finanzantrag bewilligt haben. Dafür muss er laut Satzung auch anwesend sein. Warum interessiert sich kaum ein Student für die Arbeit des StuRa? Immerhin zahlt jeder 5 Euro, ab dem kommenden Semester sogar 6 Euro, seines Semesterbeitrags an den Studierendenrat. Das sind über 40.000 Euro im Jahr, mit denen studentische Projekte finanziert werden. Außerdem ist der StuRa das zentrale Vertretungsorgan der Studierenden gegenüber der Hochschulleitung. Bei den monatlichen Gesprächen mit dem Präsidenten und dem Kanzler können die Stu- Raner alles vortragen, was den Studenten am Herzen liegt. „Wenn man an der Uni etwas verändern will, dann geht das am besten im StuRa“, darin sind sich Pascal Ziehm und Sven Welters einig. Beide sind zurzeit Vorstandsmitglieder. Im letzten Jahr habe sich auch einiges verändert, Der Studierendenrat auf der Vollversammlung organisiert werden. Wir machen das ja alle ehrenamtlich und studieren nebenbei noch“, so Ziehm. Deshalb soll die Planung des Graduierungsballes das nächste Mal an andere abgegeben werden. Dagegen war die Urabstimmung über Thoska, EVAG-und Bahnticket ein großer Erfolg. Das Audimax war gut gefüllt und die Studenten haben sich rege an der Diskussion beteiligt. Ein ehrgeiziges Projekt des StuRa wurde allerdings zum Reinfall. Die „Campus Games“ sollten ein Highlight im Semester werden, bei dem alle Fachschaften und vielleicht auch Dozenten gegeneinander antreten. „Wir hatten schon einen Termin, aber es hat sich einfach kein Fachschaftsrat dafür interessiert und ohne die Zusammenarbeit geht es nicht“, sagt Ziehm. Aber vor allem die kleinen Veränderungen, die das Studentenleben leichter machen, sind oft Verdienste des StuRa. So gibt es jetzt mehr LAN-Kabel in der Bibliothek und man kann sich Bierbänke ausleihen. Nicht zuletzt wären auch viele Partys und Projekte, die die Fachschaftsräte oder Hochschulgruppen organisieren, nicht ohne die finanzielle Unterstützung des StuRa möglich. „Manche denken vielleicht, das kommt einfach so vom Himmel gefallen, die merken gar nicht, dass sich hier der StuRa für sie eingesetzt hat“, sagt Ziehm „Aber das ist ja auch in der Po litik so, einige sind engagiert und in teressieren sich und anderen ist egal, CAMPUSECHO • 9 was da gemacht wird.“ Die StuRaner standen im letzten Semester mehrmals an Infoständen, haben auf eine Cola eingeladen und ihre Kommilitonen ins Gespräch verwickelt, sie haben regelmäßige Büroöffnungszeiten eingeführt und einen Anrufbeantworter eingerichtet. Alles um die Kommunikation zwischen den Studenten und dem Stu- Ra zu verbessern. Die aktuellsten In „ ..., einige sind engagiert und inte fos bekommt man aufstellen lässt, über den wöchent-ressieren sich und anderen ist egal, um es später in lichen Newslet-seinen Lebens- was da gemacht wird.” ter oder die neue Homepage, für die Sven Welters zuständig war. „Die Abonnenten-Zahlen für den Newsletter haben sich in unserer Amtszeit verzehnfacht und wir bekommen viele Mails“, so Welters. Die Mühen um Öffentlichkeitsarbeit waren dringend notwendig. Bei der letzten Wahl haben sich nur 20 Kandidaten auf die 17 Plätze beworben. Auch dieses Jahr zeichnet sich ein ähnlich geringes Interesse an einer Kandidatur ab. Trotz der vielen Gestaltungsmöglichkeiten scheint die ehrenamtliche Arbeit im StuRa nicht attraktiv zu sein. Viele Arbeitsstunden, E-Mails beantworten, Finanzanträge bearbeiten, Verträge aufsetzen, jede Woche eine Sitzung. Von den ursprünglich 17 StuRanern, sind mittlerweile auch nur noch 14 übrig geblieben. Pascal Ziehm sagt, sie seien aus „persönlichen Gründen“ zurückgetreten. Zweimal kam es vor, dass weniger als die Hälfte der Mitglieder anwesend war, sodass keine Beschlüsse gefasst werden konnten. „Eine Wahl in den StuRa ist allein noch kein Qualitätskriterium für das Engagement“, so Welters. Dass der eine oder andere sich nur lauf schreiben zu können, könne er nicht gänzlich bestreiten, sagt Pascal Ziehm. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus. Im Vorfeld der Wahl entbrannte ein regelrechter Wahlkampf, der größtenteils von den politischen Hochschulgruppen ausgetragen wurde. Die Kandidaten warben mit hoch gesteckten Zielen wie zum Beispiel einem Fahrradweg von der Uni bis zum Dom- platz. Andere forderten schlicht „Der Campus soll grüner werden“. In Einem waren sich fast alle einig: Unsere Uni braucht ein WLAN-Netz. Doch bis jetzt ist scheinbar nichts passiert. Ein leeres Wahlversprechen? Falscher Alarm im Audimax E E nge Stuhlreihen, Holzboden, feuer rote Vorhänge -dass das Audimax zu den maroderen Hörsälen der Uni versität gehört, ist nichts Neues. Aber ist es brandgefährdet? Diesen Ver dacht hörte man in letzter Zeit immer häufiger unter den Studierenden. Und immerhin: Bei meterlangen Gardinen- fetzen am Weg zu den Notausgängen und Menschenstau bei Vollbesetzung scheint die Vermutung nicht unbe gründet. „Das ist Quatsch“, sagt Dagobert Cohrs aus der Abteilung „Innere Verwaltung“. „Die Fluchtwege und Ausschilderungen entsprechen den gesetzlichen Vor schriften.