Effektivität und Angemessenheit – Messung Interkultureller Kompetenz im Assessment Center Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor philosophiae (Dr. phil.) vorgelegt dem Rat der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität von Diplom-Soziologe Jorge Alejandro Peña Sebald geboren am 11.10.1966 in Concepción (Chile) Gutachter 1. Prof. Dr. Jürgen Bolten (Friedrich-Schiller-Universität Jena) 2. Prof. Dr. Stefanie Rathje (Friedrich-Schiller-Universität Jena) 3. Prof. Dr. Rainer Schlösser (Friedrich-Schiller-Universität Jena) Tag des Kolloquiums: 30.01.2008 Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangssituation 1 1.1 Forschungsziel 1 1.2 Aufbau der Arbeit 3 2 Von der Qualifikation zur Kompetenz 6 2.1 Historische Entwicklung des Kompetenzbegriffs 8 2.1.1 Kompetenzen als Ausführung von Aufgaben 10 2.1.2 Kompetenzen als Konsequenz aus persönlichen Fähigkeiten 11 2.1.3 Holistischer Ansatz 12 2.2 Der Kompetenzbegriff in der aktuellen Debatte 17 2.3 Zusammenfassung 20 3 Interkulturelle Kompetenz: Einführung 21 3.1. Entwicklung des Begriffs der Interkulturellen Kompetenz 24 3.1.1 Kulturschock 25 3.1.2 Transaktionales Stressmodell 30 3.1.3 Modell des Kulturlernens 32 3.1.4 Soziale Unterstützung 35 3.1.5 Akkulturationsmodell von Berry 37 3.1.6 Arbeitspsychologie und Instrumente zur Personalauswahl 42 3.1.6.1 Rollentheoretischer Ansatz 42 3.1.6.2 Kriterien beruflicher Anpassung: Arbeitszufriedenheit 44 3.1.7 Kommunikationswissenschaftlicher Ansatz 45 3.1.8 Transferfähigkeit allgemeiner Handlungskompetenz 48 3.1.9 Bewältigungsformen beim Auslandseinsatz (Stahl) 51 3.2 Methoden der Personalauswahl für das Ausland 55 3.3 Erfolgsprädiktoren in interkulturellen Kontexten 57 3.3.1 Individuelle Prädiktoren 58 3.3.2 Familie: Unterstützung oder Belastung? 64 3.3.3 Situationsbezogene Determinanten 66 3.4 Kritik an den Prädiktoren für Interkulturelle Kompetenz 68 3.5 Zusammenfassung 73 4 Die Assessment-Center-Methode 74 4.1 Anforderungsprofil 76 4.2 Simulation 77 4.3 Beobachtung 80 4.4 Validierung des Assessment-Centers 82 4.5 Kritik an der Assessment-Center-Methode 83 4.6 Spätere Entwicklungen und Verbesserungen 85 4.7 Zusammenfassung 87 5 Das Assessment Center als Methode der Personalauswahl bzw. -entwicklung für Auslandseinsätze 89 5.1 Personalauswahl für Auslandsmissionen 89 5.2 Assessment-Center zur Personalauswahl bzw. Vorbereitung auf das Ausland: multinational, international oder interkulturell? 91 5.3 Funktionen interkultureller Assessment-Center 93 5.4 Allgemeine und spezifische Formen interkultureller Assessment-Center 94 5.5 Dimensionen und Übungen zur Evaluation interkultureller Kompetenz 96 5.5.1 Sprachen 97 5.5.2 Tests, Videosequenzen und fiktive Gesellschaften 99 5.6 Schwierigkeiten beim Einsatz von Assessment-Centern 101 5.7 Zusammenfassung 103 6 Computergestützte Assessment Center und Simulationen 105 6.1 Aufgabentypen 106 6.1.1 Fragebögen und Tests 106 6.1.2 Postkorbübung 107 6.1.3 Simulationen und Planspiele 108 6.2 Zugang und Funktionsweise computergestützter Assessment-Center 112 6.2.1 Offline- und Online-Plattformen 112 6.2.2 Nutzung von Offline-Formaten 114 6.2.3 Nutzung von Online-Formaten 115 6.2.4 Datenerhebung 116 6.3 Technische Voraussetzungen für computergestützte Simulationen 117 6.4 Validierung computergestützter Assessment-Center und Simulationen 119 6.5 Zusammenfassung 124 7 Analyse der interkulturellen Fachliteratur aus Lateinamerika und Deutschland 127 7.1 Expertenrunde 128 7.2 Deutsch-Lateinamerikanische Interaktionen 129 7.3 Interkulturelle Fachliteratur zu Interaktion zwischen Deutschen und Lateinamerikanern 130 7.4 Lateinamerikanische und deutsche Kulturstandards in Interaktion 132 7.4.1 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Kolumbianern 133 7.4.2 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Argentiniern 139 7.4.3 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Mexikanern 140 7.4.4 Zusammenfassung 142 7.5 Praktiken der Personalauswahl von deutschen Institutionen in Lateinamerika 144 7.5.1 Das ASA-Programm von InWEnt 144 7.5.2 Deutscher-Entwicklungs-Dienst (DED) in Chile 149 7.5.3 Zusammenfassung 151 7.6 Abschließende Zusammenfassung 152 8 Methode: Operationalisierung Interkultureller Kompetenz 155 8.1 Einleitung 155 8.2 Messung Interkultureller Kompetenz 156 8.2.1 Der Aufbau eines Anforderungsprofils 156 8.3 Auswahl und Aufbau der Übungen 159 8.4 Definition Interkultureller Kompetenz 161 8.5 Pre-Test: Akzeptanz und Rückmeldung durch die Teilnehmer 163 8.6 Test 165 8.7 Variablen 167 8.8 Kurze Darstellung der „Virtuellen Reise nach Santiago“ 169 8.9 Vorteile des E- Assessment Centers 179 8.10 Evaluationsprozess 179 9 Hypothesen 182 9.1 Hypothesenformulierung 182 9.2 Gütekriterien des Instrumentariums 185 9.3 Datenauswertung 190 10 Ergebnisdiskussion und Ausblick 199 Verzeichnisse Literaturverzeichnis 206 Abbildungsverzeichnis 216 Tabellenverzeichnis 217 Anhang 220 Allgemeine Richtlinien zur Dateninterpretation 220 Stadtplan von Santiago 221 Umfrage vor Beginn der Reise (Schüler) 223 Fragebogen nach dem Schüleraustausch (Schüler) 226 Fragebogen nach dem Schüleraustausch (Lehrerin) 229 Evaluationsbogen der AHK Chile - 332 Teil des Auswahlsystems für Praktikanten 332 Texten der Lösungsstrategien-Aufgaben 233 Kodifizierung der Lösungsstrategien-Aufgaben 238 Vorwort Zu Beginn des Jahres 2002 begann ich mit dieser Doktorarbeit und hatte keine Vorstellung davon, welche Schwierigkeiten auf mich zukommen würden, z.B. bei der Suche nach Versuchsteilsnehmern oder beim Messen Interkultureller Kompetenz mit Hilfe eines Assessment Centers. Schließlich erlaubte mir ein Austauschprojekt des Christlichen Gymnasiums Jena (CGJ), die von mir entwickelten Messinstrumente einzusetzen und zu überprüfen. Deshalb soll an dieser Stelle ein besonderer Dank an die Schüler und die Lehrerin Frau Dr. Anne Nickel-Gemmeke ergehen, ohne deren intensive und großzügige Kooperation das Experiment nicht so zügig hätte durchgeführt werden können. Ein ganz besonderer Dank geht an die große IWK-Familie, besonders an Prof. Dr. Günther Ammon, der mich in den ersten Etappen dieser Arbeit begleitete und an Prof. Dr. Jürgen Bolten, der mir über die gesamte Zeit hinweg zur Seite stand. Ebenso an Frau Junior-Prof. Dr. Stefanie Rathje und Prof. Dr. Stefan Strohschneider, bei denen ich mich für die zahlreichen wertvollen Hinweise im Forschungskolloquium bedanke, die mir halfen, dieses Projekt zu beenden. Ich bin meinen Kollegen sehr dankbar, die mich all die Jahre unterstützt haben, die mir bei der Übersetzung und Korrektur halfen, die mir die einfachen und komplizierten Dinge erklärten und mir in schwierigen Momenten Zuversicht und Mut zusprachen. Die vorliegende Arbeit wäre ohne die uneingeschränkte Unterstützung meiner Familie nicht zustande gekommen, besonders Swetlana, die immer wieder Ordnung in mein Chaos brachte und meine Kinder Carlos und Camilo, die mich motivierten, diese Arbeit zu beenden. 1 Ausgangssituation Die Internationalisierung der Wirtschaft und der Einsatz von Personal im Ausland sind keine neuen Phänomene. Seit Ende des 20. Jahrhunderts hat diesbezüglich jedoch ein explosionsartiger Anstieg stattgefunden. Signifikant dafür ist die rapide zunehmende Anzahl an Freihandelsabkommen und Fusionen internationaler Unternehmen. Ausländische Direktinvestitionen haben sich in der Dekade von 1989 bis 1999 fast vervierfacht, was eng mit dem Aufbau von Auslandsniederlassungen verbunden ist.1 Diese Entwicklungen führten gleichzeitig zu einem Anstieg der ins Ausland entsandten Arbeitnehmer. Dabei konnte ein scheinbar paradoxes Phänomen beobachtet werden: die meisten Expatriates2 vereinigen zwar vermeintlich exzellente Fähigkeiten, um ihre Arbeit im Ausland erfolgreich zu bewältigen (Erfahrung, technisches Know-how und Fremdsprachenkenntnisse), sehen sich in der Praxis jedoch großen Problemen ausgesetzt. Dazu gehören: Nichteinhaltung von Projektterminen, ungeplanter Abbruch des Auslandseinsatzes, Nichterfüllung der angestrebten Ziele und Ergebnisse, Vertragsbrüche, Scheitern von Verhandlungen, Scheitern von Produkt- und Dienstleistungseinführungen, Image- und Vertrauensverlust. Ein Konsens zwischen verschiedenen Herangehensweisen, die die genannten Phänomene untersuchen, ist sehr selten. Übereinstimmung herrscht darüber, dass mit „Interkultureller Kompetenz“, ungeachtet, wie diese definiert wird, Produktivität, Effektivität und Erfolg während des Auslandseinsatzes steigen, Risiken des Einsatzes hingegen vermindert werden. 1.1 Forschungsziel Das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines Instrumentariums für die Beurteilung Interkultureller Kompetenz. Dazu wurde vom Autor ein Online- Diagnoseinstrument für die Einschätzung der Eignung für Auslandsaufenthalte entwickelt. Mit Hilfe des Instrumentariums sollen Personalentwickler aus Institutionen, Non-Profit- Organisationen oder Unternehmen geeignete Kandidaten für einen Auslandsaufenthalt 1 Rathje, S. (2004). Unternehmenskultur als Interkultur. Entwicklung und Gestaltung interkultureller Unternehmenskultur am Beispiel deutscher Unternehmen in Thailand. Sternenfels. Verlag Wissenschaft & Praxis. S. 13. 2 Expatriates = diese so bezeichneten Mitarbeiter von Unternehmen erfüllen gemäß einer vertraglichen Vereinbarung für eine bestimmte Zeitspanne ihre Arbeit außerhalb ihres Landes (ihrer Kultur). an der Europäischen Union orientierte Begriffsdefinition. Download am 18.06.2003. Kontext: Download am 18.06.2003. finden, bzw. die Entsende-Kandidaten im Hinblick auf ihre Interkulturelle Kompetenz beurteilen können. Damit soll die Effizienz von Rekrutierungsverfahren deutscher Organisationen, die Praktikanten nach Lateinamerika entsenden, erhöht werden. Mit einem methodischen „Vorher-Nachher“-Design soll überprüft werden, ob das entwickelte Instrument geeignet ist, Diagnosen über Kandidaten abzugeben. Die Ergebnisse aus einem ersten Test (vorher) sollen in der Realität (on the Job) und in einer zweiten Messung (nachher) hinsichtlich seiner Aussagekraft und Güte überprüft werden. Dazu wurde ein Online-Diagnoseinstrument („Virtuelle Reise nach Santiago“) und eine schriftliche Befragung zur Auswertung des Auslandseinsatzes mit 23 Probanten durchgeführt und hinsichtlich ihrer Ergebnisse korreliert. Abb. 1 Untersuchungsdesign Zur Messung der interkulturellen Kompetenz werden zwei Aufgaben konzipiert, die die Konzepte Effektivität und Angemessenheit überprüfen. Effektivität wird in Form einer Online-Postkorb-Aufgabe gemessen, die Angemessenheit in Form einer Lösungsstrategie- Aufgabe. Es wird ermittelt, ob die zwei Aufgaben eine Vorhersage über den Erfolg beim Auslandsaufenthalt erlauben. Teilnahme am Online-Test intervenierende Variable (Ausland) Selbst- und Fremdauswertung nach dem Einsatz (Fragebogens) Prognose Soll-Zustand Evaluation Ist-Zustand Korrelation Bestätigung oder Ablehnung der Hypothesen Aufbau des Anforderungs- Profils Das Resultat der Diagnose, also die Bewertung des Online-Diagnoseinstruments („Postkorb“ = Effektivität; „Konfliktlösung“ = Angemessenheit) wird mit den Ergebnissen der Selbst- und Fremdevaluation des tatsächlichen Verhaltens (Fragebögen) verglichen. Für die Konstruktion der Aufgaben ist das für die Konzeption von Assessment Centern gängige Design zu Grunde gelegt. Das heißt, dass zunächst die technischen Voraussetzungen und erfolgversprechenden Kompetenzen für eine Aufgabe oder Arbeitsstelle benannt werden (Anforderungsprofil). Anschließend werden Aufgabenformen entwickelt, die diese Charakteristika reproduzieren, um schließlich den entwickelten Test einer Probe zu unterwerfen. Abb. 2: Aufbau der Untersuchung 1.2 Aufbau der Arbeit Im Anschluss an einen historischen Überblick über die Debatte zum Kompetenz- und Qualifikationsbegriff (Kapitel 2), werden detailliert die darauf aufbauenden theoretischen Stellungnahmen und Kompetenzmodelle dargestellt. Entwurf von geeigneten Übungen Anforderungs- Analyse Pre-Test Erprobung von Online-Instru- menten und Fragebögen Test Datenerhebung Bestätigung oder Ablehnung des Kompetenz- messverfahrens Quelle: Eigener Entwurf in Anlehnung an Geke, M. / Eisele, D. (2003). S. 245. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E- Recruitment und E- Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe Verlag. Textfeld: Aufbau des Anforderungs-Profils 3 „Interkulturelle Kompetenz“ wird fortan als eigenständiger Begriff genutzt. Im dritten Kapitel sind historische Aspekte der Entwicklung des Begriffs der „Interkulturellen Kompetenz“3 zusammengestellt. Davon ausgehend werden Überlegungen zur Methode angestellt, die die Verlässlichkeit bestimmter Indikatoren zur Voraussage von Erfolg in interkulturellen Situationen untersuchen. Im vierten Kapitel wird das Assessment Center (AC) vorgestellt, ein Instrument zur Personalauswahl und Personalentwicklung. Das AC untersucht das Kompetenzniveau seiner Teilnehmer und bietet jedem Kandidaten vergleichbare Möglichkeiten und einen hohen Grad an Transparenz. In diesem Kapitel werden die „Philosophie“ dieses Instruments detailliert dargestellt sowie Vor- und Nachteile beschrieben. Im fünften Kapitel wird die Möglichkeit zur Messung Interkultureller Kompetenzen anhand von AC diskutiert. Anhand der theoretischen Analyse der Fachliteratur werden die bei der Diagnose verwendeten Übungsformen sowie die verschiedenen Typen von AC beschrieben. Es wird die Diskussion über die Vor- und Nachteile hinsichtlich der Verwendung von Fremdsprachen oder einer Lingua franca dargestellt. Das sechste Kapitel thematisiert die computergestützte Messung. Zunächst werden die technischen Möglichkeiten detailliert beschrieben und der Unterschied zwischen Präsenz-AC und Online-AC erläutert. Schließlich erfolgt eine Darstellung der Datenerhebungsmethoden (off- bzw. online) und der Testverfahren. Das siebte Kapitel gibt einen Forschungsbericht über die deutsch-lateinamerikanischen Interaktionen. Dieser erfolgt sowohl aus Sicht der Literaturrecherche: Kulturstandardtheorie über Kolumbien, Argentinien und Mexiko wie Berichten aus der Sicht von deutschen Organisationen, die Praktikanten nach Lateinamerika senden und aus Konfliktlösungen zwischen deutschen und chilenischen Organisationen. Das achte Kapitel widmet sich der Operationalisierung und Konstruktion von Aufgaben zur Diagnose interkultureller Kompetenz. Ziel ist es, Aufgabe zu entwickeln, die das spezifische Anforderungsprofil für einen erfolgreichen Aufenthalt in Chile, messen. Dieser Vorgang soll anhand eines Überblicks über jede einzelne Phase des Tests verdeutlicht werden. Im neunten Kapitel werden die Ergebnisse zur Validierung der verwendeten Instrumente in Hypothesen gefasst und anschließend einer Prüfung unterzogen. Im zehnten Kapitel werden die entscheidenden Erkenntnisse der Studie zusammengefasst und ein Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten aufgezeigt. Abb. 3: Aufbau der Arbeit Kap. 2 Was ist Kompetenz? Kap. 3 Interkulturelle Kompetenz Kap. 4 Die Assessment-Center Methode Kap. 5 Das Assessment-Center als Methode der Personalauswahl bzw. -entwicklung für Auslandseinsätze Kap. 6 Computergestützte AC und Simulationen Kap. 7 Analyse der interkulturellen Fachliteratur aus Lateinamerika und Deutschland Kap. 8 Methode: Operationalisierung interkultureller Kompetenz Kap. 9 Hypothesenbildung, Validierung und Datenauswertung Kap. 10 Ergebnisdiskussion und Ausblick 2 Von der Qualifikation zur Kompetenz Ursprung und Entwicklung des Kompetenzbegriffs können als ein Paradigmenwechsel ver- standen werden, als eine historische Antwort auf die Überstrapazierung des Qualifikations- begriffs. Dieser Vorläufer des Kompetenzbegriffs war seit den späten 1950er Jahren zum allgewaltigen Schlagwort zur Beurteilung von Mitarbeitern geworden. Zum besseren Ver- ständnis dieses Übergangs ist es notwendig, zunächst den verwendeten Qualifikationsbegriff zu beleuchten, um darauf aufbauend die Bedeutung und die historische Entwicklung des Kompetenzkonzepts bis zur Gegenwart zu betrachten. Das Qualifikationsmodell entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts als direkte Konsequenz aus den Entwicklungen im Bereich der Arbeitsorganisation und Unternehmensführung, die aus dem Taylorismus, auch wissenschaftliche Betriebsführung genannt, hervorgingen. Ein wichtiges Charakteristikum war in diesem Zusammenhang die Arbeitsteilung und Spezialisie- rung.1 Der Taylorismus als Arbeitsorganisationsmodell bedeutet eine Distanzierung zur ihm vorangegangenen humanistischen Tradition. Diese war hauptsächlich immer noch von Ar- beitsorganisationsmodellen aus dem europäischen Mittelalter inspiriert, die sich aus der praktischen Verrichtung von Tätigkeiten heraus entwickelt hatten und größtenteils durch Handwerkszünfte geregelt wurden. Ein typisches Merkmal war, dass der Handwerker sowohl intellektuelle Arbeit (Planung und Kontrolle) als auch Techniken (Verarbeitung) beherrschte.2 Das Modell der industriellen Produktion unterscheidet sich von der humanistischen Tradition insofern, als dass es klare Hierarchien in der internen Arbeitsteilung festlegt. Die in erster Linie intellektuelle Arbeit (Planung und Kontrolle) wird einem aus hochqualifizierten und spe- zialisierten Fachleuten zusammengesetzten Stab anvertraut: Managern und Führungskräf- ten. Die praktischen Tätigkeiten, die auf den von den Maschinen diktierten Produktions- rhythmus abgestimmt sind, werden hingegen von denjenigen Arbeitern verrichtet, die zu- meist keine Planungs- oder Kontrollaufgaben bewältigen können.3 Die Prinzipien des Taylorismus, die „mit der ausdrücklichen Absicht entwickelt wurden, ein Verhaltensregel- und Gesetzsystem zu etablieren, mit dessen Hilfe die maximale Effizienz im 1 Rodríguez, D. (2002). Gestión Organizacional. Elementos para su estudio. Santiago. Ediciones Universidad Católica de Chile. S. 62. 2 Al-Nagah, H. (2002). Globalisierung und Transnationale Kompetenzentwicklung. Systemisches Trai- nigskonzept für Transnationalisierte Führungskräfte. Frankfurt am Main. Peter Lang. S. 134-148. 3 Rodríguez, D. (2002). S. 34-39. Organisationssystem erreicht werden kann“4, verbreiteten sich weitläufig und die Einführung dieser Prinzipien zog signifikante Qualitäts- und Produktivitätssteigerungen nach sich. 4 Rodríguez, D. (2002). S. 34. 5 Ebd. S. 38. 6 Tejada, J. (1999). Revista herramientas, Acerca de las competencias profesionales (I), nr. 56 (S. 20- 30) y Acerca de las competencias profesionales (II) nr. 57 (S. 8-14). Download am 14.10.2005. 7 Rodríguez, D. (2002). S. 38. Das vom Taylorismus herbeigeführte Arbeitsorganisationsmodell wurde auch von Rekrutie- rungs- und Ausbildungsmodellen begleitet, die auf dem Erwerb vorgeblich objektiver Para- meter zur Widerspiegelung der Renditesteigerungen basierten und sich meistens in der Gü- terproduktion innerhalb einer bestimmten Zeitspanne darstellten sowie physiologische und ergonomische Studien berücksichtigen.5 Einige Messmethoden wurden sehr populär auf Grund ihrer leichten Handhabbarkeit und der Fähigkeit, Kausalzusammenhänge und Vor- aussagen für die Arbeit zu treffen. Sie überschritten sogar die Grenzen der industriellen Ar- beit und breiteten sich bis in die Büroarbeit aus. So wurde beispielsweise die Effizienz einer Sekretärin fast ausschließlich dadurch gemessen, wie viele Anschläge sie in einer Minute tippen konnte. Diese Zahl wurde als ein operabler Parameter zur Renditemessung genutzt, der durch Trainings und andere Maßnahmen verbessert werden konnte. Das Qualifikationsmodell begründete seine Daseinsberechtigung in der Funktionalität seiner Vorgehensweisen, wobei deren Qualität durch quantifizierbare Parameter zur Renditemes- sung dargestellt wurde. Eine andere Möglichkeit, die Qualifikationen zu beschreiben, ist nach Tejada auf unter- schiedliche „Arbeitskategorien“ (unqualifizierter Arbeiter, qualifizierter Arbeiter, Facharbeiter, leitender Angestellter etc.) bzw. auf „Lohnkategorien“ oder auf eine Kombination aus beiden zu beziehen.6 Für die wissenschaftliche Betriebsführung gab es keine gewichtigen Interessenskonflikte zwischen den Zielen des Unternehmens und den Zielen seiner Mitarbeiter. Deswegen ver- wundert es nicht, dass diese Strömung weder größere Debatten hinsichtlich der Rolle der Organisation, die die Arbeitsprozesse umgibt, noch der Anpassung ihrer Prozesse an die verschiedenen Gegebenheiten, der Motivation der Arbeiter jenseits der wirtschaftlichen Kompensation und der „Notwendigkeit, die Ziele der Organisation mit den Bedürfnissen und Motivationen der Arbeiter abzustimmen“, hervorrief.7 8 Al-Nagah, H. (2002).S. 143-144. 9 Rodríguez, D. (2002). S. 42. 10 „Die zentrale Annahme des Taylorismus liegt in der Existenz eines rationalen Menschen, der davon angetrieben wird, vor dem Hunger zu flüchten und einen größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Dieser rationale Mensch verfolgt sein eigenes Ziel, sobald er es erkannt hat.“ Rodríguez, D. (2002). S. 35. 11 In Erpenbeck, J./ von Rosenstiel, L. (Hrsg.) 2003. S. X. 12 Rathje, S. (2005). S. 1. Interkulturelle Kompetenz – Zustand und Zukunft eines umstrittenen Kon- zepts. 13 Erpenbeck, J./ von Rosenstiel. L. (2003). Einführung. In Erpenbeck. J. / von Rosenstiel, L (Hrsg.). (2003). Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis. Stuttgart. Schäffer-Poeschel Verlag. S. X. Seit dem Ende der 1950er Jahre zog die Entwicklung neuer Technologien und die anwach- sende Segmentierung des Weltmarktes eine Veränderung der Arbeitsperspektive in den In- dustrienationen nach sich: den so genannten Postfordismus. Eines seiner Merkmale ist, dass er den Arbeitern wieder einige intellektuelle Aufgaben anvertraut, wie zum Beispiel die Pla- nung und Qualitätskontrolle der Arbeitsprozesse.8 Forschungsergebnisse der Sozialpsycho- logie zur Arbeitsorganisation und Aufgabenverteilung trugen dazu bei, einen Paradigmen- wechsel auf Kosten der Effizienz zu Gunsten der Arbeitszufriedenheit herbeizuführen.9 Die Theorien der Sozialpsychologie kritisierten das Konzept des homo oeconomicus10, wel- ches der wissenschaftlichen Betriebsführung entsprang. Sie setzten ihm ein soziales Indivi- duum entgegen, das, in einer Arbeitsgruppe eingesetzt, gleichzeitig befähigt und verpflichtet ist, Entscheidungen zu treffen: Merkmale, die bis dato einzig dem Management vorbehalten schienen. 2.1 Historische Entwicklung des Kompetenzbegriffs Im Jahre 1962 verkündete Chomsky erstmals den Kompetenzbegriff aus der Perspektive der Kommunikationswissenschaften11 und noch im selben Jahr, nahezu gleichzeitig, umreißt der US-amerikanische Sozialpsychologe G.H. Gardner ebenfalls die Problematik, die später als Interkulturelle Kompetenz bekannt werden soll.12 Der 1962 von Chomsky veröffentlichte Kompetenzbegriff legte seinen Schwerpunkt auf den selbstregulierten und selbstständigen Lernprozess. Um diesen Prozess zu verdeutlichen, bildet Chomsky eine Analogie zu den Fähigkeiten des Hörens und Redens: Dank dieser Fä- higkeiten und mit Hilfe eines limitierten Inventars an Grundelementen und Regeln ist jedes Individuum in der Lage, nie zuvor gehörte Sätze zu verstehen und gleichzeitig neue Voka- beln und Ausdrücke zu artikulieren, womit sich ihm eine nahezu unbegrenzte Spirale an Möglichkeiten eröffnet.13 Die von Chomsky gebrauchte Metapher spielt auf ein plausibles 14 Aneas, A. (2003). S. 161. 15 Ebd. S. 162. 16 Aneas, A. (2003). S. 163. Phänomen an, welches jeder mit mehr oder weniger Erfolg beim Erlernen der Grammatik einer neuen Fremdsprache erfährt. Ungeachtet der vorhandenen oder nicht vorhandenen Gültigkeit dieser Theorie, hat diese Metapher eine universelle Gültigkeit für nachfolgende Kompetenzmodelle erlangt und diese maßgeblich inspiriert. Der Kompetenzbegriff ist dem- nach ein komplexes Konzept mit verschiedenen Annahmen und Theorien, wobei diese stän- digen Entwicklungen nur schwach den Wandel widerspiegeln, den die Arbeitsorganisation und -teilung in den letzten Jahrzehnten erfahren hat.14 In Europa hat das CEDEFOP (Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung) eine neue Debatte in Gang gebracht, mit der Absicht, einen Konsens über den Gebrauch des Kompetenzbegriffs zu erreichen. Auch wenn diese Bemühungen ihr Ziel weit verfehlten, haben sie doch zumindest die unterschiedlichen Thesen und Standpunkte innerhalb der Problematik belegt15. In der folgenden Tabelle wird der unterschiedliche Gebrauch des Kom- petenzbegriffs in ausgewählten europäischen Ländern gezeigt. Tab. 1: Gebrauch des Kompetenzbegriffs nach Ländern Deutschland Spanien Frankreich Niederlande Vereinigtes Königreich Kompetenzen gründen sich auf berufsspezifische Definitionen und auf sie beglei- tende Ausbil- dungsprozesse. Es werden Elemente des britischen Sys- tems hinsichtlich der Produktions- /Renditeorientierung mit Elementen des durch soziale Ver- antwortung des Un- ternehmens ge- kennzeichneten französischen Sys- tems, welches kon- tinuierliche Weiter- bildung vorsieht, verbunden. Die Debatte über die Kompetenzen bedeutet eine Kri- tik an der schuli- schen Bildung. Um diesen Nachteil auszugleichen, wird kontinuierliche Weiterbildung im Unternehmen an- gestrebt. Man geht davon aus, dass die Qua- lifikationen ver- gleichbar mit den Kompetenzen sind, weshalb die- se auch mit Titeln zertifiziert werden. Die Entstehung des Kompetenz- modells ist stark mit der Notwen- digkeit zu evaluie- ren verbunden. Es bevorzugt das englische Modell schwerpunktmäßig die Rendite und stützt sich auf detaillierte Normen der Gewinnerrei- chung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tejada, J. (2005). S. 16. Die große Vielfalt an Meinungen brachte einige Autoren dazu, die verschiedenen Beiträge zu einer kohärenten Struktur zusammenzuführen. Aneas identifiziert unter Bezugnahme auf Gonzi und Athnasou drei Typen von Strömungen, die bei der Einordnung des Kompetenz- begriffs hilfreich sind16. 1. Kompetenzen werden als Ausführung von Aufgaben verstanden, 17 Ebd. S. 164. 18 Tejada, J. (1999). S. 10. 19 Aneas, A. (2003). S. 164 und Tejada, J. (1999). S. 10. 2. Kompetenzen ergeben sich als Konsequenz aus persönlichen Attributen (Fähigkeiten / Begabungen) und 3. Kompetenzen lassen sich aus holistischer Perspektive deuten. 2.1.1 Kompetenzen als Ausführung von Aufgaben Wenn man berücksichtigt, dass historisch gesehen Qualifikationsmodelle den Kompetenz- modellen vorangegangen sind, verwundert es nicht, dass sich letztere zu Beginn – soweit Kompetenzen als Ausführung von Aufgaben verstanden werden – kaum vom Qualifikations- modell unterscheiden. Die Anfangsphase der Erarbeitung von Kompetenzmodellen ist durch Arbeitsverzeichnisse17 charakterisiert, als ob es sich um notwendige und unvermeidliche Schritte handeln würde, die alleine Garant für die Qualität irgendeiner zu verrichtenden Arbeit sind. In diesem Sinne versteht man unter kompetenter Arbeit jene, die ein spezifisches Arbeitverzeichnis erfüllt. Dieser auch als verhaltensorientert bezeichnete Ansatz nimmt für sich in Anspruch, „eine nachvollziehbare Angabe über die Kompetenzen zu machen, so dass keine Unstimmigkeit hinsichtlich der zufriedenstellenden Erfüllung der Aufgaben vorliegt.“18 Eine verbreitete Kritik an diesem Modell liegt in der Nichtberücksichtigung von Gemein- schaftsarbeiten im Zuge der Entscheidungsfindung, der Verknüpfung der Prozesse und der Problemlösung.19 20 Aneas, A. (2003). S. 165. 21 Angeli, F. (1997). Unità capitalizzabili e crediti formativi. Metodologie e strumenti di lavoro. Roma: Isfol. S.51. 22 Ebenda. 2.1.2 Kompetenzen als Konsequenz aus persönlichen Fähigkeiten Dieser Ansatz fokussiert auf die individuellen Attribute, die mit der erfolgreichen Aufgabener- füllung einhergehen. Der Idee zugrunde liegt die Annahme, dass erfolgreiche Individuen dank ihrer individuellen Charaktereigenschaften erfolgreich sind und dass man bei Kenntnis der Charaktereigenschaften eine nahezu kausale Prognose über den zukünftigen Erfolg an verschiedenen Arbeitsplätzen treffen kann.20 Dieses Modell teilt die Kompetenzen in kenn- zeichnende kategorien ein. Indem es die Kompetenzen aus ihrem Kontext isoliert und auf eine Stufe mit den persönlichen Attributen stellt, erhält man ein flexibleres Modell, das auf eine große Anzahl von Situationen angewandt werden kann. Angeli21 formulierte innerhalb dieser Strömung ein Modell, das die persönlichen Fähigkeiten systematisiert, die unabhängig von der Aufgabe wichtig für den Erfolg sind. • Die Kompetenzen des Gelingens: Erfüllung der Aufgaben fokussiert auf das ge- zeigte Verhalten bei der Arbeit. • Die Spezialisierung: professionelles Wissen, verhaltensbedingte Fertigkeiten und Erfahrung mit dem Ziel eine „fachkundige“ Leistung zu erstellen (fachkundig im Sinne einer messbaren Bewertung). • Die Kategorie des „empowerment“ (zu deutsch: Ermächtigung), stellt das Hauptau- genmerk auf die Selbstwahrnehmung (autoconciencia) und auf die vom Individuum wahrgenommenen Schematisierungs- und Wiederverarbeitungsprozess, mit dem Ziel eine effiziente Leistung zu erstellen. • Die Kategorie des „bilan de competence“ („Kompetenzbilanz“), in welcher der Kom- petenzbegriff eine Bandbreite an Kenntnissen, Fähigkeiten und Haltungen beschreibt sowie eine Reihe an persönlichen Ressourcen des Individuums wie zum Beispiel die Interessen, die Motivation, das Selbstbild etc.22 Auch wenn diese vier Kategorien umfassend genug waren, um sie an bestimmte Arbeitssitu- ationen anzupassen, drang man mit ihnen nicht genügend tief in die Beschreibung der Durchführung der Arbeit ein, um als Ergebnis eine transparente und zuverlässige Aussage für die Auftraggeber oder Untersuchungsteilnehmer zu erhalten. 23 Tejada, J. (1999). S. 10. 24 Aneas, A. (2003). S. 166. 25 Alex, L. (1991). Descripción y registro de las cualificaciones. El concepto de cualificación. Formación Profesional, 2. pp.23-27. „Die Hauptkritik an diesem Ansatz liegt: a) im Mangel an bestimmten Beweisen, die die Existenz der kennzeichnenden Kompetenzen belegen, b) in der Anzweiflung sei- ner Übertragbarkeit und c) in der Entkontextualisierung der Kompetenzen und der Trennung von konkreten Situationen, in denen der Ansatz zur Geltung kommen soll.“23 2.1.3 Holistischer Ansatz Der holistische Ansatz nach Aneas versucht in einem einzigen Modell die Kriterien zur Zieler- reichung mit den begleitenden oder persönlichen Fähigkeiten zu vereinigen. Der Schwer- punkt dieses Ansatzes liegt eher in den Beziehungen, die sich zwischen den Elementen ein- stellen, die in Interaktion treten, als in den einzelnen Bestandteilen an sich.24 Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts tauchten zahlreiche Kompetenzmodelle mit holis- tischem Charakter auf. Laut Aneas sind dies geordnet nach ihrem Erscheinungsjahr: Alex 1991, Le Boterg 1991, Bunk 1994, ISFOL 1995, Echeverría 1996. Alex25 unterscheidet in seinem Kompetenzmodell zwei verschiedene Qualifikationsgrade. Er nennt jenes technische Kompetenz, was bis dato das Qualifikationssystem war, also eine Ansammlung mittels Messung nachweisbarer Kenntnisse und Fähigkeiten (z. B. Wissens- tests, zeitliche Ertragsmessung). Alex ergänzt um eine weitere Stufe, die er soziale Kompe- tenz nennt. Diese setzt sich aus einer Ansammlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zu- sammen, die durch kein Messinstrument nachweisbar sind.26 26 Alex, L. (1991). 27 Le Boterf, G. (1991). Ingeniería y evaluación de los planes de formación. Bilbao. Aedipe-Deusto. 28 Aneas, A. (2003). S. 168. Abb. 4: Kompetenzmodell von Alex (1991) Le Boterf27 erkennt genau wie Alex das Vorhandensein der technischen und sozialen Kom- petenzen an, unterscheidet sich aber von Alex, indem er die Motivation als beschreibenden Parameter der sozialen Kompetenz hinzufügt. Diese Kategorie kann in einer Skala gemes- sen und statistisch mit Produktivitätskriterien in Verbindung gebracht werden.28 Kenntnisse und Fähigkei- ten Befähigung zur Planung und Durchführung Soziale Kompetenzen: persönliche und Kommunikative Fähigkeiten, die im sozialen Kontext der Organisation von Nutzen sind messbare Qualifikationen nicht direkt messbare Qualifikationen Verhalten gegenüber: Personen der Arbeit dem Umfeld Technische Kompetenzen: auf den Arbeitsplatz abgestimmt und in Bezug zu den Aufgaben und Ressourcen stehend Quelle: In Anlehnung an Alex, L. (1991). 29 Bunk, G.P. (1994). La transmisión de las competencias en la formación y el perfeccionamiento profesionales de la RFA. Revista Europea de Formación Profesional, 1. pp. 8-14. Tab. 2: Kompetenzmodell von Le Boterf (1991) Technische Kompetenz beinhaltet die berufsspezifischen “technischen” und „funktionalen“ Qualifikationen das Wissen als eine Ansammlung von allgemeinen oder spezifischen Kenntnissen über Theorien, Wissenschaften und Techniken das Beherrschen von Techniken und Methoden im spezifischen Kontext (Umsetzung des Wissens) Soziale Kompetenz beinhaltet die Motivationen, Werte, Beziehungsfähigkeit in einem sozialen Kontext der Organisation Quelle: In Anlehnung an Le Boterf. (1991). Bunk29 ist der Meinung, dass die vier von ihm definierten Kompetenzen, die dem Kompe- tenzprinzip unterliegen (technische, methodologische, soziale und partizipative), gleichzeitig in Aktion treten und eine untrennbare Einheit bilden: Wissen, Fertigkeiten und Kenntnisse. Tab. 3: Kompetenzmodell von Bunk (1994) Technische Kompetenz beinhaltet die fachkundige Beherrschung der Aufgaben und Inhalte des Tätigkeitsbereichs sowie die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten für die Realisierung der Arbeit. Methodologische Kompetenz beinhaltet die Flexibilität bei der Vorgehensweise angesichts un- vorhergesehener Zwischenfälle. Wer diese Kompetenz besitzt, findet selbstständig Lösungswege und setzt seine Erfahrung angemessen bei der Lösung anderer Arbeitsprobleme ein. Die soziale Kompetenz beinhaltet die Fähigkeit, mit anderen Personen kommunikativ und kon- struktiv zu interagieren und zeigt eine gruppenorientierte und interpersonelle Ausrichtung. Die partizipative Kompetenz beinhaltet die Fähigkeit, vom Arbeitsplatz ausgehend an der Organi- sation und am Arbeitsumfeld teilzunehmen. Sie ermöglicht es, Verantwortung zu übernehmen und verantwortlich zu entscheiden. Quelle: In Anlehnung an Bunk. (1994). 30 Tejada, J. (1999). Revista herramientas, Acerca de las competencias profesionales (II) nr. 57 S. 12- 13. 31 ISFOL (1995). Competenze trasversali e comportamento organizzativo. Le abilità di base per il lavo- ro che cambia. Roma: ISFOL. Tab. 4: Handlungskompetenz nach Bunk (1994) Technische Kompetenz Methodologische Kompetenz Soziale Kompetenz Partizipative Kompetenz Kenntnisse, Fertigkei- ten, Fähigkeiten Vorgehensweisen Verhaltensweisen Organisationsweisen • geht über die Gren- zen der Arbeit hinaus • steht in Verbindung zum Beruf • vertieft die Arbeit • weitet den Beruf aus • veränderbare Ar- beitsverfahren • Lösungen sind an die Situation ange- passt • Behebung von Pro- blemen • eigenständige Über- legung, Ausarbei- tung, Planung, Durchführung und Kontrolle • Anpassungsfähigkeit • individuelle: • Arbeitsbereitschaft • Anpassungsfähigkeit • Interventionsfähig- keit • interpersonelle/ zwischenmenschli- che: • Kooperationsbereit- schaft • Ehrlichkeit • Aufrichtigkeit • Altruismus / Selbst- losigkeit • Teamfähigkeit • Organisationsfähig- keit • Koordinationsfähig- keit • Fähigkeit zu pers. Beziehungen / Kon- taktfreudigkeit, Ver- hältnismäßigkeit • Überzeugungskraft • Entschlussfreudigkeit • Verantwortungsge- fühl • Führungsqualitäten Quelle: In Anlehnung an Bunk. (1994). Tejada verweist in einem Kommentar zu Bunks Modell darauf, dass die von ihm eingeführte Unterscheidung davon ausgeht, dass die Kriterien „technische Kompetenz“ und „methodolo- gische Kompetenz“ einen universelleren Charakter hätten und deshalb leichter zu übertragen seien, während die anderen beiden Kriterien sehr stark von ihrem Kontext beeinflusst wer- den. Diese Situation führe zur Diskussion über die Konzepte von „Spezialisierung“ versus „Vielseitigkeit“. Bei der Anwendung des Modells ist es notwendig, die Flexibilität der Teil- kompetenzen zu beachten, damit diese auf die jeweils aktuelle Situation angepasst werden können. Verantwortlich für die Vermittlung der grundlegenden Kompetenzen seien die tradi- tionellen Einrichtungen für schulische Bildung, während die notwendigen funktionalen und technischen Anpassungen durch Systeme der ständigen Weiterbildung gewährleistet wer- den.30 1995 hat das Instituto per lo Svilupo della Formazione Profesionale die Lavoratori (ISFOL)31 ein Arbeitskompetenzmodell entwickelt, welches drei Komponenten beschreibt: • Basiskompetenzen: grundlegende Kenntnisse, die den Zugang zur Bildung und zum Arbeitseinsatz erlauben. • Technisch-professionelle Kompetenzen: beinhalten die für die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Techniken 32 ISFOL (1995). 33 Echeverría, B. (2002). Gestión de la Competencia de Acción Profesional. Barcelona. Universidad de Barcelona. • Übergreifende Kenntnisse: beschreiben allgemeine, umfassende Fähigkeiten. Sie werden durch persönliche Erfahrung erworben und sind grundlegend für ein effizien- tes Verhalten.32 Tab. 5: Handlungskompetenzen (ISFOL) Basiskompetenzen Technisch-professionelle Kom- petenzen Übergreifende Kenntnisse Grundkenntnisse in: • Englisch • Informatik • Betriebsorganisation • Arbeits- und Gewerk- schaftsrecht • aktiver Arbeitssuche / Be- werbung • Wirtschaft Qualifikationen für die Tätigkei- ten und Funktionen in den ver- schiedenen Einsatzfeldern, Qualitätsschaffung Fähigkeit zu: • Diagnose • Kontaktaufnahme • Konfrontation Quelle: In Anlehnung an ISFOL (1995). Das Neue an diesem Modell ist die Anerkennung der Basiskompetenzen, die Elemente von schulischer Bildung sowie nicht lehrbare, sondern durch den Sozialisierungsprozess erwor- bene, diagnostische Fähigkeiten beinhalten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Techni- ken der Bewerbung. Die technisch-professionellen Kompetenzen stellen eine Gemeinsam- keit mit den anderen bereits vorgestellten Modellen dar. Schließlich tauchen im Bereich der übergreifenden Kompetenzen drei neue Gesichtspunkte auf: Diagnostizieren, Kontakt auf- nehmen und Konfrontieren. Tab. 6: Das Kompetenzmodell von Echeverría (2002)33 Kompetenzen der professionellen Tätigkeit Technische Kompetenz: Der Besitz von speziellen, auf bestimmte Arbeitskontexte bezogenen Kenntnissen, welche es ermöglichen, die Inhalte und Aufgaben der Arbeit fachkundig zu beherr- schen. Methodologische Kompetenz: Die Fähigkeit, das Wissen in konkreten Arbeitssituationen an- zuwenden, sachgemäße Vorgehensweisen bei der Arbeit zu demonstrieren, Probleme selbst- ständig zu lösen und die erworbenen Fähigkeiten in neuen Situationen durchdacht anzuwenden. Partizipative Kompetenzen: Aufmerksam der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gegen- überstehen sowie sich auf interpersonelle Kommunikation vorbereiten, Bereitschaft zur Koopera- tion mit anderen demonstrieren und ein gruppenorientiertes Verhalten zeigen. Persönliche Kompetenzen: Ein realistisches Selbstbild haben, in Einklang mit den eigenen Ü- berzeugungen handeln, Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen und mögliche Ent- täuschungen relativieren. Quelle: In Anlehnung an Echeverría (2002). 34 Al-Nagah, H. (2002). S. 140. Das Kompetenzmodell von Echeverría unterscheidet sich nicht wesentlich von dem von Bunk. Sein größter Vorteil ist die leichte Verständlichkeit und die recht hohe Genauigkeit bei der Beschreibung jeder einzelnen der vier Komponenten. Abb. 5: Kompetenzmodell von Echeverría (2002) Bei der Analyse dieser vier Modelle wird die Tendenz deutlich, dass alle sich von den rein technischen oder normativen Erklärungsversuchen lösen, die das Qualifikationsmodell cha- rakterisierten. Letzteres wird hier durch soziale bzw. nicht technische Variablen erweitert. Diese Variablen entspringen der Arbeitszufriedenheit und dem unmittelbaren Umfeld (Alex), schließen die Motivation als bedeutenden Einfluss auf die Rendite ein (Le Boterg), erweitern die berücksichtigten Variablen um jene aus dem Bereich der Handlungskompetenz (Bunk und Echeverría) oder erweitern die Handlungskompetenz um nicht technische Fähigkeiten und Kenntnisse, die außerhalb der beauftragten Einrichtungen erworben wurden, und präzi- sieren gleichzeitig das Aktionsfeld mittels dreier Schlüsselbegriffe: Diagnostizieren, Kontakt knüpfen, Konfrontieren (ISFOL). 2.2 Der Kompetenzbegriff in der aktuellen Debatte Das Kompetenzmodell erhielt wichtige Impulse aus der Sozioökonomie zu Beginn des Glo- balisierungsprozesses. Dieser Prozess ist gekennzeichnet durch das rasche Auftauchen und Verschwinden von Technologien, was neue Konzepte der flexiblen und kontinuierlichen Bil- dung erforderte.34 Kompetenz der professionellen Tätigkeit Technische Kompetenz Partizipative Kompetenz Methodologische Kompetenz Persönliche Kompetenz Quelle: In Anlehnung an Echeverría 35 Al-Nagah, H. (2002). S. 143. 36 Ebd. 37 Erpenbeck, J. / von Rosenstiel, L. (2003). S. IX-XXXVII. 38 Tejada, J. (1999). S. 11. Ein weiterer struktureller Wandel, der die jüngere Vergangenheit (seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts) begleitet, ist eine wachsende „Tertiärisierung“ der Gesellschaft. Die indus- trielle Produktion stellt nicht mehr den dominanten Sektor der Industrienationen dar. Diesen Rang hat ihm der Dienstleistungssektor abgelaufen, ein Phänomen, welches übrigens auch in vielen Entwicklungsländern anzutreffen ist.35 Der Dienstleistungssektor beansprucht für sich Arbeitskräfte mit sozialen und kommunikativen Kompetenzen, die bislang nicht ge- braucht oder vom auf industrielle Arbeit ausgerichteten Qualifikationsmodell ignoriert wurden. Die neuen Arbeitsfelder werden durch den Gebrauch neuer Technologien charakterisiert, die höhere intellektuelle Anforderungen haben sowie Fähigkeiten zur Interaktion bzw. Kommuni- kation zwischen Arbeitsgruppen erfordern, die international arbeiten.36 In der historischen Debatte, die die Entwicklung von Qualifikationen zu Kompetenzen beglei- tet, wird für gewöhnlich als Beispiel angeführt, dass irgendeine Qualifikation, eine erlernte, durch ein Zertifikat genormte Befähigung ist. Entgegen den Erwartungen ist dies nicht zwangsläufig ein Garant für eine hohe Rendite oder verbesserte Qualität. So respektieren beispielsweise nicht alle Führerscheinbesitzer (Qualifikation) gleichermaßen die Regeln des Straßenverkehrs. Das Kompetenzsystem unterscheidet sich vom Qualifikationssystem, indem es seine Über- legungen nicht mit Analysen der Reglementierungen, die bestimmte Aktivitäten erlauben, beginnt, sondern mit Analysen der Ergebnisse der ausgeführten Arbeiten. Der Begriff der Kompetenz wird jenen Handlungen zugesprochen, die zur Erfüllung der strategischen Ziele einer Aufgabe oder Organisation beitragen. Von daher besteht für den Kompetenzbegriff von Beginn an eine hohe Subjektivität, zumal es externe Beobachter sind, die die tatsächlichen oder simulierten Handlungen untersuchen und ihnen das Attribut der Kompetenz zugestehen oder verweigern.37 Tejada definiert Kompetenz als: „das durch sowohl berufliche als auch nicht berufliche Bildung erfahrene, bei der Aktion kombinierte, koordinierte und integrierte Zusammenspiel an Kenntnissen, Vorgehensweisen und Haltungen. Dieses ermöglicht es dem Individuum, spezifische Probleme in bestimmten Kontexten selbstständig und flexibel zu lösen“.38 Kompetenz ist nicht das Ergebnis, ob bestimmte Handlungen durchgeführt oder unterlassen wurden, sondern das Ergebnis, nachdem diese von einer Gruppe von Beobach- tern bewertet worden sind. In der Praxis findet man unter den Bewertungsinstrumenten das 39 Ramírez, C. (2006). ¿Qué es Assessment Center? . Download am 25.10.2006. 40 Erpenbeck, J./ von Rosenstiel, L. (2003). S. IX-XIII. 41 Ramírez. (2006). 42 Erpenbeck, J./ von Rosenstiel, L. (2003). S. XII. 43 Ramírez. (2006). 44 Erpenbeck, J./ von Rosenstiel, L. (2003). S. IX-XIII. Assessment Center, welches Gruppen unter mehrdimensionalen und komplexen Aspekten bewertet (siehe Kapitel 4).39 Der so verstandene Kompetenzbegriff beinhaltet die ganze Spannweite an informellen Res- sourcen, die zur Konfliktlösung beitragen. Kompetenz wird nicht unbedingt durch einen Kenntnisnormierungsprozess erworben (Zertifizierung bzw. Titulierung). Das bloße Vorhan- densein von Kenntnissen bedeutet nicht gleich die Fähigkeit, Konflikte auch tatsächlich zu lösen. Kompetenz wird auch nicht durch einen natürliche Reife- oder Alterungsprozess er- worben.40 Kompetenzen werden erst während der Handlungen deutlich (Handlungsprinzip), wir nehmen sie erst wahr, wenn wir ihre Wirkung beobachten können. Wir können nicht die Motivation für bestimmte Tätigkeiten oder Handlungen beobachten oder studieren, aber wir können ihre externen und verändernden Effekte beobachten. Genausowenig können wir theoretische Überlegungen, die jeder Handlung entbehren, mit Kompetenz attribuieren.41 Der bis hierhin vorgestellte Kompetenzbegriff ist ziemlich weitläufig und um ihn operabel zu machen, ist eine Eingrenzung seines Verwendungsbereichs notwendig. Ohne einen Kontext, eine räumliche Eingrenzung werden die Kompetenzen zu einem abstrakten Konstrukt (räum- liches Prinzip), welches weder analysiert noch gemessen werden kann.42 Vor diesem Hinter- grund ist die Kompetenz des Subjekts eine Konsequenz seiner Begabungen und seiner Per- sönlichkeit, also Qualifikationen mit Hilfe derer es selbstständig bestimmte Handlungen durchzuführen vermag. Die Bewertung der Kompetenzen klammert das Kriterium der Produktivität nicht vollständig aus, reduziert sich aber auch nicht ausschließlich auf diese Parameter, sondern legt ihr Hauptaugenmerk auf die Begabungen (im Umgang mit Worten oder Zahlen), die dazu bei- tragen, die Wertziele zu erreichen. Diese Begabungen können nicht als tatsächliche und effektive Maßeinheit für die Zielerreichung verstanden werden, sondern als Ergebnis der Interpretation der Beobachter bzw. Beurteiler bezüglich der tatsächlichen oder simulierten Verhaltensweisen. (Nicht zu handeln, ist auch eine Handlung, die Ergebnisse nach sich zieht).43 Das Endergebnis einer Bewertung ist eine Ansammlung subjektiver Urteile oder Interpretationen. Bis heute gibt es keinen unumstößlichen Beweis, dass die zugeordneten Befähigungen notwendigerweise in späteren Handlungen zum Vorschein kommen.44 Genau- 45 Erpenbeck, J./ von Rosenstiel, L. (2003). S. IX-XIII. so wie das Qualifikationsmodell geht es von einem Portfolio von Veranlagungen und Fähig- keiten aus, aus denen sich eine Qualitäts- und Produktivitätssteigerung erzielen lässt. 2.3 Zusammenfassung Der von der Wirtschaft hervorgerufene Wandel von der Qualifikation zur Kompetenz Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts stellte einen fruchtbaren Boden für einen Paradigmen- wechsel dar, der den Arbeitern einen Teil der Kontrolle über die Produktion zurückzugeben versuchte, die sie während des Taylorismus verloren hatten. Bis heute gibt es keinen Kon- sens über den Kompetenzbegriff. Es existieren nebeneinander verschiedene länderspezifi- sche Traditionen und theoretische Interpretationen. Unter den am weitesten verbreiteten Ansichten, die das Kompetenzmodell charakterisieren, gibt es das Handlungsprinzip und das Prinzip der räumlichen Eingrenzung (Kontext). Diese beiden Prinzipien stellen die Grundlage der vorliegenden Untersuchung dar, also ein Verstehen der Kompetenz als räumlich und handlungsbezogen begrenzt. Diese beiden Prinzipien erlauben die Operationalisierung und Messbarkeit der Kompetenz als a) Handlungsprinzipien, wie es in interkulturellen Situationen, für bestimmte Aufgaben von Bedeutung ist und b) bezogen auf Zeitpunkt der Messung sowie c) den Raum Latein- amerika (siehe Kapitel 7 und folgende). 3 Interkulturelle Kompetenz: Einführung Ziel des vorliegenden Kapitels ist eine historische Recherche der Entwicklung des Begriffs „Interkulturelle Kompetenz“ mit der Absicht, Prädiktoren für die Messbarkeit der interkulturellen Kompetenz an einem konkreten Kulturraum (deutsch-lateinamerikanische Beziehungen) anzuwenden. Liberalisierung der Weltwirtschaft im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, die Entstehung neuer Märkte und Freihandelsabkommen sowie die Zunahme von Fusionen zwischen internationalen Unternehmen haben die Bühne der Weltwirtschaft für das Ende des 20.Jahrhunderts (1980er) bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts abgesteckt und neue Möglichkeiten und Herausforderungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit sich gebracht. Der signifikante Anstieg der Zahl so genannter “Expatriates” ist eine Konsequenz dieses Wandels. Auch wenn die Entsendung von Personal ins Ausland nicht unbedingt ein neues Phänomen ist, hat sie doch in jüngerer Zeit eine immer bedeutendere Rolle erhalten, zum einen in Bezug auf die Intensität, mit der sie praktiziert wird und zum anderen, in Bezug auf die verschiedenen Formen in denen sie sich entwickelt. Daraus resultiert die Überwindung der bislang üblichen Nord-Süd-Beziehung (lokale Verteilung von Stammhaus und Filiale) und die Entstehung neuer Konstellationen (z.B. regionaler Unternehmen) und schließlich die Expansion internationaler Unternehmen, die ursprünglich auf der Südhalbkugel ansässig waren.1 Die beschriebenen Phänomene erfordern zunehmend Fachkräfte, die über das Know-how oder die Qualifikationen zur technischen Verrichtung ihrer Aufgaben verfügen.2 Benötigt werden zudem Kompetenzen, um in verschiedenen internationalen Kontexten erfolgreich zu interagieren. Die Individuen benötigen die Fähigkeit, sowohl die lokale Kultur, mit der sie interagieren, als auch die Eigenkultur, auf eine stimmige Weise zu integrieren. Mit anderen Worten: sie müssen Fremd- wie Eigenkultur anpassen lernen. Der Interaktionsprozess zwischen Individuen aus verschiedenen Kulturen wird interkulturelle Kommunikation genannt 1 Gaggiotti, H. (2006). Los usos del significado de cultura en las organizaciones multinacionales: un marco teórico para el análisis. Revista Bibliográfica de Geografía y Ciencias Sociales. Universidad de Barcelona. Vol. X. N° 647. Download am 25.04.2006. 2 Vgl. Brandenburger, M. (1995). Interkulturelles Management. Ein Konzept zur Entsendung von Führungskräften unter besonderer Berücksichtigung von Auswahl und Vorbereitung. Köln. Botermann & Botermann Verlag. S.175. und die erfolgreiche Lösung der durch diesen Kontakt bedingten Herausforderungen: interkulturelle Kompetenz.3 3 Vgl. Müller, S./Gelbrich, K. (1999). Interkulturelle Kompetenz und Erfolg im Auslandsgeschäft: Status quo der Forschung. Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre. Nr. 21/99. Technische Universität Dresden. Fakultät Wirtschaftswissenschaften. Sowie Thomas, A./Kinast, E-U./Schroll-Machl, S. (2000). Entwicklung interkultureller Handlungskompetenz von international tätigen Fach- und Führungskräften durch interkulturelle Trainings. In Götz, K. (Hg.) Interkulturelles Lernen/Interkulturelles Training. München. Rainer Hampp Verlag. 4 Vgl. Lysgaard, S. (1995), Hall, E. (1959), Brein, M. / David, K. (1971), Triandis (1972), Guthrie, G. M. (1975), Ruben, B. D. / Kealy, D. J. (1979), Lazaraus R. S./ Launier; R. (1978). 5 Stüdlein, Y. (1997). S.169. 6 Thomas, A. (2000). S. 99 benutzt den Begriff „Produktivität” als Ziel der interkulturellen Kompetenz. Deller (1999) S.88 hingegen spricht von „Effektivität“, Brandenburger (1995) verweist auf den „Erfolg im Ausland“, während Bolten (2001) S .87. mit interkultureller Kompetenz eine „angemessene Transferfähigkeit“ in Verbindung bringt. Wie sehr es dieser Kompetenz auf dem globalen Markt bedarf, verdeutlichen nicht zuletzt Studien, die sich mit Fachkräften befassen, die aus beruflichen Gründen ins Ausland gehen und dort die hohe Zahl an Fehlschlägen und persönlichen Enttäuschungen dokumentieren4 . Tab. 7: Beschäftigung von Expatriates und Perspektive der Entsendung von Auslandmitarbeiten Seit wann beschäftigen Sie Expatriates? (n = 80) Wie wird sich die Zahl Ihrer Expatriates in den nächsten fünf Jahren entwickeln? (n = 80) < 1 Jahr 3% deutlich zunehmen 5% 1-5 Jahe 48% zunehmen 53% 5-10 Jahre 36% gleich bleiben 33% > 10 Jahre 13% abnehmen 9% Quelle: Müller, S./Gelbrich, K. (1999). Seite 2. Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur ordnet dem Mangel an interkultureller Kompetenz eine Reihe von Indikatoren zu: unnötige Projektverzögerung, frühzeitiger und ungeplanter Abbruch des Auslandseinsatzes, Verfehlung eines festgelegten Zieles oder Erzielung von Ergebnissen unterhalb der Erwartungen, überraschende Aufkündigung der Zusammenarbeit, Fehlschläge bei den Verhandlungen oder bei der Einführung der Produkt- bzw. Dienstleistungspalette, sowie gegenseitiger Vertrauens- oder allgemeiner Imageverlust.5 Seltene Einigkeit herrscht bei den Disziplinen, die sich mit interkulturellen Fragestellungen beschäftigen, darüber, dass interkulturelle Kompetenz – unabhängig davon, wie diese definiert ist – zu höherer Produktivität, Effektivität und höheren Erfolgsaussichten bei Auslandsengagements führt oder wenigstens zur Reduzierung von Risiken beiträgt.6 7 Heute existieren neben Namen wie interkulturelle Kompetenz auch in ihren Zielen ähnliche Konzepte wie interkulturelle Handlungskompetenz oder interkulturelle Effektivität, um nur zwei der meist genannten zu erwähnen. 8 Naumann, E. (1992). A Conceptual model of expatriate turnover. Journal of International Business Studies, 23, (3), 499-531. 9 Statistische Erhebung des Projekts OPSIS, In Verbesserung der fachlichen und sozialen Betreuung ausländischer Studierender. Das Pilotprojekt. Projektziele. S. 7. Download am 15.07.2006. 10Brüch, A. (2001). Kulturelle Anpassung deutscher Unternehmensmitarbeiter bei Auslandsentsendungen. Eine empirische Studie in den USA, Kanada, Japan und Südkorea zu Kriterien und Einflussfaktoren erfolgreicher Aufenthalte von Fach- und Führungskräften. Frankfurt/M. Peter Lang. S. 54.. 11 Copeland, L. / Griggs, L. (1985). Going international. New York. Random House. Das Interesse an dem, was seit Mitte der 1980er Jahre als interkulturelle Kompetenz7 bezeichnet wird, begründete sich auf einer paradox erscheinenden Beobachtung: Obwohl die Mehrheit der Expatriates die vermeintlichen Schlüsselqualifikationen für ein erfolgreiches Auslandsengagement aufwies – hervorragendes technisches Know-how, Erfahrung und Sprachkenntnisse – beendeten dennoch viele von ihnen vorzeitig ihren Aufenthalt und trugen damit zum Scheitern der Expansion des Unternehmens bei. Ein oft genanntes Argument bei der Beschreibung der Gefährdungen eines Auslandsengagements ist die große Führungskräfte-Rotation. Neumann8 weist darauf hin, dass in den USA die Abbrecherquote bei Auslandseinsätzen doppelt so hoch ist wie auf vergleichbaren Hierarchieebenen im Inland. Dies wird durch ein Beispiel aus dem akademischen Kontext illustriert: An der Friedrich- Schiller-Universität Jena, Deutschland, liegt die Abbrecherquote ausländischer Studierender bei ca. 80%, während sie sich bei deutschen Studierenden unter der 30%-Marke der eingeschriebenen Studenten bewegt.9 Ein weiteres zu den Problemen der Auslandsentsendung zählendes Argument liegt in den hohen Kosten zur Beseitigung der Fehler bei der Personalauswahl. Diese entstehen bei der Wiedereingliederung der zurückkehrenden (gescheiterten) Expatriates und bei der Auswahl neuer Führungskräfte als Ersatz.10 Neben hohen Kosten und Problemen der Führungskräfterotation müssen sich die Stammhäuser auch eine gewisse Unzufriedenheit bei der Zielerreichung ihrer Expatriates eingestehen. Copeland; L. / Giggs, L.11 stellen fest, dass zwischen 30 und 50% der US- Unternehmen mit der Erfolgsquote ihrer Expatriates unzufrieden sind. 12 Rathje, S. (2006). Interkulturelle Kompetenz – Zustand und Zukunft eines umstrittenen Konzepts. Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht, 11: 3, 2006. S. 1-21. 13 Bolten, J. (2007). Was heißt „Interkulturelle Kompetenz?“ Perspektiven für die internationale Personalentwicklung. In Berninghausen J. /Künzer, V. (Hg.). (2007). Wirtschaft als interkulturelle Herausforderung. Business Across Cultures. Frankfurt am Main, London. IKO Verlag S. 21-42. 14 Gersten, M. (1990) wird die Einteilung in diese drei Dimensionen zugeschrieben. In Rathje, S. (2006). 15 Thomas, A. (2003). Interkultureller Kompetenz. Grundlagen, Probleme und Konzepte. 2. Auflage. Erwägen – Wissen – Ethik 14 (1) Stuttgart. 3.1. Entwicklung des Konzepts der Interkulturellen Kompetenz Rathje (2006)12 verweist auf die Schwierigkeit, eine Synthese aus den differierenden Ansichten zu ziehen, bzw. auch nur eine Übersicht zu erstellen, die die Entwicklung des Begriffs der interkulturellen Kompetenz umfassend beschreibt. Tatsächlich konkurrieren bei der Analyse des Phänomens verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichen methodologischen Ansätzen, wodurch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse äußerst problematisch erscheint. Trotz dieser Schwierigkeiten existieren gleichwohl einige Versuche der Synthesenbildung. Bolten13 unterscheidet beispielsweise zwei große Kategorien: zum einen individuelle Charaktereigenschaften (darunter Ambiguitätstoleranz und Empathie, um zwei der meistzitierten zu nennen) und zum anderen Strukturen, die die individuellen Charaktereigenschaften in folgende drei Dimensionen einteilen: affektiven, kognitiven und konativen.14 Neben Listen- und Strukturmodellen unterscheidet Thomas15 zwischen situativen und interaktionistischen Modellen. Diese bereichern die Debatte über individuelle Fähigkeiten um Faktoren, die dem sozialen, juristischen und hierarchischen Kontext, in dem sich die interkulturelle Situation bewegt, zugeordnet werden können. Die Analyse beginnt mit dem Kulturschockmodell. Dieses ist möglicherweise der beste Repräsentant der so genannten deskriptiven Perspektive, die sich auf das Erkennen und Beschreiben der Problematik der Interkulturalität konzentriert. Ferner werden sekundäre Modelle vorgestellt, die - von der Lerntheorie bis zu den Beiträgen der Arbeitspsychologie - versuchen, eine umfassende Erklärung für interkulturelle Kompetenz zu geben. 16Oberg, K. (1960) Culture shock and the problem of adjustment to new cultural environments. In Practical Anthropology (7), 177-182.. 17 Stahl, G. (1998). S. 48. 18 Für die Kulturschock-Theorie ist “Anpassung” als ein Zustand des allgemeinen Wohlbefindens definiert, in welchem der Expatriat normal lebt und arbeitet, das heißt, losgelöst von den Ängsten und Unsicherheiten, die für den Kulturschock charakteristisch sind. Siehe: Brüch, A. (2001). S. 68. 3.1.1. Kulturschock Der US-amerikanische Anthropologe Oberg, auf den dieser Ausdruck wahrscheinlich zurück geht, beschreibt die mit dem so genannten Kulturschock zusammenhängenden Phänomene ähnlich einer Krankheit, einem psychischen Leiden, welches Individuen heimsucht, die sich unvorbereitet von einem Land ins andere bewegen. Die Ursachen dieser Anpassungsprobleme liegen für Oberg darin begründet, dass das Individuum Erfahrungen in der fremden Kultur macht, die es mit den im Sozialisationsprozess erworbenen Kenntnissen nicht angemessen interpretieren kann.16 Der Kulturschock ist durch verschiedene Symptome gekennzeichnet. Am häufigsten wirkt er sich auf das physische (z. B. Appetitlosigkeit, Schlafstörungen) oder Wohlbefinden (z. B. als Ohnmachtgefühl, Wut, Heimweh) aus bzw. beeinflusst das Verhalten (z. B. schwache Arbeitsleistung, fehlender Kontakt mit Angehörigen der Gastkultur).17 Der Kulturschock hängt eng mit dem Anpassungsprozess18 an eine fremde Kultur zusammen, den die Individuen durchlaufen. Beim Kulturschock-Modell von Oberg wird die Idee verfolgt, der Auslandsaufenthalt eines Expatriates durchlaufe vier Phasen. Die erste Phase wird „Flitterwochen“ genannt, ein Zeitraum in dem Euphorie, Enthusiasmus und Faszination für die Gastkultur vorherrschen. Darauf folgt die so genannte „Krise“, die durch Frustration beim Erlernen der Fremdsprache und Uneinsichtigkeit bei der Akzeptanz der fremdkulturellen Werte gekennzeichnet ist. Der „Krise“ folgt eine Phase der „Erholung“, in welcher sich das allgemeine Wohlbefinden dank erworbener Sprachkenntnisse und Kenntnisse über Codes und Werte der Gastkultur allmählich wieder bessert. Der Kulturschock endet mit der Phase der „Anpassung“, die durch einen Zustand des allgemeinen Wohlbefindens gekennzeichnet ist, in welchem die Symptome und negativen externen Effekte des Kulturschocks schließlich gänzlich verschwunden sind. Die vier beschriebenen Phasen können zur grafischen Veranschaulichung als eine U-Kurve dargestellt werden. Am Anfang ihres Auslandsaufenthalts befinden sich die Expatriates dank der Euphorie-Phase in einem Hochgefühl des Wohlbefindens, voller Optimismus. Wenig später fallen sie in das Tal der Krise. Erst während der Erholungs-Phase verbessert sich 19 Siehe Garza-Guerrero, A. C. (1974). Culture Shock: It´s mourning and the vicissitudes of identity. Journal of the American Psycholoanalytic Association, 22, S. 408-429. Adams, J. (1976). The potencial for personal growth arising from intercultural experiences. In Adams, J. Hayes, J. & Hopson, B. (Eds.). Transition: Understanding and managing personal chance. London. Robertson. S. 65-83. Torbiörn, I. (1982). Living abroad: Personal adjustament and personnel policy in the overseas setting. New York. Wiley. Adler, P. S. (1975). The transitional experience: An alternative view of culture shock. Journal of Humaniytic Psychologiy, 15, S. 13-23. Berry, J. W. / Kim, U. (1988). Acculturation and mental health. In Dasen, P. R.; Berry, J. W. & Satorius, N. (Eds.). Health and cross-cultural Psychology. Toward applications. Newbury Park. S. 207-236. Pedersen, P. (1995). The five stages of culture shock. Westport. Greenwood. Yoshikawa, M. (1987). Cross-cultural adaptation and perceptual allmählich die psychische Verfassung und stabilisiert sich schließlich in der Anpassungs- Phase, in der die Symptome des Kulturschocks verschwinden. Quelle: In Anlehnung an Oberg (1960). Abb. 6. Typischer Verlauf der Anpassung nach dem U-Kurvenmodell Die Darstellung eines u-förmigen Verlaufs des Anpassungsprozesses entwickelte sich zu einer populären Vorstellung in der Wissenschaft. Zahlreiche Forscher griffen sie auf und entwickelten, inspiriert durch Obergs Arbeit, verschiedene Phasen-Modelle seiner Theorie. Manche unterschieden sich in der Anzahl der Phasen: Garza-Guerrero propagierte ein dreiphasiges Modell, Adams und Torbiörn identifizierten vier Phasen, bezeichneten sie jedoch unterschiedlich, Adler, Berry, Pedersen und Yoshikawa schlugen ein fünfphasiges Modell vor und Bennett gar ein sechsphasiges.19 1 2 3456 Zeit im Gastland (Monate) Wohlbefinden I II III IV development. In Kim, Y. Y. & Gudykunst, W. B. (Eds.). Cross-cultural adaption. Current approaches. Newbury Park. S. 140-148. Bennett, M. J. (1986). Towards ethnorelativism. A developmental model of intercultural sensitivity. In Paige, R. M. (Ed.). Cross-cultural orientation. Lanham. University Press of America. S. 27-69. 20 Gullahorn, J. T. / Gullahorn, J. (1963). An extension of the U-curve hypothesis. Journal of Social Issues, 19. S. 33-47. 21 Brüch, A. (2001). S. 72. Im Anschluss an die Theorie des u-förmigen Verlaufs entwickelten Gullahorn, J. T. / Gullahorn, J. E. 20das Modell eines w-förmigen Verlaufs, der die Phase der Reintegration mit einbezog. Demnach verläuft die Reintegration in die Heimatkultur ähnlich dem Kulturschocks im Ausland: Während der Reintegration durchlebt man die drei Phasen: „naive Integration“, „Reintegration“ und „echte Integration“. Quelle: In Anlehnung an Gullahorn, J. T. / Gullahorn, J. E. (1963). Abb. 7: W-Kurve des Anpassungsverlaufs Das Kulturschock-Modell sah sich allerdings vor allem der Kritik der methodologischen Unzulänglichkeit ausgesetzt. Es wurde bemängelt, dass die zur Analyse vorliegenden Daten lediglich durch Selbstevaluation erworben wurden oder mittels Erzählungen und Anekdoten der Expatriates. Daraus resultierte die Schwierigkeit, auf Grundlage dieser Berichte zwischen „Beschreibungen“ und „Erklärungen“ des Phänomens zu unterscheiden.21 hoch niedrig Anpassungsgüte Entsendungsphase Rückkehr ins Heimatland 22 Pedersen, S. (1949). Psychopathological reactions to extreme social displecements. Psychoanalytical Review, 26, 344-354. 23 Vgl. Garza-Guerrero, A. C. (1974). Culture Shock: It´s mourning and the vicissitudes of identity. Journal of the American Psycholoanalytic Association, 22, S. 408-429. 24 Furnham, A. / Bochner, S. (1986). Culture Schok: Psychological reactions to unfamiliar enviroments. London: Methuen. 25 Brüch, A. (2001). S.72-73. Aus einer theoretischen Sicht wird die stark klinisch orientierte Ausrichtung des Kulturschock-Begriffs kritisiert, der ihn in der Nähe psychischer Krankheit sieht. Pedersen22 hängte seinem Kulturschock-Begriff beispielsweise eine Liste neuropathischer Symptome an. Oberg konzentrierte seine Ansichten auf mit Angst verknüpfte Probleme, während Garza- Guerrero den Begriff auf andere Gemütszustände wie „Verlustempfinden“, „Trauer“, „Sorgen“ und „Feindseligkeit“ ausweitete.23 Aus einer pädagogischen Perspektive kritisieren Furnham, A. / Bochner, S.24 den Mangel an Interventionsmöglichkeiten, die das Kulturschock-Modell, verstanden als psychische Krankheit, vermissen lässt. Ihrer Ansicht nach würden die vom Kulturschock betroffenen Personen als „Verlierer“ oder „Schwächlinge“, für die keine Aussicht auf Heilung besteht, stigmatisiert. Ein weiterer Nachteil der klinischen Sichtweise ist die Betrachtung des Kulturschocks einzig hinsichtlich seiner negativen Indikatoren und die damit einhergehende Verkennung eines synergetischen Potentials das bei solchen Anpassungsphänomenen beobachtet werden kann und das zur Lösung interkultureller Probleme Verwendung finden könnte.25 Die Phase der Anpassung an die Gastkultur bedeutet das Ende des Kulturschocks. Nichtsdestotrotz existiert bezüglich des Begriffs der „kulturellen Anpassung“ kein Konsens und dieser Begriff lässt sich oft nur mangelhaft operationalisieren. Aus methodologischer Sicht wird die Kritik geäußert, dass die Operationalität dieses Begriffs sich auf nur einen einzigen Indikator beschränkt: das persönliche Wohlbefinden bzw. die allgemeine Zufriedenheit. Weitere Kritikpunkte am methodologischen Vorgehen betreffen die Plausibilität des mit dem Kulturschock-Begriff verknüpften Modells. So bleibt zum Beispiel unklar, ob die beschriebenen Phasen – Flitterwochen, Krise, Erholung, Anpassung – immer und notwendigerweise in dieser Reihenfolge durchlaufen werden müssen. Es wird nicht deutlich, ob bestimmte Personen einzelne Phasen überspringen können oder diesen nicht linear folgen, sondern eventuell sogar Rückschritte erleiden. Außerdem gibt es keine Aussage darüber, welche Zeitspanne für jede einzelne der Phasen zu erwarten ist. 26 Brüch, A. (2001). S.72-73. 27 Kealey, D. J. (1989). A Study of Cross-cultural effectiveness: Theoretical issues, practical aplications. International Journal of Intercultural Relations, 13, S. 387-428. 28 Vgl. Kealey, D. J. (1989). 29 Vgl. Torbiörn, I. (1982). Living abroad: Personal adjustament and personnel policy in the overseas setting. New York. Wiley. 30 Ebd. 31 Vgl. Ward, C. / Kennedy, A. (1994a). Before and after cross-cultural transition. A Study of New Zeeland volunteers of field assignments. Paper presentend at the XII International Congress of International Association for Cross-Cultural Psychology, Pamplona, Spain. Ward, C. u. a. (1995). The U-curve on trial: A Longitudinal study od psychological and sociocultural adjustement during cross- cultural transition. Paper present at the International Union of Psychological Scince; Asian-Pacific Regional Conference of Psychology, Guangzhou, China. Ward, C. / Kennedy, A. (1996b). Crossing cultures: The relationship between psychological and sociocultural dimensions of cross-cultural adjustament. In Pandey, J. u. a. (Eds.). Asian contributions to cross-cultural psychology. Nee Delhi. S. 289-317. Ferner sind die in den einzelnen Phasen angesprochenen Indikatoren nicht ausreichend, um eine angemessene Diagnose darüber zu gewährleisten, in welcher Phase sich eine bestimmte Person zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet und wie der Übergang von einer Phase zur anderen identifiziert werden kann.26 Bei eingehender Untersuchung der Theorien kommt zu den bereits genannten Kritikpunkten die Frage hinzu, ob tatsächlich ein u-förmiger Verlauf der Akkulturations-Kurve vorliegt. Kealey27 fertigte eine Studie mit kanadischen Entwicklungshelfern an, in der er feststellte, dass nur 10 % der untersuchten Personen eine u-förmige Anpassungskurve aufwiesen. Dieser Studie zufolge verläuft die mit 35 % am häufigsten vertretene Form der Anpassung linear steigend: von der Unzufriedenheit bis zur Zufriedenheit.28 Einer Studie von Torbiörn29 stellte mit mehr als tausend schwedischen Teilnehmern in sechsundzwanzig verschiedenen Ländern fest, dass nur bei einem von sechs Probanden ein u-förmiger Verlauf nachgewiesen werden konnte. Demnach konnte er aus den vorliegenden Daten für die übrigen Probanden keine Schlüsse ziehen, die diesen Verlauf untermauerten. Ungeachtet dessen vertritt auch Torbiörn die These der Gültigkeit eines u-förmigen Verlaufs.30 Andere, Mitte der 90er Jahre in Neuseeland gefertigte Studien von Ward, C. / Kennedy, A. (a); Ward u. a. und Ward, C. / Kennedy, A. (b) 31 bekräftigen den Standpunkt, dass nur eine Minderheit der Expatriates in einer Weise reagiert, die zur Beschreibung der Phänomene eine U-Kurve angemessen wäre. Bei der Mehrheit der Probanden hingegen kann ein Verhalten festgestellt werden, welches viel mehr eine inverse U-Kurve nahe legt. Die Probanden befanden sich zu Beginn ihres Auslandsaufenthalts nicht in einer von Optimismus und Faszination für die Fremdkultur geprägten Zustands („Flitterwochen“), 32 Vgl. Lazarus, R. S. / Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York: Springer. 33 Brüch, A. (2001). S. 79. 34 Vgl. Endler, N. S. (1988). Hassles, health and happiness. In Janisse, M. P. (Eds.). Individual differences, stress, and health psychology. New York. Springer. S. 24-56. sondern durchlebten zunächst eine tiefe Orientierungskrise. Diese Krise schwächt sich im Laufe der Zeit ab. Die Untersuchungen zum Kulturschock lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Es zeigt sich, dass der Anpassungsprozess durch Stadien zunehmender Zufriedenheit zu beschreiben ist, unabhängig davon, ob ihr Verlauf durch eine u-förmige oder invers u-förmige Kurve zu beschreiben ist. In Frage zu stellen ist allerdings generell, ob die persönliche Zufriedenheit das einzige Kriterium zur Messung des Anpassungsgrades eines Individuums an seine Zielkultur sein kann. Die Auflistung der Symptome während des Anpassungsprozesses verweist auf noch weitere Phänomene (Angst, Gemütszustand, etc.), die mit anderen, noch nicht ausgeschöpften Mitteln bewertet werden müssen. 3.1.2 Transaktionales Stressmodell Im Transaktionalen Stressmodell nach Lazarus32 wird Stress als eine nicht spezifizierte Reaktion des Organismus gegenüber externen oder internen Anforderungen definiert. Magenbeschwerden, allgemeine Müdigkeit, Schweißausbrüche, Ruhelosigkeit, Bluthochdruck und eine allgemeine Schwächung des Immunsystems sind eng mit Stress verknüpfte psychosomatische Reaktionen.33 Die Stresssymptome sind eine Reaktion des Organismus auf Anforderungen der Umwelt, die als Bedrohung wahrgenommen werden und sich außerhalb der in der Eigenkultur durch Routine erworbenen Lösungsstrategien bewegen. Das Stress-Modell unterscheidet zwischen Stress-Faktoren und Stress- Reaktionen. Die Stressfaktoren können hinsichtlich ihrer Intensität noch einmal in zwei Untergruppen unterteilt werden: Zum einen jene, die auf Grund eines bedeutenden Ereignisses Krankheiten wie Schizophrenie, Depressionen oder Angstzustände (Panik) auslösen, und zum anderen die alltägliche Stressbelastung, die pathologisch werden kann. Endler34 fand heraus, dass bei permanenter, unterschwelliger Stressbelastung das Auftauchen psychischer Krankheiten einfacher vorauszusagen ist als bei außergewöhnlichen Stresssituationen. 35 Holmes, T. H. / Rahe, R. H. (1967). The social erajustement scale. Journal of Psychosomatic Research, 11, S. 213-218. 36 Stahl, G. (1998). Internationaler Einsatz von Führungskräften. München; Wien. Oldenburg Verlag. S. 84. 37 Vgl. Furnham, A. / Bochner, S. (1986). Culture Schok: Psychological reactions to unfamiliar enviroments. London: Methuen 38 Brüch, A. (2001). S. 83. Um den Risikograd für Expatriates zu bestimmen, entwickelten Holmes, T. H. / Rahe, R. H.35 eine Skala zur Messung des Stresslevels, dem die Expatriates ausgesetzt sind. Auf dieser Skala bedeuten 300 Punkte ein hohes Risiko, welches mit 80 %-iger Wahrscheinlichkeit zu physischen oder psychischen Leiden innerhalb der nächsten zwei Jahre führt.36 Tab.8: Kritische Lebensereignisse bei Auslandentsendungen in der Holmes-Rahe- Skala Ereignis Punktwert Trennung vom Ehepartner 65 größere berufliche Veränderung 39 Veränderung in der finanziellen Lage 38 Wechsel zu anderer Arbeitstätigkeit 36 Schwierigkeiten mit Bankkredit 30 Änderungen im beruflichen Verantwortungsbereich 29 Ehepartner beginnt oder beendet seine Berufstätigkeit 26 Veränderung in den Lebensbedingungen 25 Veränderung der Arbeitszeiten oder –bedingungen 25 Wohnortwechsel 20 Schulwechsel der Kinder 20 Veränderung in der Freizeitgestaltung 19 Veränderung in kirchlichen Aktivitäten 19 Veränderung der sozialen Kontakte 18 Veränderung in der Anzahl von Familientreffen 15 Veränderung in der Ernährungsgewohnheit 15 Summe 339 Quelle: Stahl, G. (1998). S. 84. Furnham, A. / Bochner, S. 37 geben an, dass allein der Umstand, sich im Ausland zu befinden, dazu führt, dass Expatriates im ersten Jahr ihres Auslandsaufenthalts einen Durchschnittswert von 339 Punkten auf der erwähnten Skala erzielen. Ferner geben Furnham; A. / Bochner, S. an, dass, selbst wenn nicht bei allen berücksichtigten Kriterien der maximale Punktwert erreicht wird, die Summe dennoch zwischen 150 und 300 liege, was die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, um 50 % erhöht.38 Trotz der offensichtlichen operationalen Vorteile dieser Skala, verspricht sie nur wenig Erfolg bei individuellen Prognosen. Der Nutzen der Skala liegt vor allem in ihrer grafisch aufbereiteten allgemeinen Aussage über die 39 Brüch, A. (2001). S. 83. 40 Ebd. S. 85. 41 Ebd. S. 86. 42 Stahl, G. (1998). S. 75 43 Vgl. Oliveras, À. (2000). Hacia la competencia intercultural en el aprendizaje de una lengua extranjera. Estudio del choque cultural y los malos entendidos. Barcelona. Edinumen. 44 Oliveras, À. (2000). S. 40. 45 Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 2. Probleme der Expatriates und in der Verdeutlichung der Risiken, die mit diesem Phänomen verbunden sind.39 Die Stressüberwindung bzw. -kontrolle gilt als eine Kompetenz, die die Erfolgswahrscheinlichkeiten in interkulturellen Situationen erhöht. Von einer in der Stress- Theorie verankerten Perspektive ausgehend kann man also feststellen, dass die Anpassung an eine neue Kultur kein spezieller Sonderfall ist, sondern eher einem normalen Anpassungsprozess an einen Wechsel der Begebenheiten entspricht.40 3.1.3 Modell des Kulturlernens Das Modell des Kulturlernens beschäftigt sich primär mit dem Erlernen sozialer Umgangsformen und kommunikativer Fähigkeiten in einer Kultur und nur sekundär mit der Anpassung an eine neue Kultur. Ziel des Lernprozesses ist es, der Gastkultur angepasste Kommunikations- und Handlungsweisen zu erlernen und Charakteristika der eigenen Kultur, die negativen Einfluss auf die Interaktion im neuen Umfeld haben, zu unterdrücken (vergessen).41 Die größte Herausforderung beim Kulturlernen liegt in der Anpassungsfähigkeit an die Gastkultur. Unter „Anpassung“ wird dabei nicht die unreflektierte Assimilation der in der Zielkultur vorherrschenden Werte und Normen verstanden, sondern das „angemessene“ Erlernen der Normen, ohne dass deshalb die eigene kulturelle Identität verloren geht.42 Was genau „angemessen“ bedeutet, kann nur vage definiert werden. Oliveras43 versteht es als ein Verhalten, welches „die impliziten und expliziten Normen einer bestimmten sozialen Situation in einem konkreten sozialen Kontext“ respektiert.44 Müller, S./Gelbrich, K. versuchen denselben Begriff folgendermaßen zu definieren: „...die Ziele des anderen zu achten sowie Umgangsregeln zu befolgen, die in den Augen des Partners wichtig sind (= Angemessenheit)“45. Für Stüdlein setzt ein solches Verhalten die Fähigkeit voraus, „die Bedingungen, Alternativen, Mittel, Ziele und Konsequenzen eigenen und fremden Verhaltens 46 Stüdlein, Y. (1997). S. 153. 47 Vgl. Furnham, A. / Bochner, S. (1982). S. 164-198. 48 Brüch, A. (2001). S. 86. 49 Ebd. 50 Vgl. Furnham, A. / Bochner, S. (1986). 51 Ebd. 52 Argyle, M. (1979). New developments in analysis of social skills. In Wolfgang, A. (Ed.). Non-verbal behaviour. London. Academic Press. S. 139-158. zielgerichtet zu berücksichtigen und situationsgerecht zu kommunizieren".46 Unabhängig davon, welche der Definitionen man zu Grunde legt, setzen alle die Schätzung (Anerkennung) der Werte der Zielkultur voraus. Laut Furnham, A. / Bochner; S.47 ähneln interkulturelle Kommunikationsprobleme den Problemen intrakultureller Kommunikation. Dem Expatriate gelingt es nicht, sich angemessen in der Zielkultur zu verhalten, wodurch sich seine soziale Isolation noch verschärft. Zu den häufigsten Problemen in interkulturellen Kontexten gehört die Unfähigkeit, sich selbst realistische (erreichbare) Ziele zu setzen und Botschaften richtig wahrzunehmen und zu interpretieren, was dazu führt, dass die Unsicherheit des Expatriates zunimmt bzw. in seiner Isolation endet.48 Die Kommunikationsprobleme stören die Kontaktaufnahme zu Mitgliedern der Gastkultur. Ohne diese Kontakte steigt jedoch die Gefahr, Fehler zu begehen, falsch zu attribuieren oder sich einer Unsumme von Schwierigkeiten ausgesetzt zu sehen.49 Furnham, A. / Bochner, S.50 sind der Ansicht, dass ein soziales Netzwerk mit Angehörigen der Gastkultur von fundamentaler Bedeutung ist, denn mittels ihrer Hilfe bekommen die Expatriates die notwendigen Informationen, um unangebrachte Verhaltensweisen oder irrtümliche Annahmen zu korrigieren. Ferner erfahren sie bei angemessenen Handlungen eine positive Rückmeldung durch das Netzwerk, was zu einer raschen und effizienten Integration in die Gastkultur beiträgt.51 Kommunikationsmängel hingegen können dazu führen, dass die Expatriates nur sehr langsam ein für die Integration in die Umwelt der Gastkultur notwendiges Netzwerk aufbauen. Ohne dieses begeben sich die Expatriates in einen Teufelskreis, aus dem es kaum ein Entrinnen gibt. Zur Durchbrechung dieses Teufelskreises bedarf es einer gewissen sozialen Kompetenz. Furnham, A. / Bochner, S. verweisen dabei auf das Modell der sozialen Kompetenz von Argyle52, welches durch eine Vielzahl von kommunikativen Ressourcen gekennzeichnet ist: z.B. Wahrnehmungs- und Interpretationsfähigkeit von verbalen und nonverbalen Botschaften; die Fähigkeit, laut und deutlich zu sprechen; Selbstvertrauen; die Fähigkeit, die eigenen Interessen zu vertreten, ohne aggressiv oder anderweitig unangebracht zu wirken; die Fähigkeit, die eigenen Gefühle situationsbedingt angemessen zum Ausdruck zu bringen; 53 Vgl. Furnham, A. / Bochner, S. (1986). 54 Ebd. 55 Ebd. die Fähigkeit, die eigenen Ängste – z.B. Entschlussangst oder Angst im Mittelpunkt zu stehen – zu kontrollieren; die Fähigkeit, soziale Kontakte zu pflegen.53 Die Theorie des sozialen Lernens hebt den besonderen Stellenwert der kommunikativen Fähigkeiten hervor, indem sie deutlich macht, dass diese gemeinsam mit den sozialen Kompetenzen Minimalanforderungen sind, um eine Anpassung an die Gastkultur zu garantieren. Nach Furnham, A. / Bochner, S. können die Expatriates, die über keine dieser individuellen Ressourcen verfügen, ihre Schwächen mittels einer simplen trial-and-error Vorgehensweise oder mittels von Experten geleiteter ad-hoc-Trainings kompensieren. Ziel ist es, dass jene Experten den Expatriates die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten vermitteln, die dem Umfeld, in dem sie sich wiederfinden, angemessen sind.54 Der methodologische Vorschlag von Furnham, A. / Bochner, S. beinhaltet den Versuch, interkulturelle Kompetenz anhand kommunikativer Fähigkeiten zu messen, die bei der Bewältigung alltäglicher Situationen gezeigt werden. Mit Hilfe von Faktoranalysen konnte festgestellt werden, dass die kulturelle Distanz der Gastkultur zur Eigenkultur bereits eine Aussage über die zu erwartenden Schwierigkeiten abgibt. Man kann davon ausgehen, dass dieses Maßsystem, genau wie andere Modelle zur Messung interkultureller Distanz bzw. Unterschiede, eine allgemeine Aussage über Risikofaktoren bei der Interaktion treffen kann. Auf individueller Ebene versagt die Vorgehensweise von Furnham, A. / Bochner, S. jedoch bei dem Versuch einer ausgefeilten Prognose über interkulturelle Kompetenz. Dies bedeutet, dass diese Methode für die Personalauswahl ineffizient ist.55 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Anpassungsprozess an die Gastkultur entsprechend dieser Theorie wie ein normaler Lernprozess funktioniert. Die Herausforderung für die Expatriates liegt im Erlernen der „richtigen“ Wahrnehmung und Interpretation der Zeichen, die von Angehörigen der Gastkultur gezeigt werden. Ziel ist es nicht etwa, diese auf Kosten der eigenen Identität zu assimilieren, sondern dem eigenen Repertoire der möglichen Verhaltensformen hinzuzufügen. Ein weiterer interessanter Punkt für diese Forschungsrichtung ist der soziale Kontakt mit Angehörigen der Gastkultur, da durch diesen Kontakt Orientierungshilfen für das eigene Verhalten gegeben werden können. Dies geschieht mittels Belohnung (Anerkennung) oder Strafe (Kritik, Berichtigung), dank derer Interpretationen und Handlungen der Expatriates neu ausgerichtet werden. 56 Thomas, A. / Kinast, E.-U. / Schroll-Machl, S. (2000). S. 111. Durch die Theorie des kulturellen Lernens wurde die Entwicklung von kulturellen Trainings maßgeblich unterstützt. Der Erwerb interkultureller Kompetenzen durch Trainings scheint dennoch kein vollkommen effektives Mittel zu sein, wie dem folgenden Zitat von Alexander Thomas zu entnehmen ist: “Weitgehend konsistent sind die Ergebnisse vieler Studien zu den Wirkungen interkultureller Trainings auf kognitive Prozesse: Trainingsteilnehmer wissen z. B. im Unterschied zu nicht-trainierten Personen mehr über die fremde Kultur (z. B. Cushner, 1989) und sind eher in der Lage, das Verhalten fremdkulturell geprägter Personen aus der Perspektive der anderen Kultur zu interpretieren, d.h. isomorph zu attribuieren (z. B. Landis, Brislin & Hulgus, 1985). Die Ergebnisse der Wirkungen interkultureller Trainings auf die Emotionen und das Verhalten jedoch sind inkonsistent (Albert, 1983; Kinast, 1998). Der Einfluss der interkulturellen Trainings auf das persönliche Wohlbefinden im Gastland, auf den Aufbau befriedigender sozialer Kontakte zu fremdkulturell geprägten Personen und auf die Aufgabenbewältigung unter fremdkulturellen Arbeitsbedingungen, was unter der Perspektive von Unternehmen ja vor allem interessant ist, konnte zwar in vielen Studien nachgewiesen werden (z. B. Chemers, Fiedler, Lekhyananda / Stolurow, 1966), ist aber auch nicht konsistent über alle Studien. Woran es liegt, dass interkulturelle Trainings hier wirken und dort nicht, wird die interkulturelle Forschung in den nächsten Jahren zunehmend beschäftigen. Es bleibt zu hoffen, dass sie dabei von den international ausgerichteten Unternehmen maßgeblich unterstützt wird”.56 Zweifelsohne führt die bloße Teilnahme an Trainingskursen weder zu einem besseren Wohlbefinden noch zu einer höheren Effektivität. Außerdem ist der bloße Erwerb von Wissen über die fremde Kultur keine Garantie für ein angemessenes Verhalten seinen Angehörigen gegenüber. 3.1.4 Soziale Unterstützung Eine dem sozialen Lernen entsprungene Variante zur qualitativen Evaluation der interkulturellen Kompetenz ist das Modell der sozialen Unterstützung. Diese Forschungsrichtung lenkt ihr Hauptaugenmerk auf die Überwindung der Stress verursachenden Prozesse mit Hilfe erlernter Lösungsstrategien.57 Diese Forschungsrichtung geht davon aus, dass die interkulturelle Kommunikation mit einem Labyrinth voller Ambiguitäten zu vergleichen ist, in welchem sich die Expatriates nur schwer zurecht finden, da das eigenkulturelle Orientierungssystem keine plausiblen Erklärungen für die Menge an Informationen und Ereignissen, die im Ausland auf den Entsandten einströmen, liefert. Dadurch erschwert sich der Erwerb eines Repertoires an Instrumenten oder Strategien 57 Brüch, A. (2001). S. 89. angemessener Lösungswege. In ihrer Sozialisation werden die Individuen mit einem Repertoire von angemessenen Verhaltensformen für verschiedene Situationen ausgestattet. Dieses wird durch trial-and-error, durch Wiederholung oder Kopieren erworben. Im neuen Umfeld der Gastkultur hingegen verlieren zahlreiche der bis dahin als angebracht abgespeicherten Verhaltensweisen an Validität und bringen nicht mehr die erwarteten Belohnungen ein. Diese Situation ruft oftmals Verwirrung und Unsicherheit hervor. Durch mangelnden Kontakt zu Angehörigen der Gastkultur bekommt der Expatriate kein Feedback und kann somit seine Irritation nicht klären und sein Verhalten nicht anpassen. Die Folge ist ein Teufelskreis, der plausible Begründungen für alltägliche Vorkommnisse und die Korrektur unangebrachter Verhaltensweisen oder irrtümlicher Annahmen verhindert, was zu einer noch stärkeren Isolation führt. Zu dieser an sich schon schwierigen Situation kommt ein bei Expatriates oft beobachtetes Verhalten hinzu: eine übertriebene Identifikation mit der Eigenkultur. Der Stress, den der Auslandsaufenthalt auslöst, lässt sich durch Kontakt zu erfahrenen Expatriates dämpfen. Diese nehmen eine Mentorenrolle ein und vermitteln dem Neuling die erforderlichen Interpretationen und Verhaltensweisen. Dieser Austausch birgt jedoch die Gefahr, dass sich beide Beteiligten gegenseitig mit Stereotypen oder falschen Attribuierungen „anstecken“. Dadurch wird die „richtige“ Interpretation der fremden Verhaltensweisen erschwert. Ohne es zu wollen, begibt man sich in eine Spirale falscher Annahmen und Vorurteile gegenüber der Gastkultur. Laut dieser Forschungsrichtung ist der direkte Kontakt zu Angehörigen der Gastkultur eine Voraussetzung, um durch korrektive Rückmeldung die Unsicherheiten zu beheben, die eine erfolgreiche Interaktion behindern. Brüch verweist darauf, dass sowohl die Anzahl als auch die Intensität der Beziehungen zwischen Entsandtem und Angehörigen der Gastkultur als Indikator für die berufliche Erfolgsaussicht dienen kann. Genauso können Rückschlüsse auf den Zufriedenheitsgrad während des Auslandsaufenthalts gezogen werden.58 58 Brüch, A. (2001). S. 90-91. 59 Berry, J. W. / Uichol, K. (1988). Acculturation and mental health. In P. R. Dasen, J. W. Berry / Sartorius, N. (Eds.). Health and cross-cultural psychology. Toward applications. (207-235). Newbury Park. Sage. 60 Brüch, A. (2001). S. 92. – – 3.1.5 Akkulturationsmodell von Berry Das Akkulturationsmodell des kanadischen Soziologen Berry59 ist ein komplexes Modell, das mittels eines theoretischen Rahmens die Gründe und politischen Umstände für Migration darlegt. Außerdem beleuchtet es die daraus resultierenden Folgen für das Individuum und für die Gruppe. Im Folgenden betrachten wir Berrys Theorie sowohl in individueller als auch in gruppenbezogener Hinsicht. Berry entwickelte sein Modell basierend auf zwei fundamentalen Fragen: 1. Es ist ihm wichtig, die eigene kulturelle Identität zu wahren? 2. Ist er bereit dazu, Kontakt mit anderen Gruppen herzustellen? Die Antworten auf diese Fragen wird mittels einer Matrix mit nur zwei Antwortmöglichkeiten festgehalten: Affirmation oder Negation. Die damit einhergehende starke Polarisierung ist von Berry durchaus beabsichtigt und vereinfacht die große Spannweite der Antworten, die sich zwischen den Polen befinden.60 Quelle: In Ahnlehnung an Berry, J. W. / Uichol, K. (1988). Abb. 8: Akkulturationsstrategien von Berry Integration (Akkomodation) Assimilation Segregation (Separation) Marginalisierung Sollten Kontakte zur fremdkulturellen Gruppen aufgebaut werden? Soll man die eigene kulturelle Identität und Beziehung zur eigenen Gruppe aufrechterhalten? + + Die jeweiligen Antworten auf diese Fragen beschreiben vier mögliche Formen der Akkulturation: Integration / Akkomodation, Assimilation, Segregation / Separation und Marginalisierung. Assimilation: Von dieser Strategie wird gesprochen, wenn die Frage negiert wurde, ob es wichtig sei, die eigene Identität zu wahren und die Frage, ob man bereit sei, Kontakt zu Mitgliedern anderer Gruppen aufzubauen, affirmativ beantwortet wurde. Die Strategie, sich zu assimilieren, ist für Migrantengruppen üblich, die in der Gastkultur eine verschwindende Minderheit sind und von einer dominierenden Gruppe aufgesogen werden. Dieser Fall kann auch beobachtet werden, wenn sich verschiedene Migrantengruppen mit der Herausforderung konfrontiert sehen, eine neue Gesellschaft zu gründen. Für das Individuum bedeutet dies, dass alle Eigenschaften und Identitätsmerkmale der Eigenkultur aufgegeben und die Verhaltensmuster der Gastkultur als die eigenen angenommen werden. Integration: Dies ist das Resultat bei Bejahung beider Fragen. Zustimmung findet bei der Strategie, sich zu integrieren, sowohl die Bedeutung, Eigenkultur zu wahren als auch die Kontaktaufnahme mit anderen Gruppen. Separation: Von Separation spricht man, wenn die Relevanz von Kontakten mit anderen Gruppen verneint und von Aufrechterhaltung der eigenen Identität bejaht wird. Segregation: Diese Strategie unterscheidet sich von der Separation insofern, als das die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zur zahlenstärksten Gruppe kategorisch ausgeschlossen wird. Marginalisierung: Diese Strategie charakterisiert Gruppen oder Individuen, die ihre eigene Identität nicht verteidigen können oder wollen. Genauso wenig möchten sie sich in die Gastkultur integrieren. Ein solches Vorgehen kann - im Gegensatz zu den zuvor genannten Strategien - nicht als Anpassungsprozess verstanden werden. Die vier Akkulturationsstrategien können in ein zeitliches Modell eingeordnet werden, welches fünf unterschiedliche Entwicklungsphasen beschreibt: 1. Vorkontaktphase (nahezu stressfrei) 2. Kontaktphase (Auftreten von Stressoren) 3. Konfliktphase (Zunahme der inter- und intrapersonalen Konflikte) 61 Brüch, A. (2001). S. 96. 4. Eskalationsphase (crisis) (hohe Stressbelastung durch Konflikte) 5. Anpassungsphase (Stressbelastung schwankt je nach Konfliktlösungsstrategie) Ähnlich wie bei den vorangegangenen Theorien zum Stress bzw. Kulturschock, schlägt sich auch hier je nach gewählter Strategie der damit verbundene Stress auf die Gesundheit der Auswanderer nieder. Diejenigen, die als Akkulturationsstrategie die Marginalisierung verfolgen, setzen sich einer äußerst heiklen, konfliktbeladenen Situation aus. Im Gegensatz dazu bietet die Separationsstrategie immerhin den Vorteil, dass man sich auf Bekanntes, aus der eigenen Kultur Mitgebrachtes berufen kann. Auf der anderen Seite steht man im ständigen Konflikt mit der Gastkultur, was eine enorme psychische Belastung darstellt. Die Assimilationsstrategie führt zu einem Verlust der eigenen kulturellen Wurzeln, indem diese durch die vorherrschenden Kriterien, Werte und Normen der Gastkultur ersetzt werden. Durch die Aufgabe der eigenen Identität birgt diese Akkulturationsstrategie die größte Gefahr für die Psyche der Expatriates, mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Gesundheit. Die vier genannten Akkulturationsstrategien sowie die fünf erwähnten Entwicklungsphasen werden von drei kontextabhängigen Dimensionen beeinflusst.61 1. Die Freiwilligkeit zum Wechsel der Kultur und zu interkulturellem Kontakt. 2. Der soziale Beistand von Bezugsgruppen. 3. Die benötigte Zeitspanne bis zum Erreichen einer Anpassung. Diese drei Dimensionen sind eng miteinander verknüpft und haben einen bedeutenden Einfluss auf das alltägliche Stressempfinden der Expatriates. Die Forschungen von Berry / Kim (1988) und Berry / Sam (1996) erlauben die Schlussfolgerung, dass der Mangel an innerer Bereitschaft zur Auswanderung sich negativ auf die Gesundheit der Migranten auswirkt. So befinden sich beispielsweise politische Flüchtlinge (Asylanten) in einem schlechteren gesundheitlichen Zustand als freiwillige Migranten, die jederzeit die Möglichkeit haben, die psychische Belastung der Auswanderung zu verringern, indem sie sich offen halten, in die Heimat zurückkehren.62 Neben der Freiwilligkeit der Migration ist eine weitere Frage besonders relevant: Kann der Auswanderer 62 Brüch, A. (2001). S. 98f. 63 Ebd. S. 92-98. innerhalb der Gastkultur ein soziales Netz aufbauen, mit dessen Hilfe auf positive Effekte gehofft werden kann? Wenn dies gelingt, wirkt es sich positiv auf ihre Gesundheit aus. Expatriates bilden die Auswanderergruppe, die, verglichen mit anderen Gruppen wie wirtschaftlichen und politischen Flüchtlingen oder ethnischen Minderheiten, der geringsten psychischen Belastung ausgesetzt ist. Eines der wenigen Risiken, das sich negativ auf das Wohlbefinden der Expatriates auswirkt, liegt in der Unterschätzung der Notwendigkeit des Aufbaus eines sozialen Netzes. Ursache für diese Vernachlässigung ist meist die kurze Dauer des Auslandsaufenthalts, Folge kann ein unnötig hoher Isolationsgrad sein.63 Der Akkulturationsprozess bedeutet einen permanenten Konflikt zwischen dem Einfluss der Eigenkultur und dem Einfluss der Gastkultur. Die meisten in der Literatur zitierten Probleme wurden von Berry gesammelt und exemplarisch in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. Sie verdeutlicht die möglichen Gebiete, auf denen Konflikte entstehen können. Tab. 9: Spezifische Einflussfaktoren von Akkulturation und Anpassung Einflussbereich Spezifische Variablen Ausgangskultur • Ethnographische Merkmale (z.B. Sprache, Religion, Werte) • Politische Situation (z. B. Konflikte, Bürgerkrieg, Unterdrückung) • Wirtschaftliche Bedingungen (z.B. Wohlstand, Ungleichheit, Ernährung) • Demographische Faktoren (z.B. Populationsdichte, Bevölkerungswachstum) Zielkultur • Einwanderungsgeschichte (lang andauerndes - neues Phänomen) • Einwanderungspolitik (intentional - ungesteuert) • Einstellung gegenüber Einwanderung (erwünscht - unerwünscht) • Einstellung gegenüber bestimmten Gruppen (erwünscht - unerwünscht) • Soziale Unterstützung (Verfügbarkeit, Nützlichkeit) Gruppenakkulturation Veränderungen in der sich anpassenden Gruppe: • umweltbezogen (z.B. von dörflicher Welt in die Stadt) • biologisch (z.B. Ernährung, Erkrankungen) • ökonomisch (z.B. Statusveränderungen) • sozial (z.B. Isolation, Ausprägung sozialer Netzwerke) • kulturell (z.B. Kleidung, Essen, Sprache) Einflussfaktoren von der Akkulturation • demographisch (z.B. Alter, Geschlecht, Bildung) • kulturell (z.B. Sprache, Religion, kulturelle Distanz) • persönlich (z.B. Gesundheitszustand, Vorwissen) • Motivation zum Eintritt in die andere Kultur (z.B. Freiwilligkeit) • Erwartungen (z.B. realistisch-unrealistisch) Einflussfaktoren während der Akkulturation Akkulturationsstrategien • Kontaktphase (Aufenthaltsdauer) • Kontakt / Teilnahme an der neuen Kultur • Aufrechterhaltung der eigenen kulturellen Eigenheiten • Soziale Unterstützung (Bewertung und Nützlichkeit) • Copingstrategien und Ressourcen • Vorurteile und Diskriminierung Quelle: Brüch, A. (2001). S. 98. 64 Brüch, A. (2001). S. 99-100. Bei eingehender Betrachtung der von Berry aufgelisteten Faktoren erscheint es schwierig sich vorzustellen, dass eine beliebige Migrationserfahrung mit einer anderen vergleichbar sein kann. Die große Anzahl an beteiligten Faktoren lässt die Vermutung plausibel erscheinen, dass jede interkulturelle Erfahrung ein einzigartiger und niemals sich wiederholender Prozess ist. Das Modell von Berry verdeutlicht die sozialen und gruppenbezogenen Faktoren, die Einfluss auf das Ergebnis des Migrationsprozesses haben. Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland entsenden, können dieses Modell nutzen, indem sie im Vorfeld Maßnahmen treffen, die das Stressniveau ihrer Expatriates mindern. Zu den von Berry berücksichtigten Faktoren zählt eine Analyse, die aus einer entweder sozialen (globalen) oder gruppenspezifischen Perspektive Neigungen und Abneigungen betrachtet, die sowohl in der Eigenkultur als auch in der Gastkultur gegenüber Ausländern, Migranten oder Expatriates vorherrschen. Dadurch werden anhand von Beispielen die Stereotype verdeutlicht, die zur Beschreibung der Angehörigen der jeweils anderen Gruppe verwendet werden. Ebenso wird das Augenmerk auf die rechtlichen Grundlagen gelenkt, die das (Arbeits-)Leben der Migranten bzw. Expatriates regeln, sowie auf die in der Kultur vorherrschenden Werte bzgl. Assimilation bzw. Integration. Ein weiterer wichtiger Zusammenhang ist durch die bilaterale Beziehung zwischen den Organisationen (Unternehmen) und Ländern, die in Kontakt treten, charakterisiert. Dabei kann die Existenz einer Gemeinschaft, die die Migranten der einen Kultur vertritt, zu synergetischen Effekten beitragen. Diese Gemeinschaft erleichtert dem Einzelnen die Kontaktaufnahme zur Gastkultur und hilft bei der Interpretation der Realität und bei der Entwicklung von der neuen Situation angepassten Verhaltensstrategien. Die Motivationen, die den Expatriate dazu ermutigen, eine Arbeitsstelle im Ausland anzunehmen, sowie seine Haltung gegenüber der Gastkultur geben Aufschluss über die von ihm präferierte Akkulturationsstrategie. Brüch ergänzt, dass leider keine Hinweise existieren, die Aufschluss darüber geben, ob diese Indikatoren eine Voraussage über Anpassung oder interkulturelle Kompetenz des Expatriates treffen.64 65 Brüch, A. (2001). S. 100. 66 Ebd. 3.1.6 Arbeitspsychologie und Instrumente zur Personalauswahl Die meisten Feldforschungen, in denen Daten über das Verhalten von Migranten im Ausland erhoben wurden, waren vor allem Studien, die mit Flüchtlingen, Asylanten, Entwicklungshelfern oder Studenten angefertigt wurden, das heißt, mit Migranten, die auf Grund ihres Status oft keine Möglichkeit hatten, eine berufliche Tätigkeit im Ausland wahrzunehmen. Deshalb mangelt es an Untersuchungen, die sich mit Themen wie Arbeitsleistung oder -zufriedenheit in interkulturellen Kontexten beschäftigen.65 Aus einer intrakulturellen Perspektive heraus existieren drei theoretische Ansätze, die sich aus Themen der Arbeits- und Organisationspsychologie speisen: 1. die Rollentheorie 2. externe Kriterien der Arbeitsplatzanpassung 3. Aspekte und Strategien zur Kooperation innerhalb des Unternehmens. Im Folgenden sollen diese drei Theorien detailliert vorgestellt werden. 3.1.6.1 Rollentheoretischer Ansatz Ein Wechsel des Arbeitsplatzes bringt nicht nur eine Änderung der Routine mit sich, sondern oft auch eine Änderung des Status und der Zukunftsperspektiven. Die Rollentheorie geht von der Annahme aus, dass der Erfolg der Arbeit innerhalb des Unternehmens sehr stark vom Sozialisierungsgrad innerhalb der Organisation abhängt.66 Der Prozess institutioneller Sozialisation am Arbeitsplatz ist ein Vorgang, welcher bei genauer Betrachtung in unterschiedliche Entwicklungsphasen geteilt werden kann. Während dieses Prozesses unterliegt der Mitarbeiter einerseits den Werten und Vorgehensweisen, die den Arbeitsablauf des Unternehmens bestimmen (Organisationskultur), andererseits übt er aktiven Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen er seine eigene Arbeit verrichtet. 67 Vgl. Jablin, F. M. (1987). Organization entry, assimilation, and exit. In Jablin, F. M. u. a. (Eds.). Handbook of organizational communication: An interdisciplinary perspective. S. 679-740. Jablin und Neuberger,67 stellen fest, dass aus einer individuellen Perspektive heraus drei charakteristische Sozialisationsphasen innerhalb eines Unternehmens ausgemacht werden können: 1. Die Vor-Eintrittsphase: Der Mitarbeiter befindet sich auf der aktiven Suche nach einer Arbeit / einer Organisation. Er sieht seine Erwartungen und Fähigkeiten mit den Anforderungen des Unternehmens bzw. der Organisation konfrontiert. 2. Die Eintrittsphase: Analog zur Kulturschocktheorie spricht man hier von einem „Industrieschock“. Der Eintritt neuer Mitarbeiter in die Organisation wird von einer Reihe mehrschichtiger Prozesse begleitet. Diese können psychische Instabilität oder Stress auslösen. Ebenso in Anlehnung an die Kulturschocktheorie ist der Antritt einer neuen Arbeitsstelle mit Angst- und Unsicherheitsgefühlen verbunden. Während dieser Phase liegt die Herausforderung für die Arbeiter darin, sowohl funktionale (direkt mit dem Arbeitsplatz verbundene) als auch „extrafunktionale“ Beiträge zu leisten. Der Mitarbeiter muss kognitiv die den Arbeitsablauf des Unternehmens bestimmenden Regeln und Werte annehmen und ferner die Sicherheit gewinnen, dass die von ihm verrichtete Arbeit von seinen Kollegen anerkannt wird. 3. Die Metamorphose-Phase: Die Symptome des Industrieschocks enden, wenn die mit der Eintrittsphase verbundene Stressbelastung sich vermindert oder ganz verschwindet und wenn der neue Mitarbeiter neue Rollen innerhalb des Unternehmens einnimmt, was als Beweis der erfolgreichen Internalisierung der Werte und Normen des Unternehmens verstanden werden kann. Angesichts der Parallelen zwischen dem Kulturschock und dem Insdustrieschock fällt es nicht schwer zu begreifen, dass eine Auslandsentsendung eine doppelte Stressbelastung darstellen kann, einerseits auf Grund der Anpassungsleistung an die neue Kultur (Akkulturation) und andererseits der Anpassungsleistung an die neue Arbeitsstelle. Außer den beschriebenen Anpassungsschwierigkeiten lassen sich durch die Rollentheorie drei Problemdimensionen erkennen: der Grad des Wissens über die neue Rolle (Rollenbekanntheit), der Grad der Mehrschichtigkeit der Rolle (Rollenambiguität) sowie Rollenkonflikte. Das Auftreten dieser Dimensionen als Stressfaktoren lässt sich auf die Inkompatibilität der Rollen zurückführen und ist durch die Organisation selbst verschuldet. Ein oft genanntes Problem der Rollenambiguität liegt in der Zielsetzung der Auslandstätigkeit. Der Expatriate wird einerseits entsandt, um vor Ort die Entscheidungen 68 Brüch, A. (2001). S. 100-103. des Stammhauses zu repräsentieren und durchzusetzen, andererseits, um die Interessen der Filiale gegenüber dem Stammhaus zu vertreten. Die Rollenambiguität kann ferner auch zu einem privaten Interessenskonflikt des Expatriate führen. Er fragt sich, welche Interessen er inwiefern vertreten bzw. unterbinden sollte, um seine eigene Karriere zu fördern und an welchem Ort (im Ausland oder im Stammhaus) er diese am sinnvollsten verfolgen kann. Ein großer Konfliktherd ist das Verhältnis zwischen Arbeitsstelle, Karriere und Familie. Im Laufe der Zeit verändern sich die familiären Interessen möglicherweise und nehmen einen anderen Stellenwert gegenüber den Projektzielen im Ausland ein. Dieser Interessenkonflikt kann sich mitunter sogar derart auswirken, dass der Expatriate vorzeitig sein Auslandsengagement beendet. Brüch stellt fest, dass es einen Mangel an ausreichend detaillierten Studien über kulturelle und berufliche Anpassungsschwierigkeiten gibt. Dennoch existieren genügend Indizien, die zumindest darauf hinweisen, dass ein Fehlen klarer Aussagen über Aufgaben und Rollen des Entsandten sowie die Ambiguität und Komplexität dieser Rollen eine negative Wirkung auf die Anpassungsfähigkeit des Expatriate haben.68 3.1.6.2 Kriterien beruflicher Anpassung: Arbeitszufriedenheit Die Arbeitspsychologie nennt zwei Dimensionen, die beeinflussen, ob sich jemand erfolgreich auf seinem Arbeitsplatz im interkulturellen Kontext anpasst und sozialisiert: die Arbeitszufriedenheit und der Wunsch, die Tätigkeit im Unternehmen aufzugeben oder zu behalten. Brüch geht davon aus, dass die beruflichen Anpassungskriterien in intrakulturellen Kontexten auch für eine Aussage über den Anpassungsgrad im Ausland dienlich sind.69 Für das Kriterium der Arbeitszufriedenheit gibt es in der Forschung noch keinen zufriedenstellenden Konsens über die Ziele und Formen der Datenerhebung. Am weitesten verbreitet sind Selbstevaluationen, die mit Fremdbewertungen von direkten Vorgesetzten, Kollegen oder Klienten kombiniert werden können. Zur Operationalisierung des Begriffs kann man sich einer Skala, die von „vollständiger Zufriedenheit“ bis zu „Unzufriedenheit“ reicht, bedienen. 69 Brüch, A. (2001). S. 103. 70 Brüch, A. (2001). S. 104-106. 71 Ebd. S. 103. 72 Vgl. Naumann, E. (1993). Organizational predictors of expatriate turnover. Journal of International Business Studies, 23, S. 499-531. 