“ Aber er gibt auch zu: „Natürlich ist nicht alles perfekt.“ Man sei jedoch bemüht jegliche Brandherde heraus zu nehmen und außerdem sei das Gebäude von der Dekra überprüft. Bei der Dekra verweist man jedoch auf die Landesbauordnung. Man überprüfe lediglich den Bauvorgang eines Gebäu des. Und Zertifikate dürften nur mit Erlaubnis des betroffenen Eigentümers herausgegeben werden. In diesem Fall also der Universität. Der Blick in die Landesbauordnung offenbart jedoch mehr deutsche Regelungswut, denn Anhaltspunkte zur Brandsicherheit. Feuerhemmende „Die Bundesregierung hat vier Jahre Zeit, wir haben nur eins, da kann man nicht alles umsetzen“, sagt Ziehm. „Das Thema WLAN wurde immer wieder bei der Hochschulleitung angesprochen. Doch das Rechenzentrum ist momentan scheinbar zu überlastet, um so ein großes Projekt durchzuführen.“ Mittlerweile habe der Kanzler zugesichert, dass zu Beginn des kommenden Semesters das kabellose Surfen möglich ist. „Der neue StuRa muss da weiter Druck machen“, so Ziehm. Visionen für die Arbeit des künftigen StuRa haben Ziehm und Welters nicht. Es komme letztendlich auf die Kleinigkeiten an, meint Welters. In ihrer Amtszeit ging es ihnen vor allem darum, wichtige Details des Studentenlebens zu verbessern und konstruktiv mit der Hochschulleitung zusammenzuarbeiten. Das Motto ist „Handeln statt behandelt werden“, so Ziehm. Bleibt zu hoffen, dass das nicht nur für die StuRa-Mitglieder sondern für das Engagement aller Studenten der Uni Erfurt gilt. Denn auch wenn man sich keine trockenen StuRa-Sitzungen angucken will, kann man viel bewegen. Vielleicht heißt es dann bald nicht mehr „StuRa zum Anfassen“ sondern „Uni zum Mitmachen“. Sarah Blanck Wände, Branddecken, Feuerbeständigkeit bei Gebäudeklasse 5. Über Rettungswege liest man, dass zwei vorhanden sein müssen. Wenigstens das lässt sich nachprüfen und trifft im Audimax auch zu. Bleibt also nur, den Worten von Dagobert Cohrs Glauben zu schenken. Demnach ist das Audimax brandsicher. Entwarnung deswegen. Zumindest was die Brandsicherheit angeht. Thomas Schmelzer 10 • CAMPUSECHO Das besetzte Haus? Ein Nachruf S S eit dem 16. April 2009 gibt es das besetzte Haus nicht mehr. Inzwischen haben Schuttberge die ehemals selbstgewählte Herberge der autonomen Gruppe „Topfsquat“ ersetzt. Dort wo einst getanzt und gefeiert wurde, stehen nur noch vereinzelte Teile des Mauerwerks. Das einzig verbleibende Haus ist das Verwaltungsgebäude. Endlich kann das Gelände für den dringend benötigten Wohnraum und Gewerberaum in Erfurt genutzt werden . Wie der Status quo erreicht wurde, konnte der brave Bürger sogar in der BILD lesen. „So räumt die Polizei im Osten auf“, titelte sie sympathisch und galant wie eh und jäh. Nicht nur für Insider war ein Finale dieser Art schon langfristig abzusehen. Durch verschiedene Protestaktionen versuchte das Topfsquat in den letzten Monaten Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, um die Räumung zu stoppen. Der wohl erfolgreichste Protest war die spektakuläre Entführung des TV-Maskottchens Bernd. Damit sollte auf die gescheiterten Verhandlungen mit der Stadt um ein Ersatzobjekt hingewiesen werden. Die Aktion endete in einer Befreiung aus einem Kellergewölbe in Nohra. Tagelang waren alle 5-10 jährigen in Erfurt, und vermutlich auch die WDR Führung, traumatisiert. Mit weniger Witz, aber dafür umso spektakulärer, verlief die Räumung des Hauses. Die Polizeikräfte trafen am Einsatzort auf 35 Sitzblockiere und 21 Personen, die sich im Haus aufhielten. Drei davon angekettet, zwei davon einbetoniert. Während auf der anliegenden Straße eine Barrikade brannte, wurden die Einsatzwagen mit Steinwürfen einiger Besetzer begrüßt. Um das Einsatzziel auch wirklich erreichen zu können, setzten zwei Helikopter Einsatzkräfte auf den Dächern ab. Die Polizei stellte 65 Strafanzeigen. Der massive Einsatz von Polizei war laut Thüringens Innenminister Scherer gerechtfertigt, da auf dem Gelände mehrere „potentielle Kampfmittel“ bereitgehalten wurden. Dies waren unter anderem Pfefferspray, eine Axt, ein Beil, mehrere Messer, ein Baseballschläger, gefüllte Benzinkanister sowie „20 mit Flaschen und Steinen gefüllte Einkaufswagen.“ Bei den so genannten Kampfmitteln handele es sich jedoch nicht um Dinge, die für die Anwendung von Gewalt bereitgehalten wurden, so eine Pressemitteilung des besetzten Hauses. Axt und Beil dienten zum Beispiel als Werkzeuge zum Holzhacken, Küchenmesser seien in jedem Haushalt zu finden. Die Hausbesetzer wollten jedoch nicht ohne Gegenwehr das Feld beziehungsweise die Stadt räumen und setzten für die Räumung sowie die nachfolgenden Tage das Motto: „Räumung zum Desaster machen!“ Viele Freunde des Topfsquat folgten diesem Ruf. Um 8:26 am Donnerstagmorgen brannte die erste Mülltonne, 14 weitere folgten an diesem Tag. Dazu kamen noch zwei Dachstühle und zwei PKW in Erfurt. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde, neben weiteren brennenden Tonnen, das Arbeitsamt „entglast“, von Samstag auf Sonntag wurde ein Molotov zumindest ein finanzielles Desaster hinterlassen. Der Sachschaden wurde auf über 150000 € geschätzt. Die Kosten des Einsatzes liegen bei etwa einer Millionen Euro. Doch auch die Polizei zeigte sich bei der Räumung nicht von ihrer besten Seite. Sie hatte festgenommene Hausbesetzter und Protestanten mehrere Stunden festgehalten, ohne sie ver nünftig zu verpflegen. Nach Angaben der Hausbesetzter wurde ihnen zum Teil der Gang zur Toilette verwehrt und Telefongespräche nicht gestattet. Zudem haben Polizeikräfte einen im Rollstuhl sitzenden Menschen auf der Demonstration misshandelt (so das Topfsquat) nachdem dieser (so die Polizei) aufgestanden sei, um Polizeikräfte anzupinkeln. Summa summarum können den Nutzen dieser Zerstörungswut vielleicht nur einige wenige nachvollziehen. Sie sollen Ausdruck der Machtlosigkeit über die Ereignisse, der gespürten Ohnmacht sein, allerdings sind sie auch Ausdruck eines mangelnden Rechtsverständnises und einer nicht nachzuvollziehenden Gewaltbereitschaft von Anarchos. Das Topfsquat hat durch sein Verhalten und die Befürwortung der Gewalt wohl bewiesen, dass sie keine Motivation mehr ha- Cocktail über die Mau-„Räumung zum Desaster ben, produktiv an der er des Innenhofs der Gesellschaft mitzu machen!“ Polizeidirektion Erfurt auf ein leerestehendes Polizeiauto geworfen. Insgesamt brannten seit der Räumung 160 Mülltonnen und 11 Au tos. Viel teurer war dagegen der Einsatz der Polizei, die am Wochenende mit etwa 800 Polizisten, später nur noch mit 400, präsent war. Die Hausbesetzter dürften mit diesem Resultat zufrieden sein, schließlich hatten sie schon am 7. April 2009 verkündet, die Räumung so teuer wie möglich zu machen. Die so genannten Solidaritätsaktionen haben arbeiten. Ob sich das Ansehen der Hausbesetzer beim „normalen“ Bürger mit solch sinnlosen Aktionen verbessert hat, darf bezweifelt werden. Doch auch die Polizei hat mit ihrem massiven Auftreten für Irritationen gesorgt, auch wenn die Krawalle der Hausbesetzer dieses Polizeiaufgebot gerechtfertigt haben. Es scheint, dass es bei diesen Geschehnissen nur Verlierer gegeben hat. Bernhard Meier CAMPUSECHO • 11 3,8 Millionen für das Mitarbeitergebäude S S chon von weitem ist der Schandfleck, auch genannt Mitarbeitergebäude, sichtbar. Doch nicht mehr lange. Denn Dank des Konjunkturprogramms erhält die Uni nun stattliche 3,8 Mio Euro, mit denen die Sanierung des Hochhauses umgesetzt werden soll. Hierbei handelt es sich konkret um eine finanzielle Förderung des Bundes, plus Co-Finanzierung durch das Land. Sinn der Sache ist es, die Infrastruktur der Bildungseinrichtungen zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen dabei Kommunen (Kindergärten, Schulen etc.), sowie auf Landesebene Hochschulen und Forschungseinrichtungen, bzw. Berufsakademien. Um einen Stück des Kuchens abzubekommen, mussten im Vorfeld plausible, dringliche und erforderliche Anträge gestellt werden. Aus diesen wurde dann, nach den genannten Faktoren ausgesondert. Im Fall Uni Erfurt wurden mehrere Alternativanträge gestellt. Bewilligt wurde letztendlich die Sanierung des Hochhauses, nicht zuletzt weil hierfür schon seit 1997 Planungen vorhanden sind. Dies ist von Vorteil, da die Hälf te der Baumaßnahmen bis Ende diesen Jahres umgesetzt und die erhaltenen Gelder bis Ende 2010 ausgeschöpft sein müssen. Zeitliche Probleme dürfte es hier also nicht unbedingt geben. Natürlich werden die alten Entwürfe auf den neuesten technischen Stand gebracht, um die Wirtschaftlichkeit und die ökologische Nachhaltigkeit zu garantieren. Hierfür sind Verbesserungen bezüglich der Isolierung, Dämmung und Belüftungstechnik eingebracht, eine Rundum- Fassadenerneuerung soll durchgeführt werden und als Sahnehäubchen wird es eine energetisch moderne Photovoltaik-Anlage geben. Zusätzlich soll eine Klimatisierungsanlage für die 10. Etage installiert werden. Den kompletten Baufortgang, umgesetzt durch das Staatsbauamt, wird die Landesdenkmalbehörde begleiten, denn die Gebäude auf dem Campus stehen unter sogenanntem „denkmalpflegerichem Ensembleschutz“. Herr Dagobert Cohrs, für die Koordination verantwortlicher Abteilungsleiter, erklärt dies wie folgt: „Die aus den 50er und 60er-Jahren stammenden Bauwerke repräsentieren, durch die damals übliche Bauweise, eine Kultur und um diese zu erhalten, muss mit höchster Sensibilität vorgegangen werden.