73 Stahl, G. (1998). S. 76. Brüch stellt drei Kriterien beruflicher Anpassung heraus: Arbeitszufriedenheit, organisationale Verbundenheit und Bleibeabsicht. Als externer Indikator für die Arbeitszufriedenheit gilt die Identifikation mit (bzw. Treue gegenüber) dem Unternehmen und seinen Werten. Identifikation und Treue lassen sich auf Basis folgender Dimensionen messen: persönlicher Internalisierungsgrad der Unternehmenswerte (organisationale Verbundenheit), Aufopferungsbereitschaft gegenüber den Anforderungen des Unternehmens, Bereitschaft zu Teamarbeit sowie letztlich die Bereitschaft des Arbeiters für den Fortbestand des Unternehmens zu kämpfen. Ein weiteres Kriterium der Arbeitszufriedenheit, ist der Wunsch des Arbeiters, im Unternehmen beschäftigt zu bleiben (Bleibeabsicht).70 Die drei externen Kriterien zur Messung der beruflichen Anpassung weisen eine hohe interne Korrelation auf, weswegen alle drei Indikatoren als legitime Deskriptoren desselben Phänomens gelten: der Arbeitszufriedenheit. Besonders interessant ist der Umstand, dass die Arbeitszufriedenheit auch eng mit anderen Kriterien verknüpft ist wie Produktivität, Stressbelastung, Abwesenheit bei der Arbeit, schädlichem Verhalten gegenüber dem Unternehmen und anderen für die Personalpolitik nützlichen Indikatoren.71 Neumann72 fand heraus, dass die hohe Prozentzahl an frühzeitigen Rücktritten bei Auslandseinsätzen ihre Ursache in einer mangelhaften Personalauswahl sowie einer mangelhaften Vorbereitung auf die Rollen(in)kompatibilität hat. Des Weiteren mangelte es an einer Sensibilisierung hinsichtlich möglicher familiärer Konflikte, potentieller idiomatischer Probleme und Abstriche bezüglicher der Lebensqualität im Vergleich zum Heimatland. Neumann rät dazu, aktiv den Problemen zu begegnen und Hilfe in Form von Trainings und Fortbildungen anzubieten. 3.1.7 Kommunikationswissenschaftlicher Ansatz Einige Forscher unterstreichen die Bedeutung der kommunikativen Perspektive, indem sie darauf verweisen, dass die Hälfte der Zeit, die Führungskräfte im Ausland tätig sind, für Arbeitsgruppenbesprechungen verwendet wird.73 Die bei interkulturellen Zusammenkünften festgestellten Kommunikationsprobleme haben keinen rein „technischen“ Ursprung. Die 74 Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 17. 75 Ebd. dabei auftretenden Interferenzen sind nicht nur dem Übersetzer oder dem Gebrauch einer Lingua franca, in der sich nur einer oder gar keiner der Gesprächspartner wohl fühlt, geschuldet, sie beinhalten auch interkulturelle Missverständnisse, die beispielsweise darin wurzeln, dass sich eigene Werte und Prinzipien unbewusst auf den kommunikativen und damit kulturellen Stil auswirken. Der „kommunikationswissenschaftliche Ansatz“ hat sich einige Erkenntnisse der Kulturanthropologie zu Eigen gemacht. Diese basieren darauf, dass Individuen, die unterschiedlichen Kulturen angehören, sich hinsichtlich ihrer Denk-, Fühl-, Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen voneinander unterscheiden.74 Diese kulturelle Determiniertheit wird im Zuge der Sozialisation von einer Generation zur nächsten weitergegeben und verfestigt sich bei der alltäglichen Kommunikation. Um innerhalb interkultureller Kontexte effektiv zu interagieren, ist es wichtig zu erkennen, dass die Kommunikation ein kulturell begründeter Prozess ist, der sowohl den Sender als auch den Empfänger der Botschaft beeinflusst.75 Die Arten des kommunikativen (kulturellen) Stils lassen sich hinsichtlich ihrer Komponenten in vier Ebenen systematisch unterteilen: verbale, nonverbale, paraverbale und extraverbale Kommunikation. • In interkulturellen Kontaktsituationen ist mindestens eine beteiligte Person benachteiligt, wenn sie sich gezwungen sieht, eine andere als ihre Muttersprache zu benutzen. Das Fehlen einer gemeinsamen Sprache kann durch die Einigung auf eine Lingua franca, z.B. Englisch, kompensiert werden. Dies ermöglicht zumindest die Kommunikation. Gleichzeitig droht aber die Gefahr neuer Probleme, indem die Interaktionspartner kommunikative Eigenheiten ihrer Sprache auf die Lingua franca übertragen, wodurch sich neue Missverständnisse ergeben können. • Die Überwindung sprachlicher Barrieren mittels einer gemeinsamen Sprache bedeutet nicht die Überwindung von Kommunikationsproblemen auf verbaler Ebene. Diese können weiterhin durch den Gebrauch bestimmter diskursiver Charakteristika auftreten, wie beispielsweise das Anschneiden bestimmter Themen oder Fragen während der Kennenlernphase, die in einer Kultur gängig sind, in der anderen jedoch indiskret anmuten. • Weitere Schwierigkeiten können auf paraverbaler Ebene auftreten, zum Beispiel durch Unterschiede des Sprechrhythmus und der Verwendung von Pausen, z.B. bei der Synalöphe (Zusammenziehung von Wörtern) im Spanischen. 76 Stahl, G. (1998). 44-45. 77 Vgl. Stüdlein, Y. (1997). S. 153. 78 Vgl. Oliveras, À. (2000). S. 40. 79. Vgl. Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 2. 80 Ebd. • Im Bereich der nonverbalen Ebene, dazu zählen Gestik, Mimik, Augenkontakt und körperlicher Abstand, gibt es zahlreiche Berichte, die die Schwierigkeiten zwischen Mitgliedern von Kulturen mit unterschiedlicher Distanzregulation illustrieren. Südamerikaner gelten als Angehörige von Kulturen mit besonders geringer körperlicher Distanz, was zu Irritationen beim Kontakt mit Angehörigen vieler Industrieländer führt, die eine größere körperliche Distanz gewöhnt sind. • Unter dem Schlagwort des kulturellen Stils notiert Stahl die Unterschiede zwischen direkter und indirekter Kommunikation. Je nach Grad der Unterschiedlichkeit kann es nicht nur zu Irritationen, sondern sogar zu Missverständnissen kommen.76 Die Fähigkeit, kulturell bedingte Konflikte zu antizipieren, zählt laut der Kommunikationswissenschaft zu den Merkmalen des interpretativen Erfolgs, der zu effektiver und angemessener Kommunikation beiträgt. „Effektivität“ und „Angemessenheit“ der Kommunikation bilden ihrerseits Bestandteile der Interkulturellen Kompetenz. Für Oliveras ist „Effektivität“ die interferenzfreie und unverzerrte Wahrnehmung und Interpretation von Botschaften, das heißt, dass die Botschaft beim Empfänger so ankommt wie vom Sender intendiert.77 Stüdlein definiert ihrerseits die kommunikative Effektivität als eine Art der Kommunikation, bei der es weder Missverständnisse noch fehlerhafte Attributionen gibt und auch keine Stereotypisierung vorkommt.78 Müller, S./Gelbrich, K. stellen fest, dass die Effektivität einer Kommunikation auf Grund ihrer Resultate im Verhältnis zum angestrebten Ziel eingestuft werden kann.79 Unter „Angemessenheit“ versteht Oliveras eine komplexe Verhaltensweise, bei welcher die „impliziten und expliziten Normen einer bestimmten sozialen Situation in einem bestimmten sozialen Kontext“ respektiert werden. Müller, S./Gelbrich, K. definieren denselben Begriff als ein Konzept, „um die Ziele des anderen zu achten sowie Umgangsregeln zu befolgen, die in den Augen des Partners wichtig sind.“ Für Stüdlein hingegen setzt angemessenes Verhalten „die Fähigkeit voraus, die Bedingungen, Alternativen, Mittel, Ziele und Konsequenzen eigenen und fremden Verhaltens zielgerichtet zu berücksichtigen und situationsgerecht zu kommunizieren.“80 81 Rodrigo, M. (2005). La comunicación intercultural. Download am 24.10.2005. S. 9- 11. 82 Bolten, J. (2007). S. 21-42. Miquel Rodrigo81 fasst die Risiken interkultureller Kommunikation folgendermaßen zusammen: Übergeneralisierung, Ignoranz, Überdimensionierung der Unterschiede und Verallgemeinerung. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden oder wenigstens zu lindern, schlägt Rodrigo den Einsatz folgender Elemente vor: Tab. 10: Erfolgreiche Interkulturelle Kommunikation Für erfolgreiche interkulturelle Kommunikation ist nötig • eine gemeinsame Sprache (Lingua franca) • Kenntnisse über die fremde Kultur • (Er-)Kenntnisse über die eigene Kultur • Abbau von Vorurteilen • Empathiefähigkeit • Metakommunikationsfähigkeit • Ausgeglichenheit Quelle: Rodrigo, M. (2005). S. 9-11. Zusammenfassung: Viele im Rahmen von Auslandsaufenthalten festgestellte Schwierigkeiten werden durch kommunikative Probleme oder Interferenzen ausgelöst. Einige dieser Probleme wurzeln im Gebrauch einer Lingua franca, wodurch einer der Beteiligten in eine benachteiligte Situation gebracht wird. Ferner gibt es weitere Irritationen und Schwierigkeiten, die, unabhängig von der Verhandlungssprache, im Bereich der verbalen, nonverbalen, paraverbalen und extraverbalen Kommunikation liegen. Die Kommunikationswissenschaft bietet einige Instrumente an, die zumindest prophylaktisch dabei helfen, interkulturspezifische Schwierigkeiten zu antizipieren und ihnen entgegenzuwirken. Vor allem seien hier das Bewusstsein über den kulturellen Einfluss auf den eigenen und fremden Kommunikationsstil sowie die Metakommunikationsfähigkeit als zwei Hauptkriterien genannt. 3.1.8 Transferfähigkeit allgemeiner Handlungskompetenz Von den allgemeinen Kompetenzmodellen inspiriert, schlug Bolten82 ein interkulturelles Kompetenzmodell vor, welches sich auf vier Basiskompetenzen stützt: individuelle, soziale, strategische und Fach-Kompetenz. Der von Bolten verwendete Begriff der Interkulturellen 83 Vgl. Gersten, G. (1990). Intercultural Competence and Expatriates. In International Journal of Human Resource Management, Vol. 1, No. 3, S. 341-362 und Müller, S. / Gelbrich, K. (1999). Interkulturelle Kompetenz und Erfolg im Auslandsgeschäft: Status quo der Forschung. Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre. Nr. 21/99. Technische Universität Dresden. Fakultät Wirtschaftswissenschaften. 84 Bolten, J. (2007). S. 21-42. Kompetenz soll nicht als eine einfache Summe dieser vier Aspekte verstanden werden, sondern als das Ergebnis eines Prozesses synergetischer Interdependenz zwischen den Einzelkompetenzen. Das Besondere an der interkulturellen Kompetenz liegt nicht in den genannten Dimensionen selbst, auf die sie sich stützt, da diese jeweils universellen Charakter haben, sondern in dem, was entsteht, wenn zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen miteinander in Interaktion treten. Boltens Vorschlag ermöglicht es, die vorangegangene strukturalistische Perspektive von Gersten und Müller; S. /Gelbrich, K.83, der zwischen einer affektiven, kognitiven und konativen Dimensionen unterscheidet, „ohne weiteres den vier Kompetenzbereichen (persönlich, sozial, fachlich, methodisch) des Prozessmodells zuzuordnen“.84 Tab. 11: Interkulturelle Kompetenz als anwendungsbezogener Spezialfall allgemeiner Handlungskompetenz Kompetenz- bereich Allgemeine Handlungskompetenz als Interdependenzverhältnis von: Interkulturelle Handlungskompetenz als Interdependenzverhältnis von: individuell Belastbarkeit, Lernbereitschaft, Selbstwahrnehmung, Selbststeuerungsfähigkeit, Rollendistanz, Flexibilität, Ambiguitätstoleranz usw. dto. plus Transferfähigkeit auf bestimmte interkulturelle Kontexte; z.B.: Selbststeuerungsfähigkeit in sprachlich fremder Umgebung sozial Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, (Meta-) Kommunikationsfähigkeit, Toleranz, Kritikfähigkeit, Empathie usw. dto. plus Transferfähigkeit auf bestimmte interkulturelle Kontexte; z.B.: Konfliktfähigkeit in Kontexten unter Beweis stellen können, in denen andere Konfliktbewältigungsstrategien üblich sind als im eigenkulturellen Kontext fachlich Fachkenntnisse im Aufgabenbereich, Kenntnisse der fachlichen/ beruflichen Infrastruktur, Fachwissen vermitteln können; Berufserfahrung usw. dto. plus Transferfähigkeit auf bestimmte interkulturelle Kontexte; z.B.: Fachkenntnisse unter Berücksichtigung anderskultureller Traditionen der Bildungssozialisation vermitteln können strategisch u.a. Organisations- und Problemlösefähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Wissensmanagement usw. dto. plus Transferfähigkeit auf bestimmte interkulturelle Kontexte; z.B.: Synergiepotentiale bei kulturell bedingt unterschiedlichen Formen der Zeitplanung erkennen und realisieren können Quelle: Bolten, J. (2007). Die Annahme Boltens reduziert die interkulturelle Kompetenz nicht auf ihre rein sozialen und individuellen Aspekte, da diese für sich allein genommen kein Erfolgsgarant sind, sondern mit „harten“ Elementen der Fachkompetenz und strategischen Kompetenz auftreten müssen. Von daher ist interkulturelle Kompetenz durch das synergetische Zusammenspiel charakterisiert, welches sich zwischen den vier Komponenten der interkulturellen Kompetenz in Form eines ausgeglichenen Transfer-Prozesses von einer Kultur auf die andere abspielt. Ein allgemeiner Indikator für die Ausgeglichenheit aller beteiligten Komponenten wird von Bolten abgelehnt, da er vorschlägt, situationsbedingt angemessene Indikatoren festzulegen. Dies wiederum bedeutet die Zurückweisung des universellen Charakters des interkulturellen 85 Bolten, J. (2007). S. 21-42. 86 Ebd. 87 Stahl, G. (1998). Internationaler Einsatz von Führungskräften. München; Wien. Oldenburg Verlag. Kompetenz-Begriffs: “Interkulturelle Kompetenz schließt demzufolge kulturspezifisches Wissen ein”.85 Hinsichtlich der Messkriterien ist Bolten der Meinung, dass interkulturelle Kompetenz nicht als Synthese konträrer Ansichten zu verstehen ist, da die Effektivität bestimmter internationaler Unternehmungen häufig von Beginn an antagonistische Rollen beinhaltet, beispielsweise in Form von „Rationalisierungen“, bei denen Arbeiter und Arbeitgeber vollkommen entgegengesetzte Positionen einnehmen. Hier wäre es illusorisch eine für beide Seiten ideale Lösung zu suchen. Stattdessen schlägt Bolten vor, Plausibilitätskriterien zu Grunde zu legen.86 Zusammenfassung: Bolten versteht sein Interkulturelles Kompetenz-Modell als ein synergetisches Modell, bei dem gleichzeitig sowohl weiche als auch harte Faktoren ineinandergreifend zur Wirkung kommen. Die interkulturelle Kompetenz unterscheidet sich von jeder anderen Kompetenz auf Grund ihres Kontextes, da es die Aufgabe der interkulturellen Kompetenz ist, den Transfer zwischen der Zielkultur und der Eigenkultur und vice versa zu bewirken. 3.1.9 Bewältigungsformen beim Auslandseinsatz (Stahl) Eine 1998 von Günter Stahl veröffentlichte Studie gehört zu den wenigen deutschen empirischen Untersuchungen.87 Anlass zu dieser Studie gaben einige grundsätzliche Informationsdefizite: Zum einen gab es keine Erkenntnisse darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welcher Intensität Probleme deutsche Expatriates im Ausland belastet sind. Zum anderen gab es keine Informationen darüber, mit welchen Mitteln und Lösungsstrategien die Expatriates versuchten, den Schwierigkeiten zu begegnen, und ob die angewandten Strategien erfolgreich waren oder nicht. Um beide Fragen zu klären, interviewte Stahl 116 Expatriates verschiedener Hierarchieebenen und mit unterschiedlicher Verweildauer im Ausland. Die Untersuchungsgruppe war zwei Gruppen halbiert: 58 Expatriates mit Aufenthalt in den USA und 58 in Japan. Die Interviews mit den Expatriates ermöglichten eine Sammlung kritischer Situationen (critical incidents) und der entsprechend eingesetzten Konfliktlösungsstrategien. Die kritischen Vorfälle wurden anschließend in sechs Kategorien eingeteilt: Störungen in den Stammhausbeziehungen, Sprach- und Kommunikationsprobleme, Rückkehr- und Zukunftsprobleme, Probleme des (Ehe-)Partners und eingeschränkte Gastlandkontakte. Ähnlich wurde mit den genannten Lösungsstrategien verfahren. Diese wurden mittels inhaltlicher Analyse auf eine Zahl von 30 Kategorien reduziert, von denen bei 14 in einem t- Test ein signifikanter Zusammenhang mit dem Grad der Anpassung auf Basis folgender Faktoren festgestellt wurde: Grad der Arbeitszufriedenheit, Grad der allgemeinen Zufriedenheit, Qualität der sozialen Kontakte mit Angehörigen der Gastkultur, Sprachfähigkeiten und die Bereitschaft im Land zu bleiben. Folgende Tabelle zeigt die 14 Konfliktlösungsstrategien, die dem t-Test zu Folge einen signifikanten Zusammenhang mit der Anpassung an die Gastkultur aufweisen, sowie die Grenzen ihrer Operationalität aufzeigen. Tab. 12: Merkmale erfolgreicher und erfolgsloser deutscher Expatriates in Japan und USA Merkmale erfolgreicher und erfolgsloser deutscher Expatriates in Japan und USA nach Stahl Form der Problembewältigung Verhaltenspiele (= Operationalisierung) Erfolgs- merkmale Misserfolgs- merkmale (+) Problemlösungshandeln sorgfältige Handlungsplanung, Abwägen von Vor- und Nachteilen, Informationsrecherchen, schrittweise Problemlösung Ambiguitäts- toleranz, Impulskontrolle Ungeduld, Impulsivität (+) (Kultur-) Lernen Lernen durch Beobachtung, Wissensaneignung, Veränderung eigenen Verhalten, gezieltes Nachfragen bei Problemen Lernbereitschaft, Frustrations- toleranz Rigidität, Ungeduld (+) Assimilation Wertschätzung der Gastkultur, Vertreten lokaler Interessen, Übernahme von Gastlandnormen, Distanz zum Heimatland Anpassungs- bereitschaft, Interesse am Gastland Ethnozentrismus (+) Beziehungsaufbau/ -pflege Signalisieren von Kontaktbereitschaft, gemeinsame Unternehmungen, Besuche, Kontaktpflege mit Stammhausstellen Kontakt- freudigkeit, Unternehmens- freudigkeit soziale Gehemmtheit, Desinteresse an Menschen (+) Leistung instrumenteller Hilfe Weitergabe von Know-how, Rückmeldung, Hilfeleistung bei Problem, Informationsvermittlung zum Stammhaus Eigeninitiative, Verantwortungs- bewusstsein Egoismus, Desinteresse an Menschen (+) Konfliktentschärfung Abstimmen von Entscheidungen, Deeskalation bei Konflikten, Kompromisse, Vermeiden von „Gesichtsverlust“ Impulskontrolle, Einfügungs- vermögen Impulsivität, Ethnozentrismus (+) Verstärkersuche/ substitution Beibehalten alter Freizeitaktivitäten und Gewohnheiten, Rituale, Erhaltung von Kontakten im Heimatland Wissen um die eigenen Bedürfnisse Selbstaufgabe (+) Zukunftsorientiertes Denken Schmieden von Zukunftsplänen, Vergegenwärtigen der begrenzten Dauer der Entsendung, Optimismus Verhaltens- flexibilität, intellektuelle Neugier Rigidität (-) Vermeidung Rückzug Aus-dem-Wege-Gehen von schwierigen Situationen, Rückzug in die Ausländergemeinde, Inaktivität, Flucht aus dem Gastland Optimismus, Selbstreflexion Pessimismus (-) Duldung / Akzeptanz schnelles Aufgeben bei Widerständen, Zurückstellen eigener Bedürfnisse, Akzeptieren aversiver Zustände, Fatalismus Zielorientierung, internationale Kontroll- überzeugung Fatalismus, externale Kontroll-überzeugung (-) Identitätsbewahrung Schaffung von Distanz zu Einheimischen, Abwertung und Kritik des Gastlandes, Durchsetzung von Stammhausinteressen Vorurteilsfreiheit, Interesse am Gastland Ethnozentrismus (-) Selbstentlastung Schuldzuweisung an Gastlandangehörige, selbstwertdienliche Kausalerklärung, Rechfertigen eigener Defizite, „Ausreden“ Selbstreflexion, Verantwortungs- bewusstsein Ethnozentrismus (-) negativer Vergleich Beneiden anderer Personen, Idealisierung deutscher Tugenden, Nostalgie, Zuschreibung negativer Grundmerkmale Vorurteilsfreiheit, Selbstreflexion Ethnozentrismus (+)/(-): Die Form der Problembewältigung ist bei erfolgreichen Entsandten schwächer ausgeprägt als bei nicht erfolgreichen, zweiseitige t- Test, p < 0,05. Quelle: Stahl, G. (1998). Internationaler Einsatz von Führungskräften. München. Oldenbourg Verlag. S. 227. 88 Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 10. 89 Stahl, G. (1998). S. 171-177. Die Operationalität einiger von Stahl vorgeschlagener Konfliktlösungsstrategien wird von Müller, S./Gelbrich, K. kritisiert88, die Stahl fehlende Gründlichkeit vorwerfen, zumal „Selbstreflexion“ als Erfolgskriterium ein beschreibender Faktor von gleichzeitig drei verschiedenen Strategien ist: Negativer Vergleich, Selbstentlastung und zukunftsorientiertes Denken, ohne dass ersichtlich wird, worin der Unterschied im Einzelnen liegt und was konkret Selbstreflexion überhaupt ist. Die Ergebnisse von Stahl bestätigen, dass die Probleme, die den Expatriates widerfahren, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zielland, der Hierarchieebene, der Art der Aufgabe und der Aufenthaltsdauer im Ausland stehen. Mit anderen Worten gibt es nicht eine Sorte von Problemen, die für „den deutschen Expatriate als solchen“ gültig ist. In Japan fallen beispielsweise individuelle Probleme wie Sprache, Kommunikation, Gastlandkontakte stärker ins Gewicht als in den USA, während Probleme mit dem Rechtssystem in den USA wiederum häufiger sind als in Japan.89 Die Kommunikationsprobleme sind im Allgemeinen einer der wenigen Bereiche, die sich im Laufe der Zeit verbessern, wohingegen strukturelle Probleme zwischen Stammhaus und Filiale üblicherweise sich mit fortschreitender Zeit eher verschlechtern. Aus einem personenbezogenen Blickwinkel betrachtet sind vorherige Erfahrungen und ein gewisser Grad der Spezialisierung eine notwendige Bedingung für einen erfolgreichen Arbeitseinsatz im Ausland. Als spezifischer Faktor sind in diesem Zusammenhang der Grad der internen Kenntnisse über das Unternehmen und die Qualität und Quantität der individuellen Kontakte zwischen der Filiale und dem Stammhaus von besonderer Bedeutung. Diese Kenntnisse sind wichtig, um die unvermeidlichen Interessenkonflikte zwischen den vom Stammhaus artikulierten Positionen und Entscheidungen und der in der Filiale gelebten Wirklichkeit zu meistern. Genauso wie die berufliche Qualifikation ist auch Sprache eine notwendige Grundlage für die Arbeit. Zweifelsohne ist die Sprachkompetenz für sich allein genommen noch kein Garant für erfolgreiches Handeln im Ausland. Dafür bedarf es gleichzeitig individueller Fähigkeiten wie Ambiguitätstoleranz, Lernbereitschaft, Selbstreflexion, Kontaktfreudigkeit, Impulskontrolle, Einfühlungsvermögen und Frustrationstoleranz. Im Zusammenhang damit haben sich ethnozentrische Positionen als äußerst negativ erwiesen. 90 „Trotz der Bedeutung eines differenzierten Vorgehens in der internationalen Personalauswahl werden in der Praxis in vielen Fällen Personalentscheidungen getroffen, ohne auf systematisierte Auswahlinstrumente zurückzugreifen. Nach Wirth (1992) verfügten Anfang der 90er Jahre nur 16% der befragten deutschen Unternehmen über spezifische Auswahlinstrumente für den Auslandseinsatz. Bei den eingesetzten Verfahren dominierten standardisierte Interviews und Beurteilungen durch Vorgesetzte. Falls also überhaupt formalisierte Auswahlverfahren herangezogen wurden, dann hauptsächlich solche mit nachgewiesenermaßen geringer prognostischer Validität“. Vgl. Taubert, M. (2004). Position und Organisation • Qualifizierte einheimische Mitarbeiter • eindeutige und konfliktfreie Rolle • langfristige Rückkehrplanung Quelle: Stahl, G. (1998). S. 239. Abb. 9: Determinanten des Entsendungserfolgs Die Abbildung von Stahl zeigt grafisch das Zusammenspiel der Faktoren, die aktiven Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg eines Auslandseinsatzes haben. 3.2 Methoden der Personalauswahl für das Ausland Obwohl viele Unternehmen und internationale Organisationen mit zahlreichen Schwierigkeiten im Rahmen der Auslandsentsendung ihrer Expatriates konfrontiert sind, hat die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschung der Personalauswahl für Auslandseinsätze bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt90. Person • Stammhauskenntnisse und Kontakte • Loyalität und Fähigkeit zur „Ausbalancierung“ gegensätzlicher Interessen • Sprachkenntnisse • Interkulturelle Kompetenzen: Ambiguitätstoleranz, Non- Ethnozentrismus etc. Familie • anpassungsfähiger und –bereiter (Ehe-) Partner • Arbeitstätigkeit oder andere sinnvolle Beschäftigung des (Ehe-) Partners Entsendungsgestaltung • einheitliche und transparente Entsendungsrichtlinien • sorgfältige Personalauswahl • kulturbezogene Vorbereitung • kontinuierliche Betreuung • Entscheidungsautonomie und Einflussmöglichkeiten • klare Kompetenzrichtlinien • Gastlandkenntnisse im Stammhaus • Gelegenheit zur Kontaktpflege bzw. Besuchsverkehr. Entsendungserfolg von Führungskräften Gastlandumwelt • kulturelle Distanz zum Heimatland • Schwierigkeit der Landessprache • rechtlich-bürokratische Hürden • Lebens- bzw. Freizeitqualität • Unterstützendes Ausländernetzwerk 91 Vgl. Brandenburger, M. (1995). S. 124-195. 92 Ebd. S. 175 93 Stahl, G. (1995). S. 32 Ein Blick auf die Praxis vieler Unternehmen und Organisationen verrät, dass sie bei der Personalauswahl für Auslandsentsendungen auf Instrumente zurückgreifen, die sich für den lokalen Kontext etabliert haben. Größtenteils reduziert sich das Auswahlverfahren auf eine Prüfung der „Qualifikation“ oder „Spezialisierung“ gefolgt von „Erfahrung“, die zumeist als „Jahresanzahl im Dienst“ verstanden wird, und schließlich „sprachliche Kompetenz“, gemessen anhand von Sprachkursen.91 Die methodologischen Mängel, die laut Brandenburger vielen interkulturellen Kompetenz- Modellen zu Eigen sind, scheinen bei Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland entsenden, dazu zu führen, in interkulturellen Kontexten die gleichen Auswahlkriterien und Auswahlinstrumente anzuwenden, die sich in intrakulturellen (lokalen) Kontexten bewährt haben. Zur Veranschaulichung führt Brandenburger an, dass 97 % der von ihm untersuchten Unternehmen als Auswahlkriterium für Stellen im Ausland auf berufliche Qualifikation vertrauen, gefolgt von Sprachkompetenz in 54% der Fälle.92 Basis für den – möglicherweise unreflektierten – Einsatz identischer Auswahlmethoden in interkulturellen und intrakulturellen Kontexten ist die Annahme, dass ein im heimischen Umfeld erfolgreicher Mitarbeiter auch in internationalem Kontext erfolgreich sein kann. Obwohl die Praxis – wie eingangs des Kapitels beschrieben – das Gegenteil beweist, scheinen viele Unternehmen und Organisationen nicht bereit zu sein, ihre Auswahlverfahren zu ändern.93 Stahl und Brandenburger sind sich einig, dass in Deutschland nur ein Bruchteil der international aktiven Unternehmen auf situationspezifische Kriterien bei der Personalauswahl für das Ausland setzt. Ein genauer Blick auf die von diesen Organisationen angewandten Praktiken zeigt, dass die meisten Methoden keine Voraussagen über den Erfolg des Mitarbeiters im Ausland ermöglichen, wodurch ihr Einsatz eher eine formale Bedeutung als einen effektiven Nutzen hat. Deller verweist auf ein geringes Aussagepotential von Interviews und bemerkt, dass die Mängel dieses Instruments auf zwei Probleme zurückzuführen sind: zum einen ein Problem des Untersuchungsdesigns, das bedeutet, dass ein Interview nur eine Momentaufnahme sein kann. Zum anderen kann ein Problem seitens des Interviewers vorliegen, der unter Umständen unsystematisch vorgeht (Subjektivität), wodurch die Vergleichbarkeit der Daten 94 Deller, J. (1999). Interkulturelle Eignungsdiagnostik. Zur Verwendbarkeit von Persönlichkeitsskalen. Waldsteinberg. Heidrun Popp Verlag. S. 120-132. 95 Ebd. S. 81. in Frage gestellt werden muss. 94 Laut Deller ist statistisch gesehen eine Personalauswahl auf der Basis von Beurteilungen durch Entscheidungsträger oder Experten relativ zuverlässig. In einer durchgeführten Untersuchung erreichte die Korrelation zwischen den Prognosen der Entscheidungsträger und der tatsächlichen interkulturellen Effektivität einen Validierungskoeffizienten von r= ,245. Dennoch kommentiert Deller dieses Ergebnis skeptisch. Aufgrund der nicht nachvollziehbaren Untersuchungsmethode, die zu diesen Ergebnissen führen, bezweifelt Deller die Aussagekraft dieser Untersuchung. 95 Tab. 13: Durchschnittliche Validität der gebräuchlichsten Personalauswahlverfahren Auswahlverfahren Validität Konventionelle Einstellungsgespräche .14 Persönlichkeitstests .15 Bewerbungsunterlagen .18 Arbeitsproben .30 Biographischer Fragebogen .37 Assessment Center .37 Anforderungsbezogenes und strukturiertes Interview .40 Probezeit .44 Kognitive Fähigkeiten .45 Quelle: Stahl, G. (1995). S. 52. Andere Vorgehensweisen wie biografische Methoden, die Stahl96 zufolge für eine Prognose besser geeignet wären als Interviews, sind laut Deller hinsichtlich ihrer Effektivität ebenso zweifelhaft. Er verweist darauf, dass, obwohl viele Unternehmen dazu tendieren, Angestellte mit vorheriger Erfahrung zu favorisieren, bis heute keine signifikante Korrelation zwischen vorheriger Erfahrung und größerer Effektivität bei der Arbeit festgestellt werden konnte. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob die Meinung von Kollegen oder direkten Vorgesetzten eingeholt wurde. 3.3 Erfolgsprädiktoren in interkulturellen Kontexten In der Einführung zu diesem Kapitel wurde festgestellt, dass interkulturelle Kompetenz – unabhängig davon, wie sie definiert wird – zur Lösung bzw. Vermeidung von Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit einem Wechsel des kulturellen Umfelds stehen, 96 Stahl, G. (1995). S. 33. 97 Einen Überblick über die verschiedenen Studien geben Deller (1999) und Stahl (1995). 98 Brüch, A. 2001. S. 119. 99 Ebd. S. 123. beiträgt. Wenn sich die interkulturelle Kompetenz messen ließe, könnten Aussagen über die Erfolgsaussichten eines Expatriates im Ausland gemacht werden. Dieser Herausforderung stellt sich eine Vielzahl von Studien, die darauf abzielen, Variablen und Indikatoren zur Voraussage des Zielerreichungsgrads sowie der Erfolgs- und der Anpassungswahrscheinlichkeit herauszufinden.97 Die meisten dieser so genannten Prädiktoren können in zwei eng miteinander verbundenen Kategorien zusammengefasst werden: den individuellen und den situationsbezogenen Erfolgsfaktoren. Die individuellen Faktoren, auch bekannt als „Liste der Erfolgsfaktoren“, setzen sich aus persönlichen Eigenschaften zusammen (siehe Kapitel 3.3.1), die eine Aussage über den Erfolg einer Mission treffen können. Die familienbezogenen Faktoren (siehe Kapitel 3.3.2) und die situationsbezogenen Faktoren (siehe Kapitel 3.3.3) hingegen repräsentieren eine größere und komplexere Gruppe von Faktoren, auf die der Expatriate wenig Einfluss hat. Dabei handelt es sich um Faktoren, die einerseits auf Grund der Berufserfahrung (Rollen und Status) und andererseits auf Grund von Umwelteinflüssen entstanden sind.98 3.3.1 Individuelle Prädiktoren Die meisten Charaktereigenschaften, die zu den interkulturellen Kompetenzen gezählt werden, wurden aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive zusammen getragen. Im Zentrum dieser theoretischen Überlegungen steht die Herausforderung, jene individuellen Charakteristika zu identifizieren, die mit dem Erwerb von Kenntnissen über zielkulturspezifische Eigenheiten in Zusammenhang stehen. Ziel ist es, Interferenzen zu minimieren, die auf Grund von Vorurteilen oder Unwissenheit einen negativen Einfluss auf die Motivation der Expatriates und auf die Kommunikation mit Angehörigen der Zielkultur haben.99 Die unter dem Stichwort interkulturelle Kompetenz subsumierten Charaktereigenschaften bereichern die Bandbreite der Listen, die für die Feststellung eines Erfolgs im Ausland zu 100 Stahl, G. (1995). S. 39. 101 Vgl. Mendenhall, M./Oddou, G. (1985): The Dimensions of Expatriate Acculturation: A Review. In: Academy of Management Review 10, S. 39-47. Rate gezogen werden. Der Nutzen und die Validität dieser Listen werden vielfältig diskutiert. Einer der Hauptkritikpunkte bezieht sich auf die Datenerhebungsmethode. Oftmals basieren diese Listen auf Schlüsselkonzepten, die die Forscher den Probandengruppen vorlegten. Diese werden befragt, welche Faktoren ihrer Meinung nach einen positiven Einfluss auf ihre interkulturellen Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten hätten. Die Ergebnisse werden anschließend zusammengefasst und als Dimensionen interkultureller Kompetenz der Probanden präsentiert.100 Beispielhaft soll hier eine Liste von Mendenhall, M. / Oddou, G.101 angeführt werden, die zwanzig Jahre Forschungstradition vereinigt. Tab. 14: Dreidimensionales Modell individueller Prädiktoren der kulturellen Anpassung Factor 1 Self-orientation Factor 2 Others-orientation Factor 3 Perceptual-orientation • Stress reduction • Reinforcement substitution • Physical mobility • Technical competence • Dealing with alienation • Dealing with isolation • Realistic expectation prior to departure • Relationship skills • Willingness to communicate • Non-verbal communication • Respect for others • Empathy for others • Flexible attributions • Broad category width • High tolerance for ambiguity • Being non-judgemental • Being open-minded • Field-independence Quelle: In Ahnlenung Mendenhall, M./Oddou, G. (1985): The Dimensions of Expatriate Acculturation: A Review. In: Academy of Management Review 10, S. 39-47. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der mangelhaften Transparenz, mit der die Konzepte zur Messung interkultureller Kompetenz arbeiten: „Zwar werden verschiedene Prädiktoren wie Anpassungsfähigkeit, Sensitivität, Ambiguitätstoleranz, Empathie, Reife, Flexibilität genannt. Eine nachvollziehbare Operationalisierung dieser Aspekte erfolgt jedoch nur in Ausnahmefällen (Angleitner u. a. 1977; Kealey 1988). Offen bleibt, was unter den Prädiktoren zu verstehen ist und wie sie gemessen werden sollen. Ziel der Forschungsanstrengungen war offensichtlich nicht der Versuch, verschiedene Prädiktoren zu operationalisieren oder bestehende Instrumente zu überprüfen”.102 Es sind nicht nur einzelne Dimensionen bzw. Deskriptoren bisher unklar formuliert, sondern die Existenzberechtigung dieser Disziplin allgemein steht auf dem Prüfstein: „Zu Recht stellt sich damit die Frage, ob es überhaupt eine eigenständige "interkulturelle Kompetenz" geben 102 Deller, J. (1999). S. 82. 103 Bolten, J. (2001) Interkulturelle Kompetenz. Landeszentrale für politische Bildung, Thüringen. S. 86. 104 Stüdlein, Y. (1997). Management von Kulturunterschieden. Phasenkonzept für internationale strategische Allianzen. Wiesbaden. Deutscher Universität Verlag. kann. Die Instrumente dieser Umsetzung (Empathie, Metakommunikationsfähigkeit etc.) sind allerdings wiederum in jenen Kompetenzbereichen zu finden, die unser Handeln generell prägen.“103 Yvonne Stüdlein 104 hat auf der Basis einer erschöpfenden Bibliographierecherche und unter Bezugnahme auf Interviews mit Experten eine Liste mit Charaktereigenschaften zusammengestellt, die mutmaßlich mit dem Erfolg der Expatriates verknüpft sind: • „Ambiguitätstoleranz: Fähigkeit, ungewisse, zweideutige, intransparente und widersprüchliche Situationen aushalten zu können, ohne handlungsunfähig zu werden oder unangemessen (aggressiv oder regressiv) zu reagieren. • Fähigkeit zur Stressbewältigung und Komplexitätsreduktion, Frustrationstoleranz und Ausdauer, Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung. • Flexibilität in Denken und Handeln gegenüber neuartigen Situationen sowie gegenüber dem Denken und Verhaltensweisen des Interaktionspartners. • Empathie-Wille und Fähigkeit, sich in die Denkweisen, Beweggründe, Motive und Gefühle anderer (anderskultureller) Personen und damit in ihre Standpunkte und ihr Verhalten eindenken und einfühlen zu können; Fähigkeit zum Perspektiven-Wechsel und kognitive Beweglichkeit. • Unvoreingenommenheit/Vorurteilsfreiheit – Fähigkeit zur differenzierten Wahrnehmung und Verarbeitung neuer, komplexer und ungewohnter, zur bisherigen Erfahrung widersprüchlicher Situationen und Verhaltensweisen. • Offenheit, Aufgeschlossenheit und Toleranz gegenüber fremden Kulturen bzw. ungewohnten Denk- und Verhaltensweisen. • Geringer Grad an Ethnozentrismus, d.h. die Überzeugung, dass die eigenen Werte und Verhaltensmuster immer normal, natürlich, gut und richtig sind, während die fremden schlecht(er), unnatürlich(er), irrational und inkorrekt sind (Glaube an die Überlegenheit der eigenen Kultur). • Akzeptanz anderer Kulturen bzw. anderskultureller Interaktionspartner und ihrer Denk- und Verhaltensweisen sowie Respekt gegenüber denselben. • Interkulturelle Lernbereitschaft – Interesse an der anderen Kultur bzw. ihren Mitgliedern und Bereitschaft, andere Denk- und Verhaltensweisen zu verstehen und nicht zu verurteilen, sondern persönlich davon zu lernen“.105 105 Stüdlein, Y. (1997). S.155. 106 Stüdlein, Y. (1997). S. 155. 107 Thomas, A. (2003). Interkultureller Kompetenz. Grundlagen, Probleme und Konzepte. 2. Auflage. Erwägen – Wissen – Ethik 14 (1) Stuttgart. Stüdlein bereichert die Diskussion um einen kritischen Kommentar, der die Bedeutung der Listen relativiert. Sie sagt, dass einige der Listen, über die eigentlich ein breiter Konsens herrscht und die häufig zitiert werden, logische Widersprüche beinhalten. Dies betrifft die fehlende Spezifizierung der Listen, da diese es nicht vermögen, sich unterscheidende Elemente zu „isolieren“. Zudem können einige Indikatoren mehreren Kompetenzen angehören, zum Beispiel sowohl der interkulturellen Kompetenz als auch der „Kompetenz erfolgreicher Führungskräfte“. Beide genannten Kompetenzen vereinigen nahezu identische Indikatoren, ohne dass deutlich wird, warum das eine interkulturelle Kompetenz und das andere Führungskräfte-Kompetenz genannt wird. Weitere Logikfehler liegen unmittelbar im geforderten Profil: Die aufgelisteten Charaktereigenschaften widersprechen sich inhaltlich teilweise deutlich. Stüdlein106, weist darauf hin, dass Charakteristika wie Empathie üblicherweise mit Passivität und Introversion einhergehen und damit in direktem Widerspruch zu den Merkmalen „Offenheit“ und „Selbstvertrauen“ stehen, welche von den Listen ebenso gefordert werden. Alexander Thomas weist auf das gleiche Phänomen hin, indem er überspitzt formuliert, dass die Autoren dieser Listen, von übermäßigem Idealismus beseelt, versuchen, regelrechte „Supermänner“ zu finden und dabei nicht den inhaltlichen Widerspruch erkennen, wenn sie sowohl eine Person mit „Flexibilität“ als auch mit „Durchsetzungskraft“ fordern.107 Viele der auf den Listen angeführten Eigenschaften sind in ihrer Konzeption äußerst abstrakt und erweisen sich ohne situativen Bezug als nicht handhabbar oder schwer vorstellbar. So merkt Stüdlein beispielsweise an, dass aus einer logischen Überlegung heraus „Flexibilität“ zwar in jedweder Situation und an jedwedem Arbeitsplatz wünschenswert ist, aber wie soll man mit vage definierten Begriffen wie „Ambiguitätstoleranz“ verfahren? Ist sie immer ein Vorteil, unabhängig von der Kultur, mit der man in Interaktion steht? Können die Ergebnisse aus Studien mit kanadischen und US-amerikanischen Entwicklungshelfern auf andere berufliche und kulturelle Kontexte übertragen werden? Schließlich fügt Stüdlein an, dass es bis heute keine wissenschaftlichen Beweise gibt, die belegen, dass zwischen bestimmten Charaktereigenschaften und effektivem bzw. angemessenem Handeln im Ausland irgendein kausaler Zusammenhang besteht. Genauso wenig gibt es die Sicherheit, dass die Fähigkeiten eines Menschen in einer konkreten Situation im Handeln (Verhalten) umgesetzt werden. 108 Ruben, B. D. / Kealey, D. J. (1979). Behavorial Assessment of Communication Competence and the Prediction of Cross-Cultural Adaption. In International Journal of Intercultural Relation, Vol. 3. 1979, pp. 15-47. 109 Deller, J. (1999). S. 121. 110 Stahl, G. (1995). S. 39. Ruben, B. D. / Kealey,D.J.,108 die als Entdecker eines undefinierten kausalen Zusammenhangs zwischen Charaktereigenschaften und Erfolg im Ausland gelten, räumen ein, dass der Besitz der auf den Listen erscheinenden Eigenschaften nicht zu der Überzeugung führen dürfe, dass deswegen ein Automatismus oder eine lineare Analogie bestehe, die unweigerlich zum Erfolg führte. Zwar sind Ruben, B. D. / Kealey, D. J. mit Sicherheit die am häufigsten zitierten Autoren, wenn es um die Nennung empirischer Entdeckungen geht, aber man darf dennoch nicht außer Acht lassen, dass ihre Studie von 1979 lediglich dreizehn Probanden zählte.109 Trotz dieser kleinen Untersuchungsgruppe gelten die Forschungsergebnisse der Autoren als ein wichtiger Referenzpunkt, da sie zum ersten Mal statistische Daten hervorbrachten, die beweisen, dass Komponenten der sozialen Kompetenz im Zusammenhang mit unterschiedlichen Facetten des Anpassungsprozesses und mit internationalem Erfolg zu sehen sind. Ruben, B. D. / Kealey, D. J. konstruierten 1989 das Profil eines erfolgreichen Expatriates. Diese Idee entsprang der Forschungsarbeit über kanadische Entwicklungshelfer. Ihre Schlussfolgerungen wurden in einer Liste mit sieben Prädiktoren (Charaktereigenschaften) zusammengefasst: Tab. 15: Forschungsergebnisse von Ruben; B. D. / Kealey, D. J. Erfolgsprädiktoren (1979) Profil erfolgreicher Expatriates (1989) Vermittlung von Respekt und Wertschätzung Einfühlungsvermögen unvoreingenommener, nicht-wertender Atributionsstil Wertschätzung für andere Menschen Non-Ethnozentrismus und Toleranz Offenheit Einfühlungsvermögen Selbstbeherrschung Rollenflexibilität Teamfähigkeit Einflußnahme auf den Verlauf von Interaktionen Gewandtheit im Umgang mit anderen Menschen Ambiguitätstoleranz situationsadäquates Verhalten Quelle: In Anlehnung an Ruben, B. D. / Kealey, D. J. (1979) und Kealey, D. J. (1989). Diese korrelieren eindeutig mit Selbst- und Fremdevaluationen in den Bereichen Anpassung, Kulturschock und Qualität der Kontakte zwischen Expatriates und Angehörigen der Gastkultur.110 111 Stahl, G. (1995). S. 39. 112 Black, J. S. (1991). Factors Related to the Adjustment of Japanese Expatriate Managers in America. In Research in Personnel an Human Resources Management, Vol. 2, pp. 109-125. 113 Vgl. Black, J. S. (1991). Zu den sieben Eigenschaften eines erfolgreichen Expatriates, wurden vier weitere Elemente herausgestellt, die sich „in einer Vielzahl von älteren Studien als Prädiktoren der Anpassung an einer fremde Kultur erwiesen haben“: Eigeninitiative, Flexibilität, Offenheit und Selbstvertrauen.111 Black112 postulierte auf Basis einer Untersuchung mit japanischen Expatriates und unter Anwendung faktorenanalytischer Methoden drei Kriterien und fünf Prädiktoren für interkulturellen Erfolg. Tab. 16: Forschungsergebnisse von Black (1990) Erfolgskriterien Erfolgsprädiktoren allgemeine Anpassung kulturelle Flexibilität soziale Orientierung soziale, gesellschaftliche Anpassung Gesprächsbereitschaft Anpassung an die Arbeitssituation Konfliktbewältigung Ethnozentrismus Quelle: In Anlehnung an Black (1990). Von den fünf von Black vorgeschlagenen Prädiktoren wiesen nur vier signifikante Wechselbeziehungen auf. Bei Ethnozentrismus gab es keine positive Korrelation mit irgendeinem der drei vorgeschlagenen Kriterien: allgemeine Anpassung, soziale, gesellschaftliche Anpassung und Anpassung an die Arbeitssituation.113 Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich des Forschungsstands der empirischen Studien ein Mangel an validen, aussagekräftigen Untersuchungen feststellen. Die meisten Untersuchungen beziehen sich auf den angelsächsischen Kulturraum. Zusätzlich muss erwähnt werden, dass viele der Studien operationale Defizite beinhalten, vor allem hinsichtlich der Definition der Begriffe. Dieser Umstand mindert die Qualität der Ergebnisse, schränkt den Erkenntnisgewinn ein und erschwert die Anwendung des Instrumentariums.114 114 Deller, J. (1999). S. 82. 115 Vgl. Baker, J. C. (1975). An analysis of how the U.S. multinational company considers the wife of the American expatriate manager. Academy of Management Proceedings, 35. S. 258-260. 116 Vgl. Gonzalez, R. F. / Negandhi, A. R. (1967). The United States overseas executive: His orientation and creer patterns. East Lansing: Michigan State University Press. 117 Storner, J. A. F. u. a. (1972). Factors associated with effective performance in overseas work assignments. Personnel Psychologie, 25. S. 303-318. 118 Cui, G. / Awa, N. (1992). Measuring Intercultural Effectiveness. An Integrative Approach. In International Journal of Intercultural Relations, Vol. 16, S. 311-328. 3.3.2 Familie: Unterstützung oder Belastung? Die Rolle der Familie während der Auslandsentsendung ist seit Mitte der 1970er Jahre zu einem beliebten Forschungsthema geworden. Damals bemerkte Baker115 bei einer Befragung von Personalchefs, dass beinahe in 50 % der Fälle die Expatriates auf Grund der Belastung der Ehepartnerin, die es nicht vermochte, sich den neuen Lebensumständen anzupassen, ihren Auslandsaufenthalt vorzeitig abbrechen mussten. Vor dieser Studie von Baker hatte eine Untersuchung von Gonzalez, R. F. / Negandhi, A. R.116 ergeben, dass laut Aussagen der Expatriates die Anpassungsfähigkeit der Familie als Hauptursache für den Erfolg ihres Auslandsaufenthalts angesehen wird. Die Bedeutung der Definition von Erfolg im Ausland wird bei einem Vergleich ähnlicher Studien deutlich. Dabei fällt auf, dass Expatriates mit bzw. ohne Familie untereinander vollkommen entgegengesetzte Ergebnisse aufweisen. Eine Untersuchung von Stoner u. a. 117ergab beispielsweise, dass Expatriates, die auf die Unterstützung ihres Ehepartners bei der Entscheidung zu Gunsten eines Auslandsaufenthalts zählen konnten, bessere Erfolge erzielten als jene Expatriates, die nicht von ihren Ehepartnern begleitet wurden oder deren Partner eine neutrale oder negative Haltung gegenüber der Entsendung hatten. Dieser Umstand stellt die simple Feststellung: „verheiratet = Probleme“ in Frage. Eine Studie von Cui, G. / Awa, N.118 mit dem Ziel, die Zufriedenheit von nordamerikanischen Expatriates in China hinsichtlich ihrer beruflichen und sozialen Position zu messen, ergab, dass unverheiratete Expatriates viel zufriedener mit ihrer beruflichen Situation waren als ihre verheirateten Kollegen. Verheiratete bewerteten hingegen ihr soziales Leben positiver als die Ledigen. In derselben Studie von Cui, G. / Awa, N. wird als entscheidende Variable der intensive Kontakt mit Angehörigen der Gastkultur angeführt. Die Expatriates, die im Marketing arbeiteten und somit mehr Umgang mit der Umwelt der Gastkultur pflegten, zeigten sich 119 Vgl. Cui, G. / Awa, N. (1992). 120 Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 44. 121 Stahl, G. (1995). S. 42. 122 Brüch, A. (2001). S. 91. sowohl auf beruflicher als auch auf sozialer Ebene unzufriedener als ihre Kollegen, die in technischen Berufen mit wenig sozialen Kontakten beschäftigt waren.119 Dieses Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass die Intensität des Kontaktes mit Angehörigen der Gastkultur eine mindestens genauso wichtige Variable ist, wie der Familienstand: verheiratet oder ledig, in Begleitung von Familie bzw. Partner oder ohne Begleitung. Offensichtlich ist die Gefahr, sich Stress auszusetzen, bis hin zum Scheitern der Mission, umso höher, je intensiver der Kontakt mit Angehörigen der Gastkultur ist. Des Weiteren fanden Cui, G. / Awa, N. heraus, dass die auslandserfahrenen bzw. ad-hoc- trainierten Expatriates sich selbst nicht als erfolgreicher betrachteten als jene Expatriates ohne Erfahrung bzw. Training. Müller, S./Gelbrich, K. kommentieren dieses Ergebnis kritisch, indem sie darauf verweisen, dass „Erfolg“ in diesem Falle einzig auf Grund der Zufriedenheit laut Eigenevaluation festgestellt wurde.120 Tab. 17: Einfluss von Kontextfaktoren auf die Zufriedenheit des Expatriates Erfolgskriterien Kontextfaktoren Zufriedenheit mit dem sozialen Leben Zufriedenheit mit dem Arbeitsleben Familienstand (alleinstehend / verheiratet) n.s. 4,17 vs. 3,72 (p= 0,026) Anwesenheit der Familie (ja / nein) 3,39 vs. 2,62 (p= 0,019) n.s. Auslandserfahrung (keine / etwas) n.s. n.s. Training (ja / nein) n.s. n.s. Beruf (Ingenieur u. ä. / Marketing u. ä.) 3,49 vs. 2,76 (p=0,02) 4,05 vs. 3,47 (p=0,02) Anmerkung: 5 = völlig zufrieden, 1 völlig unzufrieden Quelle: Müller, S./Gelbrich, K. (1999). S. 44. Stahl kommt zu dem Schluss, dass nicht der Familienstand des Expatriates von fundamentaler Bedeutung für den Erfolg eines Auslandsengagements ist, sondern das Ausmaß der sozialen Unterstützung, die der Entsandte während seines Auslandsaufenthalts erfährt.121 Diese Annahme wird von weiteren Forschungsarbeiten gestützt, die ergaben, dass die eigene Familie oder andere Bezugsgruppen, wie Expatriates gleicher oder anderer Nationalität oder Angehörige der Gastkultur, einen entscheidenden positiven Einfluss bei der Bewältigung der Stresssituation, die der Expatriate auf Grund von Unsicherheit oder Orientierungslosigkeit durchlebt, leisten können.122 Andererseits wird deutlich, dass die soziale Unterstützung der Familie oder der bevorzugte Umgang mit Angehörigen der eigenen Kultur oder mit anderen Entsandten zu 123 Brüch, A. (2001). S. 91. 124 David, K. H. (1972). Intercultural adjustament and applications of reinforcement theory to problems of cultural schock. Trends, 4. S. 1-64. 125 Vgl. David, K. H. (1972). Handlungsroutinen führen kann, welche die soziale Isolation verstärken. Einige Studien zeigen, dass sich dies negativ auf den Anpassungsgrad auswirkt, so wies beispielsweise Torbiörn nach, dass schwedische Expatriates, die mit Angehörigen der Gastkultur verheiratet waren, anfänglich ihres Auslandsaufenthalts zwar einen heftigeren Kulturschock durchlebten als ihre ledigen Kollegen, jedoch nach drei Jahren deutlich zufriedener waren als die unverheiratete Vergleichsgruppe. Brüch zieht die Schlussfolgerung, dass die Intensität der sozialen Beziehungen mit Angehörigen der Gastkultur als Indikator für Erfolgsaussichten beim Durchführen alltäglicher Arbeiten im Ausland gesehen werden kann.123 3.3.3 Situationsbezogene Determinanten In der Einleitung zu Kapitel 3 wurde festgestellt, dass Expatriates auf situationsbezogene Determinanten wenig oder keinen Einfluss ausüben können. David124 fertigte eine Liste an, in der diese Schwierigkeit zum Ausdruck komm • städtische versus ländliche Wohngegend • Arbeitsbedingungen • Lebensbedingungen • Bekanntschaften mit Angehörigen des Gastlandes • Kontakt mit anderen Entsandten • gesundheitliche Probleme • rechtlicher Status • Mangel an Freizeitmöglichkeiten • Schwierigkeiten der Landessprache • Kontakt mit dem anderen Geschlecht Bei Betrachtung dieser Liste von David kann man feststellen, dass alle aufgeführten Determinanten zumindest teilweise von den Betroffenen beeinflusst werden können.125 Die Analysen der Interaktion des Subjekts mit der Umwelt (den situationsbedingten Faktoren) können keine homogenen Antworten liefern. Dies wird besonders bei Betrachtung der unterschiedlichen sprachlichen Fähigkeiten deutlich, die verschiedene Personen, die ein 126 Stahl, G. (1995). S. 45-46. 127 Hofstede, G. (1999). Culturas y Organizaciones. El software mental. La cooperación internacional y su importancia para la supervivencia. Madrid. Alianza Editorial. und denselben Sprachkurs besucht haben, entwickeln. Keiner der Teilnehmer des Sprachkurses hat nur auf Grund dieser Qualifikation eine Erfolgsgarantie, ebenso wenig wie die Garantie, die im Kurs erlernten Handlungsmuster in der entscheidenden Situation richtig anzuwenden. Dies lässt sich durch die Analogie verdeutlichen, dass eine Person, die eine theoretische Führerscheinprüfung bestanden hat, ebenfalls nicht automatisch in jeder zukünftigen Situation alle Verkehrsregeln immer richtig interpretieren und anwenden wird. Mit anderen Worten: Der Wissenserwerb über eine andere Kultur ist keine Garantie, die vor dem Begehen von Fehlern in der Interaktion bewahrt. Die klassische Einteilung in individuelle und situationsbezogene Faktoren hat einen eher methodologischen Wert und ist im Bemühen begründet, abhängige von unabhängigen Variablen innerhalb eines Interaktionsprozesses zu unterscheiden. Stahl verweist darauf, dass diese scheinbar eindeutige Unterteilung in der Praxis nicht ganz standhält, weshalb viele Forscher einen interaktionalen Lösungsweg wählen, der den wechselseitigen Einfluss von individuellen und situationsbezogenen Faktoren wiedergibt. So wird jedes Vorkommnis zu einem einzigartigen und nicht wiederholbaren Phänomen.126 Aus einer interaktionalen Perspektive heraus betrachtet, beinhaltet die Anpassung an eine neue Kultur zwangsläufig Konflikte, jedoch auch Möglichkeiten mit Hilfe der Umweltbedingungen und mit Hilfe persönlicher Eigenschaften die Herausforderungen zu lösen. Eines der am häufigsten genannten Probleme innerhalb der situationsbedingten Perspektive ist die so genannte kulturelle Distanz, das heißt, der Grad der Unterschiedlichkeit zwischen der Gastkultur und der Eigenkultur. Eine Untersuchung von Hofstede, G. „Culturas y Organizaciones“127, bietet eine Möglichkeit zur Messung der gesellschaftlichen Unterschiede (kulturelle Distanz) zwischen zwei Kulturen hinsichtlich vier Variablen: Machtdistanz (zwischen Führungskräften und Untergebenen), Maskulinität vs. Femininität (geschlechtliche Gleichberechtigung bei der Arbeit), Unsicherheitsvermeidung und Kollektivismus vs. Individualismus. Eine von Torbiörn durchgeführte Studie mit schwedischen Expatriates in sechsundzwanzig verschiedenen Staaten ergab, dass die Ähnlichkeit der Länder gemessen bezüglich der Sprache, der Religion und der Industrialisierung (Bruttosozialprodukt) den Zufriedenheitsgrad mit dem Auslandsaufenthalt und die erzielten Erfolge maßgeblich beeinflusste. Das Stressgefühl der Entsandten war von unterschiedlichen Industrialisierungsstufen abhängig: 128 Brüch, A. (2001). S. 131. 129 Parker, B. / McEvoy, G. M. (1993). Initial examination of a model of intercultural adjustament. International Journal of Intercultural Relations, 17. S. 355-379. 130 Vgl. Kealy D. J. (1989). 