“ Weiter erklärt er euphorisch, dass „die Sanierung des Hochhauses zugleich ein Stück Zukunft für die jungen Studenten“ repräsentiere. Aber auch dass „das produktionstechnische (Solartechnik) und wirtschaftliche Potential der Universität sich in dieser wiederspiegeln“ solle. Dass die Sanierung ein Zeichen hochmoderner, innovativer Technologie für unsere Uni ist -und somit für uns Studierende -versteht sich dann von selbst. Dies und die Gewährleistung eines besseren Arbeitsverhältnisses für die Mitarbeiter sind Fakten, welche den Hochschulstandort Erfurt noch interessanter für potentielle Studierende und Professoren machen sollen. Der Blick in die Zukunft sieht sehr vielversprechend aus. Na dann kann’s ja losgehen! Christiane Stierwald Bald ausgecoked? Die AG-Nachhaltigkeit kämpft für einen Coca-Cola-freien Campus A A ls ich meine ersten Tage an der Uni hatte, war ich erschrocken.“ Marlene Seiffahrt berichtet über ihre ersten Eindrücke am Erfurter Campus. Die waren rot-weiß. Wie das weltbekannte Logo von Coca-Cola. „An den Kühlschränken in der Mensa, auf den Sonnenschirmen, ja selbst in der Glassbox“, erinnert sich Seiffahrt, habe sie die weiß-geschwungene Schrift auf rotem Grund begrüßt. Und in der Begrüßungstüte war das schwarze Blubber- Coffein dann auch noch. Seiffahrt und weiteren zehn Aktivisten war das zu viel. „Coca-Cola ist ein internationaler Monopolist. Dem Unternehmen werden Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung vorgeworfen“, sagt Frauke Heesing, die ebenfalls für den nachhaltigen Ansatz der Gruppe kämpft. In Indien seien in der Region Plachimada durch enormen Wasserverbrauch 260 Brunnen ausgetrocknet, in Kolumbien wurden Gewerkschafter Opfer von Repression, Folter und Mord. Grob formuliert möchte die Projektgruppe deswegen ein vielfältigeres Getränkeangebot in der Mensa durchsetzen, die Coke-Werbung verbannen und am liebsten den Getränkekonzern komplett vom Campus verjagen. Dafür sollen regionale Produkte, etwa von Thüringer Waldquell angeboten werden. „Das sichert auch Arbeitsplätze in Thüringen und spart Transportwege.“ Betroffen wären dann auch Getränkemarken wie „Bonaqua“ oder „Lift“, die zwar als eigenes Produkt vermarktet werden, jedoch direkt zur Coca-Cola GmbH gehö ren. „Viele Leute wissen das gar nicht, da gilt es Bewusstsein zu schaffen“, erklärt Seiffahrt. Sie sieht sich mit ihrem Team auf einem guten Weg. Der Vertriebsleiter des thüringischen Studentenwerkes Jens Winkler habe bei einem ersten Treffen Kooperationsbereitschaft erklärt. „Er hat uns fest versprochen, dass die Coca- Cola-Kühlschränke wegkommen“, sagt Heesing. Zudem solle bei der nächsten Getränke-Ausschreibung auf regionale Lieferanten geachtet werden. Es bleibt also spannend, ob die nächsten Erstsemester mit Vita-oder Coca- Cola begrüßt werden. Thomas Schmelzer 12 • CAMPUSECHO Den eigenen Horizont erweitern D D as neue Semester hat begonnen und ich muss schon sagen, bis jetzt ist eigentlich alles einwandfrei gelaufen. Selbst die Onlineanmeldungen für die Germanistik-und Sprachkurse vor Semesterbeginn sind frei von den üblichen Ärgernissen über die Bühne gegangen. Hm… wenn es nur nicht jedes Halbjahr aufs Neue diese „Stufu – Rangelei“ geben würde! Studium Fundamentale, so heißt es richtig, um das „Problem“, beziehungsweise Phänomen einmal beim Namen zu nennen. Hierbei handelt es sich sozusagen um das zweite Nebenfach eines jeden Bachelorabsolventen. In der Orientierungsphase ist es eine leichte Sache, ein Stufu zu belegen, denn in den neueren Studienordnungen ist für die ersten beiden Semester die Pflichtveranstaltung „Wissenschaftspropädeutik“ vorgesehen. Die Frage, ob diese Veranstaltung für jedermann notwendig und sinnvoll ist, bleibt einmal dahingestellt. Fakt ist, dass da jeder „Ersti“ durch muss. Keine Wahl ist in diesem Fall wohl besser, als später in der Q -Phase die Qual der Wahl zu haben. Leider müssen die meisten Studenten der höheren Semester immer wieder feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, ausreichend Stufu-Kurse zu belegen, um am Ende des Studiums insgesamt auf 30 Leistungspunkte zu kommen. Denn viele Kurse sind schnell überfüllt und da die Teilnehmerzahl meistens begrenzt ist, heißt es dann Motivationsschreiben oder „Loseziehen“. Im schlimmsten Fall, fliegt man sogar gleich raus. Passiert das öfter als einmal, so wird die Wahrscheinlichkeit immer geringer, doch noch einen Platz in einem einigermaßen „interessanten“ Seminar zu ergattern. Dass der Student das Gefühl bekommt, der Sinn von Stufu sei erfüllt, in dem man sich die Füße wundrennt, hat viele Ursachen: Zum einem denkt er vielleicht die Stufus seien nicht ausreichend „interessant“. Zum anderen scheinen sie nicht auf das eigene Studienfach zugeschnitten. Daraus folgt, dass die Studentenschaft die fehlenden Stufu-Punkte bis ins 6. bzw. letzte Semester „verschleppt“. Dass die Letztsemester in den Kursen Vorrang bekommen, ist sicher verständlich, ärgert aber auch die übrigen. Da es mir, so wie vielen meiner Kommilitonen, auch in diesem Semester wieder schwer gefallen ist, rechtzeitig vor der Abgabe der Belegbögen, ein „gutes“ Stufu-Seminar zu finden, war es mir ein dringendes Anliegen, nach dem Kernproblem und dem allgemeinen Sinn des Studium Fundamentale zu forschen. Hierbei ist es hilfreich, die eigentliche Motivation des Studium Fundamentale zu durchdenken. Ziel soll es nämlich sein, sich neben dem Fachstudium ganz neuen Themengebieten zu widmen. „Über den Tellerrand schauen“, so lautet das Motto. Studenten sollen nicht ausschließlich zu sogenannten „Fachidioten“ ausgebildet werden, sondern darüber hinaus auch wichtige Kompetenzen erwerben, die zur Allgemeinbildung beitragen, um diese wiederum in der späteren Berufswelt zum Einsatz bringen zu können. Es handelt sich hierbei um einen allgemeinen Irrglauben unter den Bachelorabsolventen, das Stufu-Seminar müsse dem Hauptfach entsprechen. Elena Gieb vom „Prüfungsausschuss für das Studium Fundamentale/ Berufsfeld“ appelliert an die Studenten, man müsse sich zunächst einmal frei von den Zwängen machen, Kurse im eigenen Fachbereich wiederzufinden. Das interdisziplinäre Konzept des Studium Fundamentale soll es den Studierenden ermöglichen, ihren Horizont zu erweitern und sich dabei nach Lust und Laune auspro bieren zu können. Frei von der Spezi alisierung des Hauptfaches soll jeder die Chance bekommen sich ebenso mit anderen Themengebieten auseinan derzusetzen. So dürfen beispielsweise in den Stufus keine Grundkenntnisse vorausgesetzt werden. Etwa 50 Veranstaltungen werden pro Semester angeboten und jedem Seminar sind mindestens zwei Dozenten aus zwei verschiedenen Wissensbereichen zugeordnet. Nur selten kommen die Dozenten auf einen Nenner. Gerade darin liegt der Reiz: Die Studierenden erfahren hautnah, wo der methodische Unterschied der einzelnen Disziplinen liegt“, so heißt es auf der Uni – Homepage (www2.uni-erfurt.de/stufu). Das Überangebot von beispielsweise theologisch inspirierten Veranstaltungen lässt sich darauf zurückführen, dass jede Fakultät für sich unterschiedlich viele Seminarvorschläge anbieten darf. Der Studierende besitzt neben der Freiheit selbst zu entscheiden, welche Kurse von ihm besucht werden ebenso die freie Wahl, zu welchem Zeitpunkt er seine Punkte sammelt. Daher die vielen Kommilitonen aus den höheren Semestern, die einem die Stufu-Plätze „wegschnappen“, weil sie ein „Anrecht“ haben und ansonsten kein Bachelor- Zeugnis in die Hand gedrückt bekommen… Ein Teufelskreis? Wird man sich selbst auch die Stufu-Punkte bis zum Schluss aufheben müssen? Nein – denn seien wir mal ehrlich, so schwer kann es nicht sein, sich bei dem üppigen Angebot von Veranstaltungen etwas Geeignetes rechtzeitig herauszusu CAMPUSECHO • 13 chen. Natürlich muss man eventuell bei dem Kriterium Zeit auch einmal in den sauren Apfel beißen und somit Montag um acht Uhr das Schlafzimmer gegen den Seminarraum tauschen. Würden sich mehr Studenten bereit erklären, sich einfach mal mehr als zwei in Frage kommende Angebote des Vorlesungsverzeichnisses durchzulesen, könnte allmählich die Kette durchbrochen werden. Empfehlenswert und gleichzei tig gut für das Allgemeinwohl wäre es doch, bereits im 3. Semester anzufangen, sich nach entsprechenden Kursen umzuschauen, um später nichts mehr nachholen zu müssen. Doch was tun, wenn wirklich kein Kurs gefunden wurde, aber die Punkte dringend nötig sind? Elena Gieb weiß auch hier Rat, doch nur die wenigsten wissen wohl von dieser Möglichkeit: Nach den ersten zwei Wochen stellt sich letztendlich heraus, wie viele Seminare belegt worden sind und wo eventuell noch freie Plätze verfügbar sind. Einfach auf „www2.uni-erfurt.de/ stufu“ nachgeschaut und es findet sich vielleicht doch noch der ein oder andere freie Kurs. Und dann kann auch der letzte guten Gewissens sagen: Stufu gut, alles gut! Franziska Gutt D D arf man Bildungspolitik nur regional betrachten? Gerade weil