131 Stahl, G. (1995). S. 44-45. Je niedriger der Industrialisierungsgrad der Ziellandes, umso geringer war auch die von den schwedischen Expatriates empfundene Stressbelastung.128 Parker, B. / McEvoy, G. M.,129 die sich in ihrer Untersuchung auf zentrale Werte zur Bestimmung der kulturellen Distanz stützten, gelangten zu dem Resultat: Je größer die kulturelle Distanz, umso größer sind die Schwierigkeiten für die Entsandten. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Kealey, der kulturelle Distanz mit Hilfe eines Rankings entwickelter Nationen, herausgegeben von der kanadischen Regierung, maß.130 Die situationsbezogenen Variablen helfen, Aussagen über die Schwierigkeiten, mit denen die Expatriates tendenziell im Gastland konfrontiert sind, zu treffen. Für sich allein genommen können sie allerdings keine Hilfestellung bei der Personalauswahl bieten, da sie nicht voraussagen, welcher Kandidat in der fremden Umwelt am „angemessensten“ reagieren wird. Es mangelt an Instrumenten, um die persönlichen Eigenschaften zu identifizieren, die einen Einfluss auf Ertrag und Effektivität haben. Genauso mangelt es an nationalen und beruflichen Parametern. Angesichts neuer Situationen wie Sprache, Lebensqualität, Gesundheitsversorgung, Freundschaftsverhältnisse mit Angehörigen der Gastkultur, etc. gibt es unzählige mögliche Antworten, die alle von der Anpassungsfähigkeit des Expatriates an die Bedingungen der Zielkultur abhängen.131 3.4 Kritik an den Prädiktoren für Interkulturelle Kompetenz Die Zweifel an der Gültigkeit der Prädiktoren für interkulturelle Kompetenz begründen sich in erster Linie in einer methodologischen Kritik. So wird zum Beispiel moniert, dass die meisten Deskriptoren, die Anpassungsprozesse und interkulturelle Kompetenz beschreiben, auf Grund von Selbstevaluationen ermittelt wurden. Die Kritik an der Selbstevaluation hat zwei Ursachen: Die erste besagt, dass es entscheidende statistische Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen aus Selbstevaluationen und denen aus Fremdevaluationen gibt. Der zweite Kritikpunkt ist philosophischer Natur, da Forschungen, die die Sichtweise des anderen nicht 132 Fornet-Betancur, R. (2005). Lo intercultural: El problema de su definición. S. 158. Download am 25.10.2005. 133 Deller, J. (1999). S. 82. berücksichtigen keine interkulturellen, sondern monokulturelle Forschungen sind, welche nur eine Perspektive wiedergeben.132 Wie bereits bei der Beurteilung des Einflusses der Familie, die sich mit dem Expatriate im Ausland befindet, festgestellt, ist es von immenser Wichtigkeit sowohl die theoretischen Annahmen als auch die zu Grunde liegenden Konzepte zu kennen. Genau hier liegt einer der größten Mängel der interkulturellen Theorie und Praxis, da es bis heute keine gemeinsame konzeptionelle Basis der beteiligten Forschungsdisziplinen gibt. Die verschiedenen Studien sind teilweise so heterogen, dass es oft unmöglich ist, Vergleiche irgendeiner Form zwischen ihnen zu ziehen. Eine weitere methodische Unzulänglichkeit, die bislang noch nicht gelöst werden konnte, liegt in der Unterscheidung zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen. Konstruktivistische Forschungsrichtungen versuchen dem Problem zu begegnen, indem sie das Phänomen als ständigen Interaktionsprozess beschreiben. Diese Annahme zwingt die Forscher dazu, sowohl die theoretischen Ansichten deutlicher darzustellen als auch die Konzepte operational zu gestalten. Ohne eine angemessene und transparente Definition und Operationalisierung der Prädiktoren Interkultureller Kompetenz verwandelt sich ihre schlichte Nennung in einen Vorgang, der den Erwerb und die Anwendung der Instrumente erschwert und die Vergleichbarkeit der Daten behindert, was schließlich einen Verlust an Glaubwürdigkeit nach sich zieht.133 Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Reduktion interkultureller Kompetenz auf Listen von Charaktereigenschaften. Auch wenn sich in diesem Zusammenhang die Übereinstimmung der Definitionen als äußerst hoch erweist, vermag es keine der Listen, unumstößlich zu beweisen, dass irgendein kausaler Zusammenhang zwischen den gelisteten Eigenschaften und der Effektivität, Erfolg bzw. Angemessenheit der Arbeit vorliegt.134 Deskriptoren für interkulturelle Kompetenz ausfindig zu machen, ist ein weiteres nicht zu vernachlässigendes Problem. Angesichts des Mangels an gültigen Deskriptoren, die zuverlässig spezifische Probleme bestimmter Regionen, Länder oder Arbeitsstellen 134 Stüdlein, Y. (1997). S. 155. 135 Brandenburger, M. (1995). S. 124. 136 Ebd. S. 159. 137 Ebd. S.164-165. umreißen, beschränken sich viele Unternehmen und Organisationen darauf, hauptsächlich oder ausschließlich technische Profile bei der Personalauswahl zu berücksichtigen. Dadurch ignorieren sie die Bedeutung anderer Kriterien bzw. Indikatoren, die für die Bewertung des Erfolgs im Ausland ebenso wichtig wären. Sie gehen sogar im Gegenteil davon aus, „daß von dem Erfolg vor Ort ausgehend Kriterien abgeleitet werden, die dann wiederum als Prädiktoren für den Erfolg nutzbar sein sollen”135. Die Ungenauigkeit bei der Definition von „Erfolg“ kommt in dem Standpunkt zum Ausdruck, „[...] daß die Vermeidung von Mißerfolg zum Erfolg führt”, ohne dabei zu berücksichtigen, „(...) daß Mißerfolgsvermeidung und Erfolg unterschiedliche Ziele sind.”136 Weitere Schwierigkeiten bei der Messung des interkulturellen Erfolgs liegen in der schwachen Transparenz theoretischer Annahmen. Eine auf wirtschaftlichen Kenngrößen (z.B. Umsatz, Anzahl von Vertragsabschlüssen) fundierte Definition nutzt vollkommen andere Indikatoren als ein Erfolgsbegriff, der sich auf die Entwicklung der Karriere innerhalb einer Organisation konzentriert (z.B. Führungsfähigkeit, Erwerb von internationaler Erfahrung). Brandenburger fand im Rahmen einer Literaturanalyse heraus, dass es nur in 27% der Fälle eine eindeutige Definition von „Erfolg“ gab. Ähnlich verhält es sich mit der Definition von „Kultur“, die nur in 13% der untersuchten Literatur eindeutig definiert wurde.137 Ein weiterer noch nicht erwähnter Kritikpunkt bezieht sich auf die Generalisierbarkeit der Ergebnisse. So bleibt die Frage ungeklärt, ob die von Ruben; G. / Kealey, N. bei der Forschung mit dreizehn kanadischen Entwicklungshelfern erarbeiteten Kriterien von universeller Bedeutung sind. Die Dominanz angelsächsischer Literatur bei empirischen Forschungen sollte als Herausforderung für eine genaue Prüfung der verschiedenen Indikatoren angesehen werden. So könnte man untersuchen, ob diese sich von Land zu Land unterscheiden oder ob es überhaupt plausibel ist, Daten für kulturelle oder sprachliche Räume zusammenzufassen. Ein weiteres Merkmal der interkulturellen Problematik liegt in der ständigen Forderung nach aktueller Forschung und Herstellung von Transparenz. Bis zur Erreichung dieses Ziels leidet das Konzept von Interkultureller Kompetenz an mangelnder Operationalisierung und Messbarkeit. In die Kritik sollten auch, für lange Zeit als allgemein gültig angesehene Konzepte, wie die Kulturschocktheorie oder das Listenmodell einbezogen werden. Dabei fehlt bis heute sowohl der wissenschaftliche Beweis für die Existenz eines Kulturschocks als auch ein Beweis, dass bestimmte individuelle Eigenschaften sich zwangsläufig in zukünftigem Verhalten zeigen oder dass zwischen ihnen ein kausaler Zusammenhang mit einer erfolgreichen und angemessenen Tätigkeit besteht. In der untersuchten Literatur wird zumeist die Ansicht vertreten, dass der Erwerb oder Besitz Interkultureller Kompetenz in Form von „Erfolg“ zum Ausdruck kommt. Dieser kann sich in Produktivität (Thomas, 2000), Effektivität (Brandenburger, 1995) oder Transferfähigkeit (Bolten, 2007) zeigen. Trotz dieser relativen Übereinstimmung der Ziele kann kein Konsens darüber getroffen werden, welche Variablen oder Übungsformen am besten für die Diagnose interkultureller Kompetenz geeignet sind. Dieses Defizit lässt sich teilweise dadurch erklären, dass die Mehrzahl der interkulturellen Studien als Untersuchungsobjekte Personengruppe betrachten, die nicht berufstätig sein können: Studenten, Flüchtlinge, Hilfsdienstleistende. Andere Studien wiederum setzen sich gar nicht erst das Ziel, das Phänomen zu messen, sondern wollen lediglich Trainings entwickeln, die die Schwierigkeiten beim Wechsel in eine andere Kultur verringern. Der Mangel an angemessenen Personalauswahlinstrumenten für den interkulturellen Kontext hat viele Unternehmen und Institutionen dazu gebracht, bei der Personalauswahl für Stellen im Ausland auf Instrumente zurückzugreifen, die sich im intrakulturellen Kontext bewährt haben. Es kann jedoch ein direkter Zusammenhang zwischen verspäteter Erfüllung von Absprachen oder gar Vertragsbrüchen und mangelhafter Personalauswahl hergestellt werden. Als Ausweg aus dieser Situation bieten Müller, S./ Gelbrich, K. ein Modell an, welches den Zufriedenheitsgrad hinsichtlich der Effektivität und Angemessenheit misst. Der Vorschlag von Müller, S./ Gelbrich, K., der auf einer strukturalistischen Vision fußt, macht weder eine Aussagen darüber, wie die besagten Variablen miteinander interagieren, noch erklärt er, welche Bedeutung den Variablen in diesem Modell zukommt. 138 Bolten, J. (2007). S. 21-42. Abb. 10: Modell zur Überprüfung des Einflusses der Interkulturellen Kompetenz auf den Auslandserfolg des Entsandten Trotz dieses methodischen Mangels wurde dieser Beitrag von Bolten begrüßt, der darin eine Möglichkeit zur Kompabilität mit seinem eigenen Modell sieht, zumal die drei strukturellen Kriterien ohne Schwierigkeiten in die vier Teilkompetenzen aus Boltens Modell unterteilt werden können. Boltens Modell beschreibt interkulturelle Kompetenz nicht als Summe aus Komponenten, sondern als Ergebnis eines synergetischen Interaktionsprozesses zwischen der individuellen, der sozialen, der strategischen und der spezifischen Teilkompetenz.138 Der Mangel an Untersuchungen zu den Kriterien, die einen Erfolg im interkulturellen Kontext zuverlässig voraussagen und die Tatsache, dass die Listen und Eigenschaften, mit denen üblicherweise interkulturelle Kompetenz definiert wird, unspezifisch sind, führt dazu, dass die Kompetenz für einen Posten im Ausland häufig anhand von Arbeitsproben beurteilt wird. 3.5 Zusammenfassung Beim Rückblick auf dieses Kapitel wird die Schwierigkeit deutlich, die in der Erarbeitung einer Synthese oder eines Überblicks über die Entwicklung des Konzepts der Interkulturellen Kompetenz liegt. Dieses Ziel wird nicht nur durch die große Anzahl an untersuchten Vorschlägen behindert, sondern auch dadurch, dass sich viele der zitierten Studien eigenständig ohne irgendeinen Anknüpfungspunkt untereinander entwickelten. Ein weiterer Grund, der die Konstruktion einer Synthese erschwert, liegt in den unterschiedlichen methodischen Ansätzen der Untersuchungen. Dadurch wird die Vergleichbarkeit der jeweiligen Erkenntnisse nahezu unmöglich. Somit liegt der erste Konsens bei der Beschreibung des Phänomens der Interkulturalität darin, dass es keinen Konsens gibt, weder technischer noch instrumenteller oder disziplinarischer Natur. Mit anderen Worten gibt es in der interkulturellen Forschung keine Disziplin, die die Exklusivität für sich beanspruchen darf. Innerhalb der recherchierten Literatur gibt es keinen Konsens über eine Operationalisierung des Begriffs „Interkulturelle Kompetenz“. Mit Ausnahme der Arbeit von G. Stahl gab es auch keinerlei Erfahrungen mit Problemen des deutschen Entsendens ins Ausland, also auch nicht im Bezug auf die deutsch-lateinamerikanischen Beziehungen. Als Resümee der Recherche wird zusammengefasst, dass keine erprobten und kalibrierten Prädiktoren für Auslanderfolg bzw. interkulturelle Kompetenz vorliegen. Nur das Transferfähigkeit-Modell von J. Bolten erlaubt ohne große Schwierigkeiten die Integration verschiedener Variablen in Form von Teilkompetenzen (fachliche, strategische, individuelle und soziale) zu berücksichtigen. Für das theoretische Modell von Bolten werden im folgenden Kapitel konkrete Übungen gesucht, die die Messung oder Prognose interkultureller Kompetenz erlauben. Bolten selbst schlägt - wie später gezeigt werden wird - die Nutzung von Assessment Centern vor (siehe Kap. 5). Die Assessment-Center-Methode (AC) ist eine Technik, die bei Auswahlverfahren benutzt wird. Im folgenden Kapitel wird die Methode des Assessment-Centers beschrieben. 4 Die Assessment-Center-Methode Ziel dieses Kapitels ist darzustellen, wie mit Hilfe der Assessment-Center-Methode interkulturelle Kompetenz (fachlich, strategisch, sozial und individuell) operationalisiert werden kann. Die Assessment-Center-Methode ist eine Vorgehensweise der Personalevaluation, bei der unterschiedliche Techniken miteinander kombiniert werden: Tests, Interviews, Simulationen und Fragebögen. Sie wird mit zwei unterschiedlichen Zielsetzungen angewandt. Es gibt zum einen die Entwicklungs-Assessment-Center, deren Ziel es ist, Fähigkeiten und Potentiale zu diagnostizieren, die den Erwerb von neuen Fähigkeiten innerhalb einer gegebenen Hierarchie ermöglichen. Auf der anderen Seite gibt es Auswahl-Assessment-Center, die prognostizieren, welche Kandidaten die besten oder meisten Kompetenzen vereinigen, um eine bestimmte Arbeitsstelle mit dem größten Erfolg zu besetzen.1 Das Assessment Center (AC) unterscheidet sich von anderen Personalauswahl- bzw. - entwicklungsmethoden hinsichtlich des Einsatzes von Simulationen (kontrollierte Reproduktion von an der Realität orientierter Situationen). Diese Simulationen gelten auf Grund ihrer Häufigkeit oder Wichtigkeit als repräsentativ für die Realität (den Kontext) des Unternehmens oder der Organisation. Sie dienen als strategischer Schlüssel, um angemessenes bzw. kompetentes Verhalten für eine Arbeitsstelle zu diagnostizieren, oder um eine bestimmte berufliche Entwicklung gemäß aktueller und zukünftiger Faktoren vorauszusagen.2 Die AC-Methode fungiert – unabhängig davon, ob sie als Diagnose- oder Prognose-Mittel eingesetzt wird – als eine standardisierte Bewertung von Verhaltensweisen. Dabei wird so vorgegangen, dass eine Gruppe von Beobachtern3 mit Hilfe von Protokollen (Notizen, Leitfäden) zunächst ein Register der Verhaltensweisen erstellt. Im Anschluss werden die beobachteten Verhaltensweisen gemeinsam diskutiert, mit dem Ziel, einen Konsens über das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Eigenschaften zu finden, die durch eine vorhergehende Studie als „Symptome“ für angemessenes Handeln bestimmt wurden. 1 Sarges, W. (2001). Die Assessment Center-Methode – Herkunft, Kritik und Weiterentwicklungen. In Sarges, W. (Hrsg.) (2001). Weiterentwicklungen der Assessment Center- Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe: Verlag für Psychologie. S. VII. 2 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e. V. (Hrsg.) (1992). Standards der Assessment Center Technik. Download am 17.6.2005. 3 Personen, die ausgebildet sind, um Verhalten im Rahmen von AC zu erkennen und zu bewerten. 4 Schröder, E. (1999). Validität von Assessment Centern. Empirische Studie zur prognostischen Validität und Konstruktvalidität von Assessment Centern im Rahmen des AC- Evaluationsprojekts der Württembergischen Versicherung AG. Diplomarbeit. Universität Trier. S. 6. 5 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e. V. (Hrsg.) (1992). Die Auswertung der beobachteten Verhaltensweisen wird anschließend dem Auftraggeber und dem untersuchten Kandidaten übermittelt. Üblicherweise geschieht dies in Form einer Stärken-Schwächen-Analyse, im Falle des Kandidaten unter Umständen auch nur in mündlicher Form. Organisationen mit wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Zielen, wie der Arbeitskreis Assessment Center e.V. oder die Task Force on Assessment Center, widmen sich seit längerem der Ausarbeitung und Verbreitung von Qualitätsstandards für die Entwicklung und Anwendung von AC.4 Die meisten Qualitätsstandards stimmen darin überein, dass sie als erstes Charakteristikum für Qualität die formale Definition der Ziele sehen. Das heißt, dass zunächst festgelegt werden muss, ob das AC zur Mitarbeiterentwicklung oder Personalauswahl dienen soll. Diese grundlegende Entscheidung führt zur spezifischen Konzeption von Aktivitäten, die eine Beobachtung von mutmaßlichen Schlüsselqualifikationen für die festgelegten Ziele ermöglichen. Bei der Analyse eines Arbeitsplatzes werden sowohl objektive Elemente (Ertragsrechnungen, Wissenstests) als auch subjektive Elemente zu Rate gezogen, zum Beispiel die Meinung von Mitarbeitern und direkten Vorgesetzten über bestimmte Verhaltensweisen, über Kenntnisse oder für die Erfüllung der Arbeit benötigte Schlüsselqualifikationen. Mittels beider Quellen kann geprüft werden, ob einer der untersuchten Kandidaten das gewünschte Profil vorweist. Der Verzicht auf eine spezifische Analyse sowie die Vermischung von Dimensionen und Aufgaben aus anderen Kontexten oder AC wird als Verstoß gegen die Qualitätsnormen betrachtet.5 Während der Durchführung des AC schreibt die Qualitätsnorm Transparenz vor. Das bedeutet, dassowohl die Beobachter als auch die Teilnehmer angemessen vorbeireitet sein müssen. AusSicht der Teilnehmer beinhaltet diese Forderung, dass sie zumindest über Dauer, Inallgemeines Ziel der durchzuführenden Tätigkeit aufgeklärt werden und dass sie am Ende des AC eine Auswertung ihres Verhaltens bekommen. Von den Beobachtern hingegen wird erwartet, dass sie mit den Instrumenten und Aufgaben vertraut sind, um die vorhergesehenen Aufgaben erfüllen zu können. Ebenso müssen sie über analytische Kenntnisse zur Auswertung des AC verfügen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Beobachter über das Prinzip der kontrollierten Subjektivität aufgeklärt sind. „Da jeder Mensch zwangsläufig subjektiv beobachtet und beurteilt, werden im Assessment Center 6 Ebd. 7 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e. V. (Hrsg.) (1992). mehrere Beobachter eingesetzt, die sich gegenseitig dabei unterstützen und kontrollieren, daß sie ihre gemeinsame Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen bewältigen.“6 Der Arbeitskreis Assessment Center e.V. fordert, dass die Konstruktion der Dimensionen und Aufgaben des AC das Resultat einer spezifischen Arbeit ist, die einer systematischen Qualitätskontrolle unterworfen wird. Jedes neue AC beruht auf einer theoretischen Mutmaßung, deren Gültigkeit in der Praxis mittels statistischer Korrelation zwischen Diagnose und zukünftiger Entwicklung geprüft werden muss. Eine Sicherung des Assessment Centers verlangt, „dass das Verfahren ständig verbessert wird, dass Fehler behoben und Wandlungen in der Eignungslandschaft (z. B. Technologie, Märkte, Organisationsänderungen) angemessen berücksichtigt werden.“7 Im Folgenden werden drei Elemente der AC-Methode genauer untersucht: die Konstruktion des Anforderungsprofils, die Prinzipien der Simulation und der Beobachtungsprozess. 4.1 Anforderungsprofil Die Konstruktion des Anforderungsprofils, zu verstehen als Identifikation der für die Durchführung der Arbeit benötigten Schlüsselkompetenzen, ist ein „subjektiver“ Prozess. Sie wird für einen spezifischen Kontext entwickelt und bildet die Schnittfläche aus Anforderungen (Tests, Ertragstabellen), subjektiven Einschätzungen (Meinungen) und individuellen Charaktereigenschaften. Die Konstruktion des Anforderungsprofils setzt bei der Beantwortung zweier Leitfragen an: Welche Art AC kommt zum Einsatz und an welche Zielgruppe richtet es sich? Nach Beantwortung dieser Fragen geht man dazu über, eine spezifische Analyse des Umfelds für den Arbeitsplatz anzufertigen. Dadurch sollen gegenwärtige und zukünftige Aufgaben, Fähigkeiten und Kenntnisse identifiziert werden, die auf Grund ihrer Wichtigkeit oder Häufigkeit als relevant für die Erfüllung des Arbeitsplatzes angesehen werden. Indem man die Aufgaben, Kenntnisse und Fähigkeiten eingrenzt und hierarchisch ordnet, wird die Handhabung von Analyse-Variablen ermöglicht. Jede Variable bzw. operationalisierte Kompetenz ist eine Abstraktion, ein theoretisches Konstrukt, welches mehrere Charaktereigenschaften zusammenfasst, von denen man annimmt, dass sie 8 Vgl. Vargas, J. (2006). Las reglas cambiantes de la competividad global en el nuevo milenio. Las competencias en el nuevo paradigma de la globalización. Download am 25.10.2006. 9 Vgl. Vargas, J. (2006). 10 Vgl. Barbich, S. u. a. (2005). Diseño de un assessment center para la selección de técnicos de servicio. Download am 17.10.2005. 11 Vgl. Nickut, J. (2001). Internationales Assessment Center für Führungsnachwuchskräfte – Erfahrungen innerhalb der Bosch – Gruppe. In Sarges W. (Hrsg.) Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe: Verlag für Psychologie. S. 237. Einfluss auf die effiziente Verrichtung der Arbeit haben.8 Um die Variablen prüfen und einen Konsens über das Evaluationsobjekt treffen zu können, ist es notwendig, dass jeder Variable eine ausreichende Anzahl an Deskriptoren (konkrete Verhaltensweisen) zu Grunde liegt.9 Die Identifikation der Variable führt ihrerseits zur Konstruktion der Aufgabenstellungen, die eine genau abgegrenzte Diagnose hinsichtlich der Fähigkeiten des Kandidaten ermöglicht. 4.2 Simulation Ziel der Simulation ist es, eine systematische Beobachtung der gezeigten Verhaltensweisen der Untersuchungsteilnehmer zu ermöglichen. Das Verhalten der Kandidaten wird durch Impulse hervorgerufen, welche ein für die Erfüllung des Arbeitsplatzes effizientes Verhalten auslösen sollen. Die Aktivitäten, die Teil der Simulation sind, repräsentieren idealerweise die Anforderungen und Charakteristika des zu besetzenden Arbeitsplatzes. Dadurch kann im Vorhinein das Auftreten des Kandidaten im beruflichen Einsatz antizipiert werden.10 Die AC- Theorie geht davon aus, dass die Auswertung punktueller Beobachtungen während der Simulation spätere Verhaltensweisen bzw. zu erwartende Erträge voraussagen kann. Die Simulationen geben zum einen dem Kandidaten einen Überblick über die Herausforderungen des angestrebten Arbeitsplatzes, wodurch die Transparenz und folglich die Akzeptanz der Methode gefördert wird. Zum anderen verschafft sie den Simulationsbeobachtern einen Eindruck über mögliche, zukünftig vom Kandidaten zu erwartende Verhaltensweisen. Dies erlaubt ein proaktives Eingreifen seitens des Unternehmens zu Gunsten positiver bzw. zu Ungunsten schädigender Einflüsse auf das Verhalten des Kandidaten. Aus taktischen Gründen schlagen einige Autoren die Konstruktion eines neutralen Ambientes vor, um „Heimvorteile“11 durch bekannte Routinen zu unterbinden. Dieses Vorgehen ist sinnvoll, wenn um dieselbe Stelle sowohl interne Kandidaten, die innerhalb des 12 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e. V. (Hrsg.) (1992). Unternehmens aufsteigen wollen, als auch externe, die eine Neuanstellung suchen, konkurrieren. Diese Taktik beinhaltet dennoch, dass auch in der neutralen, neuerschaffenen Umgebung eine Anzahl und Tiefe von Dimensionen auftauchen muss, die für das tatsächliche Arbeitsumfeld charakteristisch sind. Befolgt man diese Anforderung nicht, besteht die Gefahr, dass die Simulation nicht die Komplexität der zukünftigen Arbeitsaufgaben widerspiegelt und die Beobachter nur ein verzerrtes Bild wahrnehmen. Da eines der grundlegenden Kennzeichen der Simulation die Wiedergabe einer realen Situation ist, kann vermutet werden, dass dieses die Exklusivität einer jeden Simulation gewährleistet. Dessen ungeachtet findet man in der Praxis des deutschsprachigen Kontextes einige „universelle“ Dimensionen und Aufgabentypen, die unabhängig vom Evaluationsmotiv offensichtlich häufiger angewendet werden. Die Bevorzugung einiger Dimensionen (siehe Tabelle 18) wie Kommunikationsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Kooperationsvermögen und die Tendenz zu bestimmten Aufgaben wie Interview oder Präsentation (siehe Tabelle 19), liegen teilweise darin begründet, dass viele Unternehmen, die auf AC zurückgreifen, bereits existierende Übungen ihren Anforderungen anpassen, als neue Aufgaben zu kreieren (siehe Tabelle 20). Dieser Umstand hilft bei der Erklärung, warum es große Übereinstimmungen bei den Anforderungsprofilen gibt, ein Sachverhalt, der vom Arbeitskreis Assessment Center e.V. zu Recht als qualitativer Mangel kritisiert wird.12 Tab. 18: Inhalte der Anforderungsdimensionen Praxis in Deutschland, Österreich und der Schweiz (N = 141) am häufigsten beobachtete Anforderungsdimensionen: • Kommunikationsfähigkeit 89% • Durchsetzungskraft 86% • Kooperationsvermögen 85% am seltensten beobachtete Anforderungsdimensionen: • Charisma 11% • Ambiguitätstoleranz 7% • Interkulturelle Kompetenz 1% Quelle: Sarges, W. (2001 b). 13 Teilnehmergruppen im AC: interne Führungsnachwuchskräfte (63%), interne Führungskräfte (35%), Trainees / Hochschulabsolventen (29%), externe Führungskräfte (13%), Azubis (9%), Sonstige (12%). Vgl. Sarges, W. Institut für Management- Diagnostik. [online] Download am 04.06.2001. Tab. 19: AC – Übungen in den USA und in deutschsprachigen Ländern Praxis in Deutschland, Österreich und der Schweiz N = 141 Praxis in den USA N = 215 Signifikanz der Unterschiede 95 % 50 % 82 % 10 % 88 % 64 % 9 % 100 % 82 % 57 % 54 % 46 % 38 % 31 % ** *** *** *** *** *** *** Quelle: Sarges, W. (2001 b). Tab. 20: Zuschnitt der Verfahren in deutschsprachigen Ländern Grad des unternehmensspezifischen Verfahrenszuschnitts Standard - AC 4 % unternehmensspezifische Anpassung eines Standard- AC 57 % vollständig eigene Entwicklung 38 % Quelle: Sarges, W. (2001 b). Eine weitere Erklärung für diese Übereinstimmungen könnte in der relativen Homogenität der Zielgruppen liegen, auf die die AC-Methode angewendet wird: Führungskräfte in mittleren und großen Unternehmen. Eine bei Werner Sarges zitierte Studie des Arbeitskreises Assessment Center e.V. und der TU Berlin, der 281 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Grunde lagen, besagt, dass 89% der AC in Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern realisiert wurden. Abzüglich der Auszubildenden und Sonstigen waren 78% der Teilnehmer unter den Kategorien „interne und externe Nachwuchs- und Führungskräfte“ oder „Hochschulabsolventen“ einzuordnen.13 Des Weiteren ist im deutschsprachigen Raum eine Tendenz zum Verzicht auf detaillierte Arbeitsplatzbeschreibungen (siehe Tabelle 21) zu erkennen. Es wird die normative oder intuitive Meinung der Chefs auf Basis von Interviews oder Übungen, die kommunikative (Präsentationen) oder kognitive (Fallstudien) Fähigkeiten prüfen, stärker bevorzugt als das „Verhalten“ unter der Zuweisung von „Rollen“ oder „Entscheidungsaufgaben“ (Postkorb). Gruppendiskussion Postkorb-Übung Interview Rollenspiel Präsentation act finding exercise/ F allstudie F Leistungstests 14 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg.) (1992). Tab. 21: Durchführung von Tätigkeitsanalysen im AC in den USA und in deutschsprachigen Ländern Praxis in Deutschland, Österreich und der Schweiz N = 141 Praxis in den USA N = 215 Signifikanz der Unterschiede Durchführung von Tätigkeitsanalysen: 88 % 93 % n.s. Herangezogene Analysemethoden Arbeitsplatzbeschreibung 52% 82% *** Interview mit Stelleninhaber 32% 79% *** Interview mit Vorgesetzten 69% 80% * Fragebogen an Stelleninhaber 0% 61% *** Fragebogen an Vorgesetzten 0% 62% *** critical incident - Technik 2% 45% *** Beobachtung der Stelleninhaber 1% 43% *** Quelle: Sarges, W. (2001 b). 4.3 Beobachtung Die aus der Beobachtung erhaltenen Daten sind eine weitere Quelle, die beim AC zur Evaluation berücksichtigt wird.14 Dieser Vorgang ist äußerst komplex und verfolgt das Ziel, in einer kurzen Zeitspanne realitätsnahe Kontexte zu erschaffen: Situationen, die auf Grund ihrer Wichtigkeit oder Häufigkeit als relevant für die erfolgreiche Verrichtung einer Arbeit angesehen werden. Während der Simulation nehmen die Beobachter mit Hilfe von Beobachtungsleitfäden gewisse Verhaltensweisen (mündliche Äußerungen oder bestimmtes Reaktionen) wahr, welche a priori als zuträglich für bestimmte Erfolge identifiziert werden. Voraussetzung ist, dass die meisten oder alle möglichen Verhaltensweisen während einer Aktivität im Vorhinein klassifiziert und mit den Messvariablen logisch verknüpft wurden. Eine angemessene Beobachtung muss die Möglichkeit bieten, jede einzelne als Schlüsselqualifikation für den Arbeitsplatz definierte Dimension mehr als einmal und auf mehr als eine Art und Weise zu prüfen. Für eine sinnvolle Beobachtung ist es notwendig, dass diese zeitlich von der Evaluationsaufgabe getrennt wird, das heißt, dass die Beobachter zunächst nur die Verhaltensweisen anhand ihrer Leitfäden registrieren, ohne daraus wertende Schlussfolgerungen zu ziehen. 15 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg.) (1992). 16 Vgl. Barbich, S. u. a. (2005). 17 Vgl. Sarges (2001) und Kinast (2002). 18 Sarges stellt fest, dass im deutschsprachigen Kontext die AC durchschnittlich 2,19 Tage dauern, während mit 51% Einzel-Assessments am häufigsten zur Anwendung kommen. 19 Vgl. Stahl. G. (1995). Die Auswahl von Mitarbeiten für den Auslandseinsatz: Wissenschaftliche Grundlagen. In Kühlmann. T. (Hrsg.) (1995). Mitarbeiterentsendung ins Ausland, Vorbereitung, Betreuung und Wiedereingliederung. Göttingen. Hogrefe: Verlag für Psychologie, sowie Bolten, J. (2001). Interkulturelles Assessment Center. In Sarges W. (Hrsg.). Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe: Verlag für Psychologie. 20 Vgl. Stahl, G. (1998). Diagnose interkultureller Kompetenz: Entwicklung und Evaluierung eines Assessment Centers. In Barmeyer, C. / Bolten, J. (Hrsg.) (1998). Interkulturelle Personalorganisation. Sternenfels. Verlag Wissenschaft & Praxis. 21 Vgl. Sarges, W. (2001). S. X. Die Evaluation erfolgt in Form einer Gruppenarbeit, wobei alle Beobachter ihre Beobachtungsprotokolle zur Diskussion stellen. Das Ergebnis der Evaluation sollte in Übereinstimmung getroffen werden. Es wird üblicherweise in Form einer Stärken- Schwächen-Analyse des Kandidaten zu Papier gebracht. Die Bewertung sollte eine klare Aussage bezüglich der Anstellung bzw. Beförderung des Kandidaten beinhalten, zum Beispiel, ob der untersuchte Kandidat die Fähigkeit besitzt, Führungsaufgaben zu übernehmen oder ob er hierfür einer Weiterbildung bedarf. Werden nicht ausgebildete oder mit dem Kontext der Arbeitsstelle nicht vertraute Beobachter mit der Auswertung des AC betraut, ist dies ein Verstoß gegen die Qualitätsnorm. Andere Qualitätsmängel können in der fehlenden Trennung von Beobachtungs- und Evaluationsaufgaben liegen oder im Verzicht auf Diskussions- und Konsensfindungsrunden zu Gunsten von Abstimmungen oder Notenvergabe während der Beobachtung.15 Es gibt keine einheitliche Meinung darüber, wie viele Beobachter für die einzelnen Aufgaben des AC am effektivsten sind. Üblicherweise werden in der Literatur mindestens zwei Beobachter pro Kandidat empfohlen, wobei bei zunehmender Komplexität der Aufgabe die Anzahl der Beobachter steigen sollte.16 Sarges und Kinast17 halten fest, dass die Simulationsaufgaben im Idealfall eine Zeitdauer von zwei bis drei Tagen einnehmen. Dadurch wird gewährleistet, dass die beobachteten Verhaltensweisen weder zufällig noch Produkt einer zuvor einstudierten Maxime sind, sondern eine Wiedergabe des üblichen Verhaltens. Eine Ausnahme bildet hier das Einzel- Assessment, welches üblicherweise nur einen Tag dauert und keine Gruppensimulation beinhaltet.18 Unter dem Gesichtspunkt der Effizienz (Zeit- und Kostenersparnis) empfehlen Stahl und Bolten für interkulturelle AC eine Dauer von eineinhalb Tagen.19 Um seinen Vorschlag argumentativ zu begründen, präsentiert Stahl die Ergebnisse eines eintägigen interkulturellen AC, dessen Prognosegrad von r=.3320 sich nicht wesentlich von dem der zwei- oder dreitägigen AC von r=.3721 unterscheidet. 22 Vgl. Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg.) (1992). Als Verstoß gegen Qualitätsmerkmale wird die Prognose von Verhaltensweisen betrachtet, die sich auf rein kognitive Aufgaben stützen, insbesondere jene, „in denen der Simulationscharakter lediglich gedacht erfolgen kann (z. B. Interview zum Thema ‚Versetzen Sie sich in die Lage ...., was würden Sie tun?’)“.22 4.4 Validierung des Assessment Centers Die Validierung des AC basiert auf Reliabilitäts- und Validitätskriterien. Mittels der Reliabilität misst man die Beständigkeit des Instruments unter der Fragestellung: In welchem Maße bringt es uns vertrauenswürdige Ergebnisse? Dabei kommt unter anderem der Re-Test zum Einsatz. Dieser beinhaltet die Wiederholung des Tests oder gewichtiger Teilaufgaben. Wenn die Ergebnisse der zweiten Messung dazu tendieren, die Ergebnisse der ersten zu wiederholen, ohne dass dabei auffällige statistische Unterschiede verzeichnet werden, wird dem Test Beständigkeit hinsichtlich seiner Messung attribuiert. Dabei erweist sich der „Lerneffekt“ als problematisch für die Messung. Dieser findet im Intervall zwischen dem ersten und zweiten Durchgang statt und kann unter Umständen das Ergebnis der Messungen verzerren. Ein weiteres Kriterium der Validierung ist die Interreliabilität, in der der Übereinstimmungsgrad zwischen den Urteilen verschiedener Beobachter gemessen wird. Wenn diese untereinander übereinstimmen, geht man davon aus, dass anhand der Aufgabenstellung die Verhaltensweisen der Kandidaten eindeutig zuzuordnen sind. Die Validitätskriterien lassen sich in zwei Untergruppen einteilen: Kriteriumsvalidität und Konstruktvalidität. Im Rahmen der Kriteriumsvalidität wird die Genauigkeit der Diagnosen des AC gemessen. Hierfür wird mittels statistischer Korrelation verglichen, ob die Diagnose tendenziell mit externen Evaluationen wie dem Urteil des direkten Vorgesetzten, Klienten oder Kollegen übereinstimmt. Liegen Einschätzungen aller drei Personengruppen vor, spricht man von einer 360°-Evaluation bzw. von Kriterien konkurrenter Validität. Wenn das Validitätskriterium darauf abzielt, Voraussagen für eine zukünftige Entwicklung zu machen, zum Beispiel für eine Beförderung, eine Gehaltserhöhung oder die Übernahme von Führungsaufgaben, so spricht man von Prognose- bzw. prädiktiver Validität. Ein weiterer Aspekt der Validität ist die Konstruktvalidität. Ihr Ziel ist zu prüfen, ob die Aufgaben des AC tatsächlich auf jene Bereiche abzielen, die sie vorgeben zu messen. Diese Prüfung verlangt neue Kriterien: Konvergente Validität und diskriminante Validität. Unter konvergenter Validität versteht man, dass eine bestimmte Variable stabile Ergebnisse liefert, unabhängig davon, ob sie mit unterschiedlichen Methoden gemessen wird. Unter 23 Vgl. Schröder, E. (1999). S. 26. 24 Vgl. Schröder, E. (1999). S. 29. 25 Vgl. Sarges, W. (2001). S. IX. diskriminanter Validität versteht man, dass verschiedene Dimensionen nur eine geringe innere Korrelation aufweisen, auch wenn sie mit derselben Methode gemessen werden. Eine Konstruktvalidität liegt vor, wenn sowohl die Konvergenzvalidität als auch die diskriminante Validität zufrieden stellend gemessen werden.23 Dieses Validitätskriterium wurde bislang jedoch von noch keinem AC erfüllt.24 Diese Tatsache lässt darauf schließen, dass es keine Übertragbarkeit zwischen den Ergebnissen der Aufgaben und den theoretischen Dimensionen des Anforderungsprofils gibt, womit die Glaubwürdigkeit der erhaltenen Daten in Frage gestellt wird. Trotz dieses methodologischen Rückschlags bedeutet dies nicht, dass die Ergebnisse eines AC unbrauchbar sind. Sie werden lediglich relativiert, indem man darauf hinweisen muss, dass sie eher Ergebnis einer (unmittelbar beobachtbaren) Geschicklichkeit sind als Konsequenz einer Fähigkeit. Das heißt, dass es keine vollständige Übertragbarkeit gibt zwischen Übungen, die technische Fertigkeiten und intellektuelle Fähigkeiten messen, auch wenn sie scheinbar der theoretische Hintergrund für die erreichten Ergebnisse oder gezeigten Fertigkeiten sind. Es stehet der Eindruck, dass sich die Ergebnisse eines AC lediglich darauf beschränken, die „Fähigkeiten“ für die Absolvierung der Aufgaben des ACs zu messen. 4.5 Kritik an der Assessment-Center-Methode Die AC-Methode hat hinsichtlich ihrer Prognose-Treffsicherheit klare Vorteile gegenüber anderen Methoden, die auf ähnliche Ziele ausgerichtet sind.25 Ungeachtet dieses Vorteils beinhaltet die AC-Methode auch einige Schwierigkeiten. So haben Faktorenanalysen gezeigt, dass sich die Ergebnisse des AC darauf beschränken, den allgemeinen Eindruck der Beobachter über den Kandidaten wiederzugeben, anstatt die als entscheidend für eine erfolgreiche Betätigung an einem Arbeitsplatz eingestuften Variablen zu messen. Dieses Problem führt dazu, dass bei einer Aufgabe, bei der gleichzeitig verschiedene Dimensionen beobachtet werden, diese tendenziell eine ähnliche Bewertung bekommen, während dieselben Dimensionen in anderen Aufgabenstellungen möglicherweise konträre Bewertungen erhalten. Dies ist ein Beleg für die Unbeständigkeit des Instruments bei der Messung der Variablen, die für eine gute Erfüllung der Arbeit als entscheidend eingestuft 26 Vgl. Schröder, E. (1999). S. 11. 27 Ebd. S. 11. 28 Vgl. Sarges, W. (2001). S. X. 29 Ebd. 30 Vgl. Schröder, E. (1999). S. 13. wurden.26 Wenn die AC keine stabilen Ergebnisse hinsichtlich der zuvor definierten Dimensionen oder Charakteristika liefern, was ist es dann, was sie messen? Auch wenn gezeigt wurde, dass AC nicht die Dimensionen messen, die sie vorgeben zu messen, konnte dennoch mit psychometrischen Analysen nachgewiesen werden, dass die Resultate einiger Übungen der AC signifikante Korrelationen mit Ergebnissen anderer Instrumente aufweisen, deren Konzeption wissenschaftlich anerkannt ist. So können im Vergleich mit Intelligenztests Korrelationen von r=.33 identifiziert werden und es lässt sich zeigen, dass „die Faktoren Soziale Kompetenz, Leistungsmotivation, Selbstvertrauen und Dominanz (r=.23 bis r=.31) ebenfalls Zusammenhänge mit den Bewertungen im AC aufweisen.“27 Weitere Kritikpunkte an der AC-Methode betreffen die Kosten, die bei der Anwendung der Methode auftreten. Auf Grund der Validitätsprobleme ist das zu erwartende Ergebnis zu unsicher, als dass es so hohe Kosten rechtfertigt. Das Problem liegt in der fehlenden Klarheit dessen, was das AC vorgibt messen zu wollen.28 Diese Kritik beinhaltet nicht von der Hand zu weisende Zweifel daran, ob technische Verbesserungen innerhalb des AC tatsächlich dazu führen, dass etablierte Anwendungsformen im Personalauswahlprozess, wie „Sponsor- Beziehung, Machtpolitik, Verfügbarkeit von eventuell Geeigneten etc.“, wieder verworfen werden.29 Dessen ungeachtet spielt Sarges diese von ihm „ideologisch“ genannten Kritikpunkte herunter, indem er sie als wenig fruchtbar bezeichnet, zumal die Mehrheit - seiner Meinung nach - in eine Sackgasse führt und dadurch der technischen und methodischen Debatte ausweicht. Ein weiterer ideologischer Kritikpunkt stellt die Simulationen in Frage, indem er darauf hinweist, dass diese die Erfolgsversprechenden Verhaltensweisen nicht effektiv messen, sondern lediglich projizieren. Die bei der Effizienzindikatorensammlung und bei der Kandidatenevaluation beteiligten Personen hinterfragen nur in seltenen Fällen die von ihnen selbst festgelegten Vorgehensweisen. Dadurch verfestigen sie die laufenden Prozesse, statt zu einer Verbesserung beizutragen.30 Diese zuletzt genannte Kritik gewinnt an Gewicht, wenn man berücksichtigt, dass im deutschsprachigen Kontext die Tendenz vorherrscht, den Fokus weniger auf praktische Verhaltensweisen zu legen, sondern viel mehr auf kommunikative und kognitive Fähigkeiten. Es entsteht der Eindruck, dass die 31 Vgl. Sarges, W. (2001). S. XI. 32 Ebd. Personalauswahl oder Beförderung von Arbeitnehmern primär die subjektiven Erwartungen der Vorgesetzten befriedigt, als tatsächlich die Produktivität der Prozesse zu steigern. 4.6 Spätere Entwicklungen und Verbesserungen Von allen vorgebrachten Kritikpunkten an der AC-Methode wiegt die methodische Kritik am schwersten. Geleitet wird diese Kritik von dem Streben nach Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit. Daran knüpft folgende zentrale Frage an: „Woran sollte sich die Diagnose orientieren?“31 Eine der ersten Antworten auf diese Frage hat besonders die Dynamik des AC-Prozesses gefördert, so dass in der Folge Verhaltensweisen in immer komplexeren Szenarien gemessen werden, wobei der Schwerpunkt auf der Verknüpfungs- und Lernfähigkeit der Kandidaten liegt. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, gibt es eine Reihe von Initiativen mit der Absicht, AC dynamischer zu gestalten. Einige davon setzen dabei auf komplexe computergestützte Szenarien. Die Postkorb-Übung ist möglicherweise die AC-Übung, die am meisten von diesen Neuerungen profitieren konnte, da computergestützte Verfahren auf eine realistische Art und Weise verschiedene Komplexitätsgrade ermöglichen (beispielsweise anhand dynamischer Wechsel in den Datenbanken oder unterschiedlicher Distraktoren). Computersimulationen oder virtuelle Spiele stehen nicht im Widerspruch zur AC-Theorie, da das AC schon immer den Einsatz verschiedenster Impulse zur Diagnose der Eignung für einen bestimmten Arbeitsplatz unterstützt hat.32 Die wachsende Dynamik der AC ist eine Reaktion auf die Kritik, dass in traditionellen AC die Aufgabenstellungen keinen Platz für komplexe Situationen einräumten, in denen viele Teile sich gegenseitig beeinflussen. Gegenstand deKritik ist, dass in der gängigen Praxis traditioneller AC eine Aufgabe nach der nächsten behandelt wurde, ohne dass irgendeine Art der inhaltlichen Abhängigkeit oder Vernetzung zwischen ihnen deut Die Einbindung von Planspielen in die AC-Simulationen stellt insofern eine Verbesserung dar, als dass die Resultate jeder Aufgabe einem übergreifenden Plan folgen, indem jeder Abschnitt des ACs Einfluss auf die Lösung der folgenden Aufgaben hat. Diese Verbesserung ist allerdings nur mutmaßlich, da man diesen Innovationen einen qualitativen Fortschritt 33 Wolfgang Jeserich verweist darauf, dass einige Prinzipien der Dynamisierung im Widerspruch mit der Tradition der AC stehen, die darauf Wert legt, „daß jeder Teilnehmer mit jeder neuen Übung auch eine neue Chance erhält und keine ‚Altlasten’ mit sich herumtragen soll.“ In Jeserich, W. Dynamisierung des ACs: der Planspiel-Ansatz. Download am 24.10.06. 34 Sarges, W. (2001). S. XII-XIII. 35 Vgl. Jeserich, W. (1996). 18 Jahre Erfahrung mit Assessment Center in Deutschland. Dynamisierung des ACs: der Planspiel-Ansatz. Abschnitt 2. Neuere Trends und gegenwärtiger Stand des AC. In Arbeitskreis Assessment Center. (Hrgs.) (1996). Assessment Center als Instrument der Personalentwicklung: Schlüsselkompetenzen, Qualitätsstandards, Prozeßoptimierung. Hamburg. Windmühle Verlag. Download am 24.10.2006. 36 Ebd. bescheinigt, obwohl es keine stichhaltigen Beweise für einen Beleg dieser Annahme gibt. Allerdings gibt es auch keine Beweise für eine gegenteilige Annahme.33 Eine weitere Innovation wurde unlängst durch die Einführung eines „Lernkonzepts“ gefördert. In Anbetracht einer sich schnell wandelnden Welt geht man davon aus, dass das Lernvermögen, angestoßen durch den Wunsch und die Motivation, Neues zu erlernen, zu einer Qualitätsgarantie wird. Diese Strategie dient demjenigen, der in den derzeit herrschenden Umweltbedingungen „überleben“ und triumphieren möchte.34 Nimmt man die AC als Lernprozesse, vermitteln sie einfach messbare Fortschritte zwischen der ersten und der zweiten Messung.35 Um dies zu untersuchen, muss der Kandidat das komplette AC oder einzelne Teile entweder genau wiederholen, oder bei der zweiten Messung müssen neue Aufgaben, die denen aus dem ersten Durchlauf ähneln, gestellt werden. Lassen sich Verbesserungen zwischen der ersten und der zweiten Messung feststellen, werden diese dem Lernprozess zugeschrieben. Dessen ungeachtet verweist Wolfgang Jeserich darauf, dass die dem Lernprozess zugeschriebenen Verbesserungen nicht die bekannten Mängel der AC-Theorie korrigieren. Das heißt, dass es nicht klar ist, ob die AC tatsächlich das messen, was sie zu messen vorgeben und ob die Prognosen auf Basis einer punktuellen Beobachtung mit Sicherheit auf zukünftige Prozesse übertragbar sind.36 Eine weitere Möglichkeit, die Genauigkeit der Voraussage zu steigern, liegt im Vorauswahlprozess: „Nach einer schon über 50 Jahre alten Erkenntnis von Taylor und Russel steigt die Trefferquote der Geeigneten bei gegebener Validität des Messinstruments und gegebener Selektionsquote mit der Erhöhung der Grundquote (= Quote geeigneter Kandidaten in der Bewerberstichprobe). Angenehmer Zusatzeffekt: Mehr Geeignete in der AC-Situation dürften auf die Beurteiler motivationserhöhend und damit validitätssteigernd für 37 Vgl. Sarges, W. (2001). S. XV. 38 Vgl. Pluta, Werner. Spielend zum neuen Job. In Bild der Wissenschaft 3/2005. S. 92-93. 39 Vgl. Sarges, W. (2001). S. XVII. 40 Vgl. Jeserich. W. (1996). 41 Vgl. Barbich, S. u. a. (2005). das AC wirken“.37 Über den Erfolg dieses Vorschlags kann man allerdings ebenso nur mutmaßen, da die dem Vorauswahlprozess zugeschriebenen Erfolge, z.B. in Form eines Online-Auswahlverfahrens, zwar als reguläre Rekrutierungspraktiken anerkannt sind, jedoch trotzdem wie Berufsgeheimnisse gehütet werden. Aus diesem Grund ist die vollständige Reichweite dieser Vorgehensweise nicht bekannt. Laut einer Untersuchung, die im Unternehmen Unilever durchgeführt wurde, „(...) gebe es noch keine wissenschaftlichen Vergleichsstudien, die die Ergebnisse des neuen Tests verifizieren. Doch sie scheinen mit den Traditionellen konkurrieren zu können“. Der Online- Test „unique.st“ stimmt in seinen Ergebnissen mit denen des „herkömmlichen Intelligenzstrukturtests“ überein.38 Bis heute wird die „virtuelle“ Dynamisierung des ACs mehrheitlich als eine komplementäre Methode begrüßt, die als ein Baustein innerhalb eines größeren Prozesses angewandt wird.39 Eine ausschließlich computergestützte Messung würde eine Beschränkung auf kognitive Fähigkeiten bedeuten und andere Fähigkeiten benachteiligen, die nur unter Einsatz traditioneller Methoden zum Vorschein kommen: Führungsstärke sowie Kommunikations- und Motivationstalent.40 4.7. Zusammenfassung Beim AC handelt es sich um ein Instrument, welches „die Realität des präindustriellen Auswahlprozesses und die von den Verhaltenswissenschaften geschaffenen Techniken“ miteinander kombiniert.41 Es vereinigt in einem einzigen Prozess ein Mosaik an Meinungen und Elementen, welche Teil der Kompetenzen für einen bestimmten Arbeitsplatz sind. Die Zusammensetzung dieses Mosaiks an Meinungen und Bausteinen gibt den Organisationen die Möglichkeit, Stärken und Schwächen von Kandidaten aufzudecken. Damit wird den Unternehmen und den Kandidaten geholfen, aktiv an einer Verbesserung ihres Arbeitsplatzes und einer Förderung ihrer Karriere zu arbeiten, beispielsweise durch die Konstruktion persönlicher Entwicklungspläne. Die Diagnose bzw. Vorhersage der AC erlaubt es den Unternehmen, zuverlässige Information über die Potentiale eines Kandidaten zu ergründen. Dies ist ein aktiver Beitrag zur Verringerung von Fehlern im Auswahlprozess bzw. in der Beförderung von Angestellten. Zu den Nachteilen der Methode zählen vor allem die hohen Kosten und der große organisatorische Aufwand, den die Vorbereitung und Durchführung eines AC beansprucht. Weitere Schwierigkeiten sind der prinzipiellen Kritik an Simulationen zuzuschreiben. Es bleibt die Frage offen, ob diese die Komplexität der Realität widerspiegeln können sowie die Unsicherheit, ob die Methode tatsächlich die Variablen misst, die sie vorgibt zu messen. Die AC-Methode ist anfällig für spezifische Durchführungsfehler, die zum Beispiel bei der Auswahl oder Vorbereitung der Beobachter auftreten können. Schließlich ist festzuhalten, dass trotz der noch nicht überwundenen Mängel die AC-Methode eine gewisse Faszination ausübt. Sie zeigt sich als effiziente Technik, die auf strukturierte Art und Weise jedem Teilnehmer Chancengleichheit einräumt, eine Eigenschaft, die dem Prozess eine breite Transparenz und somit Akzeptanz einbringt. Angesicht der hohen Quote von Fehlentscheidungen bei der Auswahl von Mitarbeitern die aufgrund unsystematischer Auswahlprozesse ausgewählt worden, wird nach Methoden gefragt, die Chancengleichheit und Transparenz anbieten können. In diesem Kontext erscheint die AC-Methode als ein geeignetes Mittel für die Erreichung dieser Ziele. Dabei bleiben die kostenintensiven Vorbereitungen und der hohe organisatorische Aufwand eines herkömmlichen ACs. Elemente, die in Grenzen gehalten werden können, wenn man mit elektronischen-AC bzw. Online-ACs arbeitet. So bleibt der Aufwand der Vorbereitung einmalig und bietet eine hohe Standarisierung gegenüber Präsent-AC. Das folgende Kapitel untersucht die Integration der Messung interkultureller Kompetenz und der AC-Methode. 5 Das Assessment Center als Methode der Personalauswahl bzw. -entwicklung für Auslandseinsätze 5.1 Personalauswahl für Auslandseinsätze Bis Mitte der 1990er Jahre dominierten in Deutschland „Auswahlinterviews“ das Vorgehen bei der Personalauswahl bzw. -entwicklung für Arbeitsstellen im Ausland. In der zweiten Hälfte jenes Jahrzehnts wurde diese Verfahrensweise nach und nach durch die Assessment Center (AC) Methode ersetzt.1 Bis zum Durchbruch der AC-Methode übten viele transnationale Unternehmen eine direkte Kontrolle über ihre Auslandsdependancen aus, indem sie Schlüsselpositionen mit im Stammhaus ausgebildetem Personal besetzten. Diese Strategie sollte die Treue der Toch- tergesellschaften garantieren und die Vermittlung neuer Technologien oder Prozesse erleich- tern. Sie erzeugte allerdings immer häufiger Schwierigkeiten2, zum Beispiel unnötige zeitli- che Verzögerungen, unvorhergesehene Abbrüche der Einsätze, die Unmöglichkeit der Erfül- lung vorher definierter Ziele u.a. Viele dieser Rückschläge wurden der Personalrekrutie- rungsmethode angelastet. Auf Grund schlechter Erfahrungen mit Auslandsentsendungen beschlossen einige Firmen wie Daimler-Benz einen Paradigmenwechsel, um den negativen Tendenzen entgegenzuwir- ken: den Austausch der „Expatriates“ durch „aus der Region stammendes Personal“3. Ande- re Unternehmen wie Bosch änderten ihr Auswahlverfahren zu Gunsten der AC-Methode mit dem expliziten Ziel zu klären, „was eine gute Nachwuchskraft ist“. Die neuen Talente wurden mit internationalen Führungsaufgaben betraut, unabhängig vom Ort der Ausbildung, dem Arbeitsbereich oder der Sprache.4 1 Jeserich, W. (1996). 18 Jahre Erfahrung mit Assessment Center in Deutschland. Dynamisierung des ACs: der Planspiel-Ansatz. Abschnitt 2. Neuere Trends und gegenwärtiger Stand des AC. In Arbeitskreis Assessment Center. (Hrsg.). (1996). Assessment Center als Instrument der Personalentwicklung: Schlüsselkompetenzen, Qualitätsstandards, Prozeßoptimierung. Hamburg. Windmühle Verlag. Download am 24.10.2006. S. 2. und Trost, G. (2002). Assessment-Center-Verfahren für Führungskräfte auf drei Kontinenten: Was ist gleich? Was ist anders? In Fay, E. (Hrsg.). Das Assessment-Center in der Praxis. Konzepte - Erfahrungen - Innovationen. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. S. 33-35. 2 Trost, G. (2002). S. 33-34. 3 Ebd. 4 Nickut, J. (2001). Internationales Assessment Center für Führungsnachwuchskräfte – Erfahrungen innerhalb der BOSCH- Gruppe. In Sarges, W. (Hrsg.) (2001). Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe. Verlag für Psychologie. S. 231. 5 Trost, G. (2002). S. 34. 6 Ebd. 7 Jeserich, W. (1996). Im Fall von Daimler-Benz hoffte man, dank des Paradigmenwechsels zu Gunsten des Ein- satzes von Mitarbeitern aus der Region die von den Expatriates bekannten Verhaltenswei- sen zu vermeiden: „Diese Personen [aus der Region] kommen mit den heimischen Gege- benheiten in aller Regel besser zurecht als die ’Expatriates’; die Sprache der Mitarbeiter ist ihre Muttersprache, sie werden häufig besser akzeptiert als die aus der Konzernzentrale Ent- sandten; sie dienen als Mittler zwischen den regionalen Firmenkulturen und der Firmenkultur des Gesamtkonzerns, und sie bringen ethnische und kulturelle Vielfalt in die überregionalen Führungsgremien“5. Die Herausforderung, neue Profile in die bestehenden Berufsbilder zu integrieren, die zuvor für Stammhauspersonal reserviert war, führte zur Einführung neuer Diagnose- und Aus- wahlmethoden. Diese zielten zum einen darauf ab zuverlässigere Ergebnisse zu liefern, zum anderen „einheitliche Kriterien“ mit „unterschiedlichen Kulturen, (…) Wertvorstellungen, Ver- haltensnormen [und] Interaktionsformen“ zu kombinieren. Eine Antwort auf diese neue Her- ausforderung gab die AC-Theorie. Diese setzt sich das explizite Ziel, unter konstanten Be- dingungen und bei vergleichbaren Auswahlmethoden die besten verfügbaren Talente in den Mitarbeiterstab einzugliedern, „gleichgültig, woher sie kommen und wo sie arbeiten“6. Jeserich verweist darauf, dass die Entwicklung der AC-Theorie als angemessenes Personal- auswahlinstrument in länderübergreifenden Kontexten durch die stetig wachsende Internati- onalisierung des Arbeitsmarktes ins Rollen gebracht wurde. Diese lässt sich seit Mitte der 1990er Jahre feststellen: „Es kommt immer häufiger vor, daß sich Teilnehmer aus verschie- denen Ländern bzw. Kulturen in einem AC zusammenfinden”7. Dieser unumkehrbare Trend nötigt die Konstrukteure der AC dazu, immer schneller neue Aufgaben zu entwickeln, die einerseits das messen, was sie messen sollen (Anforderungs- profil), und andererseits „international akzeptabel“ sind. Zum einen bedeutet dies, dass sie hinsichtlich ihrer Konzeption und Realisation für Moderatoren, Beobachter und Teilnehmer verständlich sind. Zum anderen wird gefordert, dass sie so konstruiert werden, dass sich Moderatoren und Beobachter über die Interpretationsansätze der beobachteten Verhaltens- weisen einig sind. Vom AC wird somit in hohem Maße Internationalität verlangt, was mehr als nur erhebliche logistische Schwierigkeiten mit sich bringt. Es muss nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Personengruppe an einem bestimmten Ort versammelt werden, es muss 8 Jeserich, W. (1996). S. 2. 