es in Thüringen noch keine Studiengebühren gibt sollte man mit „betroffenen“ Studenten anderer Bundesländer solidarisch sein. Deswegen ver gehen. Unserer Meinung nach, wurde durch die ausgestoßenen Drohungen gezeigt, dass die freie Meinungsäußerung an unserer Universität nicht gerade groß geschrieben wird – eine Erkenntnis, die uns verstört. anstalteten wir spontan am Die „Bildungsstreik 2009 Bewe- PRO 13. Mai eine Solidaritätsdemo, gung“ geht nicht nur gegen Stuum auf die Demonstration der „SOS -Studenten ohne Studiengebühren“ in Bayern auch hier in Erfurt aufmerksam zu machen. Erschrocken hat uns das Verhalten der Universitätsleitung, welche mit Exmatrikulation gegenüber den Teilnehmern drohte. Wir meldeten daraufhin die Demonstration nachträglich bei der Polizei an, um weiteren Repressalien seitens der Universitätsleitung zu ent diengebühren vor, sondern will auch Verwaltungsgebühren, welche die Studenten unnötig belasten, abschaffen. Bildung ist keine frei verhandelbare Ware, kluge Köpfe sind vielmehr eine unschätzbare Ressource, in die verstärkt Investitionsströme geleitet werden sollten, anstatt in Banken oder die Abwrackprämie. Studenten haben keine Lobby und kei ne Stimme, die Bewegung Bildungsstreik 2009 will ihnen eine geben und somit auf unsere Nöte und Sorgen aufmerksam machen. Wir beziehen von der Bundeskoordination Vorschläge und Anregungen zum Protest gegen die bestehenden Ungerechtigkeiten des Bildungssystems. Auf diese Ungerechtigkeiten wollen wir mit zivilem Ungehorsam aufmerksam machen, zum Beispiel durch streiken. Wir rufen alle Interessierten dazu auf, bei uns mitzuwirken, damit die Stimme der Studenten in der bundesweiten Aktionswoche vom 15. bis 19. Juni noch lauter durch die Republik schallt. Frauke Heesing Mitglied der Bilungsstreikgruppe Bildungsstreik 2009 -eine Kontroverse W W ir brauchen dringend eine bessere Bildung! Es ist nicht hinnehmbar, dass die soziale Herkunft über die Zukunftschancen junger Menschen entscheidet. Ich kann daher gut verstehen, wie sich Ärger und Enttäuschung angesichts mancher Tatenlosigkeit in der Politik der letzten Jahre aufgestaut haben. Es muss sich einfach etwas bewegen. Überhaupt nicht verstehen kann ich hingegen aber das Engagement für einen sogenannten „Bildungsstreik“. Eine Woche lang Bildung zu boykottieren, ist nicht nur persönlich unsinnig, sondern wird schlichtweg nichts verbessern. Im Gegenteil. Spätestens beim zweiten Blick wird deutlich: Der Bildungsstreik setzt die Zukunft unserer Bildung aufs Spiel! 1. Die Ziele des Bildungsstreiks sind alles andere als in die Zukunft und auf eine bessere Bildung gerichtet. Wer das bewährte 12-jährige Abitur in Thürin gen abschaffen, Studierendenräte politisch aufheizen oder die Beziehung von Jobs und Unis kappen möchte, klebt an der Vergangenheit und nimmt jungen Leuten Zukunftschancen. 2. Wer mit Verfassungsfeinden zusammenarbeitet, bietet ihnen eine Plattform und legitimiert sie! wird gar ein Banküberfall (!) als Aktion empfohlen und die offizielle Internetseite des Bildungsstreikes verlinkt auf Anleitungen zum Bombenbau! Das sorgt mit Sicherheit nicht für Bildungschancen. Ich appelliere an die Vernunft aller Thüringer Schülerinnen Hinter den Organisatoren und Schüler, Azubis und CONTRA des Streiks stecken nicht nur Studierenden: Wer für harmlose Gruppen, sondern zum Teil extremistische Vereinigungen wie die DKP-nahe „Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend“ (SDAJ), die sogar vom Verfassungsschutz beobachtet wird! Hier verbergen sich Menschen, denen Freiheit, Demokratie und Bildung völlig egal sind. 3. Beim Bildungsstreik 2008 in Berlin verwüsteten Randalierer die komplette Humboldt-Uni. Scheiben wurden eingeschmissen, Feuer angezündet und eine Ausstellung über jüdische Opfer des Nazi-Regimes zerstört. Dieses Jahr bessere Bildung ist, muss gegen den Bildungsstreik sein! Beteiligt euch nicht an diesem Streik, sondern nutzt die vielen friedlichen und demokratischen Möglichkeiten unserer Gesellschaft. Ihr müsst euch nicht entscheiden zwischen Extremismus auf der einen oder Stillstand auf der anderen Seite, sondern habt in der Demokratie eine dritte und – aus meiner Sicht – ganz hervorragende Alternative, um eure Ziele zu verwirklichen. Felix Rösel, stellv. Landesvorstizender der Julis Thüringen 14 • CAMPUSECHO Campusmenschen: Frau Lindner „Einen Studenten lernen Sie nicht kennen, wenn er einzieht, einen Studenten lernen Sie kennen, wenn er auszieht“. Eine recht außergewöhnliche Aussage, und bereits ein Hinweis darauf, dass Frau Lindner zu über 400 Studenten der Erfurter Universität und Fachhochschule in einem besonderen Verhältnis steht. Statt