9 Nickut, J. (2001). S. 238-240. 10 Vgl. Stahl, G. (1998). 11 Lohff, A. (2001). Multinationale Assessment Center und Development Center. In Sarges, W. (Hrsg.). (2001). Weiterentwicklungen der Assessment Center- Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Aufla- ge. Göttingen. Hogrefe: Verlag für Psychologie. 12 Vgl. Nickut, J. (2001). 13 Vgl. Trost, G. (2002). sich außerdem auf den Gebrauch einer Lingua franca oder einer gemeinsamen Fremdspra- che geeinigt werden.8 Diese Bedingungen führen in der Praxis zu einer vergleichsweise großen Strenge bei der Analyse. Deutlich wird dies bei der Betrachtung einiger ad-hoc-Instrumente wie die Beobach- tungsprotokolle des internationalen AC von Nickut. Diese weichen von konventionellen AC ab, indem sie explizit Beispiele aus dem Anforderungsprofil und gegensätzliche Situationen präsentieren. Ziel ist es, die Identifikation und Einschätzung der Verhaltensweisen zu erleich- tern, die als Symptome für gute bzw. schlechte Praktiken charakteristisch sind: „So wurden für jede Übung im Vorfeld die wünschenswerten Handlungen und erfolgreichen Bewälti- gungsstrategien erarbeitet. Begleitende Hilfestellung hierbei liefert uns die am Anfang durch- geführte Anforderungsanalyse nach der Critical-Incident-Technique”9. 5.2 Assessment Center zur Personalauswahl bzw. Vorbereitung auf das Aus- land: multinational, international oder interkulturell? Um den Jahrtausendwechsel tauchten verschiedene Typen von AC mit unterschiedlicher Bezeichnung auf, die Lösungen für Personalauswahl- und -entwicklungsprobleme in interna- tionalen Kontexten anboten. So stellte beispielsweise Stahl ein Entwicklungs-AC vor, welches von ihm als „interkulturell“ bezeichnet wurde10. Lohff hingegen präsentierte drei Jahre später ein ähnlich ausgerichtetes AC unter dem Namen „multinational“11 und Nickut nannte sein vergleichbares AC-Konzept „international“12. Nicht zu vergessen sind die AC für Personalauswahl und -entwicklung für das Ausland, die keine besondere Bezeichnung haben, wie zum Beispiel jenes von Trost , dessen Entwicklungs-AC drei Kontinente überspannt, ohne dafür eine spezielle Bezeichnung zu haben.13 Bis heute sind die Fragen solcher Attribute von ACs, die auf Personalauswahl und - entwicklung für das Ausland ausgerichtet sind, noch kein Anlaß für intensivere wissenschaft- 14 Cultural Awareness = Kulturorientiertes Training. In seinen Zielen dem Culture Assimilator recht ähnlich: der Vermittlung interkultureller Handlungskompetenz. 15 Vgl. Brüch, A. (2001). 16 Vgl. Nickut (2001) und Stahl (1998). 17 Kinast, E.-U. (2005). Diagnose interkulturelle Handlungskompetenz. In Thomas, A. u. a. (2005). (Hrsg.). Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation. Band 1: Grundlagen und Praxisfelder. 2. überarbeitete Auflage. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprech. S. 168. und Bolten, J. (2001). S. 213-214. liche Auseinandersetzungen gewesen. So liefert beispielsweise Lohff, der die Bezeichnung „multinational“ einführte, keinerlei Begründung für die Wahl dieses Namens. Im Gegenteil: Diese Bezeichnung wird ganz offensichtlich synonym gewählt, hier als Synonym für „Cross- cultural Awareness“14, ein Ausdruck, der im Deutschen üblicherweise mit dem Terminus „in- terkulturelle Kompetenz“ übersetzt wird.15 Ähnlich verfahren auch Nickut und Stahl, wenn sie sich für die Attribute „international“ bzw. „interkulturell“ entscheiden16. Bolten wie auch Kinast liefern theoretisch begründete Argumente, wenn sie für die Bezeich- nung „interkulturell“ bei solchen AC plädieren. Beide Autoren stimmen darin überein, dass diese spezifische Bezeichnung notwendig ist, um deutlich zu machen, dass diese AC einge- setzt werden, um interkulturelle Kompetenz zu messen. Durch diesen begrifflichen Zusatz werden diese AC von jenen unterschieden, die in national geprägten (monokulturellen) Kon- texten zum Einsatz kommen. Letztere AC nennen Bolten und Kinast „konventionelle“ bzw. „intrakulturelle“ AC.17 Im Folgenden wird der von Bolten vorgeschlagene Begriff Interkulturelles Assessment Cen- ter für die Bezeichnung von AC für Personalauswahl und –entwicklung für das Ausland verwendet. In Abgrenzung zu „intrakulturellen AC“ wird die Diskussion der Beobachter in der Bewertungsphase wesentlich komplexer, weil die Definition von angemessenem und unan- gemessenem Verhalten in interkulturellen Kontext nicht immer eindeutig ist, also ausgehan- delt werden muss. Oft ist es nicht möglich im Voraus zu bestimmen, wie sich die interkultu- relle Situation entwickeln wird. Symptomatisch betrachtet sind die meisten AC, die sich explizit auf die Personalauswahl und -entwicklung für das Ausland spezialisieren, gekennzeichnet: • durch Übungen zur fiktiven oder tatsächlichen Interaktion zwischen Angehörigen ver- schiedener Kulturen • durch eingeschränkten oder uneingeschränkten Einsatz von Fremdsprachen oder einer Lingua franca • durch Zusammenstellung interkultureller Teams für die Evaluation der Verhaltensweisen der Kandidaten oder zumindest die Berücksichtigung der Meinung interner oder externer Experten. 18 Kinast, E.-U. (2005). S. 168-169. 19 Nickut, J. (2001). S. 231. und Lohff, A. (2001). S. 220. 20 Lohff, A. (2001). Multinationale Assessment Center und Development Center. In Sarges, W. (Hrsg.) (2001). Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe. S. 220. Alle übrigen Kennzeichen eines interkulturellen AC unterscheiden sich nicht signifikant von denen konventioneller AC, wie die folgende Aussage von Kinast bestätigt: „Ein interkulturelles Assessment-Center ist eine Methode, mittels derer mehrere Teilnehmer von mehreren Beobachtern in mehreren interkulturellen Spielsituationen über einen längeren Zeitraum hinsichtlich vorher definierter Kriterien interkultureller Kompetenz nach festgelegten Regeln und einem programmierten Ablauf beobachtet und beurteilt werden (…) Dort meis- tern sie [die Kandidaten] die Anforderungen der simulierten Situationen, und zwar kraft der Merkmale ihrer Person (z. B. Offenheit, Empathie, Ambiguitätstoleranz), die sich im Verhal- ten der Kandidaten manifestieren. Das Verhalten wird beobachtet und bewertet.“18 5.3 Funktionen interkultureller Assessment Center Zwei Arten von Funktionen interkultureller AC können unterschieden werden: a) AC zur Per- sonalauswahl bzw. externen Rekrutierung (Einstellung neuer Arbeitnehmer), zu denen es bislang allerdings nur theoretische Überlegungen gibt, und b) Entwicklungs-AC, auch be- kannt unter dem Namen Development Center (DC). Letztere fokussieren auf die Diagnose von Fähigkeiten der Arbeitnehmer hinsichtlich zukünftiger Aufgaben und unterstützen bei der Entscheidung über Versetzungen und Arbeitnehmerrotation. Die Funktion, zu der es die meisten Beispiele gibt, ist die Personalentwicklung. Der Schwer- punkt liegt dabei auf der Identifikation von Personal, welches in naher Zukunft („zwei bis drei Jahre“) oder mittelfristig („drei bis zehn Jahre“) 19 internationale Führungsaufgaben über- nehmen kan Eng verknüpft mit der betrieblichen Funktion der Personalauswahl für das Ausland ist die Ausarbeitung individuell zugeschnittener Entwicklungspläne. Damit ist die „Planung der nächsten Laufbahnschritte“ gemeint. Das bedeutet, dass die Aufgaben und Funktionen im Ausland identifiziert werden müssen, die gemäß einem Rotationsprinzip dem erreichten Ent- wicklungsgrad am besten gerecht werden. Ferner sollen diese Aufgaben unmittelbar den im AC deutlich gewordenen Fähigkeiten zuträglich sein.20 21 Kinast, E.-U. (2002). S. 169. 22 Vgl. Bolten, J. (2001) und Kinast, E.-U. (2005). 23 Bolten, J. (2001). S. 216. 24 Ebd. Die Personalauswahl und -rekrutierung ist eng mit „Platzierungs“-Aufgaben verknüpft, „um [bei] Vakanz einer Fach- oder Führungsposition in einem spezifischen Land eine Entschei- dung zu treffen, wer (…) am besten geeignet ist, die Position im Ausland zu besetzen und entsendet oder versetzt wird.“21 5.4 Allgemeine und spezifische Formen interkultureller Assessment Center Bolten und Kinast unterscheiden zwei Gruppen interkultureller AC. Die erste Gruppe von AC ist darauf konzipiert, allgemeine Diagnosen zu erstellen. Die dazu zählenden AC sind also nicht auf bestimmte Arbeitsplätze, Hierarchieebenen oder Länder begrenzt. Die AC der zwei- ten Gruppe sind in ihrer Diagnose etwas präziser und berücksichtigen Angaben zu Arbeits- platz, Position oder Land. Bolten differenziert interkulturelle AC in „Punktuelle interkulturelle AC“ und „Systemische interkulturelle AC“, während Kinast zwischen „kulturallgemeinen inter- kulturellen Assessment-Centern“ und „kulturspezifischen interkulturellen Assessment- Centern“ unterscheidet.22 Ziel der „Punktuellen interkulturellen AC“ ist die „Einschätzung der internationalen Einsatzfä- higkeit von Bewerbern und Mitarbeitern“. 23 Diese Art der AC ermöglicht eine recht einfache Verknüpfung von konventionellen AC-Übungen (Präsentationen, Postkorb, Diskussionen, Problemlösestrategien etc.) mit individuellen und sozialen Variablen, die in interkulturellen Kontexten als entscheidend für ein gutes Auftreten erachtet werden. Hierzu gehören „Rol- lendistanz, Empathie, (Meta-) Kommunikationsfähigkeit und Toleranz“. 24 Laut Bolten ist diese Art der Diagnose, die auf Informationen über Zielland und Art des Ar- beitsplatzes verzichtet, als eine allgemeine Tendenz hinsichtlich der Tauglichkeit eines Kan- didaten für eine Auslandsentsendung zu interpretieren. Wenn das Zielland und die Art und Anforderungen der Arbeit bekannt sind, schlägt Bolten den Einsatz eines „systemischen interkulturellen AC“ vor. Dieses AC berücksichtigt nun die Teilkompetenzen (individuelle, soziale, strategische, fachliche) innerhalb eines spezifischen interkulturellen Kontexts. Diese Art von AC verspricht eine bessere Vorhersagequalität, weil sie erlauben, z.B. in Form von Planspielen einen Handlungszusammenhang zu beurteilen. 25 Bolten, J. (2001). S. 216. 26 Ebd. 27 Kinast, E-U. (2005). S. 170. 28 Ebd. Den Gesichtspunkt der Interkulturalität darf man nicht als eine fünfte Variable missverstehen. Er ist nicht isoliert von den anderen Kompetenzen messbar, sondern umfasst die Teilkompe- tenzen als sinnstiftender und integrierender „Kontext“ wie eine alles umhüllende Plane.25 Ziel dieser Art des AC ist „die Einschätzung (…) des beruflichen Handelns in interkulturellen Kontexten“, das heißt, „inwieweit jemand in der Lage ist, komplexes Handeln in interkulturel- len Kontexten erfolgreich zu realisieren“26. Kinast empfiehlt den Einsatz kulturallgemeiner interkultureller Assessment Center, d.h. für die Messung der allgemeinen Eignung eines Kandidaten hinsichtlich einer Auslandsentsen- dung, sofern die Einschätzung unabhängig von Zielland oder Arbeitsplatz erfolgen soll. Um eine möglichst genaue Diagnose zu erhalten werden „Merkmale der interkulturellen Hand- lungskompetenz“ wie „Offenheit, Ambiguitätstoleranz und Fähigkeit zum Perspektivenwech- sel“ gemessen. 27 Wenn Arbeitsplatz und Zielland bekannt sind, empfiehlt Kinast den Einsatz eines kulturspezi- fischen interkulturellen Assessment Centers. Dieses berücksichtigt „neben den Merkmalen der interkulturellen Kompetenz und der spezifischen Kultur des betreffenden Landes das spezifische Anforderungsprofil der Position“.28 Tab. 22: Merkmale der interkulturellen AC von Bolten und Kinast Bolten Kinast AC Punktuelle interkultu- relle AC Systemische interkul- turelle AC Kulturallgemeine interkul- turelle Assessment- Cen- ter Kulturspezifische interkulturelle As- sessment- Center Zweck Einschätzung der internationalen Einsatzfähigkeit (z.B. punktuelle Ü- bungen) Einschätzung des Verhaltens in kom- plexen interkulturel- len Handlungen (z.B. Planspiele) Diagnose Platzierung Kompetenzen „Individuelle und so- ziale Teilkompeten- zen wie etwa Rollen- distanz, Empathie, (Meta)- Kommunika- tionsfähigkeit und Toleranz.“ „(…) Zusammenspiel der Teilkompetenzen beruflichen Handelns in interkulturellen Kontexten initiieren (…) am besten in Planspielen.“ „Merkmale der interkultu- rellen Handlungskompe- tenz z. B. Offenheit, Am- biguitätstoleranz, Fähig- keit zum Perspektivwech- sel“ „Zentrale Kultur- standards einer spezifische Kultur“ Quelle: Eigene Angabe in Anlehnung an Kinast, E.-U. (2005). S. 170 und Bolten, J. (2001). S. 216. Bolten und Kinast bezeichnen die für einen erfolgreichen Auslandsaufenthalt benötigte Fä- higkeit als „interkulturelle Kompetenz“. Sie definieren den Begriff jedoch in sehr wesentlichen Aspekten unterschiedlich. Interkulturalität ist laut Bolten erst durch den Anwendungskontext gegeben, also durch das interkulturelle Umfeld, welches die Teilkompetenzen (individuelle, soziale, strategische und fachliche) umgibt. Dieser Kontext kann nicht isoliert als eigenständige Variable gemessen werden. Interkulturelle Kompetenz im Sinne von Bolten ist eng mit der Beobachtung von Verhaltens- weisen verbunden, deren Interpretation fallweise von Angehörigen der in Interaktion befindli- chen Kulturen vollzogen werden muss. Für Kinast ist interkulturelle Kompetenz etwas, das sich in der Anwendung eines spezifi- schen Wissens zeigt und führt deshalb das Konzept „Culture Assimilator“ ein. Beim Culture Assimilator handelt es sich um die durch eigenständige Lektüre vollzogene, autodidaktische Aneignung von Kenntnissen über Unterschiede zwischen verschiedenen interagierenden Kulturen. Man geht davon aus, dass die Wahrnehmung dieser Unterschiede und ihre an- schließende Erklärung dazu beitragen, interkulturelle Kompetenz zu entwickeln. Gemäß die- ser Theorie weitet die interkulturelle Kompetenz sich daraufhin von der kognitiven Ebene auf die emotionale Ebene aus und schlägt sich im Verhalten nieder. 5.5 Dimensionen und Übungen zur Evaluation interkultureller Kompetenz Aus folgender Merkmals-Übungs-Matrix können die Übungen interkultureller AC entnommen werden. Das Grundrepertoire an Übungen unterscheidet sich nicht sonderlich von dem kon- ventioneller AC: Präsentationen, Rollenspiele, Gruppendiskussionen, Postkorbübungen etc. Eine detaillierte Betrachtung ermöglicht die Identifikation zahlreicher allgemeiner Ratschläge seitens verschiedener Autoren. Diese sind nicht nur durch unterschiedliches Vorgehen ge- kennzeichnet, sondern legen auch verschiedene theoretische Perspektiven zu Grunde. 29 Bolten (2001) beschränkt bei Punktuellen interkulturellen AC den Gebrauch von Fremdsprachen bzw. einer Lingua franca auf eine bestimmte Gruppe von Übungen: Postkorb, Verhandlungen und Telefonate. Bei Systemischen interkulturellen AC verweist er lediglich auf Planspiele wie „InterAct“, einem Planspiel, welches keine Restriktionen im Gebrauch von Fremdsprachen aufweist. Tab. 23: Merkmals-Übungs-Matrix im interkulturellen Kontext (multinationalen bzw. internationalen) Autoren Übungen Rollen- spiele Präsen- tation Video- analyse Fallstu- dien Frage- bogen 2 Postkorb Interview Fremd- sprachen- nutzung 3 Bolten ¹ X X X X X X X Kinast X X X X X Lohff X X X X X X Nickut X X X X X Stahl ¹ X X X X X X Quelle: eigene Angaben nach Bolten, J. (2001), Kinast, E-U. (2005); Nickut, J. (2001); Lohff. A. (2001). 1. Bolten und Stahl stützen sich bei der Sammlung von Anregungen für Rollenspiele und offene Diskussionen auf die critical-incident-Technik. 2. Lohff verwendet standardisierte Fragebögen (Occupational Personality Questionnaire OPQ CM4.2, übersetzt in die Muttersprache der jeweiligen Kandidaten), um Motivation, Denkstrukturen und Verhalten der Teilnehmer zu messen. Stahl konzipierte einen interkultu- rellen Fragebogen, um die Urteile der Beobachter des AC zu ergänzen oder zu korrigieren. 3. Kinast rät explizit vom Gebrauch von Fremdsprachen während aller AC-Übungen ab. Für den Fall, dass dies dennoch unausweichlich ist, befürwortet sie ihren Einsatz in Post- korbübungen. Bolten schlägt den Einsatz von Fremdsprachen bei drei Übungsformen des Punktuellen interkulturellen AC vor: Postkorbaufgaben, Verhandlungen und Telefongesprä- che. Lohff beschränkt den Gebrauch von Fremdsprachen (englisch) auf Präsentationsübun- gen. Nickut gebraucht Fremdsprachen (englisch) bei Übungen zur Selbstpräsentation (Stär- ken und Schwächen) und Diskussionsrunden auf Basis von Rollenspielen. Wie diese Übersicht zeigt, liegt der augenscheinlichste Unterschied zwischen den verschie- denen interkulturellen AC in der Zulassung von Fremdsprachen bzw. dem Einsatz einer Lin- gua franca. 5.5.1 Sprachen Bolten29 und Nickut beschränken den Gebrauch von Fremdsprachen auf bestimmte Übungs- formen, ohne dabei anderweitige Vorschriften über ihren Einsatz zu machen. Lohff und Ki- 30 Lohff, A. (2001) und Kinast, E.-U. (2005). 31 Kinast, E.-U. (2005). S. 172. 32 Ebd. 33 Lohff, A. (2001). S. 226. nast beschränken ihren Einsatz und knüpfen ihn zudem noch an weitere Bedingungen. Bei Stahl kommen überhaupt keine Fremdsprachen zum Einsatz. Die Haltung von Lohff und Kinast 30hinsichtlich des Einsatzes von Fremdsprachen begründet sich möglicherweise in der Angst, dass die Fremdsprachen ein Hindernis darstellen können, welches die Ergebnisse des AC verfälscht. „Denn es hat sich gezeigt, dass manch einer ein Verhalten deshalb nicht gezeigt hat (z.B. Kontaktverhalten), weil er die Fremdsprache noch nicht ausreichend gut beherrschte“.31 Um zu verhindern, dass der Einsatz von Fremdsprachen zu einem Hindernis wird, schlägt Kinast vor, sie auf einige wenige Übungen bzw. Szenen zu limitieren. Sie nennt dabei explizit die Postkorbübung als ein ideales Beispiel zur Berücksichtigung von Fremdsprachen. „Nicht zu empfehlen ist [es], alle Spielsituationen in der Fremdsprache durchzuführen.“ Darüber hinaus empfiehlt Kinast den Gebrauch von Fremdsprachen im AC gänzlich zu unterlassen und stattdessen unabhängig vom AC einen mündlichen oder schriftlichen Sprachtest durch- zuführen. Dies führt ihrer Meinung nach zu einer zuverlässigeren Messung der Fremdspra- chenfähigkeit der Kandidaten.32 Lohff ist der Ansicht, dass während des AC durchaus Übungen in einer Fremdsprache zum Einsatz kommen können. Im Regelfall sollte dies Englisch sein. Er verweist jedoch darauf, dass dies nicht dazu führen darf, dass ausschließlich die Sprache evaluiert wird und die wei- teren Kenntnisse und Fähigkeiten hinsichtlich des Anforderungsprofils vernachlässigt wer- den. Um dem entgegenzuwirken, nennt Lohff eine Reihe von Bedingungen, die beim Einsatz einer Fremdsprache während eines AC berücksichtigt werden sollten: 1. Pflege der gebrauchten Sprache, vor allem Vermeidung von „umgangssprachlichen Formulierungen und Jargon“, 2. Bereitstellung von „Glossaren“ mit ungewohnten und fachspezifischen Termini, 3. Rechtzeitige Vorbereitung der AC-Teilnehmer auf die Übungen, durch Verbreitung von Beispielübungen im Vorfeld.33 Eine weitere, von Lohff postulierte Bedingung, ist die angemessene Vorauswahl der Teil- nehmer hinsichtlich ihrer Sprachkompetenzen, bevor diese zum AC eingeladen werden. „Dies mag drastisch erscheinen, aber es gibt kaum ein frustrierenderes Ergebnis eines mul- 34 Lohff, A. (2001). S. 226. 35 Lohff, A. (2001). S. 224. 36 Ebd. S. 224-226. 37 Vgl. Kinast, E.-U. (2005). S. 171. tinationalen Assessment und Development Centers als die Aussage, daß ein Teilnehmer sein Potential aufgrund mangelnder sprachlicher Fähigkeiten nicht zeigen konnte”.34 5.5.2 Tests, Videosequenzen und fiktive Gesellschaften In einer Studie zu einem internationalen Anforderungsprofil kommt Lohff zur Überzeugung, dass der internationale Erfolg einer Führungskraft durch eine Reihe von Persönlichkeitsei- genschaften begründet wird, die auf den ersten Blick nicht einfach zu beobachten sind. Hier- zu zählt er Sensibilität und Offenheit gegenüber fremden Werten, Verhaltensweisen und Er- wartungen. Die relevanten Beobachtungen, die hier angestellt werden müssten, befänden sich damit eher „im Bereich der Persönlichkeit und der Einstellung als im Bereich der Verhal- tensbeobachtung“.35 Aus diesem Grund rät Lohff dazu, diese nur mittelbar zu beobachtenden Charaktereigen- schaften mit Hilfe von „berufsbezogenen Tests und Fragebögen“ zu messen. Allerdings gibt Lohff selbst zu bedenken, dass dieser Vorschlag den Empfehlungen des Arbeitskreis As- sessment Center e.V. hinsichtlich einer angemessenen Durchführung und Anwendung von AC widerspricht. Dennoch ist er der Meinung, dass dies „dem gegenwärtigen Stand der in- ternationalen Forschung im Bereich Potentialanalyse“ entspreche. 36 Kinast schlägt vor, Videosequenzen, die ethische und moralische Konflikte wiedergeben, in den Übungskatalog aufzunehmen. Als Beispiel nennt sie eine von der Universität Regens- burg konzipierte Übung, die den Fall eines deutschen Arztes wiedergibt. Dieser gerät in Kon- flikt mit dem hippokratischen Eid, als ein somalischer Vater ihm untersagt, das Bein seines Sohnes zu amputieren. Bei Unterlassung dieser Operation würde der Junge sterben müs- sen. 37 Unabhängig von diesem Beispiel sieht sich der von Kinast vorgebrachte Vorschlag einiger Kritik ausgesetzt. Direkte Interaktion wird durch eine Videosequenz ersetzt, bei der die Auf- gabe des Probanden sich darauf beschränkt, die Situation mit Hilfe von Kulturstandards zu analysieren oder im Zuge einer ethischen bzw. moralischen Diskussion eine Entscheidung 38 Kinast, E.-U. (2005). S. 171. 39 Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg.). (1992). S. 3. 40 Bolten, J. (2001b). S. 94. 41 Kinast, E.-U. (2005). S. 197. 42 Stahl, G. (1998). S. 218-220. 43 Bolten, J. ( 2001b). S. 93. zu fällen.38 Diese Art rein kognitiver oder analytischer Aufgaben wird vom Arbeitskreis As- sessment Center e.V. als ein Verstoß gegen die Regeln des AC erachtet, zumal im AC Ver- haltensweisen beobachtet werden sollen. Ein Verstoß wäre charakterisiert durch „Methoden, bei denen der Verhaltensbezug lediglich gedankentheoretisch vorstellbar ist (z. B. Interview mit Thema „Stellen Sie sich vor, Ihr Mitarbeiter käme immer zu spät. Wie würden Sie sich verhalten?“)“.39 Bolten betrachtet den Einsatz von Videosequenzen oder Culture-Assimilator-Techniken mit Skepsis, denn die vorgeschlagenen Vorgehensweisen unterstellen zumeist, dass „interkultu- relle Kontakte per se problematisch verlaufen“. Damit tragen sie zur Verbreitung und Verfes- tigung von Stereotypen bei, ein Umstand, den interkulturelle Übungen auf jeden Fall vermei- den sollten.40 Kinast räumt ein, dass die critical incidents in den Culture Assimilatoren Situationen wieder- geben, die dem Gast „konflikthaft“ oder „verwirrend“ erscheinen mögen. Dies führt zwangs- läufig nicht nur zu einer negativen Betrachtung des interkulturellen Phänomens, frei von Synergie, sondern verfestigt auch ein „Einbahnstraßen-Denken“: Die gastgebende Kultur sei diejenige, die die Probleme des Gastes verursacht.41 Stahl verwendet in seinem AC Videosequenzanalysen wie beispielsweise „Verhandlung mit einem arabischen Geschäftspartner“ und Simulationsspiele, in denen die Kandidaten Rollen von Angehörigen fiktiver Gesellschaften annehmen, so zum Beispiel in „Entwicklungshilfe bei den Dardianen“.42 Die Anwendung fiktiver Gesellschaften wie die der Dardianen haben den didaktischen Vorteil, dass man schnell und ohne großen Aufwand gewisse Bedingungen der Interkulturalität wie „Fremdheitserfahrung“ oder „fehlgeleitete Verhaltenserwartung“ simulie- ren kann. Auf Grund seiner Fiktion birgt dieser Ansatz jedoch gleichzeitig den Nachteil, dass er möglicherweise nicht ernst genommen wird und somit neue Stereotypen und unerwünsch- te Simplifikationen der Realität entstehen.43 Tab. 24: Operationalisierung der Teilkompetenzen in Modellen der Interkulturellen Kompetenz Autoren Dimensionen interkulturelle Kompetenz Fach- kompetenz strategische Kompetenz soziale Kompetenz individuelle Kompetenz Bolten Fremd- sprachen- kenntnisse, Metabild Fachlicher Arbeitskontext, Planspiel Zielorientie- rung, Entscheidungs- freudigkeit Empathie, Kommunikations- fähigkeit, Meta- kommunikation Ambiguitäts- toleranz, Rollendistanz, Polyzentrismus, Ethnozentrismus Lohff Sprach- kenntnisse Strategic Global Fore- sight, Change Management, Decision Ma- king Communication Skills, Leadership Skills, Team Orientation Cross-cultural Adaptability, Action Orientation, Self Awareness and Development Nickut Sprach- kenntnisse Wissen, Erfahrung Problemlösung und Entschei- dungsfähigkeit, Organisations- und Planungs- fähigkeit Einfühlungs- vermögen und Selbstreflexion, Kommunikations- und Kooperations- fähigkeit, Überzeugungs- fähigkeit Leistungsmotivati- on und Initiative, Unternehmeri- sches Denken/ Kundenorientie- rung, Ambiguitätstole- ranz und emotio- nale Stabilität, Verhaltens- flexibilität Stahl Kontaktfähigkeit, Einfühlungs- vermögen, Meta- kommunikation Ambiguitäts- toleranz, Emotionale Stabili- tät, Leistungsmotivati- on, Selbstreflexion, Polyzentrismus, Verhaltensflexibili- tät Quelle: In Anlehnung an Bolten, J. (2001), Nickut, J. (2001), Lohff, A. (2001), Stahl, G. (1998). 5.6. Schwierigkeiten beim Einsatz von Assessment Centern Einig sind sich die Autoren im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Durchführung von interkulturellen AC. Genannt werden großer organisatorischer Aufwand und die hohen Kos- ten. Das AC erfordert nicht nur Zeit, sondern auch logistische Kapazitäten, vor allem wenn, wie z.B. bei Bosch oder Daimler-Benz, Führungskräfte aus verschiedenen Produktionsstät- ten zusammengeführt werden sollen. 44 Trost, G. (2002). S. 33-35. und Nickut, J. (2001). S. 240-241. In der Praxis hat sich eine geografische Organisation nach Kontinenten durchgesetzt. So versammelte Daimler-Benz seine Führungskräfte aus den USA, Argentinien und Brasilien in den Vereinigten Staaten, während Bosch Deutschland als Austragungsort für Kandidaten verschiedener europäischer Länder wählte.44 Mit der Auswahl eines Veranstaltungsortes und der Einigung auf eine Geschäftssprache sind allerdings die organisatorischen Probleme kei- nesfalls beseitigt. Diese beginnen mit den Bemühungen, die internationalen Führungskräfte von ihren Tätigkeiten freizustellen, damit sie an Workshops teilnehmen können. Bei diesen Workshops sollen sie gemäß ihren Erfahrungen aussagekräftige Aktivitäten vorschlagen, also Aufgaben, mit deren Hilfe das Anforderungsprofil für die Stelle im Ausland deutlich wird. Optimalerweise sollten sie dann später auch noch an den Evaluationsseminaren als Beob- achter teilnehmen. Eine zweite Schwierigkeit liegt in der Systematisierung der Aufgaben und Übungen, die für die effektive Erfüllung einer Handlungssituation entscheidend sind. Dies erfordert des Weiteren Konsens über die externen Indikatoren für Akzeptanz oder Ablehnung einer Aufgabe. Bei der angemessenen Interpretation der Verhaltensweisen stehen die Beobachter vor dem Problem, dass sie verschiedene Meinungen und Ansichten haben. Dieses Problem sollte Idealerweise durch einen Konsens gelöst werden oder es sollte aus Prinzipien der Plausibili- tät auf der Basis existierender Machtverhältnisse entschieden werden: „Ebenfalls zu diskutie- ren bleibt, inwieweit interkulturelle Kompetenz in jedem Fall daran gemessen werden kann, ob es gelingt, „die Rahmenbedingungen einer für beide Seiten befriedigenden Verständigung auszuhandeln“ (Schönhuth 2005, 102). Dies ist zwar wünschenswert, aber gerade in berufli- chen Handlungskontexten (z.B. Aussprechen einer Kündigung) häufig problematisch bzw. nicht möglich. Das Zufriedenheitskriterium müsste hier durch den Aspekt der Plausibilität ersetzt werden, um zu vermeiden, dass interkulturelles Handeln als Homogenitätsveranstal- tung missverstanden wird.“45 45 Bolten, J. (2006). S. 6. 46 Kinast, E.-U. (2005). S. 175. 47 Vgl. Stahl, G. (1998), Bolten, J. (2001), Lohff, A. (2001), Nickut, J. (2001), Kinast, E.-U. (2005). 5.7. Zusammenfassung Kinast stellte fest, dass es bis jetzt keine Studien gibt, die die Zuverlässigkeit der Prognosen interkultureller AC prüfen.46 Es können zurzeit also lediglich grundsätzliche Überlegungen ins Feld geführt werden, um die Wirksamkeit von AC zu unterstreichen. Die genannten Vorteile interkultureller AC gegenüber anderen Methoden der Personalauswahl wie z.B. dem Perso- nalinterview scheinen zu einer Relativierung ihrer Schwierigkeiten zu führen. Fast alle zitier- ten Autoren teilen die Einschätzung, dass sich die hohen wirtschaftlichen und organisatori- schen Kosten, die die Entwicklung und Durchführung eines AC erfordert, rentieren, wenn man sie mit den Kosten, die eine unangemessene Personalauswahl nach sich zieht, ver- gleicht.47 Die Vorteile interkultureller AC helfen nicht nur bei der Auswahl derjenigen Personen, die innerhalb eines Unternehmens oder einer Institution die besten Voraussetzungen haben, um eine bestimmte Tätigkeit im Ausland zu verrichten. Es werden durch die interkulturellen AC Kenntnisse und Praktiken systematisiert, die mit internationalem Erfolg in Verbindung ge- bracht werden. Diese Erkenntnisse lassen sich bei der Personalauswahl und -entwicklung anwenden, wodurch das Unternehmen oder die Institution die Philosophie und den Füh- rungsstil eines supranationalen Unternehmens durchsetzen kann. Interkulturelle AC haben sich einen Platz innerhalb der Personalauswahl- und -entwicklungsverfahren für internationa- le Einsätze erkämpft. Dieser Erfolg ist in erster Linie der hohen Glaubwürdigkeit ihrer Aussa- gen zu verdanken, vor allem im Vergleich mit den auf Personalinterviews beruhenden Me- thoden. Der interkulturelle Kontext, innerhalb dessen sich die neuen Personalauswahl und Personal- entwicklungsverfahren bewegen, hat allerdings zu keiner maßgeblichen Veränderung der AC-Technik geführt. Zu den traditionellen Aufgaben gesellt sich nun entweder in umfassen- dem oder in begrenztem Rahmen der Einsatz von Fremdsprachen oder einer Lingua franca. Je nach Ziel und Möglichkeit des AC wird die direkte Teilnahme von Ausländern am AC favo- risiert. Einige kritische Punkte zu interkulturellen ACs seien angemerkt. Zum einen der expe- rimentelle Charakter einiger Vorschläge, zum anderen die Unsicherheit über Kontinuität und Erfolg vieler Entwicklungsprogramme, über die keine unabhängigen Einschätzungen hin- 48 Kinast, E.-U. (2005). S. 178. 49 Stahl, G. (1998). S. 221. sichtlich ihrer Vorhersagefähigkeit existieren, sowie schließlich der Trend zum Verzicht auf Auslandsentsendungen.48 Es gibt nur wenige Studien, die die Frage nach den Vorhersagefähigkeiten zu klären versu- chen. Eine Untersuchung von Stahl, die sich diesem Problem einigermaßen annähert, lässt jedoch Elemente externer Evaluation vermissen und liefert lediglich eine Korrelation zwi- schen der Aussage des AC über die Teilnehmer und ihrer Selbsteinschätzung (Selbstbild). Diese liegt bei einem Wert von r=,33. Eine weitere Korrelation zwischen den Aussagen des AC über einen Teilnehmer und der Einschätzung der anderen Probanden (Fremdbild) liefert einen Wert von r=,43.49 Das Fehlen vertrauenswürdiger Ergebnisse sowie der Mangel an angemessenen Instrumen- ten eröffnen zweifellos viele Möglichkeiten für weitergehende Untersuchungen und Studien im Bereich interkultureller AC und ihrer Aufgaben. 6 Computergestützte Assessment Center und Simulationen Im Folgenden wird der aktuelle Stand von AC mit computergestützten Simulationen dargestellt. Zur besseren Einordnung wird zunächst eine Auflistung der Aufgabentypen präsentiert, die bei AC und elektronischen Simulationen zum Einsatz kommen. Danach werden die Zugangsarten zu den Plattformen beleuchtet, die die Übungen verwalten. Aus methodischer Sicht wird im Anschluss eine Bewertung hinsichtlich der technischen Erfordernisse an die Konstruktion computerisierter Aufgaben vorgenommen, um daraufhin eine Bewertung der verschiedenen Aufgabentypen vorzunehmen. Abschließend werden Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden zusammengefasst. E-Assessment Center und computergestützte Simulationen dienen analog den Präsenz- Assessment-Centern einer standardisierten Registrierung und Messung individueller Verhaltensweisen, „aus denen Schlüsse auf Eigenschaften der betreffenden Person oder auf ihr Verhalten in anderen Situationen gezogen werden können“.1 Diagnosen mit Hilfe solcher Werkzeuge setzen die Existenz von Datenbanken oder von vorhergehenden Studien voraus. Diese Diagnosen belegen eine Beziehung zwischen gewünschtem bzw. erwartetem Verhalten und dem Vorliegen bestimmter Charaktereigenschaften bzw. versprechen eine zufrieden stellende Problemlösung.2 Die Simulation bestimmter Arbeitssituationen im AC, in jüngster Zeit auch komplexe Probleme3 genannt, geht davon aus, dass zur erfolgreichen Lösung spezielle Fähigkeiten vorhanden sein müssen. Mit Hilfe von Messinstrumenten, wie der Simulation von 1 Konradt, U., Lehmann, K. Böhm-Rupprecht, J. / Hertel, G. (2003). Computer- und internetbasierte Verfahren der Berufseignungsdiagnostik. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E- Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 106. 2 Hertel, G. (2003). Ziele und Strategien von E-Assessment aus der Sicht der psychologischen Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 37. 3 Laut Strauß / Kleinmann vereinen komplexe Probleme die folgenden Charakteristika: „Komplexität (viele Aspekten sind zu berücksichtigen), Intransparenz (Unbekanntheit mancher Informationen), Vernetztheit (die Aspekte in der Entscheidungssituation sind nicht unabhängig beeinflussbar), Eigendynamik (die Situation verändert sich ohne die Eingriffe des Handelnden), Polyteile (viele, teils kontradiktorische Ziele sind zu erreichen), Unbestimmtheit (oft sind die Ziele nicht deutlich formuliert).“ Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). Computersimulierte Szenarien im Assessment Center. In Sarges, W. (Hrsg.) Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode.2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Hogrefe: Verlag für Psychologie. Göttingen. S. 70-71. Arbeitsaktivitäten, ist es möglich, innerhalb einer Gruppe von Bewerbern diejenigen herauszufinden, die die besten Arbeitsfähigkeiten zeigen.4 4 Neubauer, R. (1997). Führungskraftauswahl in der Praxis. In Geilhardt, T. / Mühlbrand, T. (Hrsg.). (1997). Planspiele im Personal- und Organisationsmanagement. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 156. 5 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). Computersimulierte Szenarien im Assessment Center. In Sarges, W (Hrsg.). (2001). Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe. Schuler, H. / Funke, U. (1993). Diagnose beruflicher Eignung und Leistung. In Schuler, H. (Hrsg.). Lehrbuch Organisationspsychologie. Bern. Huber und Jeserich. W. (1996). 18 Jahre Erfahrung mit Assessment Center in Deutschland. Dynamisierung des ACs: der Planspiel-Ansatz. Abschnitt 2. Neuere Trends und gegenwärtiger Stand des AC. In Arbeitskreis Assessment Center (Hrgs.). (1996). Assessment Center als Instrument der Personalentwicklung: Schlüsselkompetenzen, Qualitätsstandards, Prozeßoptimierung. Hamburg. Windmühle Verlag. [online] Download am 24.10.2006. 6.1 Aufgabentypen Strauß, B. / Kleinmann, M., Jeserich; W. und Schuler, H. / Funke, U. stimmen in ihrer Ansicht überein, dass es in den letzten Jahren einen Wandel gab, weg von den Präsenz-AC hin zu computergestützten AC-Modulen (Nutzung elektronischer Medien mit spezieller Software). Dieser Prozess konzentrierte sich auf drei Aufgabentypen: „Papier-und-Bleistift“- Testverfahren, Postkorbübungen und computergestützte Managementsimulationen.5 6.1.1 Fragebögen und Tests Der Übergang von „Papier-und-Bleistift“-Testverfahren in computerbasierte Testverfahren wurde vor allem wegen der damit verbundenen administrativen Erleichterung stark gefördert. Er brachte einen Zugewinn durch schnelle Anwendbarkeit und Objektivität bei der Evaluation der registrierten Antworten. Die Schnelligkeit des elektronischen Auswertungsverfahrens ergibt sich daraus, dass die Probanden selbst ihre Daten bzw. Antwortoptionen in die Registrierungssoftware eingeben. Diese direkte Dateneingabe erlaubt unter Zuhilfenahme mathematischer Algorithmen eine zeitnahe Datenauswertung. Zusätzlich zum zeitlichen Gewinn bedeutet dieses Verfahren auch eine Effizienzsteigerung, da sich in der Praxis feststellen lässt, dass bei computerisierten Verfahren die Anzahl der unbeantworteten Fragen niedriger ist. Dennoch kann die elektronische Datenverarbeitung gleichzeitig eine Fehlerquelle darstellen, zum 6 Hertel, G. (2003). Ziele und Strategien von E- Assessment aus der Sicht der psychologischen Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 38- 39. 7 Hertel, G. (2003). S. 39. 8 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). Entwicklung und Anwendung computersimulierter Szenarien. In Strauß, B. / Kleinmann, M. (1995). Computersimulierte Szenarien in der Personalarbeit. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 229. 9 Didi, H.-J. (2002). Der Postkorb. In Fay, E. (2002). Das Assessment Center in der Praxis. Konzepte – Erfahrungen – Innovationen. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. S. 82. 10 Hertel, G. (2003). S. 40. und Hartung, S. / Schneider, I. (1995). Entwicklung und Anwendung computersimulierter Szenarien. In Strauß, B. / Kleinmann, M. (1995). Computersimulierte Szenarien in der Personalarbeit. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 229. Beispiel in Form von Tippfehlern bei unzureichender Erfahrung im Umgang mit Computertastaturen.6 Trotz der Risiken deutet der Vergleich zwischen den Antworten konventioneller (Bleistift-und- Papier) und softwarebasierter Verfahren darauf hin, dass die Einführung computergestützter Formate zu keiner Datenverzerrung geführt hat, weshalb die Ergebnisse eines computerisierten Tests als gleichwertig mit denen eines konventionellen anzusehen sind.7 6.1.2 Postkorbübung Die rasche Ausbreitung der Postkorbübung wird damit erklärt, dass anhand dieses Instruments ein ganzes Portfolio individueller Verhalten gemessen werden kann. Hierzu zählt die Anwendung von Kenntnissen, die Festlegung von Prioritäten, die (Selbst-) Organisationsfähigkeit, die Aufgabenerfüllung und -delegation sowie ein angemessener sozialer Umgang und Führungsfähigkeiten.8 Die Lösung der Probleme, mit denen der Teilnehmer konfrontiert wird, erfordert von ihm nicht nur Analysefähigkeit einschließlich ihrer sozialen und technischen Komponenten, sondern auch die Fähigkeit, alle Einflüsse auf das System, dessen Teil er darstellt, angemessen miteinander zu verknüpfen. Eine weitere Stärke der Postkorbübung liegt darin, dass die festgestellten Ergebnisse einzig auf den Probanden zurückzuführen sind, also „unabhängig vom Verhalten anderer Teilnehmer.“9 Die Durchführung der Postkorbübung in einem softwarebasierten Format läuft für gewöhnlich als Arbeitsprobe ab. Es bedeutet, dass Aktivitäten simuliert werden, bei denen Fähigkeiten wie „Organisation, Planung, Arbeitsteilung, Zielorientierung und Schnelligkeit“10 gemessen werden können. Der Transfer dieser Übungsform von einer Präsenz-Methode zu einem 11 Jeserich, W. (1996). 18 Jahre Erfahrung mit Assessment Center in Deutschland. In Arbeitskreis Assessment Center (Hrsg.). (1996). Assessment Center als Instrument der Personalentwicklung: Schlüsselkompetenzen, Qualitätsstandards, Prozessoptimierung. Hamburg. Windmühle Verlag.Download am 20.10.2006. 12 Ebd. 13 Schaper, N., Sonntag, K., Baumgart, Ch. (2003). Ziele und Strategien von Personalentwicklung mit computer- und netzbasierten Medien. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E- computergestützten Verfahren hat zum einen zur Objektivität des Mittels beigetragen, zum anderen bedeutet er einen Zugewinn hinsichtlich der Schnelligkeit und administrativen Vereinfachung. Nebenbei hat dieser Transfer zur Dynamisierung des Prozesses beigetragen. Unter Dynamisierung des Prozesses versteht man die Konfrontation des Probanden mit den Ergebnissen seiner Entscheidungen sowie die Integration so genannter „Distraktoren“. Diese zeigen sich in Form von Aufgaben oder Vorfällen, die vom Kandidaten eine unmittelbare Entscheidung erfordern, üblicherweise in Form eines Multiple-Choice- Schemas.11 Bis zur Implementierung computerisierter Verfahren verlangte die Postkorbübung vom Bewerber die nach Prioritäten sortierte Auflistung der zu erledigenden Tätigkeiten, je nachdem, ob diese sofort zu erledigen sind, an Untergebene delegiert werden können, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden oder gar ignoriert werden können. Jede einzelne Entscheidung wurde anschließend bewertet. Das führte dazu, dass dem Probanden keine Möglichkeit gegeben wurde, seine Fehler selbst zu erkennen, geschweige denn sie zu korrigieren. Somit blieben Fähigkeiten wie das Lernvermögen bei der Analyse unberücksichtigt. Computergestützte Postkorbübungen hingegen erlauben eine Konfrontation des Probanden mit den direkten Konsequenzen seiner Entscheidungen, wodurch die gesammelten Daten gleichsam eine Spiegelung der autodidaktischen Fähigkeiten des Probanden sind.12 6.1.3 Simulationen und Planspiele Der derzeitige Stand der Verbreitung und Entwicklung computergestützter Messverfahren ist auf die komplexen Arbeitsbedingungen und -anforderungen der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zurückzuführen. In dieser Phase kristallisierte sich ein rascher technologischer Wandel heraus sowie ein Rückgang der Produktionszyklen hin zu neuen Arbeitsformen „wie z. B. Telearbeitsplätzen oder virtuellen Arbeitsteams, bei denen Mitarbeiter Arbeitsleistungen und Kooperationen durch Einsatz moderner Technologien räumlich und zeitlich entkoppelt erbringen.“13 Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 55-56. 14 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 222. 15 Schaper, N. / Sonntag, K. / Baumgart, Ch. (2003). S. 55-56. 16 Strauß, B / Kleinmann, M. (2001). S. 71. 17 Hertel, G. (2003). Ziele und Strategien von E- Assessment aus Sicht der psychologischen Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 40. und Leutner, D. (1997). Computerunterstützte Planspiele als Instrument der Personalentwicklung. In Geilhardt, T. / Mühlbrand, T. (1997). Planspiele im Personal- und Organisationsmanagement. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 108. Ein weiteres Phänomen, das in etwa zeitgleich auftrat, ist an die wachsende Komplexität der neuen Produktions- und Administrationsprozesse gekoppelt. Diese Situation verlangt von den Führungskräften des 21. Jahrhunderts „den Überblick in komplexen Problemlösungs- und Entscheidungssituationen zu bewahren, viele verschiedene Ziele gleichzeitig im Auge zu behalten, die Eigendynamik einer Situation zu berücksichtigen, Entscheidungen unter unvollständiger Informationsbasis zu treffen und dabei auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen von Maßnahmen zu beachten.“14 Die Berücksichtigung computergestützter Aufgaben im AC darf nicht nur als Versuch der Wiedergabe technischer Routinen (Telearbeit, virtuelle Teamarbeit) in neuen Arbeitsfeldern verstanden werden, sondern sollte vor allem als Mittel zur Verdeutlichung und Messbarkeit des „Umgangs mit veränderten Arbeits- und Kommunikationsbedingungen“15 gesehen werden. Ohne Zuhilfenahme computerisierter Maßnahmen wäre dies nicht nur sehr schwer in seiner ganzen Komplexität zu realisieren, sondern außerdem schwer zu beobachten und zu registrieren. Planspiele als Reproduktion komplexer Systeme bedienen sich für ihre Realisierung zahlreicher Instrumente wie Rollen und Regeln. Die Rollen werden durch eine Ausgangssituation determiniert, die eine auf Axiomen basierende „semantisch mehr oder wenig plausibel eingebettete [Geschichte wiedergibt] (Führung einer Schokoladenfabrik, Leitung eines Hotels etc.).“16 Unter Regeln versteht man den (Handlungs-) Rahmen, dem der Teilnehmer unterworfen ist, das heißt, sie bestimmen die Mechanismen des Systems, die vom Probanden beeinflusst werden können.17 Die Variable Zeit steht bei den Planspielen in enger Relation zur Variable Lernvermögen. So sind beispielsweise die Interventionen der Probanden (Beeinflussung der verschiedenen Variablen wie Löhne, Verkaufspreise, Produktionsvolumina etc.) auf bestimmte Zeitintervalle bezogen, zum Beispiel auf monatliche oder halbjährliche Planung. Während des Durchlaufs verschiedener Perioden wird vom Probanden erwartet, dass er seine Arbeits- bzw. 18 Jeserich, W. (1996). 19 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 77. Produktionsleistung im Rahmen seiner Rolle ständig verbessert. Entscheidungsfehler aus vorhergehenden Perioden sollten sich nicht wiederholen. Auch wenn die Methode der Planspiele lobenswert ist und wenig Probleme in ihrer Handhabung und Auswertung beinhaltet, ist sie dennoch nicht unhinterfragt anzuwenden, zumal sie einem grundlegenden Prinzip des AC widerspricht, nämlich, „daß jeder Teilnehmer mit jeder neuen Übung auch eine neue Chance erhält und keine Altlasten mit sich herumtragen soll.“18 Sinn dieser Regelung der Präsenz-AC ist, dass ein negativer Eindruck einer Übung keinen negativen Einfluss auf die Beurteilung anderer Übungen hat. Wenn also ein Teilnehmer im 1. Durchlauf aus seinen Fehlern lernt, kann er das Gelernte in einem 2. Durchlauf nicht berücksichtigen, da es einen solchen nicht gibt. Wenn unter Berücksichtigung dieser Regeln computergestützte Mittel eingesetzt werden, lassen sich verschiedene Typen von Simulationen entwickeln, wie die folgende Tabelle verdeutlicht. Tab. 25: Grundlegende Typen von Computersimulationen 1. „Physikalische Simulationen betreffen ein bestimmtes konkretes Objekt. 2. Prozedurale Simulationen betreffen eine bestimmte, eng umgrenzte Aufgabe, Vorgehens- oder Verfahrensweise, wobei physikalische und prozedurale Simulationen häufig gekoppelt sind (z. B. bei einem Flugsimulator: Objekt ist das Flugzeug; Aufgabe ist das Steuern des Flugzeuges). 3. Bei Prozess-Simulationen lassen sich die Parameter eines bestimmten, z. B. biologischen, Prozesses festlegen und die Einflüsse der Parameteränderung auf den Ablauf des Prozesses untersuchen. 4. In Situationalen Simulationenwerden schließlich reale Situationen simuliert, in denen der Proband eine bestimmte Rolle spielt, in der Regel seine eigene (…). Handelt es sich bei der Situation um eine Arbeitssituation, dann [ist es] eine Arbeits-Simulation.“ Aus: Leutner, D. (1997). Computerunterstützte Planspiele als Instrument der Personalentwicklung. In Geilhardt, T. / Mühlbrand, T. (Hrsg.) (1997). Planspiel im Personal- und Organisationsmanagement. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 107. Als Inspiration für die Entwicklung von computergestützten Simulationen in Form von Planspielen diente dasselbe Prinzip, das den Präsenzübungen zu Grunde liegt: „Arbeitsproben mit aufgaben- und verhaltensbezogenen Arbeitsanalysen“19, die nach der von 20 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 77. 21 Didi, H.-J. (2002). S. 97-98. 22 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 76. 23 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 81. 24 Ebd. 25 Sarges, W. (2001). S. XXII. Leutner vorgeschlagenen Nomenklatur als „Situationale Simulation bzw. Arbeitssimulation“ bezeichnet wird. 20 Die Realitätsnähe computergestützter Simulationen war von Anfang an Objekt heftiger Debatten. Es meldeten sich nicht wenige kritische Stimmen, die forderten, dass die elektronischen Simulationen sich auf eine semantische Reproduktion der Realität beschränken sollten und rieten zur Übernahme der Berufs- oder Funktionsbezeichnungen.21 „Zwar weisen die Programme oft eine semantische Einbettung auf, die den Problemlöser in Situationen des sozialen Lebens zu versetzen scheint, doch betrachtet man die Computerprogramme selbst, kann nicht davon ausgegangen werden, dass hier realitätsnah und schon gar nicht wirklichkeitsgetreu modelliert wurde. (…) Es gibt in der Regel weder ausführliche Voruntersuchungen zu den relevanten Variablen noch zu den Beziehungen zwischen den Variablen.”22 Die Mehrheit der Simulationsübungen beruft sich eher auf einen auf Schlüsselbegriffen gestützten Plausibilitätsgrad denn auf detaillierte Analysen der zu erfüllenden Aufgabe und der Erfolgsfaktoren. Um diesem Vorwurf zu begegnen ist es wichtig, die Aufgaben und spezifischen Aktivitäten so anzupassen, wie sie in der Realität auftauchen könnten. Durch ein Anforderungsprofil können die verschiedenen Variablen, die das System bedingen, differenziert und in einen Zusammenhang gebracht werden. Strauß, B. / Kleinmann, M. schlagen zur Verbesserung vor, die computergestützten Planspiele so an kognitiven Prozessen auszurichten, wie diese in der Realität auftauchen. Dadurch sollen „bestimmte inhaltliche Fertigkeiten, bestimmte Arbeitstechniken oder aber auch allgemeinere Handlungskompetenzen ermittelt werden.“23 Dieser zuletzt genannte Verbesserungsvorschlag widerspricht in gewisser Weise einigen fundamentalen Regeln des AC, „zumal Tests bislang fast nur respondentes, kaum operantes Verhalten verlangen, wie es in AC-Übungen gefordert und aufschlußreich ist.“24 Aus dieser Kritik ergibt sich, dass computergestützte Verfahren als Ergänzung zu konventionellen Datenerhebungstechniken betrachtet werden sollten und nicht etwa als alternativer Ersatz.25 26 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). In Strauß, B. / Kleinmann, M. (1995). Computersimulierte Szenarien in der Personalarbeit. Göttingen. Hogrefe Verlag für Psychologie. S. 219-221. 27 Knoll, T. / Preuss, A. (2003). Online-Recruitment: Internetgestützte Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 171. 28 Konradt, U. et al. (2003). Computer- und internetbasierte Verfahren der Berufseignungsdiagnostik. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 107. Ein weiterer Aspekt, der den Erfolg computergestützter Personalauswahl- und entwicklungsverfahren erklärt, ist die Ausgleichsfunktion, die diese Vorgehensweise erfüllt. Sie bildet einen Gegenpol zu den Gruppenaufgaben, denen bei Präsenz-AC eine gewichtige Rolle zur Messung kommunikativer Variablen zukommt (siehe u. a. vorangehendes Kapitel), wodurch allerdings kognitive Variablen oder individuelle Leistungen vernachlässigt werden.26 Dies scheint eine paradoxe Situation zu sein, berücksichtigt man das enorme prädiktive Potential, das den kognitiven Faktoren zugeschrieben wird: „Das analytische Denkvermögen hat sich immer wieder als ein Merkmal erwiesen, das als einzelner Prädiktor die höchsten Zusammenhänge mit beruflichem Erfolg ausweist”.27 6.2 Zugang und Funktionsweise computergestützter Assessment Center 6.2.1 Offline- und Online-Plattformen In einer empirischen Betrachtung, die die Entwicklung von Computer- und internetbasierten Verfahren der Berufsdiagnostik in den Jahren 1984-2002 beleuchtet, stellt Udo Konradt 44 Instrumente fest, die seiner Meinung nach unter dem Namen „computer- oder internetbasiertes Testverfahren“ geführt werden können.28 Die computergestützten Diagnoseinstrumente können sowohl offline als auch online zur Anwendung kommen. Im Falle einer Offline-Variante werden die Daten des Probanden noch auf demselben Computer ausgewertet oder auf einen externen Speicher (CD, USB-Stick o. ä.) geladen. Bei einem Online-Verfahren hingegen ist der Computer über einen zentralen Server an ein internes oder externes (Internet) Netz angeschlossen. Dadurch wird dem Probanden in vollkommener Unabhängigkeit von Ort und Zeit der Zugriff auf Übungs- und Lernplattformen ermöglicht. 29 Vgl. Konradt, U. (2003). S. 107-108. 30 Ebd. S. 120. 31 Ebd. In seiner Studie stellte Konradt fest, dass 75% der von ihm untersuchten Übungsformen (33 von 44) zu den Offline-Formaten zählen. Die Bevorzugung der Offline-Formate gegenüber den Online-Verfahren ist auf die größeren Kontrollmöglichkeiten über externe Faktoren, die möglicherweise die Vergleichbarkeit der Daten behindern, zurückzuführen. Vor allem sei hier das Problem der Identitätserkennung des Probanden genannt. Somit reduzieren die Offline- Formate Präsenzverfahren, Identitätbetrugs- und Plagiatsmöglichkeiten auf ein Minimum. Dies ist ein nicht zu vernachlässigendes Problem von Online-Formaten, wo man stets das Risiko eingeht, dass die teilnehmende Person möglicherweise gar nicht die für die Teilnahme ausgewählte bzw. autorisierte Person ist.29 Ein weiteres Problem der Online-Formate liegt in der Vergleichbarkeit der Daten, die auf Basis unterschiedlicher Ausrüstung an unterschiedlichen Orten und unter unterschiedlichen Bedingungen gesammelt werden. Es ist zu befürchten, dass die unterschiedliche Ausrüstung der Nutzer der Onlineplattform die Vergleichbarkeit der Daten massiv beeinträchtigt, vor allem bei Übungen, bei denen Schnelligkeit eine Rolle spielt. Hier können die Ergebnisse auf Grund von technisch unangemessenen Voraussetzungen (z. B. Modem vs. DSL) negativ beeinflusst werden. Für weitere Verzerrungen der Ergebnisse sorgen unterschiedliche Steuerelemente (Maus oder Tastatur), unterschiedliche Prozessoren (Geschwindigkeit), unterschiedliche Grafikauflösungen und unterschiedliche Software (Browser, Java etc.).30 Angesichts der Schwierigkeit des Datenvergleichs beim Einsatz von Online-Formaten liefert die Offline-Variante sichere Ergebnisse, sofern gewährleistet wird, dass mit vergleichbarer Ausrüstung und unter vergleichbaren Kontextbedingungen gearbeitet wurde. Ein weniger intensiv untersuchtes Forschungsgebiet, das aber dennoch einen Einfluss auf die Validität der Ergebnisse, sowohl des Offline- als auch des Online-Verfahrens hat, ist die elektronische Ergonomie: Normen, die die Entwicklung von Lösungen zur Leistungssteigerung oder zur Benutzerfreundlichkeit regulieren. Bislang gibt es keine entsprechenden Normen, womit Hilfsmittel und Steuerinstrumente (wie Icons, Eingabefelder, Farben, Einsatz von oder Verzicht auf die Maus) der Willkür des Programmierers überlassen sind: „Die zurzeit verfügbaren computergestützten Systeme unterscheiden sich bereits bei der Umsetzung einfacher Fragebögen in den Benutzoberflächen erheblich voneinander”.31 Von 1995-2003 wurde die Problematik der Entwicklung und Konstruktion elektronischer AC ausführlich diskutiert. Seitdem sind kaum neue Erkenntnisse hinzugekommen. Konradt (2003) zeigt unter Bezugnahme auf eine Studie von Dzida (1994) drei Minimalkriterien für 32 Vgl. Konradt, U. (2003). S. 120. 33 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). Computersimulierte Szenarien im Assessment Center. In Sarges W. (Hrsg.) Weiterentwicklungen der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Hogrefe: Verlag für Psychologie. Göttingen. S. 70. 34 Ebd. S. 70. 35 Ebd. eine befriedigende elektronische Ergonomie auf: “Selbsterklärungsfähigkeit, Erlernbarkeit und Fehlertoleranz.”32 6.2.2 Nutzung von Offline-Formaten Die Nutzung von Offline-Verfahren in AC wird in der fachbezogenen Literatur kaum erwähnt. Daraus lässt sich schließen, dass die Praktiken der Offline-Variante ähnlichen Regeln folgen wie konventionelle AC, zumal die Offline-Variante zu den Präsenz-Verfahren zu zählen ist. Die Identität der Probanden wird von den Mitarbeitern geprüft, welche üblicherweise weitere Hilfestellung bei der Handhabung der Übungsplattform geben (Einloggen) und die Durchführung der Übung beaufsichtigen sowie das Verhalten bewerten. Strauß / Kleinmann formulieren in ihrem Artikel Computersimulierte Szenarien im Assessment Center drei Durchführungsformen für Offline-Formate: als Einzel-Assessment (ein AC für einen einzelnen Teilnehmer), als Gruppenaktivität (mehrere Teilnehmer lösen gemeinsam eine Aufgabe an einem PC) und als AC für mehr als einen Teilnehmer (alle Teilnehmer lösen gleichzeitig und jeder für sich die Aufgaben).33 Laut Strauß und Kleinmann kann bei der gängigsten Form offline ablaufender AC mehr als ein Kandidat gleichzeitig evaluiert werden und dies sogar ohne die Anwesenheit eines Beobachters. Dies geschieht, indem jeder Teilnehmer Individualaufgaben an einem PC löst. Die Evaluation läuft dabei einzig auf Basis der elektronischen Protokolle ab, die die Bearbeitungssoftware der AC-Module und -Aufgaben liefert. Alternativ könnte diese Vorgehensweise so aussehen, dass das elektronische Protokoll durch ein konventionelles Protokoll (Urteil von Beobachtern) ergänzt wird, welches auf das "konkrete Verhalten bei der Problemlösung" fokussiert.34 Beim AC in Form einer Gruppenaufgabe lösen zwei oder mehr Teilnehmer gleichzeitig eine Aufgabe an einem PC. "Ziel dieser Gruppenarbeit ist die gemeinsame Problemlösung. In der Regel sind bei dieser Form Assessoren anwesend, da das direkt beobachtbare Problemlösungsverhalten in der Gruppe zentral ist”.35 36 Knoll, T. / Preuss, A. (2003). Online- Recruitment: Internetgestützte Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 174. 37 Ebd. S. 174. 38 Ebd. Die dritte und letzte Variante stellt das Einzel-Assessment dar, welches laut Strauß / Kleinmann bislang am wenigsten Verbreitung gefunden hat. Bei diesem AC gibt es nur einen Kandidaten, der Aufgaben an einem PC löst. 6.2.3 Nutzung von Online-Formaten In ihrem Artikel Online-Recruitment: Internetgestützte Personalauswahl unterscheiden Tilman Knoll und Achim Preuss 36 drei verschiedene Möglichkeiten für den Online-Zugang: Offene Administration, Kontrollierte Administration und Beaufsichtigte Administration. Die Offene Administration ist durch unbeschränkten Zugang für jeden Nutzer ohne vorherige Registrierung gekennzeichnet. Dadurch werden zweifellos neue Zielgruppen erreicht, da keine Anforderungen erfüllt sein müssen um teilzunehmen, wie z.B. eine bestimmte Ausbildung oder ein Studium, bzw. der Nachweis von Erfahrungen. Dieser durchaus positiv zu bewertende Umstand kann aber auch als Nachteil gelten, da es somit zu einem Missbrauch der Plattform kommen kann: „Ein Interessent [kann] sich beispielsweise beliebig häufig (unter Angabe falscher Daten) bei einem Unternehmen bewerben und somit mehrfach das Auswahlverfahren durchlaufen."37 Durch eine so genannte kontrollierte Administration werden die Seiten der Aufgabenplattform durch Passwörter geschützt, wodurch nur autorisierte Benutzer Zugangsmöglichkeit erhalten. Normalerweise erfordert die Autorisation eine vorherige Einschreibung, bei der häufig zumindest einige persönliche Daten angegeben werden müssen, welche unter Umständen sogar zur Evaluation herangezogen werden. Dazu gehören beispielsweise Emailadresse, Alter, Geschlecht, Studium, Erfahrung etc. Die Implementierung von Passwörtern kann zwar nicht verhindern, dass Dritte für den eingeschriebenen Nutzer die Aufgaben auf der Plattform lösen, jedoch können sie den Zugriff auf das System auf eine einmalige Session limitieren. Dadurch wird sowohl Missbrauch als auch der Überlastung der Plattform entgegengewirkt.38 Die Administration ist dem Offline-Verfahren sehr ähnlich, da „eine beaufsichtigte Administration die Anwesenheit des Teilnehmers und einer Person, die für den Teilnehmer 39 Knoll, T. / Preuss, A. (2003). 174. 40 Vgl. Neubauer, R. (1997). S. 159-160. die Anmeldung im System vornimmt und abschließend die korrekte Durchführung des Verfahrens bestätigt [erfordert]."39 6.2.4 Datenerhebung Das Erstellen von Diagnosen und Prognosen anhand computerisierter Aufgaben basiert auf der Erfassung des Verhaltens des Probanden während der Benutzung der Aufgabenplattform. Eine Analyse computergesteuerter Tests und Planspiele lieferte als Ergebnis drei fundamentale Kennziffern: 1. Erfassung des Verhaltens: Zahl der getroffenen Entscheidungen (multiple-choice) oder Zahl der Dateneingaben, Erfassung der zu Rate gezogenen Quellen, z. B. zusätzliche Information, unterstützende Seiten; Zahl der Fenstermeldungen, wie „Möchten Sie diese Aufgabe wiederholen?" sowie die zur Lösung der Aufgaben benötigte Zeit. 2. Schlussevaluation über zentrale Parameter, zum Beispiel das nach der letzten Handlung angehäufte Gesamtkapital, das erzielte Wachstum gemessen an anderen Parametern wie der Anzahl der Angestellten, den Produktionsniveaus oder der Gesamtbevölkerung, Anzahl der gelösten Aufgaben etc. 3. Teilentwicklungstendenzen anhand bestimmter zentraler Parameter, zum Beispiel am Ende jeden Intervalls (bei monatlicher Planung). Es werden Statistiken über grundlegende Tendenzen angefertigt, wie Skalen, die den Zeitverlauf des Spiels anzeigen, bis zu erreichten Effizienzniveaus bei der Anhäufung von Kapital, Verkaufszahlen etc.40 Für gewöhnlich erfolgt die Evaluation dieser Daten auf zwei verschiedene Arten: Bei einer Möglichkeit geht man davon aus, dass jede Aufgabe eine spezifische Variable (Fähigkeit) misst und keinen Einfluss auf vorangehende oder folgende Aufgaben hat. Bei der anderen Möglichkeit wird angenommen, dass man ein "komplexes System" geschaffen hat, in welchem die Lösung eines Aufgabenblocks Auswirkungen auf nachfolgende Aufgaben hat. Die Logik dieses zweiten Ansatzes ist vor allem nachvollziehbar, wenn es sich zum Beispiel um die Wiederholung bestimmter routinemäßiger Prozesse mit kurzfristigen und mittelfristigen Perspektiven in verschiedenen Intervallen handelt. Ein Beispiel wäre die Leitung einer Modellfabrik als Teil einer Übung, in der üblicherweise rund 20 Spielrunden 41 Vgl. Hasselmann, D. (1995). S. 245. 42 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. 43 Ebd. S. 223. 44 Ebd. S. 234. simuliert werden. Dabei ließ sich feststellen, dass nach 15 Runden eine Normalkurve erreicht wurde, also bestimmte Lernfehler der ersten Runde ausgeglichen werden.41 6.3 Technische Voraussetzungen für computergestützte Simulationen Für die Erarbeitung elektronischer Aufgaben ist eine Grundstruktur an Daten und technischen Vorgängen notwendig. Zu den zu erhebenden Daten zählt auch die Beobachtung und die Analyse, mittels derer man erfolgreiches Verhalten mit der Biografie des Kandidaten oder mit seinem Verhalten in spezifischen Situationen in Verbindung bringt. Laut Hartungs / Schneider sollte aus praktischen Gründen auch die Dauer der Durchführung mit in die Überlegungen einfließen. Die Autoren sind der Meinung, dass die für die Erläuterung der Aufgabe vorgesehene Zeit nicht die Dauer der Simulation oder der Datenerhebung überschreiten solle, andernfalls verliere das computergestützte Verfahren viele seiner Vorteile. Des Weiteren muss die Eindeutigkeit der Aufgabenstellung gewährleistet werden. Idealerweise sollte es keine Nutzungsbeeinträchtigungen für die Kandidaten geben, die über keine Erfahrungen im Umgang mit Computern verfügen. „Es ist nicht die Aufgabe der PC-Übung, herauszufinden, wie gut ein Teilnehmer mit dem PC umgehen kann."42 Eine Mindestanforderung an die Bedienung des Computerprogramms ist, dass alle Steuer- und Kontrollelemente auf der Benutzeroberfläche sichtbar sind. Außerdem sollte die Komplexität der Interaktionsmöglichkeiten zwischen Nutzer und System auf ein Minimum beschränkt werden, indem die Dateneingabe zum Beispiel nur über die Tastatur erfolgt und nicht über die Maus.43 Neben der Übersichtlichkeit des Systems sollte bei der Konstruktion auf ein neutrales Umfeld des Szenarios geachtet werden, um „die Chancengleichheit zu wahren und fachspezifische Kenntnisse und Erfahrungen auszuschließen [und so] keine ungleichen Voraussetzungen zwischen den Teilnehmern [zu schaffen]".44 Um einen weiteren Qualitätsmindeststandard zu erfüllen, sollte die computerisierte Aufgabe eine hohe Akzeptanz unter den Nutzern erreichen. Die Möglichkeit dieses Ziel zu erreichen wird gesteigert, indem die Aufgabe „für die Teilnehmer/-innen inhaltlich interessant und 45 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. 46 Hasselmann, D. (1995). S. 256. ausreichend anspruchsvoll [ist], so daß weder Unter- noch Überforderung entsteht. Dies ist eine wichtige Voraussetzung zur Motivation bei der Bearbeitung".45 Simulation und Wirklichkeit: Wie bereits unter 6.2.3 beschrieben, wurzeln Schwierigkeiten der Simulationen darin, dass diese zum Großteil unter Plausibilitätsannahmen operieren. „(...) Problematisch wird dieses Vorgehen dann, wenn die Oberflächenstruktur in Form der inhaltlichen Einkleidung nicht zu der Tiefenstruktur (Beziehungsmodell) passt. Treten hier Widersprüche auf, z. B. in Form von Beziehungen, die in realen Problemstellungen nicht vorkommen und damit möglichen Praxiserfahrungen grob widersprechen, kann dies zu erheblichen Problemen beim eignungsdiagnostischen Einsatz führen".46 Um diesen Effekt zu vermeiden, empfiehlt es sich in der Simulation die Situation so zu kreieren, wie sie in der Praxis vorkommt. Dies beinhaltet, dass das Szenario der Simulation genau die beobachteten Tiefenstrukturen der Realität wiedergibt. In diesem Fall kommen bei der Konstruktion der Simulationen dieselben Instrumente wie beim konventionellen AC zum Einsatz. Die folgende, von Hasselmann entwickelte Tabelle zeigt, dass die technischen Kriterien bei der Konstruktion eines computergestützten AC oder einer Simulation sich nicht von den technischen Anforderungen an konventionelle Aufgabentypen unterscheiden. Tab. 26: Qualitätsanforderungen an computergestützte Szenarien „Für den Einsatz in Seminaren, Trainings oder als Gruppenübung im Assessment- Center sind zu fordern: . definierte und relevante Anforderungen . ausführliche Dokumentation des Systemverhaltens . standardisierte Instruktion . leichte, ergonomische Bedienbarkeit Für den Einsatz in der Eignungsdiagnostik sind zusätzlich zu fordern: • Objektivität der Durchführung und Auswertung • stabile und reliable Gütemaße • standardisierte und normierte Auswertung • empirisch fundierte Interpretationshinweise • empirischer Nachweis der (prädiktiven) Validität“ Aus: Hasselmann, D. (1995). Die Konstruktion computersimulierter Szenarien für die Personalarbeit. In Strauß, B. / Kleinmann, M. (1995). Computersimulierte Szenarien in der Personalarbeit. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 239. 47 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 77-78. 48 Hasselmann, D. (1995). Die Konstruktion computersimulierter Szenarien für die Personalarbeit. In Strauß, B. / Kleinmann, M. (1995). Computersimulierte Szenarien in der Personalarbeit. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 240. 49 Halo-Effekt: Beeinflussung einer Beurteilung durch bestimmte Vorkenntnisse. Duden. (1996). 21. Auflage. Mannheim. Brockhaus. 50 Die Probleme dieser Methode aus Probe und Gegenprobe wurzeln in der Lernkurve bzw. der Sensibilisierung, die nach der ersten Messung eintreten kann. Dadurch tendiert der Proband bewusst oder unbewusst dazu, im zweiten Durchlauf dieselben Antworten zu geben wie im ersten. Dieses Phänomen wird verstärkt beobachtet, wenn zwischen den beiden Messungen ein Zeitraum von weniger als zwei Wochen liegt. Ein anderer Effekt ist, dass die Sensibilisierung dazu führen kann, dass sich die Haltung und Meinung des Probanden radikal ändert. Obwohl beide Phänomene leicht vorauszusehen sind, lassen sie sich äußerst schwer messen. Aaker, D. (1989). Investigación de Mercados. Cali. McGrah-Hill. S. 246. Trotz der Existenz von Qualitätsmindeststandards stellen Strauß, B. / Kleinmann, M. fest, dass die Mehrheit der von ihnen untersuchten Szenarien nur unzulängliche Anforderungsprofile aufweisen, die die Konstruktion und den Einsatz der Aufgaben auf Arbeitsplattformen rechtfertigen.47 6.4 Validierung computergestützter Assessment Center und Simulationen Dieter Hasselmann stellt in seiner Untersuchung fest, dass das hauptsächliche Validitätskriterium, das ein computergestütztes Instrument zur Datenerhebung erfüllen muss, die Objektivität der Messung ist. Dazu gehört, dass der Datenerhebungs- und Datenevaluationsprozess jedem potentiellen Nutzer eine Garantie über Standardisierung und Vergleichbarkeit gibt. „Hierzu ist insbesondere sicherzustellen, daß bei der Bearbeitung keinerlei Zufallseinflüsse im Programmverlauf [auftreten]"48. Sowohl die Softwarekontrolle als auch die Dateneingabe des Nutzers im Zusammenspiel mit klaren Evaluationsnormen sollen das Risiko externer Interferenzen (Halo-Effekt)49 bei der Datenerhebung und -evaluation verringern, wodurch dieser Vorgang an Objektivität gewinnt. Ein weiteres Mindestqualitätskriterium steht im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeit (Stabilität) des Messinstruments. Die Stabilität eines Messinstruments wird für gewöhnlich mit Hilfe einer Probe und einer Gegenprobe geprüft. Das heißt, dass derselben Testgruppe zu unterschiedlichen Zeitpunkten dasselbe Messinstrument (elektronischer Fragebogen, Simulation etc.) präsentiert wird. Wenn die bei der ersten und bei der zweiten Messung ergebenden Resultate eine signifikante Korrelation aufweisen, wird dem Messinstrument „Beständigkeit" anerkannt, da es ohne oder nur mit geringfügiger Abweichung die Existenz des Phänomens nachweist, das es untersucht.50 51 Hasselmann, D. (1995). S. 240. 52 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). Computersimulierte Szenarien im Assessment Center. In Sarges, W. (2001). Weiterentwicklung der Assessment Center-Methode. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe. S. 78. 53 Ebd. 54 Ebd. Jedes Messinstrument erfordert insofern eine Konstruktvalidität, so dass es, was es vorgibt zu messen, effektiv misst. Von daher „sollte begründet werden, wie die erhobenen Leistungs- und Verhaltensmaße zu interpretieren sind"51. Die Konstruktvalidität ist ein Qualitätskriterium, welches man über mehrere Schritte erhält. Ein Testverfahren, um die Konstruktvalidität zu prüfen, ist der Experten-Novizen-Vergleich52. Bei diesem Verfahren geht man davon aus, dass eine bestimmte Personengruppe auf Grund ihrer Position (Erfahrung) oder ihres Bildungsstandes bestimmte Aufgaben besser löst als eine Gunerfahrenen Personen (Novizen). Wenn die Anwendung dieses Instruments die Hypothese bestätigt, kann man davon ausgehen, dass das Messinstrument genau das misst, was es soll. Strauß / Kleinmann räumen ein, dass dieses auf Plausibilität beruhende Kriterium leider deutlich heterogene Ergebnisse liefert: „Die Resultate der Forschung sind allerdings insgesamt als inkonsistent zu bewerten. In einigen Untersuchungen konnte ein Experteneffekt nachgewiesen werden, in anderen nicht".53 Eine andere Vorgehensweise zur Messung der Konstruktvalidierung richtet sich auf den Vergleich des Ergebnisses mit Resultaten anderer, bereits validierter, Instrumente, die vorgeben, das gleiche Konzept bzw. die gleiche Variable zu messen (konvergente Validierung). Dieser Vergleich wird mittels statistischer Korrelation durchgeführt. Gleichzeitig wird erwartet, dass das Ergebnis eines bestimmten Instruments keine Korrelationen mit Ergebnissen von Instrumenten zur Messung anderer Variablen aufweist (diskriminante Validierung). Wenn ein computergestütztes Format hinsichtlich seiner Ergebnisse mit einer Messung auf Basis anderer Instrumente (konvergente Validierung) übereinstimmt und gleichzeitig von den Ergebnissen, die auf die Messung anderer Konzepte ausgerichtet sind, abweicht, so spricht man davon, dass das untersuchte Instrument eine sichere Konstruktvalidität erreicht. Zum Beispiel sind Ambiguitätstoleranz und Organisationstalent verschiedene Konzepte, können jedoch miteinander korrelieren. Bei konvergenten Validierungen haben Strauß und Kleinmann zahlreiche Beispiele für Konvergenzen oder Korrelationen zwischen Ergebnissen aus Präsenz-ACs und computergestützten Simulationen gesammelt. Daraus lässt sich schließen, dass elektronische Simulationen sich so verhalten wie ihre namensverwandten Präsenz- Verfahren.54 Eine andere Perspektive der Validierung beruht auf dem Äquivalenzprinzip. Udo 55 Konradt, U., Lehmann, K., Böhm-Rupprecht, J., Hertel, G. (2003). 56 Konradt, U., Lehmann, K., Böhm-Rupprecht, J., Hertel, G. (2003). S. 110-117. 57 Ebd. 58 Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 80. Konradt55 fokussiert beispielsweise die psychometrische und die populationsspezifische Äquivalenz. Bei der psychometrischen Äquivalenz wird geprüft, inwiefern der Übergang von Präsenz-Instrumenten hin zu elektronischen Formaten Störungen provoziert, die dem Darbietungsmedium (Computer) zugeschrieben werden können. Bei der Übertragung der Tests vom Papier-und-Bleistift-Verfahren auf computerisierte Formate, sowohl online als auch offline, konnte festgestellt werden, dass die Nutzung des neuen Darbietungsmediums keine größeren Störungen verursacht. Von daher kann man annehmen, dass die Datenerhebung und -evaluation bei computergesteuerten Tests mit denen konventioneller Verfahren (Papier-und-Bleistift) übereinstimmt. Dennoch lässt die Heterogenität der registrierten Ergebnisse vermuten, dass der Wechsel vom Papier-und-Bleistift-Verfahren auf das softwarebasierte Format in irgendeiner Weise andere Voraussetzungen schafft. So empfiehlt Konradt beispielsweise explizit eine Anpassung der Normen für den Übergang von kognitiven Testverfahren der Papierform auf die computerisierte Variante. Bei Online- Verfahren sind die registrierten Tendenzen identisch oder weisen zumindest „hohe prognostische Validität"56 auf. Bei der populationsspezifischen Äquivalenz befürchtete man zunächst, dass die elektronischen Medien irgendein Hindernis darstellen könnten, welches bestimmte Bevölkerungsgruppen (ältere Personen, Personen mit geringen ökonomischen Ressourcen) vom Zugriff ausschließt. Dies zog einige praktische Konsequenzen nach sich, wie die Konzentration auf ein bestimmtes Segment auf dem Arbeitsmarkt bei der Suche nach geeigneten Arbeitnehmern. Schließlich zeigte jedoch die Analyse der Studien keine signifikante demografische Diskriminierung.57 Obwohl die bis hierher aufgezeigten Bespiele zeigen, dass sich unter Berücksichtigung einiger kleiner Modifikationen die computergestützten Tests und Simulationen genauso verhalten wie ihre konventionellen Gegenstücke, empfehlen weder Konradt noch Strauß, B. / Kleimann, M. den Einsatz softwarebasierter Simulationen für Personalauswahlverfahren, da man mit diesem Instrument Ergebnisse mit konvergenter Validität erhält. Mit Ausnahme einer Studie von Hasselmann (siehe Tab. 27) mit 21 Teilnehmern liegen keine Untersuchungen vor, die eine Voraussage über harte Kriterien (Gehaltsniveau und Position im Unternehmen in zwei Jahren) treffen können.58 Tab. 27: Studien zur kriterienbezogenen Validität Gütemaß Validität Kriterium Design Stichprobe SMS- Szenarien SHAMBA und WOODLINE COUNTY (Streufert et. al., 1988) Verhalten Selbstbeurteilungen konkurrent mittleres jeweils -.30 bis + .41; Median -.09ª Zahl unterstellter Mitarb. Management 20 Indizes -.51 bis +.60; Median +.07ª Beförderungen n = 111 -.58 bis +.67; Median +.23ª Erreichte Position -.47 bis +.53; Median +.31ª Einkommen Szenario AIRPORT (Obermann, 1988) Steuerleistung Vorgesetztenurteile konkurrent Gruppenleiter .28 Häufigkeit komplexes n = 23 Problemlösen .47 Problemlösefähigkeit intraindividuell (ipsatives Maß) .55 Problemlösefähigkeit interindividuell Szenario TEXTILFABRIK (Hasselmann, 1993) Vorgesetztenurteile: prädiktiv Führungs- Steuerleistung (2 Jahre) nachwuchs Gesamtkapital .49 Position n = 21 .53 Gehalt Leistungsratings: .32 Rangplatz .22 Entwicklungsfortschritt .16 Leistung Karriereindizes Gesamtkapital- .59 Position anstieg¹ .49 Gehalt Leistungsratings: .37 Rangplatz .27 Entwicklungsfortschritt .14 Leistung Szenario DISKO (U. Funke, 1992) Vorgesetztenurteile: konkurrent Industrie- Steuerleistung² .36 Berufliche Problemlöse- forscher und Verhalten³ .39 Leistung Ingenieure Gesamtsumme4 .44 n = 59 Anmerkungen: ¹ Anzahl bzw. Anteil der Monate mit Aufwärtstrend im Gesamtkapital. ² Aus Gesamtkapital und Gesamtkapitalanstieg. ³ Aus den fünf Verhaltensvariablen gemittelt. 4 Aus Steuerleistung und Verhalten gemittelt ª Nachträglich aus den Angaben der Studie berechnet. Aus: Strauß, B. / Kleinmann, M. (2001). S. 80. Aufgrund des bislang nur seltenen Einsatzes solcher Instrumente gibt es nur wenig Erfahrung mit seiner Anwendung, weshalb noch keine Aussagen über die Gütekriterien gemacht werden können. Möglicherweise aus diesem Grund empfiehlt Werner Sarges die computergestützten Simulationen für Vorauswahlverfahren nur sehr bedingt. 59 Knoll, T., Preuss, A. (2003). Online-Recruitment: Internetgestützte Personalauswahl. In Konradt, U., Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 182. 60 Ebd. S. 183. Knoll, T. / Preuss, A. geben mit ihrer Studie Sarges Recht, indem sie bei einem Online-Test mit 20 Aufgaben eine Reliabilität von .70 und eine Korrelation von r=.47 zwischen den Ergebnissen der computerisierten Variante und ihrer Papier-und-Bleistift-Variante feststellten.59 Das Beispiel von Knoll, T. / Preuss, A. zeigt, dass sich die Einführung von Online-Tests bei der Personalauswahl für das an der Fachkrafteinstellung interessierte Unternehmen als große Kosten- und Verwaltungsaufwandersparnis herausstellt. Die folgende Tabelle zeigt, dass es für die Besetzung von 250 freien Stellen im Unternehmen bei konventioneller Personalauswahlverfahren notwendig war, fast alle Bewerber (88%) zum Assessment Center einzuladen, während sich diese Zahl bei Verwendung von Online-Tests auf 62% der Bewerber reduzierte. Diese Ersparnis ließ sich nach Berechnungen von Knoll, T. / Preuss, A. monetarisch mit einem Wert von fast einer halben Million Euro beziffern.60 Tab. 28: Gegenüberstellung der Selektionsprozesse für 250 erfolgreiche Bewerber Bewerber eingeladen zum AC Papier Bleistift- Test bestanden AC bestanden vor Einführung des Online-Tests 1.181 1.040 (88%) 312 (30%) 250 (80%) nach Einführung des Online-Tests 1.013 624 (62%) 312 (50%) 250 (80%) Aus: Knoll, T. / Preuss, A. (2003). S. 183. Aus dieser Erfahrung schließen Knoll / Preuss auf die Relevanz eines Rekrutierungsmodells, welches die Präsenz-Phasen des Auswahlprozesses mit vorher eingeholten Ergebnissen aus computerisierten Verfahren ergänzt. Somit limitieren sich die Präsenz-Veranstaltungen auf jene Bewerber, die das elektronische Auswahlverfahren mit Erfolg durchlaufen haben. Online-Bewerbung und erste Vorauswahl (Profilanalyse) Bewerber werden gebeten, Online- Aus: Knoll, T. / Preuss, A. (2003). S. 181. Abb. 11: Bewerbungsprozess mit Online-Test 6.5 Zusammenfassung Die Vorteile der computergestützten AC und Simulationen können eindeutig genannt werden: administrative Erleichterung und Kostenreduktion. Die Rationalisierung der Schritte, zu der die computergestützte Simulation verpflichtet, hat die Evaluation der Aufgabe stark vereinfacht, wodurch sich der gesamte Prozess beschleunigt (Automatisierung), ohne dabei unter signifikanten Qualitätseinbußen zu leiden. Sobald sich die Investitionskosten amortisiert haben, bedeutet die Umstellung auf elektronische Auswahlverfahren eine Ressourcenersparnis. Die Rationalisierung und Standardisierung der computergestützten Übungen garantiert die Gleichbehandlung der Kandidaten. Dadurch gewinnt der Personalauswahlprozess an Objektivität und Transparenz, zumal kein Bewerber einen Sympathiebonus erhält oder Opfer des Halo-Effekts wird, sondern jeder Teilnehmer exakt die gleiche Behandlung erfährt und die gleichen Informationen erhält. Ein weiterer Vorteil der elektronischen Messinstrumente gegenüber ihren konventionellen Entsprechungen liegt in der Möglichkeit der Wiedergabe komplexer Probleme, die 61 Neubauer, R. (1997). Führungskräfteauswahl in der Praxis. In Geilhardt, T. / Mühlbrand, T. (Hrsg.). (1997). Planspiele im Personal- und Organisationsmanagement. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. 62 Vgl. Neubauer, R. (1997). S. 157-163. 63 Konradt, U. Assessment via Internet?. Ausdruck aus dem Internet bei HR GATE, 12.7.2005. angesichts der Vielzahl einflussnehmender Variablen nur schwierig ohne Computerhilfe darzustellen wären. Die Präsentation von komplexen Aufgaben erlaubt ihrerseits die Lernfähigkeit des Probanden zu testen. Dieser Vorteil wurde von Rainer Neubauer61 in Frage gestellt. Er bezweifelt, dass computergestützte Simulationen komplexe Realitäten – „ein hochkomplexes, vernetztes, intransparentes und eigendynamisches System“ – reproduzieren können. Dies sei ein Widerspruch, der bei der Betrachtung der Datenerhebungslogik der elektronischen Protokolle deutlich wird. In diesen ist, im Gegensatz zur theoretischen Forderung, nicht der Proband derjenige, der das Modell auf der Suche nach einer höheren Effektivität „führt“, sondern es ist das Programm, das vom Proband die Lösung bestimmter Aufgaben fordert. So reduziert sich die Einflussmöglichkeit des Probanden darauf, nach dem Zufallsprinzip Antworten zu geben, mit dem einzigen Ziel, die Forderung des Programms nach Dateneingabe zu befriedigen.62 Als Vorteil des computerisierten Verfahrens gilt die Ausgleichsmöglichkeit, die es im Gegensatz zum Präsenzverfahren bietet. Bei letzterem werden vor allem kommunikationsbezogene Variablen in Gruppenkontexten gemessen, während bei softwarebasierten Formaten die Möglichkeit besteht, individuelle Aufgaben mit kognitivem Charakter einzubeziehen. Diese haben einen hohen prädiktiven Wert für die Personalauswahl. Ein weiterer Vorteil der AC bzw. computergestützten Simulationen liegt in der Möglichkeit, softwarebasierte Module zur Filterung bzw. Vorauswahl zu integrieren. Dadurch wird die Quote der geeigneten Kandidaten, die an Präsenz-Verfahren teilnehmen, erhöht. Dies führt zu Ressourcenoptimierung und zu signifikanter Kostenreduktion. Der Nachteil von computergestützten AC und Simulationen liegt darin, dass es bis heute keine Beispiele für die externe Validität gibt, die eine Aussage darüber treffen können, inwiefern die Diagnosen der online-AC zuverlässig sind. „Besonders kritisch ist hierbei zu werten, dass der Nachweis ihrer Qualität durch Dimensionalitäts-, Validitäts- und Reliabilitätsnachweise selten erbracht wird."63 Bei Online-AC ließ sich beobachten, dass diese nicht vor Plagiaten oder Fälschungen geschützt sind. Das heißt, dass die Fragen eines Kandidaten von einem Dritten beantwortet werden können. Die Erfolgsaussichten dieser Betrugsmöglichkeit sind allerdings begrenzt, da die meisten Online-AC lediglich als Vorauswahlinstrument eingesetzt werden. Eine weitere Grenze der Formate mit computerisierter Messung wird dadurch abgesteckt, dass bestimmte Gruppeninteraktionsprozesse nicht wiedergegeben werden können, wie es in Präsenz-Veranstaltungen der Fall ist. Dies bezieht sich vor allem auf Aufgaben, in denen die soziale und kommunikative Kompetenz oder Fähigkeiten bei der Sprachanwendung, um nur einige zu nennen, getestet werden sollen. Angesichts der präsentierten Ergebnisse und Kritiken lässt sich festhalten, dass der Übergang der schriftlichen Tests auf computerisierte Formate keine großen Hindernisse darstellt. Anders verhält es sich bei Simulationen (multikausale Szenarien). Dort sieht man sich sowohl bei konventionellen Verfahren als auch bei softwarebasierten Durchführungsformen mit technischen Problemen konfrontiert, die die Zuverlässigkeit der Messergebnisse in Frage stellen. Diese Ergebnisse sind zwar nicht unbrauchbar, ihre Aussagekraft muss jedoch relativiert werden. Wenn diese Instrumente zur Personalauswahl verwendet werden, sollte man auf Grund der Ergebnisse eine Rangfolge der Kandidaten nur hinsichtlich des spezifischen Tests erstellen. Vorteile eines computergestützten Interkulturellen AC Angesichts der vorliegenden Literaturanalyse erscheint es sinnvoll, die interkulturelle Kompetenz durch ein computerbasiertes Programm zu messen. Damit können die großen monetären, technischen und logistischen Hindernisse, die ein Präsenz-AC hat, bei dem eine Expertengruppe eingeladen werden muss, erspart bleiben (siehe Kap. 4). Bei computerbasierten Interkulturellen Assessment Centern (E-AC) müssen die Experten nur einmalig, nämlich in der Phase der Entwicklung der Aufgaben, beteiligt sein, um zur Bewertung und Auswahl möglicher Verhaltensweisen beizutragen. Der hohe personelle Aufwand, der entsteht, wenn trainierte Beobachter zum Einsatz kommen, wird dadurch enorm reduziert. Nachteil ist die begrenzte Anzahl an vorgegebenen Möglichkeiten, wie sich die Teilnehmer verhalten können. Im nächsten Kapitel wird dargestellt, wie aus der Analyse der Fachliteratur und den ergänzenden Interviews geeignete Übungen entwickelt werden. 7 Analyse der interkulturellen Fachliteratur aus Lateinamerika und Deutschland Im folgenden Kapitel wird eine Analyse der interkulturellen Fachliteratur für die Interaktion zwischen Deutschen und Lateinamerikanern sowie Erfahrungen aus der Praxis von verschiedenen deutschen Institutionen die Praktikanten nach Lateinamerika senden dargestellt. Ziel ist es, adäquate Materialien für den Aufbau konkreter Übungen zur Messung der interkulturellen Kompetenz zu finden. Die gängige Vorgehensweise bei der Entwicklung einer AC-Aufgabe beinhaltet zunächst eine Durchsicht der Literatur, in diesem Fall der interkulturellen Fachliteratur für die Interaktion zwischen Deutschen und Lateinamerikanern. Ziel dieses Vorgehens ist es, Elemente ausfindig zu machen, die in die AC-Aufgabe integriert werden müssen. Folgende Abbildung erklärt diese Vorgehensweise: Quelle: Bittner, A. / Bernhard, R. (Hrsg.). S. 68. Abb. 12. Auswahlmodell für ein Assessment Center Gewichtung der Kriterien 7.1 Expertenrunde Ein Teil der Studie bestand aus strukturierten Interviews mit Expertengruppen1, denen die Probleme von deutschen Praktikanten in Lateinamerika vertraut waren. Ziel der Interviews war zum einen jene Aspekte herauszufinden, die aus Sicht der Praktikanten in Lateinamerika am Erfolg versprechendsten für die Ausschöpfung des Synergiepotenzials waren bzw. jene, die mutmaßlich die größten Schwierigkeiten zur Folge haben. Zum anderen sollten die Interviews den Mangel an wissenschaftlichen Abhandlungen zur deutsch- lateinamerikanischen Interaktion kompensieren. Die Interviewpartner kamen aus folgenden Organisationen: Deutsch-Chilenische Industrie- und Handelskammer, InWent (eine deutsche Organisation, die seit mehr als zwanzig Jahren Entwicklungshelfer nach Lateinamerika und andere Regionen der Welt entsendet), Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen aus Guatemala, El Salvador und Nicaragua, die regelmäßig deutsche Praktikanten von InWent empfangen und Chile Inside (ein privates Unternehmen, welches deutsche Praktikanten in chilenischen Unternehmen vermittelt). Die meisten Unternehmen, die deutsche Praktikanten in Chile aufnehmen, sind Filialen deutscher Konzerne. Ferner wurden ehemalige deutsche Praktikanten von privaten Unternehmen, öffentlichen Institutionen oder lokalen Organisationen (NGO) aus Argentinien, Chile, Mexiko und Nicaragua befragt. Durch die Nutzung des Internets konnten auch die Auswahlprozesse und das Anforderungsprofil von deutschen Unternehmen mit Filialen in Lateinamerika eingesehen werden. Dabei handelte es sich um Volkswagen Mexiko, BASF Chile und Condor (eine deutschsprachige Zeitung in Chile). Die Gespräche und Interviews mit den ehemaligen Praktikanten von Unternehmen und Institutionen bestätigten die Notwendigkeit eines Personalauswahlinstruments, welches zum einen den Personalauswahlprozess für alle Beteiligten zufriedenstellend löst2, zum anderen 1 Im Rahmen der Untersuchungen zu dieser Dissertation wurden im Jahr 2003-2004 zwölf Experten- Interviews mit Verantwortlichen verschiedener Institutionen und ehemaligen deutschen Praktikanten (u. a. AHK, InWent, Chile Inside und verschiedene NRO) geführt. Diese Interviews wurden während der Voruntersuchung durchgeführt, auf Kassette aufgezeichnet und auszugsweise transkribiert. Als Experten werden hier ehemalige Praktikanten und Mitarbeiter verstanden. Diese gaben während der Interviews Auskunft über die Instrumente und Techniken, die bei ihrer Auswahl zum Einsatz kamen. Sie berichteten von den Schwierigkeiten und Erfolgen während ihres Praktikums. 2 Für den Wechsel des am häufigsten verbreiteten Mediums (schriftlichter Katalog) hin zu einem computergestützten Verfahren war das Jahr 2003 von großer Bedeutung, als das ASA-Programm sich einem signifikanten Anstieg der Bewerberzahlen ausgesetzt sah, wodurch die bisherige Praxis, dass alle Bewerbungen von einem Gremium gelesen und diskutiert werden, nahezu unmöglich wurde. Die Deutsch-Chilenische Handelskammer reagierte auf den Bewerberansturm mit einem strikten Zeitplan, der die Bewerber dazu zwang, sich zwei Jahre im Voraus für ein Praktikum zu bewerben. Dadurch verlor man nicht nur an Flexibilität, sondern auch an Planungssicherheit, da nicht wenige Bewerber sprachliche und soziale Kompetenzen angesichts eines wirklichkeitsgetreuen Szenarios (unter Vernachlässigung von wirtschaftlicher Kalkulation und Nutzung von Maschinen) bewertet. Das explizite Ziel ist, „die internationale Einsatzfähigkeit der Bewerber“3 zu diagnostizieren. nach zwei Jahren ihre Meinung änderten und das Praktikum schließlich aus verschiedenen Gründen nicht antraten. 3 Bolten, J. (2001). S. 216. 4 ASA ist ein Netzwerk für entwicklungspolitisches Lernen und wird von der InWEnt Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH getragen. ASA sendet Teams aus Deutschland für drei Monate nach Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa, um dort zu lernen und zu arbeiten. 7.2 Deutsch-Lateinamerikanische Interaktionen In Interviews mit Angestellten von deutschen Unternehmen und Institutionen, die regelmäßig Praktikanten nach Lateinamerika entsenden, wurde ein Mangel an angemessenen Auswahlinstrumenten bestätigt. Daraus ließ sich eine gewisse Unzufriedenheit hinsichtlich der Effizienz der Rekrutierungsverfahren verzeichnen. Das Auswahlverfahren beschränkt sich zumeist auf persönliche Interviews sowie eine Analyse des Lebenslaufs. Viele der Interviewpartner wünschen sich jedoch Auswahlinstrumente, die einerseits den Verwaltungsaufwand (Kontaktaufnahme, Prüfung und Auswahl der Kandidaten) gering halten und die es ihnen andererseits ermöglichen, objektiv bestimmte Kompetenzen des Anforderungsprofils wie Sprachkenntnisse und soziale Kompetenzen im Umgang mit Kollegen und Klienten einzuschätzen. Beide genannten Kompetenzen werden von lokalen Partnern nachdrücklich gefordert. Die vorliegende Studie bemüht sich darum, diesem Bedarf gerecht zu werden. Zu diesem Zweck wurde ein Online-Diagnoseinstrument entwickelt (siehe Kap. 8), welches ähnlich einem Planspiel verläuft und Soft-Skill-Aufgaben nutzt. In diesem Kapitel wird die Entwicklung des Eignungsprofils beschrieben, das auf der Grundlage von Literaturanalysen und Interviews erarbeitet wurde. Zunächst wird die Fachliteratur analysiert und später werden die Praktiken bei der Personalauswahl von deutschen Unternehmen mit Angestellten für Lateinamerika untersucht. Dazu gehören: das ASA-Programm von InWEnt, ein Programm zur Vermittlung von Praktika für Deutsche, Österreicher und Schweizer im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in Lateinamerika, Afrika, Asien und auf dem Balkan.4 Ferner werden die Ergebnisse eines in Futrono, (Chile, 2002) vom Deutschen Entwicklungsdienst 5 Vgl. Deutsch-Chilenischer Bund. (Hg.). (1997). Chile ein Land zum Leben, Arbeiten und Investieren. 6 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). „Simpático“ vs. „Cuadrado“. Konfliktpotentiale zwischen Deutschen und Kolumbianern als Resultat unterschiedlicher kultureller Standards. Unveröffentliches Manuskript. Psychologisches Institut, Universität Mainz. 7 Vgl. Hübner, H. (1987). Lateinamerika - Berichterstattung im Fernsehen. In Wilke, J. / Quandt, S. Deutschland und Lateinamerika. Imagebildung und Informationslage. Frankfurt am Main. Vervuert. durchgeführten Seminars für Interkulturelle Kommunikation betrachtet. Ziel dieses Seminars war die Identifizierung und Untersuchung von Faktoren, die Schwierigkeiten zwischen DED- Mitarbeitern und Mitgliedern chilenischer Partnerorganisationen hervorgerufen haben. 7.3 Interkulturelle Fachliteratur zu Interaktion zwischen Deutschen und Lateinamerikanern Weder Deutschland und Lateinamerika im Allgemeinen noch Deutschland und Chile im Besonderen teilen eine tief greifende gemeinsame Geschichte. Die große geografische Distanz hat den kulturellen Austausch auf einige wenige geschichtliche Episoden reduziert. Zu diesen zählt die Auswanderung Deutscher ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Emigration von Intellektuellen und politischen Flüchtlingen von Lateinamerika nach Europa während der Militärdiktaturen zwischen 1970 und 1990.5 Auch wenn man im Zusammenhang mit der deutschen Migration nach Lateinamerika nie von einer Massenauswanderung sprechen kann und sie nicht das Ausmaß der Auswanderung aus anderen europäischen Ländern erreichte, so wird ihr dennoch wegen ihres elitären Charakters eine nicht unbedeutende Rolle zuteil. Durch sie wurde die Entwicklung der Künste und Wissenschaften in den jungen amerikanischen Republiken angestoßen. Aus diesem Grund und weil die Deutschen nie als Kolonialherren auf dem Kontinent auftraten, erlangte Deutschland seit Mitte des 19. Jahrhunderts großes politisches Ansehen und viel Sympathie in der Region.6 In der deutschen Wahrnehmung löst Lateinamerika zwar keine tiefe Antipathie aus, erreicht aber auch keinen besonderen Beliebtheitsgrad. Die deutschen Kommunikationsmedien, besonders das Fernsehen, stempeln die Region für gewöhnlich als weiteren Teil der „Dritten Welt“ ab, charakterisiert durch die allseits bekannten Konflikte eines Entwicklungslandes: Elend und Chaos.7 In einer nicht allzu fernen Vergangenheit förderte die lateinamerikanische Realität dieses Image sogar noch. Diese Zeit wird das „verlorene Jahrzehnt“ („década 8 Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (span: CEPAL / engl: ECLAC) taufte die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts als „década perdida“ (verlorenes Jahrzehnt). Diese Jahre waren durch schwere Auslandsverschuldung und extreme politische Gewalt charakterisiert, hervorgerufen durch Bürgerkriege und Militärdiktaturen. 9 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). 10 Arias-Schreiber, F. (2001). Interculturalizando el Multiculturalismo. Download am 23.04.2001. 11 Vgl. Quijano, A. (2005). Colonialidade do poder, eurocentrismo e América Latina. Download am 16.03.2007. 12 Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). „Simpático“ vs. „Cuadrado“. Konfliktpotentiale zwischen Deutschen und Kolumbianern als Resultat unterschiedlicher kultureller Standards. Unveröffentlichtes Manuskript. Psychologisches Institut, Universität Mainz. Foellbach, S. Rottenaicher, K. Thomas, A. (2002). Beruflich in Argentinien. Trainingsprogramm für Manager, Fach und Führungskräfte. perdida“)8 genannt, welches durch wirtschaftliche Krisen wie Verschuldung und Superinflation sowie politische Krisen wie Staatsstreiche, Bürgerkriege und der schwierigen Übergänge von Diktatur zu Demokratie gekennzeichnet war. Das sogenannte verlorene Jahrzehnt, welches den wirtschaftlichen und politischen Verfall der Region beschreibt, geht einher mit dem zeitgleichen kometenhaften Aufschwung anderer Wirtschaftsräume wie Osteuropa und Südostasien.9 Aus diesem Grund scheinen die Kommunikationsmedien und in Folge dessen der Großteil der Bevölkerung gegenwärtig ihr Interesse an dieser Region eher verloren zu haben. Bei der Sichtung der Fachliteratur zu interkulturellen Problemen gibt es nicht besonders viele Berührungspunkte zwischen Deutschland und Lateinamerika. Dieses Phänomen begründet sich zum einen darin, dass sich das Thema der Interkulturalität in Lateinamerika als „interner“ Prozess entwickelt hat, mit dem vorrangigen Ziel die Gesellschaftspolitik auf bestimmte Segmente der Bevölkerung wie ethnische Minderheiten auszurichten. Die Funktion eines „Kontaktinstruments“, welches den wirtschaftlichen und politischen Zugang der Region zur internationalen Bühne ermöglicht, wurde dabei vernachlässigt. Aus einer lateinamerikanischen Perspektive kann dieses Phänomen mittels des „ethisch-politischen“10 Kontextes, in welchem sich die interkulturelle Debatte in der Region entwickelt hat, erklärt werden. Dieser Kontext entstand zu Beginn der neunziger Jahre und konzentrierte sich darauf, bilinguale Schulbildung für autochthone Völker und andere Antidiskriminierungsmaßnahmen zu propagieren. Ziel dieser Politik war die leichtere Integration indigener Gemeinschaften in die Gesellschaft bzw. die Linderung der Jahre der Vernachlässigung unter denen diese zu leiden hatten.11 Bei der Analyse interkultureller Interaktionen lässt sich beobachten, dass Lateinamerika, verglichen mit anderen Regionen der Erde wie Osteuropa bzw. Südostasien, geringe Aufmerksamkeit zuteil wird. Eine Ausnahme bilden die Arbeiten von Diehl / Ochsman über Kolumbien bzw. Foellbach u. a. über Argentinien sowie Ferres u. a. 12 über Mexiko, die sich auf die Kulturstandardtheorie13 stützen. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). Beruflich in Mexiko. Trainingsprogramm für Manager, Fach und Führungskräfte. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. 13 „Kulturstandards umfassen alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer Kultur als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich erachtet werden“. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 12. 14 Vgl. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 12-13. 15 Vgl. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 12-13. 16 Foellbach, S. / Rottenaicher, K. / Thomas, A. (2002). Beruflich in Argentinien. Trainingsprogramm für Manager, Fach und Führungskräfte. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. S. 11. 7.4 Lateinamerikanische und deutsche Kulturstandards in Interaktion Die „Kulturkontakttheorie“ geht von der Vermutung aus, dass die Begegnung zweier in unterschiedlichen Kulturen sozialisierter Individuen unvermeidlich zu interkulturellen Konflikten führt. Dies begründet sich darin, dass beide beteiligten Parteien weiterhin das soziale Orientierungssystem bzw. die Kulturstandards anwenden, die sie aus ihrer Perspektive als normal und legitim empfinden, während das soziale Orientierungssystem „der anderen“ ihnen als fremd und unangebracht erscheint. Dies kann zu Verwirrung, Missverständnissen und Fehlattributionen führen.14 Die Schwierigkeiten und Hindernisse in interkulturellen Kontaktsituationen können durch den Erwerb „interkultureller Handlungskompetenzen“ überwunden werden. Die Mindestanforderungen für den interkulturellen Erfolg sind die Akzeptanz der Unterschiede der Kulturen, die Toleranz ambiguitärer Situationen und das Kennenlernen der geltenden Kulturstandards der Zielkultur. Dadurch sollte eine positive Sensibilisierung für den Einfluss der eigenen Kultur auf die Wahrnehmung der Realität und auf die Problemlösestrategien geschaffen werden. Ferner sollte dadurch die Art und Weise verstanden werden, in welcher die Angehörigen der Zielkultur ihre Verhaltensweisen organisieren. Ziel ist es, diese zu antizipieren und angemessen einschätzen zu können, damit die Eingewöhnung im Gastland möglichst frei von Störungen und Missverständnissen verläuft.15 Kulturstandards sind soziale Orientierungssysteme, die dafür sorgen, dass unsere Denk- oder Handlungsweisen prognostizierbar sind. Die Konstruktion von Kulturstandards für Argentinien soll zu einer Linderung der Probleme beitragen, die während der Adaptationsphase auftauchen. Hierzu gehören Enttäuschungen und Missverständnisse. Des Weiteren soll das Konzept dabei helfen, die Regeln zu reflektieren, die unser eigenes Denken und Handeln determinieren.16 Interkulturelle Trainings, die auf Kulturstandards basieren, präsentieren eine Reihe kritischer Vorfälle (critical incidents), aus denen die Unterschiede zwischen den interagierenden 17 Foellbach, S. / Rottenaicher, K. / Thomas, A. (2002). S. 11. 18 Die Kategorie „simpatía“ („Sympathie“), die im deutschen Kontext von Diehl / Ochsmann zum ersten Mal verwendet und später von Foellbach u. a. und Ferres u. a. aufgegriffen wurde, stammt aus den Vereinigten Staaten. Triandis verwendete sie 1984 in einer Arbeit zur kulturellen Charakterisierung der Kulturen ersichtlich werden. Die Sammlung beispielhafter Vorfälle ist auf die Interaktion zweier spezifischer Kulturen beschränkt und kann deshalb nicht auf andere Interaktionssituationen übertragen werden. Somit sind die von Foellbach u. a. und Ferres u. a. gesammelten Vorfälle nur für Interaktionen zwischen Deutschen und Argentiniern bzw. Deutschen und Mexikanern repräsentativ und haben das explizite Ziel, Kulturstandards für Deutsche in Interaktion mit Argentiniern bzw. Mexikanern festzustellen und nicht etwa Kulturstandards für Mexikaner und Argentinier oder für die Interaktion dieser mit Angehörigen anderer Nationen. Foellbach und Ferres weisen darauf hin, dass die Kulturstandards als Orientierungssystem dienen und notwendigerweise eine Vereinfachung der Realität beinhalten. Sie sind als Handlungsrahmen zu verstehen und nicht als strikte, universell gültige Verhaltensregeln.17 7.4.1 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Kolumbianern Oliver Diehl und Randolph Ochsmann entwickelten eine Pionierarbeit, indem sie mittels der Kulturstandardtheorie die Schwierigkeiten beschreiben, die bei der Interaktion zwischen Deutschen und Lateinamerikanern (Kolumbianern) entstehen. Charakteristisch für diese Arbeit ist, dass sich ihre Perspektive nicht auf den Blickwinkel der Deutschen auf Kolumbien konzentriert, sondern auf die Selbstwahrnehmung der in Deutschland lebenden Kolumbianer sowie auf deren Sicht auf die Deutschen. Die Arbeit von Diehl, O. / Ochsmann, R. liefert eine Liste von Kulturstandards. Diese wurde durch die Befragung von vierzig (zwanzig Frauen, zwanzig Männer) in Deutschland lebender Kolumbianer erarbeitet. Die Befragten waren Teilnehmer an einem Reintegrationsseminar vom World University Service (WUS Germany) in Wiesbaden im Jahr 2001. Die durchschnittlich erreichte Aufenthaltsdauer der Kolumbianer lag bei 6,4 Jahren (Minimum: fünf, Maximum: zehn). Das Selbstbild der Kolumbianer in Deutschland ist positiv, nahezu idealisiert durch ihre kollektiven Werte wie „Familie“ und „Menschliche Wärme“. Als typische Vertreter ihres Landes charakterisierten die Kolumbianer sich selbst mit Konzepten wie „simpatía“18, spanischsprachigen Migranten in den USA. Rosita Albert. (1996). A Framework and Model for Understanding Latin American and Latino/Hispanic Cultural Patterns. In Landis, D.; Bhagat, R.S. (Hrsg.). Handboock of Intercultural Training. 2. Aufl. Thousand Oaks, CA, S. 333), die 1996 dieses Konzept aufgreifen, beschreiben in ihrem Vorschlag, dass die Interaktion zwischen Nordamerikanern und mexikanischen und puertoricanischen Einwanderern eine Konfrontation zwischen der westlichen Kultur, zu der die USA und Nordeuropa gehören und Lateinamerika als ein undifferenziertes „Anderes“ ist. Aus nordamerikanischer Sicht liegen dem vier distinktive Elemente zu Grunde: Respekt und Würde, Treue und Sympathie. Diese Elemente wurden von Albert auf alle spanischsprachigen Einwanderer in den USA (die so genannten Hispanic) übertragen und gelten nach Diehl, Foellbach und Ferres als eine Konstante für ganz Lateinamerika. 19 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). S. 18-20. 20 Ebd. „soziales Leben“ und „Kommunikation“.19 Eine weitere tiefe Identifikation mit der Kultur des Heimatlandes liegt in den Traditionen und der Folklore sowie der Philosophie oder Lebensqualität. Dies äußert sich anhand von Konzepten wie „Entspanntheit“, „Bequemlichkeit“, „Freude“, „Glück“ und „Unbeschwertheit“. Diehl, O. / Ochsmann, R. interpretieren dieses als „uneingeschränkte Identifikation“ mit den Wurzeln.20 Diehl, O. / Ochsmann, R. bezeichnen die Kategorie „simpatía“ als ein grundlegendes Charakteristikum der kolumbianischen Kultur. Dieses Konzept wird durch verschiedene individuelle Charaktereigenschaften wie Spontaneität, Emotionalität, Freude und Humor komplettiert und hat Einfluss auf andere typisch kolumbianische Erscheinungsformen wie das Kommunikationsverhalten. Dieses ordnet sich der Sympathieorientierung insofern unter, als dass man dazu tendiert, die Diskussion unangenehmer oder konfliktbehafteter Themen in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Tab. 29: Typische Merkmale kolumbianischer Kultur aus der Sicht der Kolumbianer Simpatía Spontaneität (10*), Emotionalität (9), Humor (8), Freude (8), Gelassenheit (4), Freundlichkeit (3), Optimismus (2) Soziales Leben Kontaktfreude (14), Folklore (6), Zusammensein (5), Gruppenarbeit (3) Arbeit positiv Arbeitsamkeit (5), Flexibilität & Praxisnähe (2) Arbeit negativ Pünktlicher Abschluss (5), Ordnung (4), Leistungserwartung (3), Worte & Taten (3), Organisation (2) Kommunikation Redsamkeit (5), Vermeidung (5), Indirektheit (3) Unsicherheit Fehlende Autonomie (2), kulturelle Unsicherheit (2), Entwurzelung (1) Die Zahl in Klammern kennzeichnet die Anzahl der spontanen Nennungen der Konzepte. Quelle: Eigener Entwurf nach Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). Innerhalb der Kategorie „Arbeit“ stuften die befragten Kolumbianer sich selbst sowohl positiv als auch negativ ein. Sie bezeichneten sich positiv als arbeitsam, flexibel und praktisch veranlagt, wohingegen sie sich negativ selbst gewisse Ordnungs- und Organisationsschwierigkeiten sowie „geringe Leistungserwartungen“ attestierten. Des 21 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). S. 21. 