der Matrikelnummer kennt Sie die Poster, welche ein Student über seinem Bett hängen hat, statt Klausurterminen weiß sie, wann die nächste Party in der Wohnanlage Plauener Weg steigt. Ausgebildet als „Erzieherin für Erwachsene und Jugendliche“ war Frau Lindner seit 1987 als Wohnheimleiterin für die Betreuung Minderjähriger an der damaligen „Pädagogischen Hochschule“ tätig, bevor die Mutter eines 23-jährigen Sohnes im Jahre 1990 für das Studentenwerk Erfurt, heute Studentenwerk Thüringen zu arbeiten begann. Mittlerweile ist Sie zuständig für die Wohnanlagen Plauener Weg, Alfred-Weber-Platz und die Engelsburg. Somit lebt die selbst auch aus Thüringen Stammende seit über 25 Jahren in Erfurt und fühlt sich inzwischen auch „als Erfurterin“. Vor dem Berufswech sel war der Kontakt zu Studenten und insbesondere auch Lehrern und Eltern deutlich intensiver, doch schätzt Frau Lindner auch heute, dass sie noch immer „mit Menschen und durch die Austauschstudenten mit anderen Kulturen in Berührung kommt“, und nicht bloß Akten verwaltet. Nicht immer ist der Kontakt mit jungen Menschen ein Grund zur Freude -wer es sich mit Frau Lindner so richtig verscherzen möchte, der feiere eine exzessive Party in einem der Wohnheime und räume danach kein bisschen auf! Doch andere unvergessliche Ereignisse wiederum, wie etwa die Einladung einer indischen Studentin zu deren Hochzeit nach Neu-Delhi, lassen Frau Linder doch insgesamt sagen, dass sie ihren Job gern macht. Wer jemals im ersten Stock des Mitar Campusecho-Gedanken: Vorsicht Satire! Der Bibo aufs Dach steigen… Semesterende, Zeit der Klausuren und Hausarbeiten: die Bibliothek hat Hochsaison. Während man im 3. OG Papierstapel vor sich aufbaut und die Blätter nach Größe, Farbe und Abnutzungsgrad sortiert, lässt man die Blicke hinaus durch die meterhohen Galeriefenster schweifen. Stahlgrauer Himmel, im Hintergrund die charmanten Plattenbauten im Rieth, im Vordergrund eine riesige unbenutzte Dachterrasse. Warum eigentlich? Warum ist über dem Büro-Trakt der Bibliothek ein Stück Niemandsland mit Kies und Unkraut? Warum nutzt niemand diese nicht unbeträchtliche Anzahl von Quadratmetern? Mal theoretisch angenommen, es wäre Sommer und auf der Terrasse stünden Liegestühle, Hollywood-Schaukeln, Sonnenschirme, Korbsessel, kleine Tischchen und riesige Sofas. Was wäre das für eine Lounge! Eine Glaswand schützt vor dem kühlen Nordwind. An einer kleinen Bar werden frisch gemixte Fruchtsäfte und Eis gereicht, abends beleuchten Fackeln das Dozentenlesen oder Diskussionsrunden und beitergebäudes im Büro von Frau Lindner saß, muss nach ihrer persönlichen Leidenschaft gar nicht fragen – Orchideen und Kakteen nehmen Platz ein, wo nur möglich. „Ja, das ist tatsächlich so, diesen beiden Pflanzen gilt tatsächlich meine Leidenschaft“ erklärt Frau Linder lachend. Was ist denn daran so lustig? „Naja, ist doch irgendwie gegensätzlich, oder?!“ Das stimmt allerdings – vielen Dank für das Gespräch, Frau Lindner! Amrisha Uriep aus Fruchtsäften werden durch einige geheime Zutaten tropische Cocktails. Zur Erfrischung zwischendurch steigt man in den Jacuzzi und für die kalten Erfurter Nächte stehen Heizpilze und flauschige Decken bereit. Ja klar, haben wir das Hilgenfeld. Wir lieben es auch. Aber ein Cafe hat doch jede Uni. Warum gönnen wir uns vom LUBOM-Geld nicht mal was Exklusives? B³ -die Studentenlounge über den Dächern Erfurts, was für ein Traum. Doch das wird sie wohl auch bleiben. Katharina Bartsch CAMPUSECHO • 15 Theater an der Uni Erfurt Die Geburt der HSG Theater und Studenten beim Turbo-Falten „Jetzt mach hier mal nicht so‘n Theater”. So ein Satz wird bei Sabrina Deterding, Thomas Grauel und Simon Breitung auf taube Ohren stoßen. Die drei hatten nämlich im Wintersemester 08/09 die Idee, eine Theater-Gruppe zu gründen. Da es nicht nur bei der Idee bleiben sollte, ließen sie sogleich Ende des Jahres erste Listen für potentielle Teilnehmer herumgehen und bekamen Rückmeldung von über 100 interessierten Studenten. Aber Prüfungsstress und Organisationsschwierigkeiten verhinderten zunächst die Weiterentwicklung des Gedankens. Doch im Sommersemester ging es weiter: die Organisation kam ins Rollen und die „Hochschulgruppe Theater“ wurde geboren. Erst einmal sind kleine Improvisationsstücke geplant, später auch die Aufführungen selbst geschriebener Stücke - aus der Feder vom Hochschulgruppen- eigenen Autor René Kanzler. Die Ergebnisse können dann zum Beispiel auf dem Campusfest bewundert und beklatscht werden. Das erste, gemeinsame Treffen zum Kennenlernen, Beschnuppern und Ideensammeln fand bereits statt. Studenten können sich auch auf eine andere Art künstlerisch