22 Ebd., S. 21. 23 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). S. 22. Weiteren hielten sie sich selbst für „wenig zuverlässig“, was sich durch den großen Unterschied zwischen „Worten und Taten“ von Kolumbianern veranschaulichen lässt.21 Die Wirkung der Deutschen auf die befragten Kolumbianer lässt sich unter den Aspekten „quadratisch“, „Sozialverhalten“ und „Individualität“ zusammenfassen. Mit „quadratisch“ (span: „cuadrado“) ist „nicht nur die konsequente Einhaltung und Anwendung von Gesetzen, sondern auch die Dominanz von Arbeit, Hierarchie und Organisation“ gemeint. Diese Einschätzung bekommt eine negative Note, sobald sie mit „Unflexibilität“ oder „Feierabendmentalität“ in Verbindung gebracht wird. Unter „Feierabendmentalität“ verstehen die Kolumbianer einen geringen emotionalen Einsatz seitens der Deutschen für ihre Arbeit, weshalb sie „’den Hammer fallen lassen’, sobald bestimmte Zeiten, Fristen oder Kriterien erfüllt bzw. nicht erfüllt sind.“22 Das Sozialverhalten der Deutschen wird von den befragten Kolumbianern größtenteils negativ bewertet. Sie werden als kalt, distanziert und humorlos beschrieben. Außerdem unterstellt man ihnen Taktlosigkeit. Positiv hingegen werden ihre Seriosität und ihre Fähigkeit, Worte in Taten umzusetzen bewertet sowie die Fähigkeit, enge und aufrichtige Freundschaften knüpfen zu können. Wille und Disziplin werden eng mit den Variablen „Worte und Taten“ und der den Deutschen unterstellten Aufrichtigkeit assoziiert. Diese gelten als positive Charaktereigenschaften, solange sie sich aus der Perspektive der kolumbianischen Beobachter nicht in Unflexibilität oder Starrsinn verwandeln. Ein weiterer seitens der Kolumbianer negativ eingeschätzter Faktor ist das Superioritätsgefühl, mit dem der Großteil der Deutschen auftritt. Von den Kolumbianern wird dies als ein „Überheblichkeits- und Überlegenheitskomplex“ der Deutschen empfunden. Hiermit verbundene Probleme werden negativ verstärkt, wenn sie in Konflikt mit dem Patriotismus der Kolumbianer treten. Dies wird durch einige Attribute bestätigt, mit denen das deutsche Verhalten charakterisiert wurde: Überlegenheit, Arroganz, Vorurteile gegen Kolumbien, „Besserwisserei“.23 24 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). S. 25. 25 Ebd., S. 33. Tab. 30: Typische Merkmale deutscher Kultur aus der Sicht der Kolumbianer Cuadrado (Quadratisch) Quadratisch (Cuadrado) (9*), Regeln & Gesetze (8), Materialismus & Arbeit (8), Organisation & Hierarchie (8), Pünktlichkeit (7), Inflexibilität (6), Perfektionismus (4), Korrektheit (3), Feierabendmentalität (3) Sozialverhalten Negativismus (9), Berechnung (8), Freundschaft (7), Humorlosigkeit & Kälte (5) Individualismus Individualismus & Einsamkeit (11), Egoismus & Wettbewerb (6), Unabhängigkeit (3), (Selbst-) Gewissheit (3), (Selbst-) Sicherheit (3), Wille & Disziplin (3) Worte- Taten Worte & Taten (6), Vertrauen (5), Konkretisierung (4), Ernsthaftigkeit (3), Ehrlichkeit (3), Verpflichtung & Verantwortung (3) Überlegenheit Überlegenheitsgefühl (5), Arroganz (4), Diskriminierung (4) Entscheidung Entscheidungsfreude (2), Risikobereitschaft (2) Die Zahl in Klammern kennzeichnet die Anzahl der spontanen Nennungen der Konzepte Quelle: Eigener Entwurf nach Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). Als besonders riskant für das deutsch-kolumbianische Verhältnis zeigt sich das Sozialverhalten: „Kolumbianer vermissen im Sozialverhalten der Deutschen den emotionalen Aspekt.“ Die fehlende Spontaneität und fehlende „menschliche Wärme“ sowie die Respektierung bestimmter Höflichkeitsnormen seitens der Deutschen führt zu Unsicherheit bzw. Abweisungsverhalten bei den Kolumbianern.24 Ein weiterer Aspekt des deutsch-kolumbianischen Kontakts, dem von Diehl / Ochsmann Konfliktpotential bescheinigt wird, ist der die Deutschen charakterisierende Überlegenheitskomplex. „Offen oder indirekt geäußerte Vorurteile verletzen den Kulturstandard ‚Simpatía’, indem negatives Verhalten im öffentlichen Bereich vorgetragen und damit die Harmonie zwischen den Handelnden verletzt wird.“25 Die fehlende Berücksichtigung gemeinsamer Interessen und der in der deutschen Gesellschaft vorherrschende Egoismus stellt im Zusammenspiel mit sozialer Kälte und Distanziertheit eine weitere Störung für die Interaktion zwischen Deutschen und Kolumbianern dar. Das Konzept „Cuadrado“ (dt: „quadratisch“) beinhaltet fast alle Konfliktpotentiale, die zwischen Kolumbianern und Deutschen beobachtet werden können. Aus Sicht der Kolumbianer wächst die Gefahr, wenn der Ideenreichtum und die Flexibilität der Kolumbianer durch das inflexible „schematische Denken und Ordnungszwang“ der Deutschen gebremst 26 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). S. 30-33. 27 Ebd., S. 33. wird. Weitere von den Kolumbianern genannte Probleme liegen in der Schwierigkeit, die diese mit der linearen deutschen Zeitwahrnehmung haben. Damit verbundene Konflikte können schnell eskalieren, wenn sie als typisch deutsche Unflexibilität abgestempelt werden. Diehl, O. / Ochsmann, R. zeigen sich erstaunt über die zahlreichen Vorwürfe des Sexismus. Gemäß der Meinung der Kolumbianer werden in Deutschland Frauen diskriminiert, indem man ihnen unbezahlte Hausarbeit aufbürdet oder sie zwingt sich zu „maskulinisieren“, um sich beruflich weiter zu entwickeln.26 Laut Diehl, O. / Ochsmann, R. spielt neben dem Konzept „Simpatía“ auch der „Respekt“ eine wichtige Rolle in der lateinamerikanischen Gesellschaft. Die Autoren weisen darauf hin, dass beide Konzepte nicht unbedingt miteinander kompatibel sein müssen. Die ehrliche Zuneigung (Simpatía) als Motivation für soziales Verhalten in gesellschaftlichen Beziehungen ist mit dem Gebot statusorientierter Formalität (Respeto) nicht immer kompatibel. Dadurch entstehen Konflikte hinsichtlich der Werte „Ehrlichkeit“, „Worthalten“, „Zuverlässigkeit“ und „Verantwortung“, die eine breite Akzeptanz in der deutschen Kultur genießen. Diehl, O. / Ochsmann, R. geben zu überlegen, dass dieser Widerspruch eine Erklärung dafür ist, dass die Lateinamerikaner in den Augen vieler Deutscher als ambivalente, unstete und unaufrichtige Personen wahrgenommen werden. Die Tatsache, dass die befragten Kolumbianer Deutsche positiv als Personen einschätzen, die zu ihrem Wort stehen, ist ein Hinweis, dass die Kolumbianer auch den Widerspruch zwischen den Konzepten „Simpatía“ und „Respekt“ erkennen.27 Die Überheblichkeit bzw. Arroganz, die den Deutschen zugeschrieben wird, korrespondiert mit dem Merkmal „quadratisch“. Die Kolumbianer benutzen das Konzept der Starrköpfigkeit („cuadradura“) auch dafür, wie ausgeprägt und scheinbar „unzerstörbar“ die Stereotype der Deutschen über Lateinamerika sind. Somit beinhaltet die direkte Kritik an der Region nicht nur das Fehlen der für die Kolumbianer so wichtigen „Simpatía“, sondern auch des „Respekts“. Dadurch wird die Identität der Kolumbianer in Frage gestellt, zumal diese – vergleichbar mit anderen Lateinamerikanern – die Liebe zu ihrem Heimatland als wichtigen Bestandteil ihrer Identität sehen. Tab. 31: Positive und negative Aspekte des Kontakts mit Deutschen aus der Sicht von Kolumbianern Positive Aspekte des Kontakts mit Deutschen Negative Aspekte des Kontakts mit Deutschen Worte- Taten Ehrlichkeit (30*), Worthalten (18), Zuverlässigkeit (13), Verantwortung (12), Leistungsanspruch (10) Sozialverhalten fehlende Spontaneität & Wärme (18), Manieren & Außenwirkung (17), Humorlosigkeit (7) Sozialverhalten Freundschaft (12), Freundlichkeit (7), Geselligkeit (5), Hilfsbereitschaft (5) Überlegenheit Überlegenheitsgefühl (11), Vorurteile (9), Arroganz (8), Besserwisserei (8) Cuadrado Ernsthaftigkeit (13), Organisation (6), Perfektionismus (5), Pünktlichkeit (3) Individualität Egoismus (12), Berechnung (9), Eigenständigkeit & Einsamkeit (8), Materialismus (5) Individualität Freiheit & Toleranz (15), Unabhängigkeit (5), Respekt & Distanz (4) Cuadrado Inflexibilität (16), schematisches Denken & Organisationszwang (8), Zeitempfindung (3) Umweltbewusstsein Ökologie (6), Sauberkeit (3) Die Zahl in Klammern kennzeichnet die Anzahl der spontanen Nennungen der Konzepte. Quelle: Eigener Entwurf nach Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). Die in Deutschland verbreitete „Individualität“ ist auch ein negativ wahrgenommenes Charakteristikum, welches für die Kolumbianer mit Einsamkeit, Gefühlskälte und wirtschaftlichem Kalkül einhergeht. Im Gegensatz dazu bevorzugen die Kolumbianer ein angenehmes Arbeitsklima mit echter Teamarbeit. „Cuadrado“ ist die Eigenschaft, die aus Sicht der Kolumbianer das Verhalten der Deutschen am besten charakterisiert. Die Kolumbianer halten sich selbst für sympathische Personen. Die Konzepte „quadratisch“ vs. „sympathisch“ müssen nicht zwangsläufig in Opposition zueinander stehen, da eine „quadratische“ Person, die gleichzeitig seriös, aufrichtig und organisiert auftritt, nicht zwangsläufig unsympathisch ist. Dennoch kann die Seriosität der Deutschen schnell in „Quadriertheit“ umschlagen, wenn die Umstände aus sozialem Blickwinkel Flexibilität erfordern. Im deutschen Kontext wäre es unter solchen Bedingungen ungewöhnlich eine Ausnahme zu machen, anstatt eine generelle Norm anzuwenden. 28 Foellbach, S. (2002). Interkulturelles Training für Expatriates in Argentinien. In Janich, N. (2002). Verhandeln, kooperieren, werben: Beiträge zur interkulturelle Wirtschaftskommunikation. Wiesbaden. Deutscher Universitäts-Verlag. S. 214. Tab. 32: Kritisches Interaktionspotential zwischen Deutschen und Kolumbianer Kritisches Interaktionspotential zwischen Deutschen und Kolumbianer Sozialverhalten Spontaneität & Wärme (16*), Manieren & Außenwirkung (7), Humorlosigkeit (6) Überlegenheit Vorurteile (10), Überlegenheitsgefühl (6), Arroganz (5), Besserwisserei (4) Individualität Berechnung (6), Materialismus (5), Egoismus (4), Eigenständigkeit & Einsamkeit (3) Cuadrado Schematisches Denken & Organisationszwang (8), Inflexibilität (6), Zeitempfindung (1) Die Zahl in Klammern kennzeichnet die Anzahl der spontanen Nennungen der Konzepte. Quelle: Eigener Entwurf nach Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). 7.4.2 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Argentiniern Die Arbeit von Foellbach u. a. richtet sich als Trainingsprogramm an deutsche Manager, Fach- und Führungskräfte, die sich aus beruflichen Gründen zeitweise in Argentinien niederlassen. Dieses Programm setzt sich zum Ziel, den deutschen Expatriates in Argentinien Hinweise und Hilfestellung zu geben, damit sie die Denk- und Handlungsweisen ihrer potentiellen argentinischen Gesprächspartner angemessen interpretieren und antizipieren können. Die Konstruktion von Kulturstandards (siehe Kapitel 7.1) für Argentinien wurde mittels der Befragung von sechzehn deutschen Expatriates bewerkstelligt. Sieben der Interviewpartner waren Führungskräfte in der argentinischen Stadt Córdoba, zwei waren Studenten, zwei Praktikanten, zwei Selbstständige und drei „Expatspouses“ (Ehefrauen von Expatraites).28 Als Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren Foellbach u. a. acht Kulturstandards. Zwei von ihnen spielen dabei eine zentrale Rolle und vereinen die restlichen sechs um sich. Laut Foellbach ist der Kulturstandard „Simpatía“ richtungsweisend für die Standards „Buena presencia“ (dt.: Repräsentationsorientierung), „Hierarchieordnung“ und „Ambivalente nationale Identität“. Der Kulturstandard „Gegenwartsorientierung“ übt seinerseits Einfluss auf 29 Ebd., S. 123-124. 30 Vgl. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 14-15. den „polychronen Umgang mit der Zeit“, die „Flexibilität“ und den „Unverbindlichen Umgang mit Absprachen“ aus.29 Tab. 33: Argentinischen Kulturstandards Argentinien Simpatía • herzlicher, persönlicher Umgang miteinander • Streben nach Harmonie • Vermeidung persönlicher Konflikte • Betonung positiven Verhaltens in angenehmen Situationen und Vermeidung negativen Verhaltens in kritischen Situationen Buena presencia • großer Stellenwert liegt auf der Präsentierung der eigenen Person • klare Trennung von Außenwelt, in der repräsentiert wird und Privatsphäre, die nur guten Bekannten und der Familie zugänglich ist. Hierarchie- orientierung • Akzeptanz eines großen Machtgefälles und Entscheidungsprozesse, die nach patriarchalem Muster ablaufen Flexibilität • kurzfristiges Planungsverhalten • flexibler Umgang mit bestehenden Plänen und Improvisationstalent der Argentinier • Argentinier reagieren gelassen auf Störungen des geplanten Handlungsablaufs Polychrones Zeitverständnis • in Argentinien hat die Zeit einen anderen Stellenwert als in Mitteleuropa und wird weniger als knappe Ressource wahrgenommen Gegenwarts- orientierung • momentane Gefühle dominieren • es wird mehr für das Hier und Heute gelebt, als für eine langfristige Planung der Zukunft Quelle: Eigener Entwurf nach Foellbach, S. (2002). S. 121-122. 7.4.3 Konfliktpotential zwischen Deutschen und Mexikanern Die Vorgehensweise und der Aufbau der Arbeit von Foellbach u. a. können unverändert für die Beschreibung der Arbeit von Ferres u. a. übernommen werden, zumal letztere nicht nur mit der gleichen Technik arbeiteten, sondern sogar sechs der acht argentinischen Kulturstandards auch in der deutsch-mexikanischen Interaktion erkennen konnten.30 31 Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 14 32 Vgl. Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 14-18. Tab. 34: Mexikanische Kulturstandards Mexiko Sympathieorientierung (Simpatía) • stark ausgeprägtes Bedürfnis, sympathisch und liebenswert aufzutreten • zwischenmenschliche Beziehungen werden angenehm und positiv für alle Beteiligten gestaltet • Vertrauensverhältnisse sind wichtig und bilden die Grundlage von geschäftlichen Beziehungen Representations- orientierung (Buena presencia) • repräsentatives Auftreten in der Öffentlichkeit ist sehr wichtig • es wird großer Wert auf ordentliche und dem Anlass entsprechende Kleidung und Statussymbole wie Wohngegend, Auto und Hauspersonal gelegt • strikte Trennung zwischen öffentlichem Leben und Privatleben Hierarchie- orientierung • sehr stark ausgeprägtes Machtgefälle • starkes Hierarchiedenken bei gleichzeitig sehr herzlichem Umgang miteinander • Entscheidungen verlaufen nach patriarchalischem Muster Flexibilität und Spontaneität • flexibler Umgang mit Vorschriften und Vereinbarungen • spontanes Reagieren auf unvorhergesehene Ereignisse • stark ausgeprägtes Improvisationstalent Polychrones Zeitverständnis • verschiedene Dinge werden zur selben Zeit erledigt und bestehende Zeitpläne flexibel angepasst • Einhaltung von zeitlichen Vereinbarungen hat geringe Bedeutung und wird immer der Interaktion mit nahe stehenden Personen untergeordnet Gegenwarts- orientierung • Dominanz momentaner Gefühle • positives Erleben der Gegenwart ist wichtig • selten langfristige Planung Quelle: Eigener Entwurf nach Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 132-133. Bei Ferres u. a. werden weder konkrete Angaben über Beruf, Geschlecht und Anzahl der Befragten noch über den Kontext der Befragung gemacht. Die Interviewpartner werden lediglich als „mexikoerfahrene deutsche Führungskräfte“ bezeichnet.31 Im Einführungstext wird dem Leser erklärt, dass die Bezeichnung „der Mexikaner“ bzw. „die Mexikaner“ eine notwendige Generalisierung ist, da es unmöglich wäre, alle regionalen Besonderheiten wiederzugeben. Die Relativierung der präsentierten Situationen bleibt dem Urteil des Lesers vorbehalten.32 7.4.4 Zusammenfassung Unabhängig von den Methoden zur Datenerhebung lassen sich bei der Analyse der drei vorgestellten Beispiele große Ähnlichkeiten hinsichtlich ihrer Ergebnisse feststellen. Dies überrascht im Fall von Argentinien und Mexiko keineswegs, zumal Ferres eingesteht, sich bei ihrer Studie von der Arbeit Foellbachs inspiriert lassen zu haben. Daraus folgt eine große Übereinstimmung bei sechs der acht präsentierten Standards. Aber auch die Arbeit von Diehl und Ochsmann offenbart große Ähnlichkeit mit den Arbeiten Foellbachs und Ferres´. Dies wird umso deutlicher, wenn man die Ergebnisse von Diehl / Ochsmann in den von Foellbach vorgeschlagenen Kategorien ordnet. Somit ist beispielsweise die Diehlsche Kategorie „Kommunikation“ (span: comunicación) vergleichbar mit der Kategorie „simpatía“, wie man sie für Argentinien und Mexiko angewendet hat. Genauso verhält es sich mit der Kategorie „soziales Leben“, die ebenfalls zum Standard „simpatía“ gehört. Die „positiven Aspekte des Arbeitsverhaltens“ können problemlos unter dem Stichwort „Flexibilität“ laufen, während die negativen Aspekte dem Kulturstandard „polychrones Zeitverständnis“ zuzuordnen sind. Der Aspekt „Unsicherheit“ hingegen kann als typisch kolumbianisch klassifiziert werden, genau wie die „Ambivalente nationale Identität“ im Falle Argentiniens und der „Kollektivismus“ in Mexiko. Der nur im Falle Argentiniens zur Sprache gebrachte Aspekt „Unverbindlicher Umgang mit Absprachen“ ist laut Foellbach dem „polychronen Zeitverständnis“ zuordenbar. Genauso lässt sich der Kulturstandard „Gesicht wahren“ in Mexiko innerhalb des Bereiches „simpatía“ erfassen. Ordnet man die Kulturstandards für Kolumbien, Argentinien und Mexiko neu und bedient sich dabei der von Foellbach vorgeschlagener Nomenklatur, erhält man die folgende Tabelle: 33 Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 18. 34 Ebd. 35 Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). S. 18. Tab. 35: Kulturstandards in Kolumbien, Argentinien und Mexiko Gemeinsame Kulturstandards in: Kolumbien, Argentinien und Mexiko • Simpatía • Polychrones Zeitverständnis • Gegenwartsorientierung • Flexibilität • Hierarchieorientierung • Repräsentationsorientierung Spezifische Kulturstandards in: Kolumbien Argentinien Mexiko Unsicherheit Ambivalente nationale Identität Kollektivismus Quelle: Eigener Entwurf nach Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001), Foellbach, S. (2002), Ferres, R., Meyer-Belitz, F., Röhrs, B., Thomas, A. (2005). Kritisch gegenüber den drei vorgestellten Studien muss allerdings noch erwähnt werden, dass sie zwar vorgeben einen interkulturellen Dialog zu schaffen, indem sie Ansichten und Erklärungen für bestimmte Verhaltensweisen eines „anderen“ sammeln, jedoch diesen „anderen“ nicht in den Dialog einbinden. Die Arbeiten von Foellbach und Ferres geben ferner vor, zur Überwindung von in Deutschland gängigen Stereotypen gegenüber Argentinien und Mexiko beizutragen. Dies ist ein paradoxes Vorhaben, denn in den zitierten Trainingshandbüchern werden nur Situationen präsentiert, in denen die Konfliktsituationen durch die Gastgeber (Argentinier oder Mexikaner) und niemals durch die Gäste (Deutsche) hervorgerufen werden. Um diesem Einwand zu begegnen, gibt Ferres zu bedenken, dass „dabei keineswegs der Eindruck entstehen soll, dass das Leben in Mexiko nur aus Problemen besteht“33, was allerdings lediglich die Wirkung eines Lippenbekenntnisses hat. Foellbach und Ferres sind der Ansicht, dass konfliktfreie Interaktionssituationen keines speziellen Trainings bedürfen, wohingegen „durch die Beschreibung der am häufigsten berichteten Unterschiede und Konfliktquellen einige Orientierungspunkte vermittelt werden [sollen], die das Handeln im Gastland erleichtern und Enttäuschungen sowie Missverständnissen vorbeugen.“34 Dieser Ansatzpunkt ist nicht frei von Kritik, zumal dadurch alle alltäglichen Begegnungen ausgeschlossen werden, die dem Gast zwar ungewohnt und unerklärlich erscheinen, jedoch nicht konfliktbehaftet sind. Ferres selbst erkennt an, dass dieses die Mehrzahl aller Situationen betrifft.35 36 García Canclin, N. (1995). Las identidades como espectáculo multimedia. In García Canclin, N. (1995). Consumidores y Ciudadanos. México. D. F. Grijalbo. S. 109. 37 Vgl. ASA- Programmkatalog. (2003). S. 76. In einer ständig komplexeren Welt, in der fast keine Grenzen des Kapital-, Güter-, Arbeitskräfte- und Nachrichtenverkehrs bestehen, erscheinen Foellbach und Ferres Behauptung abwegig, Angehörige einer Kultur würden die Realität und ihre Probleme nur aus einer „nationalen Perspektive“ wahrnehmen und zu lösen versuchen. Ein interkultureller Dialog entsteht nicht nur auf Basis kultureller Unterschiede, sondern viel mehr auf Basis sich unterscheidender Vorgehensweisen, der im Kontakt stehenden Gruppen. Eine gewichtige Rolle im interkulturellen Dialog spielt die Art und Weise der Aneignung, Kombination und Transformation fremder Elemente, ohne dass die Entwicklung dieses Prozesses im Voraus ersichtlich ist.36 7.5 Praktiken der Personalauswahl von deutschen Institutionen in Lateinamerika Jenseits der Würdigung in der wissenschaftlichen Literatur gibt es Berichte deutscher Institutionen, die deutsche Praktikanten für einen Einsatz als Expatriate in Lateinamerika rekrutieren. Dies geschieht vor allem im Freiwilligendienst (Voluntariat), wie bei InWEnt oder im Rahmen der technischen Zusammenarbeit wie beim DED. Im folgenden Abschnitt wird die Rekrutierungspraxis deutscher Organisationen dargestellt sowie deren Wirkung auf den lokalen Partner. Die Ergebnisse dieser Reflexion sollen helfen, konkrete Übungen zur Messung interkultureller Kompetenz für ACs zu entwickeln. 7.5.1 Das ASA-Programm von InWEnt Das ASA-Programm beschreibt sich selbst als „Netzwerk für entwicklungspolitisches Lernen“ und richtet sich an entwicklungspolitisch engagierte junge Menschen, die bislang noch keine Möglichkeit hatten, an internationalen Entwicklungsaustauschprogrammen teilzunehmen. Das Programm bietet Stipendien, die einen bis zu dreimonatigen Studien- bzw. Arbeitsaufenthalt in Afrika, Asien, Lateinamerika und Südeuropa finanzieren.37 Im Jahr 2003 reisten 63 junge Erwachsene im Rahmen eines ASA-Programms nach Lateinamerika. 38 Vgl. ASA- Programmkatalog. (2003). S. 76. Im Folgenden werden die formalen Auswahlkriterien dieser Institution sowie die spezifischen Kriterien vorgestellt, die auf Basis von Interviews mit den Lateinamerika-Tutoren von ASA entstanden sind. Formale Auswahlkriterien Unter formalen Auswahlkriterien werden jene Bedingungen verstanden, die im ASA- Programmkatalog unter der Überschrift „wer kann sich bewerben“ aufgelistet sind. Zur Teilnahme am ASA-Programm sind Studierende und junge nicht akademische Berufstätige berechtigt. Als automatische Disqualifizierung gilt eine Doppel- oder Mehrfachförderung mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das Alter ist der erste Filter für die Auswahl der Bewerber. Die Bewerber sollen zum Zeitpunkt der Bewerbung zwischen 21 und 30 Jahren alt sein, wobei im Fall von Berufstätigen Sonderregelungen in Kraft treten können. Wann diese Lockerung eintritt, ist vom konkreten Fall abhängig. Beispielsweise davon, ob es viele Bewerber für die Stelle gibt oder ob ein günstiges Verhältnis (Quote) zwischen Berufstätigen („Erfahrung aus der Praxis“) und Studierenden existiert. Die Entscheidung über die Lockerung der Altersgrenze wird vom Auswahlgremium getroffen. Wahrscheinlich wird ein älterer Kandidat aufgenommen, wenn jemand einen entsprechenden Vorschlag macht. Die Entscheidungen werden als Konsens oder durch einfache Mehrheit getroffen. Der Standort Deutschland als Ausbildungsplatz ist das zweite formale Kriterium der Auswahlprozedur. Dem ASA-Katalog zufolge müssen BewerberInnen „einen Teil ihrer Ausbildung in Deutschland absolviert haben“. Die Länge der Ausbildung oder die Reihenfolge der Ausbildungsschritte werden nicht genauer beleuchtet.38 Fachliche Qualifikation Neben den formalen Kriterien steht die fachliche Kompetenz der Bewerber im Vordergrund. Jedes Projekt erfordert verschiedene fachliche Qualifikationen. Um diese Qualifikationen durchschaubar zu machen, nimmt man Orientierungskriterien wie: Berufsfeld, Studienrichtung und Sprache. Das Auswahlgremium sucht mit Hilfe der Kriterien im Lebenslauf nach Fähigkeiten, die dem Profil des Projektes entsprechen. 39 Mayring, Philipp. (1990). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 2., durchges. Aufl. Weinheim. Deutscher Studien-Verlag. Die Sprachkompetenz als Teil der fachlichen Qualifikation bildet eine gewisse Ausnahme. Im Katalog selbst wird die Sprachkompetenz gefordert, die „so gut wie möglich“ sein soll. In der Diskussion des Auswahlgremiums wird dieses Kriterium relativiert, d.h. die Sprache kann auch noch erlernt werden. Mangelnde Sprachkompetenz wird durch Männerquoten, Bundesländerquoten oder Berufstätigenquoten relativiert. So kann beispielsweise ein Berufstätiger mit geringen Sprachkenntnissen einen anderen Bewerber mit besseren Sprachkenntnissen ersetzen, wenn im zukünftigen Team ein Berufstätiger von Vorteil wäre oder ein Mann statt einer Frau. In dem Fall, dass es mehrere gleichberechtigte Bewerber gibt, kann der Fall eintreten, dass jemand aus einem Bundesland wie Bayern oder Baden- Württemberg, die großzügig das ASA-Programm finanzieren, favorisiert wird. Wünschenswerte Kriterien oder Soft-Skills Obwohl das ASA-Programm kein Raster oder strenge Normen für die Auswahl der Kandidaten angibt, zeigte sich bei Interviews mit Mitgliedern des Auswahlgremiums ein Konsens über das Profil der zukünftigen Stipendiaten. Diese nicht geschriebenen Regeln stammen aus der langjährigen Erfahrung der einzelnen Mitarbeiter, die sich auf den „Geist“ des ASA-Programms berufen. Über welche Fähigkeiten soll der ideale Kandidat verfügen? Die Auswertung der Interviews mit der Zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring39 hat gezeigt, dass Motivation und Initiative zwei wichtige Elemente für erfolgreiche Einsätze im Ausland sind. Wenn jemand in Deutschland sozial engagiert ist, wird dies in den Bewertungen der Bewerbungsunterlagen berücksichtigt und zählt als Motivation. Diese Erfahrung sollte für einen Perspektivenwechsel im Ausland hilfreich sein. „Initiative“ wird vermutet, wenn jemand in der Bewerbung die Situation vor Ort gut eingeschätzt hat und eigene Vorschläge oder Gedanken mitbringt. Einen positiven Eindruck hinterlassen so genannte „Bausteinmodelle“, wenn jemand seinen Einsatz im Ausland mit der weiteren Arbeit in Deutschland verbinden kann. Im ASA-Programmkatalog sind noch weitere Fähigkeiten gefordert. Die Rede ist von Flexibilität und Freude an der Improvisation: „Dabei ist es wichtig, neugierig und innerlich flexibel zu sein. Denn in den wenigsten Fällen ist es möglich, ein Projekt nach einem 40 Vgl. ASA- Programmkatalog. (2003). S. 76f. 41 Lucrecia Keim (1994) bezeichnet die sprachlichen Barrieren als größtes Hindernis im spanisch- deutschen Interaktionsprozess. Für Lateinamerika fällt dieses keineswegs besser aus, zumal die Verbreitung von Fremdsprachen auf dem Kontinent noch geringer ist. vorgefertigten Schema durchzuführen. Immer wieder sind Absprachen mit den Partnern nötig, und auch ansonsten erfordert ein Arbeits- und Studienaufenthalt in einem sogenannten „3. Welt“-Land eine gewisse Freude an der Improvisation. Personen, denen es primär darauf ankommt, ein vorstrukturiertes Programm in Maximaltempo „durchzuziehen“, werden daher oft frustriert und ecken an. Diejenigen, die bereit sind, ihre Pläne an den Verhältnissen und Bedürfnissen vor Ort auszurichten, erfahren dagegen den ASA-Aufenthalt auf jeden Fall als fachliche und menschliche Bereicherung.“40 Offensichtlich zeigt die Erfahrung, dass Verhaltensweisen, die in Deutschland eine normale oder plausible Handlung darstellen, in anderen Ländern nicht so erfolgreich anzuwenden sind, z. B. das „Sich-durchsetzen“. Ausschlusskriterien In den Gesprächen mit dem Auswahlgremium des ASA-Programms kamen die sogenannten K.O.-Kriterien (Ausschlusskriterien) zur Sprache. Unter K.O.-Kriterien findet man vor allem Verstöße gegen die Prinzipien oder Erwartungen des ASA-Programms. Es führt fast zu einer automatischen Disqualifikation, wenn das ASA-Programm als billige Reiseagentur angesehen wird oder die Nutzung des Programms als Erfüllung von Lücken im Lebenslauf (dringendes Praktikum) betrachtet wird. Die Motivation wird eng mit dem sozialen Engagement in Deutschland betrachtet und mit der geplanten Verwendung der Erfahrungen nach dem Auslandseinsatz. Karitative Einsätze sind nicht erwünscht. Probleme in der Alltagskommunikation in Lateinamerika aus der Sicht der Tutoren und lateinamerikanischen Partner des ASA-Programms In Bezug auf die interpersonellen Beziehungen wird die Zusammenarbeit zwischen Lateinamerikanern und Deutschen zunächst durch die geringe Verbreitung der deutschen bzw. englischen Sprache in Lateinamerika sowie durch die defizitären Spanischkenntnisse der Deutschen erschwert. Diese Tatsache ist hinderlich für den Kontakt41. Aus Sicht der Tutoren des ASA-Programms werden einige ritualisierte Handlungen bei der Kontaktaufnahme mit Lateinamerikanern als Störung gemeldet. Gemeint sind damit z. B. die 42 Aus Interviews mit ehemaligen deutschen Entsendeten und Studierenden in Lateinamerika. Quelle: eigene Interviews. 43 Ebenda. „indirekte Kommunikation“, das zirkuläre Argumentieren und die Ablehnung von Vorschlägen oder Kritik: „Es herrschte eine oberflächliche Harmonie, darunter konnte man sogar eine gewisse Spannung ahnen, aber keiner hat die Probleme angesprochen“ (E2), „Aus Höflichkeit sagen sie niemals nein ...“ (E6). „Sie haben zugestimmt, aber zum Treffpunkt erschienen sie nicht“ (E3), 42 oder bestimmte Fragen des Kennenlernen-Dialogs, die im Prozess des Kennenlernens aus der Sicht der Lateinamerikaner normal und legitim sind, werden von den Deutschen häufig als unhöflich oder unangenehm empfunden: „Sie haben mir von vorne an so intime Fragen gestellt, ob ich einen Freund oder Kinder habe, und dies und das (E4)“.43 Darüber hinaus wird die Kooperation – ungeachtet der zum Einsatz kommenden Fremdsprache – noch durch die unterschiedlichen Erwartungen und Ansichten erschwert, die sich hinter scheinbar universellen Konzepten wie „Teamarbeit“ und „Delegation“ verbergen. Das Delegationsprinzip sowie die Teamarbeit, wie sie von den deutschen Interviewten beschrieben worden sind (die Verantwortlichen für bestimmte Aufgaben - nahezu im Alleingang ohne anschließende Beratung - benennen sowie häufige Gruppenausarbeitungen), sind für die meisten lateinamerikanischen Interviewten unbekannt. Die Deutschen sind häufig davon überzeugt, dass diese Methode (Delegation und Teamarbeit) die beste ist und kämpfen lange Zeit für ihre Durchsetzung. Das kostet viel Zeit und Energie und meist ist das Ergebnis nicht die Durchsetzung dieser Prinzipien. Es entwickeln sich mit der Zeit hybride Methoden. Z.B. eine Form von „Delegation + Kontrolle“, also gezielte Delegation. An diesen Mitarbeiter kann delegiert werden, mit dem anderen geht es nicht oder es kommt zur Rückkehr zu autoritären Prinzipien: „Befehle + Kontrolle“. Ein Thema, welches nicht selten von lateinamerikanischer Seite als Konfliktherd genannt wird, jedoch schwer objektiver Beurteilung unterzogen werden kann, ist die Körperhygiene vieler deutscher Dienstleistender. Einem Interview mit einer deutschen Tutorin zufolge entspringt dieses Problem vor allem aus der „alternativen“ Szene, aus der viele Programmteilnehmer rekrutiert werden. Dort ist ein persönliches Hygieneverhalten, welches auf Unverständnis oder Ablehnung seitens der lateinamerikanischen Gastgeber stößt, nicht selten. Dazu gehören unangenehmer Geruch wegen des Verzichts auf Deodorants oder andere Artikel der Körperpflege, fehlende Reinlichkeit, Bein- und Achselbehaarung bei den Frauen etc. 44 Quelle: eigene Interviews mit Studierenden aus Chile während ihres Deutschlandsaufenthalts. Weitere Differenzen zwischen Lateinamerikanern und Deutschen beherbergt die Reinlichkeit in den „deutschen Häusern“. Dort werden bestimmte Putzartikel wegen ihrer ökologischen Verwerflichkeit regelrecht geächtet. Man verzichtet lieber ganz auf eine Säuberung, bevor man „chemische“ Mittel benutzt. „Die Deutschen sorgen sich mehr um die Umweltverschmutzung, als um die Verschmutzung ihres Bades. Sie beschwerten sich, dass ich zuviel Spülmittel für den Abwasch benutzte und zuviel Chemie, um das Bad zu reinigen (...) Wenn sie abwuschen, blieben immer noch Speisereste an den Tellern kleben und das Geschirr wurde nicht einmal abgespült, sondern ins Spülwasser getaucht und unmittelbar danach und noch voller Seifenblasen zum Trocknen gelegt. Wenn ich es dann abspülen wollte, ermahnten sie mich, dass ich zuviel Wasser verschwenden würde, als ob es eine große Dürre gäbe.“ „Wie schade, dass viele deutsche Frauen so schön sind, aber dann so unangenehm riechen. Ironischerweise beschwerten sie sich über mein Parfüm. Sie sagten ich würde zu viel auftragen und ‚stinken’.“ Mit Überraschung stellen viele Lateinamerikaner fest, dass die Deutschen nicht so reinlich sind, wie sie es erwartet hätten. Dabei hat das Hygieneverhalten der Deutschen mehr als einmal zu einer peinlichen Situation geführt: „So wie sie sich verhalten, kann ich sie nicht zu mir nach Hause einladen. Meine Mutter würde sie rausschmeißen oder unter die Dusche stellen.“44 7.5.2 Deutscher-Entwicklungs-Dienst (DED) in Chile Im Folgenden wird ein internes Dokument des DED Chile präsentiert (Protokolle eines Seminars zur Interkulturellen Kommunikation), welches die Erfahrungen und Schwierigkeiten der Organisation bei ihrer Interaktion mit lokalen Organisationen beschreibt. An dem eineinhalbtägigen Seminar, welches 2002 im chilenischen Futrono stattfand, nahmen 46 Personen (24 Deutsche, 22 Chilenen) teil. Während des Seminars wurden in mehreren Kleingruppen die nationale Identität, das Selbst- und das Fremdbild reflektiert. Die Ergebnisse diese Aktivität ließen sich gut zusammenfassen. Die Chilenen schätzten sich selbst als „große Improvisateure“ und gleichzeitig „schlechte Planer“ ein und wurden von den deutschen Entwicklungshelfern genauso charakterisiert. Den Deutschen wurde Planung, Zeitmanagement, Absprachentreue, Geradlinigkeit bei der Arbeit, Regelgehorsam, Direktheit und praktische Veranlagung attestiert. Zusätzlich, und nicht in Übereinstimmung mit dem Selbstbild der Deutschen, hielten einige Chilenen die Deutschen für „wenig einfühlsam“, mit Schwierigkeiten ihre Gefühle in der Öffentlichkeit zu zeigen und von sich selbst übertrieben 45 Seminario de Comunicación Intercultural. DED Chile. Futrono, Oktober 2002. S. 5-6. überzeugt. Interessanterweise hielten die Deutschen diese Charakterisierung, die auch im Selbstbild in gewisser Weise latent vorkommt, nicht für negativ. Nur die Chilenen stuften diese Haltung als taktlos und arrogant ein. Als Ergebnis des Seminars lässt sich eine Auflistung der gängigsten Interaktionsprobleme wie folgt darstellen: Einschätzung der Deutschen zur Gruppenarbeit • Unterschiedliches Zeitmanagement: Die Deutschen empfinden die Zeit als „Mangelware“, mit welchem streng und respektvoll umgegangen wird (respektvoll insofern, dass sie ihre Partner fragen, ob diese Zeit haben und dies nicht für gegeben nehmen. Die Chilenen hingegen nehmen wenig Rücksicht auf die Zeit eines anderen.) • fehlende Planung und Voraussicht der Chilenen und das deutsche Unverständniss angesichts dessen • Unkenntnis des Zeitmanagements und der Zeitwahrnehmung in Chile seitens der Deutschen • unterschiedliche Einschätzung eines Erfolgs seitens Chilenen und Deutscher • fehlendes Einfühlungsvermögen der Deutschen für die Chilenen • Unfähigkeit, Konflikte zu thematisieren Einschätzung der Chilenen zur Toleranz • negative Haltung (fehlende Wertschätzung) der Deutschen gegenüber Chile • fehlende Vorbereitung der Chilenen auf einen Gast • Toleranzgrenzen: notwendige Offenheit im Umgang miteinander, um zu verstehen, wie es dem anderen geht, Toleranz erfordert Übung • fehlende Akzeptanz, dass die Realität nicht die Erwartungen erfüllt und konsequente Negierung der Realität45 Ziel dieses Seminars war dennoch nicht die Zusammenstellung solcher Listen, die kulturelle Hindernisse für binationale Arbeitsgruppen offen legen, sondern es ging um die Suche nach Initiativen, die die „negativen Aspekte der deutsch-chilenischen Kooperation“ reduzieren. Folgende Vorschläge wurden untrbreitet: • sorgfältig auf kommunikative Umgangsformen achten • von Anfang an die Rollen der Projektteilnehmer deutlich machen • einen Konsens über die Arbeitsvorgehensweise finden • die Beziehungen und Projektaktivitäten transparent machen, explizit verdeutlichen, was man möchte und nicht annehmen, dass der andere dies schon weiß • regelmäßige Treffen vereinbaren, damit mögliche Konflikte früh bekämpft werden können • über den Sinn der Kooperation und die Motivation der Teilnehmer reflektieren • die institutionellen Beziehungen zwischen dem DED und seinen Partnern stärken • die vertikale Distanz in den chilenischen Partnerinstitutionen reduzieren • die Partner auf den Empfang von Helfern aus Deutschland vorbereiten • gemeinsame Vorbereitung der interagierenden Personen 7.5.3 Zusammenfassung Die Praktiken des ASA-Programms und des DED zielen auf typische Situationen der deutsch-lateinamerikanischen Interaktion ab. Obwohl es sich um unterschiedliche Vorgehensweisen handelt (ASA macht allgemeine und globale Ratschläge während die DED-Studie eine ganz spezifische Momentaufnahme der deutsch-chilenischen Interaktion ist), gelangt man dennoch zur Einsicht, dass der Hauptansatzpunkt der Missverständnisse in der unterschiedlichen Zeitwahrnehmung zwischen Deutschen und Chilenen liegt. Den Chilenen wird positiv das große Improvisationsvermögen attestiert, wohingegen ihre Planlosigkeit ein negatives Element darstellt. Ein weiteres Gebiet, welches häufig konfliktbehaftet ist, betrifft die alltägliche Kommunikation, vor allem gewisse Rituale des Kennenlernens oder des „Eisbrechens“, die in Lateinamerika absolut legitim sind, aber in Deutschland einen unerwünschten Eingriff in die Privatsphäre bedeuten. Weitere Probleme werden im Zusammenhang mit dem Verständnis, der Planung und Bewertung der Arbeit sichtbar. Hier können große Unterschiede in den Ansichten über universelle Konzepte wie „Teamarbeit“ oder „Verantwortungsdelegation“ auftreten. Diese sind - wie es der DED-Bericht beschreibt – nicht 46 Nach Hall erfolgt die Wahrnehmung der Zeit zwischen den Polen „monochron“ und „synchron“. In angelsächsischen Kulturen herrscht wie in den meisten nordeuropäischen Kulturen lineare und monochrone Zeitwahrnehmung vor. In diesen Kulturen gilt die Zeit als Mangelressource und als Folge daraus wird Pünktlichkeit und Planung der Aktivitäten sehr geschätzt. In polychronen Kulturen (Lateinamerika) hingegen ist die Zeit keine Mangelressource. Vgl. Blom, H. / Meier, H. (2002). 47 In low-context-cultures kommuniziert man direkt miteinander, wohingegen man in high- context-cultures mehr Hintergrund-Informationen benötigt, um Botschaften entschlüsseln zu können. Vgl. Blom, H. / Meier, H. (2002). S. 62. immer offensichtlich, weshalb man vor allem metakommunikativ arbeiten muss, um zu vermeiden, dass konzeptuelle Missverständnisse zu größeren Konflikten führen. Ferner muss die große Übereinstimmung chilenisch-deutscher Konflikte mit Konflikten der kolumbianisch-deutschen Interaktion erwähnt werden. Diese Art von Konflikten fällt wohl unter den von Diehl formulierten Aspekt „cuadrados“, ein Begriff, der die Unflexibilität der „deutschen Kultur“ umschreibt. 7.6 Abschließende Zusammenfassung Die deutsch-lateinamerikanische Interaktion wird in der interkulturellen Literatur nur wenig thematisiert. Der Mangel an speziellen Studien zwingt viele Autoren dazu, sich auf die generelle Auseinandersetzung mit kulturellen Differenzen zu beschränken, wie zum Beispiel jene die in den Werken von Diehl, O. / Ochsmann, R. Foellbach u. a., Ferres u. a. intensiv diskutiert werden. Ein häufig genannter und anerkannter Konfliktherd zwischen Deutschen und Lateinamerikanern liegt in der unterschiedlichen Zeitwahrnehmung. In dieser Kategorie gibt es einen weiten Konsens, der die theoretischen Überlegungen in der Praxis belegt. Dazu gehört die Unterteilung in monochrone (westliche Kulturen) und polychrone Zeitstrukturen (nicht westliche Kulturen).46 Andere Problempunkte sind weniger gut strukturierbar. Zum Beispiel lässt sich die mangelhafte Hygiene seitens der Deutschen nur schwer einer der klassischen Kategorien zuordnen. Die für die Deutschen intim anmutenden Fragen während des Kennenlernens hingegen sind am besten als eine Konsequenz aus der Unterscheidung in „high-context“- und „low-context“-Kulturen zu begründen.47 Ein weiterer Konsens liegt bei der Wertschätzung des privaten und öffentlichen Raums, also der Privatsphäre. 48 Vgl. Diehl, O. / Ochsmann, R. (2001). „Simpático“ vs. „Cuadrado“. Konfliktpotentiale zwischen Deutschen und Kolumbianern als Resultat unterschiedlicher kultureller Standards. Unveröffentlichtes Manuskript. Psychologisches Institut, Universität Mainz. Foellbach, S. / Rottenaicher, K. / Thomas, A. (2002). Beruflich in Argentinien. Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. Ferres, R./ Meyer-Belitz, F./ Röhrs, B./ Thomas, A. (2005). Beruflich in Mexiko. Trainingsprogramm für Manager, Fach und Führungskräfte. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. Rodríguez, D. (2002). Gestión Organizacional: Elementos para su estudio. Cap. XI: Cultura Organizacional y cultura latinoamericana. Ediciones Universidad Católica de Chile. 49 Die Mehrheit der Interviewten behauptet von sich, kulturelle Unterschiede erkennen bzw. identifizieren zu können, jedoch nicht die Ursachen nennen und diese auch nicht mit dem Gegenüber thematisieren zu können. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich so gut wie keine Lösungsvorschläge für die genannten Probleme. Lediglich im Bericht des DED werden einige praktische Ansätze genannt, die alle dem Reparaturmechanismus „Metakommunikation“ untergeordnet werden können. Dieses Instrument muss in Lateinamerika zumindest unter Berücksichtigung der Theorie als fragwürdig erachtet werden, da es in der Region als schwierig gilt, Probleme direkt, offen und kritisch anzusprechen. Es bleibt zu klären, wie man metakommunikativ arbeiten kann, ohne beleidigend oder respektlos zu gelten und ohne die Schwächen des Gegenübers öffentlich aufzudecken. Ein Großteil der in der Fachliteratur skizzierten Problemfelder lässt sich auf zwei Grundtypen abstrahieren: die Arbeitsorganisation und die interpersonellen Beziehungen. Hinsichtlich der Arbeitsorganisation sind die meisten Unstimmigkeiten in der unterschiedlichen Zeitwahrnehmung in Deutschland und Lateinamerika begründet. Diese Unterschiede sind die Ursache unzähliger Missverständnisse und gegenseitiger Schuldzuweisungen wie „Ungeplantheit“ auf Seiten der Lateinamerikaner bzw. „Starrköpfigkeit“ und „Unflexibilität“ auf Seiten der Deutschen.48 Die abweichenden Erwartungen des „Anderen“ und des „Eigenen“ sind Resultat des Sozialisationsprozesses. Fehlendes Bewusstsein für die Unterschiede gepaart mit der Unfähigkeit, über die entstehenden Probleme zu sprechen49, behindern eine Konfliktlösung. Dieses Problem wird ferner dadurch verstärkt, dass in der lateinamerikanischen Tradition bestimmte Formen der direkten konstruktiven Kritik missverstanden und als persönlicher Angriff oder Respektlosigkeit empfunden werden können. Daraus können sich noch problematische Reaktionen ergeben, wie zum Beispiel der Abbruch jeglichen Kontakts. Als Zusammenfassung aus der Literaturanalyse - und ergänzend aus den Interviews – lässt sich konstatieren, dass sich folgende Themen für die Entwicklung von Übungen eignen: • Zeitwahrnehmung • Kritikausübung • Aufbau von persönlichen Beziehungen • Sprachkompetenz • Eigeninitiative • Planungsfähigkeit • Umgang mit Ungewissheiten 8 Methode: Operationalisierung Interkultureller Kompetenz 8.1 Einleitung Ziel dieses Kapitels ist darzustellen, wie mit Hilfe der Übungen des ACs interkulturelle Kompetenz prognostiziert werden kann. Kompetenz gibt es immer in Verbindung zwischen Kontext und Handlung (siehe Kapitel 2). Um eine Instrument zur Messung der interkulturelle Kompetenz für eine Schüler Gruppe aus Deutschland mit Aufenthalt in Chile zu entwickeln, muss man sprechende Aufgabe identifizieren, die oft Vorkommen oder von besondere Bedeutung für den Erfolg oder Misserfolg der Mission sind. Die ausgewählte Handlungssituationen bilden die Basis für Übungen, dass später für die Beobachter bzw. für die Register am PC zeigen sollen, ob der geprüfte Kandidat die Fähigkeiten für die Aufgabe hat oder nicht und in welcher Masse das Gescheht. Die AC-Methode erlaubt Situationen auf Grund von Impulse zu entwickeln, dass die Realität nah steht. Die „AC-Übungen“ reproduzieren die „Realität“, wie sie für die Aufgabe zu evaluieren für „wichtig gehalten wird“. Es gibt in der Tat keine „objektive Realität“, sondern diejenige, die als Szenario oder Impuls von den Entwicklern des AC für wichtig gehalten wird. Ob jemand als „kompetenter“ als Andere erklärt wird, ist in erste Linie subjektiv. In der Regel handelt es sich bei jedem AC, um eine Summe von „subjektiven Stimmen“. Im konkreten Fall, ein AC für deutsche Schüler für eine Klassenfahrt nach Chile zu entwickeln, muss man - wie es immer der Fall bei der Entwicklung von Übungen für ein AC ist - ein Anförderungsprofil entwickeln. Dieses soll kontextbezogen und handlungsorientiert sein. Die vorliegende Studie bemüht sich darum, diesem Bedarf gerecht zu werden. Zu diesem Zweck wurde ein Online-Diagnoseinstrument entwickelt, welches ähnlich einem Planspiel verläuft und Soft-Skill-Aufgaben nutzt. Als Szenario dienen die Herausforderungen an einen Praktikanten bei einer fiktiven Institution in Chile. Die Teilnehmer an diesem Experiment sollen unter Zeitdruck verschiedene Aufgaben erfüllen, deren Lösung Effizienz (im Sinne von Zielerreichung) und angemessene Konfliktlösung (im Sinne eines bilateralen Verständnisses) erfordert. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Recherche der entsprechenden Fachliteratur sowie die Ergebnisse der Experten-Interviews wiedergegeben, um die entsprechenden Auswahlinstrumente für ein Anforderungsprofil zu definieren. Nach Auswahl der Instrumente werden die Variablen sowie die Durchführung und Auswertung der Aufgaben beschrieben. Bei diesem Vorgang werden die Vorteile der computergestützten Methode gegenüber traditionellen (Präsenz-)Verfahren erläutert. 8.2. Messung Interkultureller Kompetenz Die Kompetenzen offenbaren sich durch „praktische Demonstrationen, objektive Prüfungen oder Simulationen“1. Dementsprechend sollte Interkulturelle Kompetenz a posteriori nachweisbar sein, wenn die im Vorfeld stattgefundene Diagnose (Tests) signifikante Korrelationen mit den tatsächlichen, während oder im Anschluss an das Praktikum stattgefundenen Evaluation aufweist. Mit anderen Worten: Die Testergebnisse sollten die Ergebnisse aus der Praxis antizipieren. Die Idee ist, als Kriterium den interkulturellen Handlungserfolg zu untersuchen. Zum Beispiel die effektive Aufgabenerfüllung, befriedigende soziale Beziehungen zu Einheimischen und persönliches Wohlbefinden. Diese Faktoren müssen entsprechend operationalisiert und quantifiziert werden. Selbstaussagen von Assessment-Center-Teilnehmern sollten mit Aussagen von Einheimischen und Beobachtungen durch den Verantwortlichen vor Ort gekoppelt werden. 8.2.1 Der Aufbau eines Anforderungsprofils Für die Besetzung einer Stelle wird in der Regel eine detaillierte Stellenbeschreibung vorgenommen und über Funktionen, Aufgaben und Fähigkeiten definiert. Daraus kann in einem AC – häufig in einem Workshop – ein so genanntes Anforderungsprofil abgeleitet werden, welches dann die Grundlage für die Entwicklung entsprechender Übungen darstellt. Die Übungen sollen realitätsnah den Alltag und Aufgaben der zukünftigen Tätigkeit widerspiegeln und so konstruiert sein, dass unabhängige Beobachter das Vorgehen analysieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen bzw. Empfehlungen aussprechen 1 Vgl. Vargas, J. (2001). S. 5. können. „Gesucht werden hierbei Situationen, die in der Zielfunktion immer wieder vorkommen – also typisch sind – und gleichzeitig für den Erfolg in der Funktion von ausschlaggebender Bedeutung sind – also kritisch sind“.2 2 Bolte, E.-A. / Jung, P. (1989). Konstruktion eines Assessment Centers. Anforderungen, Übungen. In Arbeitskreis Assessment Center (Hrsg.) (1989). Das Assessment Center in der betrieblichen Praxis Erfahrung und Perspektiven. Hamburg. 3 Bolten, J. (2001). Interkulturelle Kompetenz. Erfurt. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. S. 88. Für die Konstruktion der Übungen mussten die Anforderungen sowohl aus der Perspektive privater als auch öffentlicher Unternehmen untersucht werden und aus deutscher und lateinamerikanischer Sicht. Das Profil eines erfolgreichen Praktikanten wird für die vorliegende Untersuchung (aus der Analyse der Literatur sowie Interviews der befragten Experten) folgendermaßen definiert: - Der erfolgreiche Praktikant verfügt über ausreichende Spanischkenntnisse, um angemessenen mit seinen Vorgesetzten, Kollegen und Klienten kommunizieren zu können. - Der erfolgreiche Praktikant kann Aufgaben eigenverantwortlich erledigen. Dieses Verhalten steht in Verbindung mit Improvisationsfähigkeit, Selbstorganisation und Initiative. - Der erfolgreiche Praktikant kann sein Verhalten den Anforderungen entsprechend flexibel anpassen und gemäß den lokalen Praktiken gestalten. Angesichts des Mangels an Datenbanken oder anderen Studien, die belegen könnten, dass diese Kriterien unmittelbar mit einem erfolgreichen Auftreten verbunden sind, wurde eine Form der subjektiven Bewertung gewählt, welche einer „Schiedskommission“ in einem AC ähnelt. Die von den befragten Experten genannten Anforderungen für die Erzielung von Erfolgen im Ausland lassen sich in das Modell für Interkulturelle Kompetenzen von Bolten3 einordnen (siehe Abbildung Nr. 13). So erfordern beispielsweise Improvisationsfähigkeit und Selbstständigkeit „Organisationsfähigkeit“ und „Entscheidungsfreude“, zwei Elemente, die der strategischen Kompetenz des Modells zuzuordnen sind. Die Anpassung der persönlichen Arbeitsweise an die lokalen Anforderungen kann nur über einen gewissen Grad an Rollendistanz vollzogen werden. In Boltens Modell zählt dies zu den individuellen Kompetenzen, während das „angemessene Verhalten in sozialen und beruflichen Situationen“ den sozialen Kompetenzen zugeordnet werden kann. Spanischkenntnisse und allgemeine Kommunikationsfähigkeiten sind einige der wenigen exklusiv interkulturellen Kompetenzen, die für sich alleine noch keine Erfolgsgaranten sind, sondern in einem ausgewogenen Verhältnis zu den übrigen Teilkompetenzen stehen. Die Fachkompetenz wurde nicht berücksichtigt, da im realen Kontext, in dem sich das Praktikum abspielte, keine Fachkompetenz (kochen, malen, Teilnahme am Unterricht) verlangt wurde. Das interkulturelle Handeln wird in den meisten Fällen über die Kommunikation geregelt, d.h. Situationen, in denen die Sprachkompetenzen (Spanisch) der Betroffenen relevant werden. Quelle: Bolten, J. (2001). Interkulturelle Kompetenz. Erfurt. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. S. 88. Abb. 13: Handlungskompetenz in interkulturellen Zusammenhängen Beschreibungs- und Erklärungsfähigkeit in Bezug auf eigen- fremd- und inter- kulturelle Prozesse, Fremdsprachenkenntnis; vorangegangene interkulturelle Erfahrung interkulturelles Handeln Eigenmotivation Rollendistanz Selbstorganisation, Fähigkeit zur Situationskontrolle Optimistische Grundhaltung Lernbereitschaft, Selbstkritik Polyzentrismus Teamfähigkeit Assimilationsfähigkeit Initiativfähigkeit Metakommunikationsfähigkeit Empathie, Toleranz Führungsfähigkeit Kosten-, Ertrags- und Risikobewusstsein Wissensmanagement Organisationsfähigkeit Problemlöse- und Entscheidungsfähigkeit; Synergiedenken Markt-, Rechts- und Betriebkenntnisse Fachkenntnisse im Aufgabenbereich (internat.) Berufserfahrung Kenntnisse des Zielkulturellen Technologiestandes strategische Kompetenz Fachkompetenz individuelle Kompetenz soziale Kompetenz 4 Didi stellt fest, dass eine Postkorbübung Auskunft über folgende Dimensionen gibt: Vernetztes Denken, Organisationsvermögen, Führungsvermögen, schriftliches Kommunikationsvermögen und Engagement/Initiative. Vgl. Didi, H.