entfalten, nämlich in der Studium Fundamentale- Verstanstaltung „Kunstwerke als Ausgangspunkt für ein szenisches Spiel”. Das Seminar wird von der Geschäftsführerin der „Landesarbeitsgemeinschaft Puppenspiel e.V. Thüringen“, Monika Bohne, und der 1. Vorsitzen den, Herta Kleinert, geleitet und findet im Künstler-und Atelierhaus in der Marktstraße statt. Im Rahmen des Bauhaus-Jahres wird hier Paul Klees „Fish Magic” durch Falttechnik nachgestellt. Während die Teilnehmer in den ersten Sitzungen die Kunst des Faltens kennen gelernt haben, durften sie sich bei den darauffolgenden Treffen selbst verwirklichen -aber unter der Bedingung, dass die Figuren wirklich nur durch Falten entstehen und denen des Klee-Werkes ähnlich sehen. „Die Studenten müssen Turbo-Falten“, erklärt Frau Bohne lachend, denn bereits am 19. Juni wird das Ergebnis zu sehen sein. Das Bild wird in zwanzig Minuten anhand kleinerer Geschichten als Schwarzes Theater aufgebaut, sodass nur -durch ultraviolettes Licht -die gefalteten Werke und nicht die Falter selbst zu sehen sind. Wenn man dieser außergewöhnlichen Prüfungsleistung beiwohnen will, kann man sich also am besagten Tag abends in der Kirche in Mellingen einfinden. Wer Lust bekommen hat, in dieser „Hochschulgruppe Theater“ mitzuwirken (und wenn nicht als Darsteller, dann vielleicht als Bühnenbildner, Kostümentwerfer, Gute-Ratschläge- Geber oder sonstiges), der wendet sich bitte an Sabrina Deterding (sabrina. deterding@stud.uni-erfurt.de). Neue Mitwirkende sind auf jeden Fall willkommen! Constanze von Kietzell Der erhobene Zeigefinger Ein Flyer-Dieb geht in der Uni um B B litzschnell und heimtückisch werden ganze Flyer-Stapel einer Hochschulgruppe im Müll versenkt oder eingesteckt und zu Hause vernichtet, meist noch bevor überhaupt ein Student sie gelesen hat. Was soll das denn? Flyer kosten Geld und sollen Studenten über Veranstaltungen informieren. Werden sie willentlich haufenweise in den Papierkorb befördert, haben sie auf Zweckerfüllung keine Chance. In Deutschland existiert das Recht auf freie Meinungsäußerung, dazu gehören auch Flyer oder Plakate. Solche Meinungsäußerungen im Keim zu ersticken, ist undemokratisch, witzlos und erinnert an den Kindergarten. Wir bitten alle Hochschulgruppen, Fachschaften oder sonstige Vereine, solche Aktionen künftig zu unterlassen. Anonym 16 • CAMPUSECHO IMPRESSUM Veranstaltungstipps IMPRESSUM V.i.S.d.P.: Sven Morgen Geschäftsführer, verantw. f. Anzeigen: Katharina Bartschh Mitarbeiter dieser Ausgabe: Amrisha Uriep, Sven Morgen, Sarah Blanck, Dennis Frieß, Thomas Schmel zer, Christiane Stierwald, Bernhard Meier, Franziska Gutt, Constanze von Kietzell, Frauke Heesing, Felix Rösel Fotos: www.sxc.hu (S. 1 und 12), Sven Morgen (S. 14), Studierendenrat (S. 8), Bernhard Meier (S. 10), Amrisha Uriep (S. 14), Constanze von Kietzell (S. 15) Layout: Bernhard Meier, Sven Morgen Druck: Citydruck Erfurt reprocenter Auflage: 2000 Stück Mit freundlicher Unterstützung durch den 10. Studierendenrat der Universi tät Erfurt und das Studentenzentrum Engelsburg e.V. Info & Kontakt: Redaktion CAMPUSECHO Nordhäuser Straße 63 99089 Erfurt campusecho@uni-erfurt.de Homepage: www.campusecho.de . Meet to eat - Laotisch kochen Wer sich jetzt fragt: „Wo liegt Laos eigentlich?“ -Finger weg vom Atlas und diesen kleinen Staat kulinarisch kennen lernen! Wo: P 33, Pergamentergasse 33 Wann: 02.Juni 2009, 20.00 Uhr Preis: 10,- € Sommerkino Die Freiluftkino-Saison wird mit dem deutschen Spielfilm „Sonnenallee“ eröffnet! Wo: egapark Erfurt Wann: 13. Juni 2009, 21.00 Uhr Preis: 6,-€ (für Studenten) 34. Krämerbrückenfest – Größtest Altstadtfest Thüringens Straßentheater, Künstler, Gaukler und natürlich ein Mittelaltermarkt rund um eines der Wahrzeichen Erfurts – auf der Krämerbrücke geht es für ein Wochenende wieder einige Jahrhunderte zurück! Wo: Altstadt Erfurt/Krämerbrücke Wann: 19.-21. Juni 2009 Gypsy Juice – Balkan Beats! Keine Wahl: Zu DJ Ringo’s Balkan Beats, Oriental & Electronic Styles kann man nichts anderes, als hemmungslos abzappeln! Wo: Stadtgarten Wann: 19. Juni 2009, 22.00 Uhr Live: 44 Leningrad Musik à la DJ Shantel selbstgemacht – „Postsowjetpunk made in Potsdam“, wie die Band von sich selber sagt. Wer also nach „Gypsy Juice“ noch Kraft in den Beinen hat, findet sich eine Woche später zum Konzert wieder im Stadt- garten ein. Wo: Stadtgarten Wann: 25. Juni 2009, 20.00 Uhr Indonesischer Abend Nach erfolgreicher Präsentation im Mai kommt der „indonesische Abend“ jetzt noch einmal im Rathaus. Diesmal mit noch mehr Tänzen von noch mehr In seln, und hoffentlich auch mehr Essen! Wo: Festsaal, Rathaus Wann: 27.06.2009, 19.30 Uhr Amrisha Uriep