-J. (2002). Der Postkorb. In Fay, E. (2002). Das Assessment- Center in der Praxis. Konzepte – Erfahrungen – Innovationen. Göttingen. Vandenhock & Ruprecht. S. 85. 5 Jeserich, W. (1981). Mitarbeiter auswählen und fördern : Assessment-Center-Verfahren. München. Hanser. 6 Vgl. Schuler, H. (2000). Psychologische Personalauswahl. Einführung in die Berufseignungsdiagnostik. 3. unveränderte Auflage. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 123 und Fay, E. (2002). Das Assessment-Center in der Praxis. Konzepte – Erfahrungen – Innovation. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. S. 101. 8.3 Auswahl und Aufbau der Übungen Die Interviews und Gespräche mit den unterschiedlichen Experten brachten neue Ideen bezüglich typischer Aktivitäten, die als kleine Tests oder Aufgaben zur Messung Interkultureller Kompetenz genutzt werden können. Hierzu zählen zum Beispiel typische Vorfälle im Arbeitsumfeld, Kritikwahrnehmung, Missverständnisse und charakteristische Handlungen während der ersten Tage des Aufenthalts wie Geldwechseln, der Besuch verschiedener Ämter und des Konsulats. Unter Berücksichtigung dieser Ideen wurde eine Postkorbübung konzipiert, zumal der Großteil der Erfolgsfaktoren mit der Planungsfähigkeit, Motivation und Initiative des Praktikanten einhergehen. Diese Aspekte lassen sich laut Fachliteratur durch die Postkorbübung am besten diagnostizieren.4 Die Postkorbübung wird in engem Zusammenhang mit der Messung von Effizienzgraden gesehen. Darunter wird die unabhängige und selbstständige Lösung aufgetragener Probleme verstanden. Die Konstruktion der eigentlichen Postkorbübung, die Anzahl der Aufgabenstationen (neun), die Mischung aus Tätigkeiten mit sozialem, persönlichem und professionellem Charakter sowie der Nutzung der Zeit als Stressfaktor wurden insbesondere von einer konventionellen Postkorbübung von Wolfgang Jeserich5 inspiriert. Dabei handelt es sich um eine der wenigen empirisch geprüften Postkorbübungen aus dem deutschsprachigen Ko Sowohl die Analyse der Fachliteratur als auch die Experteninterviews zeigten, dass die meisten synergetischen Fähigkeiten im Alltag gebraucht werden. Hier wurde eine an den Critical Incidents angelegte Übungsform gewählt, die den Vorteil hat, dass es keine „richtigen“ und „falschen“ Lösungen im Sinne von Kulturstandards gibt, sondern dass Lösungsstrategien aufgezeigt werden, die ihren Beitrag zur erfolgreichen Aufgabenerfüllung im Ausland leisten. Unter erfolgreicher Erfüllung wird der berufliche Zielerreichungsgrad, die Selbstzufriedenheit sowie die Zufriedenheit der Klienten und Arbeitskollegen verstanden. 7 Viele Interviewpartner äußerten, dass sich die tatsächlich in der Praxis notwendigen Spanischkenntnisse nur schwer messen lassen. Es wurde ein Instrument gewünscht, mit dem sich bestimmte Kompetenzniveaus festlegen lassen. 8 Die Verwendung von Fremdsprachen in interkulturellen Tests wird nicht unpolemisch diskutiert. Zu den Befürwortern von Fremdsprachen in interkulturellen Prüfungen zählen Bolten und Nickut. Lohff und Kinast hingegen beschränken ihren Einsatz auf bestimmte Übungsformen wie die Postkorb, oder lassen nur vereinfachtes Englisch als Fremdsprache gelten (siehe Kapitel 5). Für die Auswertung der Aufgaben zur Konfliktlösung erfolgt die Messung des angemessenen Verhaltens. Das Resultat dient in Verbindung mit der Postkorbübung als externer Indikator für Interkulturelle Kompetenz. Beide Aufgabentypen testen ferner das Sprachverständnis der Kandidaten, indem Spanisch in den Texten zur Aufgabe derart gebraucht wird, wie es in der Realität der Fall sein könnte. Diese Vorgehensweise wird von den interviewten Experten begrüßt7, die es durchaus für praktikabel halten, dass Postkorbübungen in einer Fremdsprache durchgeführt werden.8 Der Gebrauch des Spanischen wurde auf die Postkorbübung und die Lösung der Critical Incidents beschränkt. Die Darstellung und Erklärung der Aufgabe, das Menü, die Navigations- und Interaktionsinstrumente sind auf Deutsch. Somit war nur das soziale und professionelle Szenario in der Zielsprache, ausgenommen die technischen Elemente der Aufgabe, die auch nicht Gegenstand der Prüfung sein sollten. In einem weiteren Schritt werden die Entscheidungen angesichts der Critical Incidents von Experten eingestuft. Dadurch wird ein Rückschluss auf die soziale, individuelle und strategische Kompetenz gezogen. In Abhängigkeit von jeder getroffenen Entscheidung wird ein Kompetenzprofil erstellt, welches einen Vergleich der Teilkompetenzen aller Kandidaten ermöglicht und Rückschlüsse auf besonders erfolgreiche bzw. weniger erfolgreiche Praktikanten zulässt. Mit dieser Übungsform soll die Hypothese belegt werden, dass Kandidaten, die bei ihrem Praktikum eine bessere Beurteilung erhalten, über ein anderes Kompetenzprofil verfügen als schlecht beurteilte Praktikanten. Eine Bedingung für den Erfolg dieses Auswahlinstruments ist, dass die Diagnoseergebnisse mit den Bewertungen aus der Realität korrelieren. Das heißt, dass die Kandidaten, die die Aufgaben besser lösen, auch im Verlauf ihres Praktikums besser eingeschätzt werden. 9 Vgl. Vargas, J. (2001). S. 5. 10 Bolten, J. (2007). Was heißt „Interkulturelle Kompetenz?“ Perspektiven für die internationale Personalentwicklung. In Berninghausen J. /Künzer, V. (Hg.). (2007). Wirtschaft als interkulturelle Herausforderung. Business Across Cultures. Frankfurt am Main, London. IKO Verlag S. 21-42. 11 Vgl. Müller, S. / Gelbrich, K. (1999). Interkulturelle Kompetenz und Erfolg im Auslandgeschäft. Status quo der Forschung. Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre. Nr. 21/99. Dresden. Technische Universität Dresden. S. 20 und S. 35. 8.4 Definition Interkultureller Kompetenz Die Bewertung und Messung von Kompetenzen ist ein Prozess, der direkt mit der Beobachtung verschiedener Faktoren einer Person verknüpft ist, die diese bei der erfolgreichen Ausführung einer Aktivität benötigt. Als Kompetenz für die Verrichtung einer Tätigkeit bzw. Arbeit kann ein Zusammenspiel von spezifischen Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen verstanden werden. So sind beispielsweise die potentielle Möglichkeit, eine Arbeit zu erlernen, die Fähigkeit, sie durchzuführen und die Bereitschaft und Motivation, sie auch tatsächlich zu verrichten, Faktoren, die für sich allein genommen noch kein Gelingen garantieren. Erst die Kombination der Teilkompetenzen kann zu einem Erfolg führen. Kompetenz bedarf eines ausgewogenen Verhältnisses aller Faktoren, die zur erfolgreichen Realisierung einer Aufgabe beitragen.9 Interkulturelle Kompetenz unterscheidet sich von intrakultureller Kompetenz insofern, als dass sie ein Minimum an „kulturspezifischem Wissen“ erfordert, um „den Transfer auf das fremd- bzw. interkulturelle Bezugsfeld“ zu gewährleisten. Diese Bedingung kann dann erfüllt werden, wenn sich zu den klassischen Kompetenzen (individuelle, soziale, strategische und spezifische) noch Fremdsprachenkenntnisse (sofern notwendig) und „Erklärungsfähigkeiten in Bezug auf eigen-, ziel- und interkulturelle Interaktionszusammenhänge“10 hinzugesellen. Im Folgenden werden die Begriffe „Angemessenheit“ und „Effektivität“ präzisiert, da diese als Indikatoren für Interkulturelle Kompetenz verwendet werden sollen, so wie es Müller; S./ Gelbrich; K. 11 in der deutschen Fachliteratur vorschlagen. • „Als angemessen gilt das Verhalten, wenn es den kontextuellen und beziehungsbezogenen Anforderungen oder Erwartungen der Interaktionsteilnehmer gerecht wird. Ein solches Verhalten setzt die Fähigkeit voraus, die Bedingungen, Alternativen, Mittel, Ziele und Konsequenzen eigenen und fremden Verhaltens zielgerichtet zu berücksichtigen und situationsgerecht zu kommunizieren. 12 Stüdlein, Y. (1997). Management von Kulturunterschieden. Phasenkonzept für internationale strategische Allianzen. Wiesbaden. Deutscher Universitäts-Verlag. S. 153. • Als effektiv gilt das Verhalten, wenn es für die Erreichung der gewünschten Ziele oder für die Befriedigung der Bedürfnisse der Interaktionsteilnehmer funktional ist. Ein solches Verhalten setzt die Fähigkeit voraus, den Interaktionspartner – bzw. die Gründe und Motive für sein Verhalten – zu verstehen und sich selber verständlich zu machen bzw. die Fähigkeit, Missverständnisse, Fehlattributionen und inakkurate Stereotypisierung zu minimieren“.12 Definition Interkultureller Kompetenz 8.5 Pre-Test: Akzeptanz und Rückmeldung durch die Teilnehmer Die Pilotstudie (Pre-Test) dieses ACs wurde mit 23 Romanistikstudenten durchgeführt. Zwölf der Probanten waren Lehramtsstudenten der Martin-Luther-Universität Halle (MLU Halle), die übrigen elf waren Magisterstudenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU Jena). Alle Probanten waren weiblich mit einem Altersdurchschnitt von 21,4 Jahren. Ihre Spanischkenntnisse lagen einheitlich auf mittlerem Niveau. Vor Durchführung der Aufgabe erhielten die Studierenden eine Erläuterung auf Spanisch, die von einer Powerpoint-Präsentation auf Deutsch begleitet wurde (siehe Kapitel 8.8). Darin wurden die Ziele des Experiments dargelegt. Die Teilnahme am Experiment fand online statt. Für den Zugang zur Internetseite, auf der die Aufgabe aufrufbar ist, wurden den Probanten die notwendigen individuellen Zugangscodes bereitgestellt. Der Zugang zum System sowie Interkulturelle Kompetenz vereinigt alle Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Individuums, die notwendig sind, um sich erfolgreich im Umgang mit Angehörigen aus anderen Kulturen verhalten zu können, das heißt, effektiv und angemessen. Voraussetzungen dafür sind: • ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der individuellen, sozialen, strategischen und fachlichen Kompetenz und • kulturspezifisches Wissen, Fremdsprachenkenntnisse sowie Erklärungsfähigkeiten in Bezug auf eigen-, ziel- und interkulturelle Interaktionszusammenhänge die Lösung der Aufgaben fanden in Form einer beaufsichtigten Administration statt, wie es bei Offline-Verfahren üblich ist. Nachdem der Zugang zu den Aufgaben frei geschaltet wurde, konnten alle Studentinnen im Computerlabor parallel und individuell die „Virtuelle Reise nach Santiago“ durchführen. Für die Bearbeitung wurden 30-45 Minuten veranschlagt. Nach der Durchführung der computergestützten Aufgabe sollten die Studentinnen einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie um ihre Meinung bezüglich einiger Aspekte der Aufgabe gebeten wurden. Hierzu zählen die Bedienungsfreundlichkeit der Internetseite, die Eindeutigkeit der Navigationsinstrumente und Verständlichkeit der Instruktionen, Schwierigkeiten mit der spanischen Sprache und die Angemessenheit des Text-Bild-Verhältnisses. Die Darstellungen auf der Internetseite, die Instruktionen und Navigationsinstrumente sowie das Text-Bild-Verhältnis erhielten positive Bewertungen. Es wurden keine Vorschläge zur Änderung des Designs vorgebracht. Genauso wenig wurde die Verwendung der spanischen Sprache kritisiert. Niemand fühlte sich auf Grund der Sprachanforderungen überfordert und es gab keine Beschwerden über missverständliches Vokabular oder unverständliche Situationen. Im Gegenteil: Die Aufgaben und Situationen wurden nicht nur als plausibel, sondern sogar als äußerst realitätsnah beschrieben. Anschließend wurden jedem Pre-Test-Teilnehmer die Critical Incidents und die von ihnen gewählte Handlungsalternative vorgelegt. Per E-Mail hatten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, ihre Meinung und ihren Identifikationsgrad mit der gewählten Antwort kundzutun. Weder hinsichtlich der Critical Incidents noch der Antwortalternativen gab es Kritiken oder Änderungsvorschläge. Im Zusammenhang mit dem Pre-Test sollte erwähnt werden, dass die Gruppe ohne Auslandserfahrung oder mit Erfahrung in angelsächsischen Ländern zum einen und die Gruppe mit Erfahrung in romanischen Ländern (Lateinamerika, Spanien, Portugal und Italien) zum anderen deutlich unterschiedliche Punktzahlen erzielen konnte. Die Studentinnen, die bereits in romanischen Ländern gewesen waren, erzielten bei der Postkorbübung mehr als 70 Punkte (über 51% Erfolgsquote), während die Studentinnen ohne Auslandserfahrung oder mit Erfahrungen in den USA oder Großbritannien weniger als 70 Punkte erreichten. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass „Ausland nicht gleich Ausland ist“ oder zumindest, dass Erfahrungen, die in angelsächsischen Ländern gemacht wurden, nicht zwangsläufig ein Vorteil in Lateinamerika sein müssen. Zudem lässt sich vermuten, dass bereits erworbene Erfahrungen in romanischen Ländern durchaus synergetische Vorteile für folgende Aufenthalte in der Region haben. Profil der Schüler des Christlichen Gymnasiums Jena Ferner ist zu erwähnen, dass die Magisterstudenten (FSU Jena) durchschnittlich höhere Werte erhielten als ihre auf Lehramt studierenden Kommilitonen (MLU Halle). Die Korrelation zwischen der Postkorbaufgabe und der Lösung der Critical Incidents erreichte einen Wert von r=,14. Dieser Wert besitzt keine signifikante Aussagekraft. Aus statistischen Gründen wurde auch geprüft, in welcher Form das Ergebnis des virtuellen Tests mit anderen externen Kriterien wie z. B. der Zwischenprüfungsnote korreliert. Die Korrelation zwischen der Postkorbaufgabe und den Zwischenprüfungsnoten lag bei r=,56, während zwischen Zwischenprüfungsnote und Lösung der Critical Incidents eine Korrelation von r=,21 bestand. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Postkorbaufgabe diejenige Übungsform ist, die einen Erfolg im Inland besser diagnostizieren lässt. 8.6 Test Der endgültige Test wurde mit 23 Spanischschülern der 11. Klasse des Christlichen Gymnasiums Jena (CGJ) durchgeführt, die an einem Schüleraustausch mit der Schule Colegio Ursulinas in Santiago de Chile teilnahmen. Dabei handelt es sich um eine reine Mädchenschule, die von einer von deutschen Katholiken gegründeten Gemeinde gefördert wird. Die große Homogenität beim Alter (der Altersdurchschnitt lag bei 16,6 Jahren mit einer Standardabweichung von weniger als einem Jahr), die geringe Zahl männlicher Teilnehmer sowie die wenigen Auslandserfahrungen der Testgruppe bewirkten, dass diese Variablen sich nicht als Determinanten für die Studie eigneten. Stattdessen ergab sich die Möglichkeit, die Selbst- und Fremdeinschätzung hinsichtlich der Sprachkompetenz zu berücksichtigen • 23 Schüler • 18 weiblich • 5 männlich • Teilnehmer mit Auslandserfahrung von mehr als sechs Wochen, die nicht als Urlaubsreise einzustufen ist: 4 (USA, Australien, Mexiko, Spanien). • Durchschnittsalter bei Reiseantritt: 16,6 Jahre (Standardabweichung 0,6 Jahre). • Durchschnittsnote des Vorjahres in Spanisch (nach eigenen Angaben): 2,1 • Notendurchschnitt des Vorjahres aller Fächer (nach eigenen Angaben) 2,2 13 Auch wenn die Auswertung der Fragebögen keinen repräsentativen Aussagewert besitzt, sei doch erwähnt, dass die Beurteilung der deutschen Schüler seitens ihrer Gastfamilien viel stärker mit der Selbstevaluation (r=,47) übereinstimmte als mit der Fremdevaluation der Lehrerin (r=,11). sowie den Zusammenhang der Spanischnoten und des Notendurchschnitts mit dem Verhalten im Ausland zu untersuchen. Der Schüleraustausch mit Chile wurde als einmonatige Klassenreise realisiert. Während dieses Zeitraums besuchten die deutschen Schüler den Unterricht ihrer Partnerschule und nahmen an sozialen Aktivitäten der katholischen Gemeinde teil. Insbesondere wurde ein „comedor“ (Armenküche), der bedürftige Kinder kostenlos mit Mahlzeiten versorgt, tatkräftig unterstützt. Die Aufgabe der Schüler bestand darin, das Gebäude der Armenküche zu renovieren (streichen, putzen, Töpfe und einen Geschirrspüler kaufen) und ferner bei der Zubereitung und Verteilung der Mahlzeiten zu helfen. Diese Aktivitäten wurden von den Schülern selbstständig geplant und durchgeführt. Die Testgruppe ist weiterhin sehr homogen bezüglich der Sprachkenntnisse (zwei Jahre Spanischunterricht) und Erfahrungen. Die Teilnahme aller Schüler am selben Projekt lieferte ebenfalls hervorragende Vergleichsmöglichkeiten, zumal jeder ähnlichen Bedingungen ausgesetzt war: Unterbringung in chilenischen Gastfamilien, Teilnahme am Unterricht und an einem sozialen Hilfsprojekt. Die Datenerhebung (Diagnose) wurde in einem für entsprechende Zwecke ausgestatteten Computerlabor der FSU Jena durchgeführt. Dafür wurden die Schüler des Christlichen Gymnasiums Jena (CGJ) an die Universität eingeladen und erhielten dort Erläuterungen zum Experiment, wie es in ähnlicher Form auch beim Pre- Test der Fall war. Nach der Einweisung wurde mit den persönlichen Zugangscodes die Übungsplattform frei geschaltet, damit die Schüler simultan und individuell das computerisierte AC lösen konnten. Für die Bearbeitung wurde eine Zeit von 30-45 Minuten veranschlagt. Im Anschluss an den Test wurden die Schüler aufgefordert, einen Fragebogen bezüglich biografischer Daten und Erwartungen an die bevorstehende Reise zu beantworten. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wurden die Schüler einer erneuten Untersuchung mit dem gleichen computerbasierten Verfahren und einem Fragebogen zur Selbstevaluation unterzogen. Die Kurslehrerin, die gleichzeitig die Initiatorin und Leiterin des Projekts war, fungierte als externe Beurteilerin. Eine Befragung der chilenischen Gastfamilien, die die Schüler beherbergt hatten, war trotz mehrerer Versuche nicht möglich. Der Rücklauf der diesbezüglichen Fragebögen lag lediglich bei vier von 23.13 Ebenfalls berücksichtigt werden muss die Transparenz und Akzeptanz des Instruments. Bezüglich der Transparenz wurden die Probanten mündlich während eines Einführungsgesprächs über die Ziele des Instruments aufgeklärt: die Messung Interkultureller 14 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. Kompetenz. Außerdem erhielten sie bei der Bearbeitung der Aufgabe schriftlich noch einmal dieselben Informationen. Zwar gab es bei der Anwendung des Instruments keine Probleme, jedoch muss eingeräumt werden, dass es nur bedingte Akzeptanz seitens der Probanden fand. Sowohl das verwendete Szenario als auch seine vermeintliche Fähigkeit, Kompetenzen zu diagnostizieren, war Gegenstand der Kritik. Einige Schüler sahen sich durch das Szenario (Praktikum in einer Außenhandelskammer) nicht repräsentiert und bezweifelten ferner, dass anhand der Übung Aussagen zum Erfolg im Ausland getroffen werden können. Sicherlich unterscheidet sich der in der Simulation dargestellte Kontext von einer sozialen Aktivität, wie sie von den Schülern des Christlichen Gymnasiums Jena in einer Armenküche in Chile durchgeführt wurde. Man muss ihr dennoch zu Gute halten, dass sie frei von branchenbedingter Spezifizierung ist und somit auch für die Schülergruppe als plausibles Messinstrument verwendet werden kann. Genau wie für einen fiktiven Praktikanten bei der Außenhandelskammer, mit dem sich die Schüler identifizieren sollten, gilt auch für sie eine Mindestsprachanforderung, persönliche Initiative, Organisationstalent und Feingefühl bei der Konfliktlösung. Außerdem wird bei einem AC bewusst ein fremder Kontext gewählt, damit keiner der Kandidaten Vorteile gegenüber den Mitbewerbern hat.14 8.7 Variablen Als abhängige Variablen wurden zwei externe Indikatoren interkultureller Kompetenz verwendet: Effektivität und Angemessenheit des Verhaltens. Tab. 36: Variablen und Indikatoren Interkultureller Kompetenz Unabhängige Variablen Abhängige Variablen ˜ Interkulturelle Kompetenz • Schulnoten (Spanisch) • Schulnoten (Gesamt) • Sprachkenntnisse (Selbsteinschätzung) • Sprachkenntnisse (Fremdeinschätzung) • Effektivität (Postkorb) • Angemessenheit (Lösungsstrategien) • Fremdevaluation • Selbstevaluation 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 Beispiel Skala „Erfolgreich im gesamten Projekt ” . 1. Wie würdest Du deine Teilnahme an dem gesamten Projekt beurteilen (Schule, Comedor, Gastfamilie)? 10 = sehr erfolgreich; 1= weniger erfolgreich. Um die unabhängigen und abhängigen Variablen zu messen, wurden spezielle Fragebögen zur Selbst- und Fremdevaluation entworfen. Dabei beschränkte man sich auf die Messung der Kriterien „Effektivität und Angemessenheit des Verhaltens“, die als externe Indikatoren für Interkulturelle Kompetenz gelten. Angesichts des Mangels an bewährten Instrumenten und Messskalen war es notwendig, neue Instrumente für die Ziele dieser Studie zu entwickeln (siehe Fragebögen im Anhang). Die abhängigen Variablen der Interkulturellen Kompetenz („Effektivität“ und „Angemessenheit des Verhaltens“) wurden in den Fragebögen anhand folgender Skalen operationalisiert: Tab. 37: Operationalisierung der Kriterien (abhängige Variablen). Kriterium Operationalisierung Selbstevaluation & Fremdevaluation • Skala „Erfolgreich im gesamten Projekt” • Skala „Klare Aufgaben“ • Skala „Erfüllung vereinbarter Aufgaben” • Skala „Entfalten von Fähigkeiten” • Skala „Integration” • Skala „Umgang mit Problemen” • Skala „Sprachkenntnisse” • Skala „Motivation” Tab. 38: Darstellung der Skala „Erfolgreich im gesamten Projekt” Auf Basis dieser Skalen sollte der Befragte seine Einschätzung hinsichtlich verschiedener Fragen abgeben, die seinen Aufenthalt in Chile und die Teilnahme am Projekt betrafen. Anschließend wurden die Ergebnisse aller Skalen zusammengeführt. Das Resultat daraus wurde schließlich mit den Ergebnissen der Postkorbübung und der Konfliktlösung in Verbindung gebracht. Die genannten Übungsformen hatten sich während der Konzeptionsphase als beste Möglichkeiten herausgestellt, um komplexe Verhaltensweisen messen zu können. 15 Im Planspiel wird außer der Buchstabenfolge keine Angabe zum Arbeitgeber des Praktikanten gemacht. 8.8 Kurze Darstellung der „Virtuellen Reise nach Santiago“ Das entworfene Szenario nennt sich Virtuelle Reise nach Santiago. Es wurde als Postkorbaufgabe konzipiert. Als Kontext dient der erste Aufenthaltstag eines deutschen Praktikanten bei einer AHK15 (Außenhandelskammer). Im Laufe des ersten Tages muss der Praktikant verschiedene Tätigkeiten an verschiedenen Orten von Santiago, der Hauptstadt Chiles, erledigen. Einige der Aufgaben sind an die Öffnungszeiten gebunden, andere Aufgabe können erst gelöst werden, wenn zuvor ein anderer Schritt unternommen wurde. Die übrigen Aufgaben unterliegen keinen Restriktionen. Die Probanden sollen aus dem Begleittext selbst herausfiltern, welche dieser Orte „wichtiger“ sind als andere. Dabei müssen sie sich bemühen, die Aufgaben in einer günstigen Reihenfolge zu erfüllen. Einen idealen Weg gibt es nicht. Bei der Virtuellen Reise nach Santiago handelt es sich nicht um ein komplexes Szenario. Das heißt, dass das Computerprogramm keine selbstregulierende Funktion hat. Der Ablauf des Spiels ändert sich nicht in Abhängigkeit von den gegebenen Antworten. Lediglich, wenn der Teilnehmer eine Aufgabe erledigen möchte, zu der er die Vorbedingung noch nicht erfüllt hat, oder einen Ort außerhalb der Öffnungszeiten besuchen will, wird er auf seinen Fehler hingewiesen. Beispielsweise gibt es im Verlauf des Szenarios eine Aufgabe, bei der der Praktikant eine Arbeitserlaubnis beantragen muss. Dieser Vorgang kostet vierzig Euro in lokaler Währung (Pesos). Deshalb ist es ratsam, zunächst Geld zu wechseln. Wenn man in der Regierungsbehörde eine Arbeitserlaubnis beantragt, ohne zuvor Geld gewechselt zu haben, wird der Praktikant auf diesen Fehler hingewiesen und der Antrag kann nicht bearbeitet werden, was einen Zeitverlust für den Praktikanten darstellt. Für die Virtuelle Reise nach Santiago sind fünf Orte als „verpflichtend“ geplant. Der Besuch dieser fünf Orte dient beruflichen bzw. formalen Zwecken (z. B. die Beantragung eines Visums) und ist mit der Ausnahme von Hotel und Wechselstube mit Bedingungen und Öffnungszeiten verbunden. Zwei Stationen entsprechen persönlichen Interessen, zwei weitere sozialen Verpflichtungen. Sie werden jetzt einen virtuellen Rundgang durch die Stadt Santiago durchführen. Unterwegs werden Ihnen Fragen gestellt werden, bei denen Sie eine der möglichen Antworten auswählen müssen. Bitte wählen Sie die Antwort aus, die Ihrer Meinung am ehesten entspricht. Nach der Testauswertung erhalten Sie die Möglichkeit, eine eigene Lösung zu entwickeln und uns diese per E-Mail zuzusenden. Aufgabestellung Sie sind mit dem Flugzeug von Deutschland nach Santiago geflogen, um im Büro der AHK zu arbeiten. Leider musste das Flugzeug wegen eines Maschinenproblems eine Zwischenlandung machen. Die Reise geht erst am nächsten Tag weiter. Sie kommen in Santiago einen Tag später als geplant an. Wegen der Zeitverschiebung war es unmöglich, telefonisch jemandem die Verspätung mitzuteilen. Als Sie am Flughafen sind, bemerken Sie, dass niemand (wie Sie angenommen haben) auf Sie wartet. Situation Die Aufgaben, die Sie vor sich haben (Sie werden eine To-Do-Liste bekommen), müssen Sie an verschiedenen Stationen bzw. Orten der Stadt erledigen. Der Stadtplan wird Ihnen einen Überblick über die Anlaufstellen und die möglichen Wege zeigen. Tab. 39: Struktur der Postkorbübung Aufgabenliste verpflichtend („Mussliste“) persönliche Interesse soziale Verpflichtungen Hotel (Gästehaus) Tour (Stadtrundfahrt) Paquete (Paketübergabe) Casa de cambio (Wechselstube) AHK (Arbeitsstelle) Fiesta (Party) Recuerdos (Souvenirs) Consulado (Konsulat) Of. de gobierno (Regierungsbüro) Als Einführung zu der Aufgabe bekamen die Probanden folgenden Text, sowohl a) als Powerpoint-Präsentation vor dem Beginn des Experiments als auch b) als Erklärung im Experiment selbst. Tab. 40 Aufgabestellung Für die Virtuelle Reise nach Santiago bekommen die Probanden einen vereinfachten Plan der Stadt, der ihnen einen Überblick über die Anlaufstellen und die möglichen Wege ermöglicht. Es ist bereits 10 Uhr. Bis 20 Uhr Ortszeit (d.h. 1 Uhr morgens in Deutschland), wollen Sie möglichst viel erledigen. AHK Abb. 14: Stadtplan von Santiago Die Navigation durch die virtuelle Stadt wurde in der PowerPoint Präsentation folgendermaßen erklärt (siehe Abb. 15): Abb. 15 Navigation auf dem Stadtplan Die Zahlen in eckiger Klammer auf den blauen Straßen (siehe Abb. 15) geben die Zeit in Minuten an, die für eine bestimmte Strecke (von einer Kreuzung mit Pfeil zur nächsten) benötigt wird (siehe Abb. 16). Die Angaben in den Orten (weiße Kästchen) beziffern die notwendige Aufenthaltsdauer für die Lösung einer Aufgabe ebenfalls in Minuten. Zu Beginn des Rundgangs befinden Sie sich auf der Kreuzung, die an den Flughafen grenzt. Navigation auf dem Stadtplan Der rote Kreis markiert Ihren aktuellen Standort Von dort können Sie sich entlang der blauen Straßen zur nächsten Kreuzung bewegen. Durch Anklicken der Kreuzungen, die mit einem Pfeil versehen sind, können Sie sich durch die Stadt bewegen. Ihnen ist es nicht möglich, auf nicht angrenzende Kreuzungen zu springen. Versuchen Sie, alle Anlaufstelle zu erreichen So stehen z.B. vom Flughafen (Ausgangspunkt) zur Stadt vier verschiedene Routen zur Verfügung. Jede dieser Routen beansprucht 60 Minuten. Wenn der Proband auf dieser Route noch andere Aufgaben erledigen will, muss die Zeit in der eckigen Klammer „addiert“ werden. Dann nimmt die Reise vom Flughafen direkt ins Hotel 120 Minuten in Anspruch, wenn dabei noch Souvenirs „Recuerdos“ gekauft werden, müssen 30 Minuten addiert werden. Für Geldwechsel müssen zusätzlich 10 Minuten investiert werden. Wenn ein Proband eine Aufgabe nicht erledigt bzw. vergessen hat, wird das später während der Evaluation als „Vernachlässigung seiner Pflichten“ interpretiert. Abb. 16 Zeitangeben Abb. 16 und 17 sollen dem Probanden die Kalkulation der Zeit transparent machen. Die Zahlen auf den Wegstrecken geben die Zeit in Minuten an, die Sie jeweils dafür benötigen [60]. Die Angaben an den Stationen beziffern die notwendige Aufenthaltsdauer ebenfalls in Minuten [90]. Zeitangaben 16 Vgl. Herzog, J. / Peña, J. (2002). Personalentwicklung mittelständischer Unternehmen für internationale Märkte. Ein computergestütztes interkulturelles Assessment Center. In Interculture- online Vol 1, Nr.2. Abb. 17 Zeitkalkulation Die Strecken und der Aufenthalt an jedem Ort beanspruchen kostbare Zeit. Jede Entscheidung, jede Route impliziert eine Überlegung, die verrät, ob jemand zwischen den Aufgaben des Projekts, persönlichen Interessen und sozialen Verpflichtungen (bewusst oder unbewusst) unterscheiden kann. Inhalt/Ziel dieser Aufgabe ist das Setzen von Prioritäten. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange man für die Entscheidung braucht (keine Zeitbegrenzung für das Planspiel). Überraschungs-Aufgabe: Virtuelle Begegnungen in Chile Der zweite Test, der in das Planspiel eingebaut wurde, beinhaltet situative Items (sogenannte Überraschungs-Aufgaben: Virtuelle Begegnungen, siehe Abb. 18). Bei diesen werden Ereignisse aus dem Berufsalltag der Praktikanten beschrieben, die auf Grund einer Anforderungsanalyse durch Experteninterviews zusammengestellt wurden. Auf dem Weg von einem Ort zum anderen erscheinen Critical Incidents, im Sinne von „Überraschungssituationen“, die typische Situationsprobleme der deutsch-chilenischen Zusammenarbeit darstellen. Die Bewerber müssen zu den jeweiligen Situationen eine von drei bzw. vier verschiedenen Verhaltensalternativen auswählen.16 Die Zeit, die Sie für die Wege und für den Besuch der Standorte benötigen, wird automatisch in der Uhrzeit verrechnet. Ab dem Verlassen des Flughafens 10 Uhr morgens, haben Sie bis um 20 Uhr Zeit für den Versuch, alle Anlaufstelle zu erreichen. Um 20 Uhr werden Sie automatisch aus der Stadt ins Bett "hinausgeworfen". Abb. 18: Beispiel für eine Interkulturelle Überraschungs-Aufgabe Abb. 19: Beispiel im Original auf Spanisch für eine Interkulturelle Überraschungs- Aufgabe Überraschungs-Aufgabe: Virtuelle Begegnungen in Chile Wenn Sie eine Kreuzung angeklickt haben, werden Sie eine Frage bezüglich der To-Do-Liste bekommen. Sobald Sie eine Antwort auf die Frage ausgewählt haben, wird ein Fenster erscheinen. Dort können Sie sich entscheiden diese Aufgabe auszuführen oder nicht. 17 Eine von den 17 Überraschungsaufgaben hat drei statt vier Alternativen in der Multiple-Choice- Antwort-Tafel. 4. Problemumbewertung + - - Lösungsstrategie sozial individuell strategisch + - - 1. Duldung - + + 2. Konfrontation + + - 3. Konfliktentschärfung Claudia ist nicht zu Hause, aber ihre Mutter öffnet dir die Tür. Sie bittet dich einzutreten und bietet dir einen Kaffee an. Du möchtest keinen Kaffee, lehnst ihn ab und bedankst dich. Aber die Mutter von Claudia hat schon das Wasser aufgesetzt und fragt noch einmal, ob Du einen Kaffee möchtest. Du lehnst erneut ab, doch kurze Zeit später kommt die Mutter mit einer Tasse Kaffee für dich aus der Küche. 1. Obwohl du abgelehnt hattest, trinkst du den Kaffee trotzdem. 2. Du wiederholst, dass du keinen Kaffee möchtest und trinkst ihn nicht. 3. Du bittest um eine halbe Tasse und ergänzt, dass du nur wenig Zeit zu bleiben hast. 4. Du akzeptierst den Kaffee und sagst, dass nun, wo du schon einmal einen Kaffee trinken musst, ihr die Zeit nutzen könnt, um euch besser kennen zu lernen. Kodifizierung: Diese Tabelle zeigt die Konfliktlösungsstrategie für jede Handlungsalternative an und die Konsequenz, die diese für die Bewertung der Teilkompetenzen hat. Übersetzung: Während du in der Regierungsbehörde wartest, um deine Arbeitserlaubnis zu beantragen, fragt dich ein anderer Ausländer, der mit dir wartet, woher du kommst. Als du antwortest, dass du aus Deutschland kommst, freut er sich und sagt: „Heil Hitler!“ Was tust du? O Du antwortest, dass man ihn in Deutschland für diese Begrüßung zu Recht einsperren würde. O Du antwortest, dass Hitler schon seit langem tot ist und versuchst herauszufinden, woher er kommt und warum er dich so begrüßt hat. O Du machst ihm dein Unbehagen deutlich und redest nicht mit ihm. O Du antwortest, dass du hoffst, dass er „Heil Hitler“ aus Unwissenheit und nicht etwa aus Sympathie mit dem Nationalsozialismus gesagt hat. Tab. 41 Übersetzung der Überraschungs-Aufgabe Die Aufgabe enthält einen kurzen Text, ein Bild und eine Multiple-Choice-Antwort-Tafel. Es kann eine von drei bzw. vier Alternativen gewählt werden.17 Insgesamt gibt es siebzehn Critical Incidents, die mehrheitlich einen direkten Bezug zu den Themen und Orten haben, mit denen der Praktikant in Kontakt steht. Tab. 42: Beispiel eines Textes und seiner Kodifizierung 18 Die Experten aus Deutschland, Spanien und Chile sind im Bereich der interkulturellen Kommunikation tätig und haben selber schon die Situation eines Expatriates erfahren. Sie kennen sowohl die deutsche als auch die chilenische Kultur (3). Bei den ehemaligen Praktikanten handelt es sich um Studenten des Fachgebiets Interkulturelle Wirtschaftskommunikation an der Friedrich-Schiller- Universität Jena, die praktischen Tätigkeiten in NGOs oder deutschen Unternehmen in Lateinamerika nachgingen (3). 19 Vgl. Müller, S. / Gelbrich, K. (1999). Dresdener Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre Nr. 21/99. Interkulturelle Kompetenz und Erfolg im Auslandgeschäft: Status quo der Forschung. Dresden. TU Dresden. S. 9-10. Die zur Auswahl stehenden Antwortalternativen für jede einzelne Konfliktsituation wurden von einer Expertengruppe aus Deutschland, Chile und Spanien sowie von ehemaligen deutschen Praktikanten in Argentinien, Chile und Mexiko erarbeitet.18 Sowohl die Critical Incidents als auch die Antwortalternativen sollten dem Anforderungsprofil Rechnung tragen, welches von den Experten für Personalauswahl konzipiert wurde. Dieses Profil umfasst ein Minimum an Kompetenzen wie die Fähigkeit, Aufgaben zu erledigen, zu planen, sich selbst zu motivieren und soziale und kommunikative Probleme im spanischsprachigen Kontext zu lösen. Im Rahmen dieser Studie orientiert sich die Einteilung in „Erfolg-versprechende“ und „keinen- Erfolg-versprechende“ Verhaltensweisen zur Konfliktlösung an Günter Stahl (1998): Internationaler Einsatz von Führungskräften. Dieser hat auf Basis von Interviews mit 116 deutschen Expatriates in den USA und Japan zunächst 996 Problemarten und 3.913 Konfliktlösungsstrategien festgestellt. Anschließend wurde dieses umfassende Material neuerlich analysiert und fünf Kriterien zur kulturellen Anpassung herausgearbeitet: berufliche Zufriedenheit, allgemeine Zufriedenheit, Qualität der sozialen Beziehungen, Absicht, im Gastland zu bleiben sowie die Sprachkenntnisse. Unter Zuhilfenahme statistischer Analysen ließ sich das Datenvolumen von Stahl auf vierzehn Konfliktlösungsstrategien zusammenfassen (siehe Tab. 42), von denen neun als „Erfolg-versprechend“ und fünf als „keinen-Erfolg-versprechend“ gelten.19 Für die vorliegende Untersuchung wurden die vierzehn Strategien noch einmal auf eine Zahl von zehn reduziert: fünf „Erfolg- versprechende“ und fünf „keinen-Erfolg-versprechende“ (siehe Tab. 43). Tab. 43: Anzahl der einzelnen Lösungsstrategien Strategien Anzahl erfolgreiche Strategien Problemumbewertung 7 Beziehungsaufbau 7 instrumentelle Hilfe 6 Konfliktentschärfung 7 positiver Vergleich 6 Total erfolgreiche Strategien 33 keinen Erfolg versprechende Strategien Identitätsbewahrung 6 Duldung 7 Selbstentlastung 6 Konfrontation 7 negativer Vergleich 7 total erfolglose Strategien 33 total Wahlmöglichkeiten 66 Die Reduzierung der Strategien führte zu einer höheren statistischen Frequenz, also einer Häufung der von Stahl festgestellten Strategien. Außerdem liegt ein größeres Gewicht auf dem interaktiven Charakter einiger Strategien (soziale und interaktionsbezogene Bewältigungsformen) gegenüber denjenigen, die auf Erträge oder Organisation abzielen, was im vorgestellten Szenario schwierig umzusetzen gewesen wäre. Um auf die während der Expertenrunde geäußerten Wünsche einzugehen, wurde ein standardisiertes Instrument konzipiert, welches der großen Praktikumplatznachfrage gerecht wird und gleichzeitig eine interkulturelle Diagnose erstellt. So entstand ein elektronisches Personalauswahltestverfahren, welches problemlos in verschiedene Formen des Online- Recruting integriert werden kann, ungeachtet des Landes, des Fachgebiets, der Zeit und des Ortes, in dem der Bewerber oder die ausschreibende Institution sich befindet. Der Diagnoseprozess ist Teil eines Online-Rekrutierungssystems. Über eine Internetseite können die Bewerber den Kontakt zum Anbieter herstellen. Über das Internetangebot erhalten sie eine Beschreibung des angebotenen Praktikumsplatzes. Weckt diese Beschreibung das Interesse des Bewerbers, kann er sich einem computerbasierten Test unterziehen. Das Testergebnis entscheidet, ob der Bewerber zu weiteren Auswahletappen eingeladen wird oder nicht. Durchläuft er die folgenden Etappen (z. B. Analyse des Curriculum vitae) erfolgreich, wird ihm ein Praktikumsangebot unterbreitet, welches im besten Fall mit der Vertragsunterzeichnung besiegelt wird. 20 Sarges, W. (2001). Einleitung des Herausgebers. In Weiterentwicklungen der Assessment Center- Methode. 2., überarbeitetet und erweiterte Auflage. Göttingen. Hogrefe Verlag für Psychologie. S. XV. 21 Knoll, T. / Preuss, A. (2003). Online- Recruitment: Internetgestützte Personalauswahl. In Konradt, U. / Sarges, W. (2003). E-Recruitment und E-Assessment. Rekrutierung, Auswahl und Beratung von Personal im Inter- und Intranet. Göttingen. Hogrefe. S. 183. Ein solches Vorgehen sorgt dafür, dass nur die am besten geeigneten Kandidaten zu den weiteren Auswahlrunden zugelassen werden. Dies beinhaltet eine administrative Entspannung für die mit der Personalauswahl beauftragten Angestellten. Laut einer Überlegung von Werner Sarges müsste dieses Verfahren gleichzeitig zu einer höheren Qualität der Bewerber führen20, was zu einer Zeit- und Ressourcenersparnis führt. Das Beispiel von Knoll, T. / Preuss, A. belegt, dass Online-Tests nicht die Anzahl der Bewerber bzw. Interessenten für eine Arbeitsstelle verringern. Zusätzlich erleichtern sie die Verwaltung und die Kosten für das Personalauswahlverfahren.21 Tab. 44: Auswahl der verwendeten Verhaltenstrategien Auswahl der bei der Studie verwendeten Verhaltenstrategien Bewältigungsform (Strategie) Kurzbeschreibung Häufig- keit % Häufig- keit (Rang) Bewälti- gungs- erfolg * B.-erfolg (Rang) (+) Problem- umbewertung Bagatellisieren, Betonung positiver Seiten, Relativierung des Problems 36% 1 2,20 5 (+) (+) Beziehungsaufbau/pflege Kontaktbereitschaft, Aufbau sozialer Beziehungen, ge- meinsame Aktivitäten 18% 9 2,38 3 (+) (+) Mobilisierung instrumenteller Unterstützung Delegieren, Experten hinzuziehen, Ratschläge einholen, Hilfe nutzen 20% 7 2,19 6 (+) (+) Konflikt- entschärfung Entscheidungen abstimmen, die Situation entschärfen, Einlenken, die Bedürfnisse anderer berücksichtigen 17% 11 2,10 8 (+) (+) positiver Vergleich mit schlechterer Lage vergleichen, mit Personen vergleichen, die schlechter dran sind 24% 4 2,22 4 (+) (-) Identitätsbewahrung / Ethnozentrismus das Handeln mit der eigenen Nationalitätszugehörigkeit rechtfertigen, unvorteilhafte Ländervergleiche anstellen 25% 3 0,59 16 (-) (-) Duldung / Akzeptanz sich den Erwartungen anderer fügen, eigene Bedürfnisse zurückstellen, beenden der Problembewältigung 22% 5 0,39 17 (-) (-) Selbstentlastung Ursachen für das Problem außerhalb der eigenen Person suchen, sich distanzieren, verallgemeinern 14% 16 0,99 14 (-) (-) Konfrontation / Durchsetzung Kritik offen aussprechen, Selbstbehauptung, eigene Inte- ressen durchsetzen 13% 17 0,92 15 (-) (-) negativer Vergleich Vergleich mit einem wünschenswerten (besseren) Zu- stand 21% 6 0,10 18 (-) *Mittelwert M=0,4: erfolgreich M>2,0; uneinheitlich M= 1,0-1,99; erfolglos M< 1. Quelle: in Anlehnung an Stahl, G. (1998). Internationaler Einsatz von Führungskräften. München. Oldenbourg Verlag. S. 183, 201, 227 und 318ff. 8.9 Vorteile des E- Assessment Centers Wahrnehmungseffekte (Versuchsleitereffekte), z.B. durch Sympathien / Antipathien (soziale Beeinflussungsmechanismen zwischen Teilnehmer und Beobachter), können ausgeschlossen werden, da die Bewertung des Verhaltens unabhängig von konkreten Teilnehmern vollzogen, also für einen „abstrakten“ Teilnehmer festgelegt wurde. Milde- oder 22 Vgl. Herzog, J./ Peña, J.(2002). Personalentwicklung mittelständischer Unternehmen für internationale Märkte. Ein computergestütztes interkulturelles Assessment Center. In Interculture- online Vol 1, Nr. 2. Härteeffekte, Kronprinzeffekte, Halo-Effekte, primacy/recency-Effekte etc. werden dadurch ausgeklammert. Verzerrungseffekte beim Teilnehmer fallen weg, weil er sich nicht beobachtet fühlt. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt „anonym“, denn der Teilnehmer hat nicht eine Riege von Beobachtern „im Nacken sitzen“. Er wählt selbst, wann und wo er das AC durchführen möchte (Zuhause, am Arbeitsplatz, etc.), hat keinen Termindruck, kann also die Durchführung ohne jede Konsequenz verschieben, wenn er einen schlechten Tag hat oder dringende Erledigungen anstehen.22 Die computerbasierte Messung bedeutet ferner einen Zugewinn an Geschwindigkeit und Flexibilität. Außerdem schafft die Objektivität und Transparenz des Verfahrens großes Vertrauen für die Anwender. Die Anwendung von Auswahlverfahren (wie es bei computergestützten AC der Fall ist) erfordert eine genaue Beobachtung und Evaluation. Das bedeutet, dass jede Antwortalternative im Vorhinein beurteilt und kodifiziert worden sein muss. 8.10 Evaluationsprozess Die Ergebnisse des Assessment Centers sollen als wissenschaftlicher Nachweis dienen, dass in einem Auswahlprozess tatsächlich eine valide Prognose über Verhalten in zukünftigen interkulturellen Situationen getroffen werden kann. Um das zu erreichen, erfordert die Arbeit eine empirische Validierung von Prognosen aus Assessment Centern bzw. interkultureller Kompetenztests mit der Evaluation der hervorgebrachten Leistung. Das folgende Schema erläutert das Untersuchungsdesign. (1 Monat) Selbst- Einschätzung (Erwartungen) Teilnahme an einem AC Person „X“ Bewertung des Einsatzes durch die Gastfamilie Bewertung des Einsatzes durch die Klassenlehrerin Selbstbewertung des Einsatzes Prognose Soll- Zustand Evaluation Ist-Zustand Vergleich Bestätigung oder Ablehnung des Kompetenz- messverfahrens Kompetenz- messverfahrens eventuell Reformierung des Eigener Entwurf Abb. 20: Schema des Untersuchungsdesigns Bei einem ersten Test (vor dem Auslandsaufenthalt) werden Prognosen über die Interkulturelle Kompetenz des Kandidaten abgegeben. In einem zweiten Test (nach dem Auslandsaufenthalt) werden diese Prognosen mit der Selbstbewertung der Kandidaten und den Bewertungen der Klassenlehrerin (als Projektleiterin) abgeglichen. Die Postkorbaufgabe wird anhand eines Punktesystems ausgewertet. Die Aktivitäten, die in direkter Verbindung mit Aufgaben oder Vorgängen stehen, die den Erfolg während des Auslandsaufenthalts fördern, erzielen die meisten Punkte. Die Aufgaben, die soziale oder individuelle Kompromisse thematisieren, erzielen geringere Punktzahlen. Voraussetzung für dieses Raster ist, dass die Aufgaben zum richtigen Zeitpunkt und mit erfüllten Vorbedingungen erledigt werden. Die theoretisch maximal erreichbare Punktzahl der Postkorbaufgabe liegt bei 135 Punkten. Beim Pre-Test lagen die tatsächlich erzielten Punktzahlen zwischen 10 und 125 Punkten. Auslands- Einsatz Die erreichte Punktzahl wurde für die Kandidaten auf eine Skala von 0 bis 100 % umgerechnet. Die Überraschungsaufgaben werden nicht bepunktet, sondern nach der gewählten Strategie und den Kompetenzbereichen beurteilt. In einer Tabelle wird erfasst, welche Strategien mit welcher Häufigkeit gewählt wurden. Die Gesamtzahl wird in der Auswertung der „erfolgreichen“ und „weniger erfolgreichen“ Antworten ausgezählt und daraus ein Prozentwert gebildet. Somit liefern diese beiden Werte einen Hinweis auf die strategische Kompetenz des Teilnehmers. Gemäß der theoretischen Überlegungen von Jürgen Bolten, der darauf hinweist, dass Interkulturelle Kompetenz nur für spezifische Interaktion definiert werden kann und eine ausgewogene Mischung aller Kompetenzen (sozial, individuell, strategisch, fachlich) voraussetzt, wurden alle Handlungsalternativen für die Critical Incidents nominal bewertet (positiv/negativ ohne Wertung). Dabei wurden drei der vier im Interkulturellen-Kompetenz- Modell enthaltenen Aspekte berücksichtigt: soziale, individuelle und strategische Kompetenz. Auf die Fachkompetenz (fachliche Kompetenz) konnte verzichtet werden, da diese im punktuellen AC nicht gemessen wird. Ziel dieser Erhebung ist es, zu prüfen, ob das Profil der besser eingeschätzten Praktikanten sich in Bezug auf die Interdependenzdynamik der drei gemessenen interkulturellen Teilkompetenzen (individuelle, sozial und strategisch) von denen mit schlechterer Bewertung unterscheidet. 9 Hypothesen Im 8. Kapitel wurde dargestellt, dass Interkulturelle Kompetenz durch zwei Kriterien gemessen werden kann: Effektivität und Angemessenheit. Die Aufstellung von Hypothesen zielt darauf ab, das Diagnoseinstrument (Virtuelle Reise nach Santiago) für Interkulturelle Kompetenz hinsichtlich seiner Validität zu prüfen, d.h., ob die zwei zentralen Kriterien, Effektivität und Angemessenheit eine Vorhersage über den Erfolg beim Auslandsaufenthalt erlauben. Weiterhin wurden Indikatoren wie Schulnotendurchschnitt und Spanischnote bezüglich ihrer Vorhersagefähigkeit getestet. Durch Fremd- und Selbstevaluation wurde die Sprachkompetenz eingeschätzt und überprüft, inwiefern diese als Indikatoren für Erfolg in interkulturellen Kontexten angesehen werden können. 9.1 Hypothesenformulierung Nachfolgend werden die Hypothesen genannt, dann die Begründungen erläutert und die Methode der Hypothesenprüfung dargestellt. Hypothese 1: Die AC-Beurteilung steht in positivem Zusammenhang mit der Bewertung des Praktikums. Mit dieser Hypothese wird überprüft, inwiefern die Aufgaben in der Virtuellen Reise nach Santiago dazu beitragen, den Erfolg im Ausland auf konkurrente1 Art vorauszusagen. Die Analyse der Variablen des AC (Effektivität anhand der Postkorbübung und Angemessenheit anhand der Konfliktlöseübung) ermöglicht die Prüfung der Zuverlässigkeit des Instruments und die Reflexion über die Definition und Operationalisierung des Begriffs Interkultureller Kompetenz (siehe 8.4). Methode zur Hypothesenüberprüfung: Korrelation und Regressionsanalyse. 1 Die Mehrzahl der AC beschreiben in ihrem Design zwei Arten von Validität: konkurrente und prädiktive. Zur konkurrenten Validität gehört zum Beispiel die positive und signifikante Korrelation zwischen dem AC und einer externen Evaluation (Vorgesetztenurteil, berufliche Problemlöseleistung etc.). Prädiktive Korrelation hingegen beschreibt den Übereinstimmungsgrad zwischen dem AC und beispielsweise einer hierarchischen Position oder einem angestrebten Einkommensniveau innerhalb eines bestimmten Zeitraums von üblicherweise zwei oder fünf Jahren. 2 Vgl. Schuler, H. (2000). Psychologische Personalauswahl. Einführung in die Berufseignungsdiagnostik. 3. unveränderte Auflage. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 169. Hypothese 2: Die AC-Beurteilung steht in positivem Zusammenhang mit Leistungen im schulischen Bereich: den Spanischnoten und dem Notendurchschnitt aller Fächer. Es wird überprüft, inwiefern die Schulnoten Vorhersagen über interkulturelle Kompetenz treffen können. Einige Institutionen, die Praktika in Lateinamerika anbieten, erfragen Schulnoten. So nutzt beispielsweise die Deutsch-Chilenische-Handelskammer einen Evaluationsleitfaden, der verschiedene Kriterien unterschiedlich gewichtet. Hierzu zählen die Abschlussnote (Abitur und Universität), Berufserfahrung und Sprachkenntnisse. Die Arbeitsangebote werden jenen Kandidaten unterbreitet, die die höchsten Werte bei dieser internen Evaluation erzielen. Auch wenn solch eine Vorgehensweise weit verbreitet ist, können in der Fachliteratur keine Quellen gefunden werden, die sie wissenschaftlich stützen, jedoch Stimmen, die sie kritisieren. Schuler2 beispielsweise vertritt die These, dass Noten generell über einen geringen Vorhersagewert für beruflichen Erfolg verfügen, auch wenn man mit ihrer Hilfe Aussagen über akademischen Erfolg treffen kann. Gute Schulnoten können lediglich dabei helfen einzuschätzen, ob ein Individuum ein Universitätsstudium abschließen wird, jedoch nicht, ob es seine beruflichen Aufgaben gut erfüllen wird. Aus diesem Grund rät Schuler davon ab, den Noten bei der Personalauswahl einen zu großen Stellenwert einzuräumen. In der vorliegenden Studie soll untersucht werden, inwiefern die Ergebnisse der Fremdevaluation (Vorgesetztenurteile) mit den Spanischnoten und dem Notendurchschnitt aller Fächer korrelieren. Das Ergebnis der Korrelation ermöglicht eine Entscheidung, ob die Noten diagnostische Kapazitäten hinsichtlich bestimmter Verhaltensweise in interkulturellen Kontexten haben. Methode zur Hypothesenüberprüfung: Korrelation. Hypothese 3: Die AC-Beurteilung steht in positivem Zusammenhang mit Fremdeinschätzungen der fremdsprachlichen Kompetenz. In der Fachliteratur wird kaum die Frage diskutiert, inwiefern die sprachliche Kompetenz Aussagen über interkulturellen Erfolg zulässt. Einige Autoren wie Kinast schließen die Bewertung sprachlicher Kompetenz bei der Analyse interkultureller Kompetenz aus und unterstellen ihnen eine Verzerrung der Wirklichkeit. Alternativ schlägt Kinast einen Test am Rande des AC vor. Mit der hier formulierten Hypothese soll überprüft werden, inwiefern die 3 Die sprachliche Kompetenz wurde mit Hilfe einer Likert-Skala eingeschätzt. Die Bewertung wurde von der Spanischlehrerin des Kurses durchgeführt, die darüber hinaus Leiterin des Projekts (Reisenach Chile) war. Siehe Anhang: Fragebogen nach dem Schüleraustausch (Lehrerin), Frage Nr. 5. externe Evaluation der sprachlichen Kompetenz verlässliche Aussagen über interkulturellen Erfolg zulässt.3 Methode zur Hypothesenüberprüfung: Korrelation. Hypothese 4: Die AC-Beurteilung steht in keinem bedeutsamen Zusammenhang mit der Selbsteinschätzung der fremdsprachlichen Kompetenz. Diese Hypothese soll prüfen, inwiefern ein simpler Indikator wie die Selbstevaluation der sprachlichen Kompetenz mit dem Erfolg beim Auslandseinsatz korreliert. Hintergrund ist, dass dieses Kriterium in nahezu allen Curricula bei der Jobbewerbung auftaucht und berücksichtigt wird. Methode zur Hypothesenüberprüfung: Korrelation. Hypothese 5: Die „erfolgreichen“ Praktikanten unterscheiden sich in ihrem Verhalten von den „nicht erfolgreichen“ hinsichtlich der Interdependenzdynamik der drei gemessenen interkulturellen Teilkompetenzen: individuelle, soziale und strategische Kompetenz. Man geht davon aus, dass sich die Untersuchungsteilnehmer während des Auslandsaufenthalts am erfolgreichsten verhalten haben, die auch die Virtuelle Reise nach Santiago am erfolgreichsten lösen konnten, und dass ihr Verhalten sich deutlich von dem der weniger erfolgreichen Kandidaten unterscheidet. Methode zur Hypothesenüberprüfung: deskriptive Statistik. Hypothese 6: Die erfolgreichen Praktikanten unterscheiden sich in der Auswahl der Lösungsstrategien von den nicht erfolgreichen Praktikanten. Ähnlich wie in der zuvor genannten Hypothese wird erwartet, dass die während des Chile- Aufenthalts besser beurteilten Kandidaten diejenigen Konfliktlösestrategien verwenden, die im Vorfeld als „erfolgsreich“ katalogisiert worden sind. Methode zur Hypothesenüberprüfung: deskriptive Statistik. 4 Siehe Anhang. 5 Für eine detaillierter Darstellung befindet sich im Anhang die Vorgehensweise zur Punkteverteilung und Dateninterpretation. 9.2 Gütekriterien des Instrumentariums Bevor untersucht werden kann, inwiefern die aufgestellten Hypothesen angesichts der erhobenen Daten gestützt oder verworfen werden können, wird analysiert, inwieweit die Messinstrumente (Online-Test, Fragebögen) die verschiedenen Gütekriterien erfüllen. Hierzu zählen die Reliabilität (Cronbachs Alpha), die Stabilität (Korrelation zwischen Re-Test, T- Test) und soziale Akzeptanz. Die Konstruktvalidierung, welcher der Online-Test unterzogen wird, hängt mit der Registrierung und Auswertung der Daten zusammen. Sie soll Aussagen über Standardisierung und Vergleichbarkeit für jeden potenziellen Nutzer des Tests treffen. Die Transparenz des Vorgangs wird durch die elektronische Datenerhebung garantiert. Dadurch entsteht ein „nicht korrumpierbares“ Protokoll, welches jede Bewegung und Entscheidung abspeichert. Dieses Protokoll wird anhand von klaren Normen (Kriterien) interpretiert, die sich im Dokument „Allgemeine Richtlinien zur Dateninterpretation“4 befinden. Dadurch werden alle Formen der Bevorzugung unterbunden, weshalb die Datenauswertung als transparentes und stabiles Instrument bezeichnet werden kaweiteres Qualitätsmerkmal hängt mit der Zuverlässigkeit (Stabilität) des Messinstruments zusammen. Dieses Kriterium wird anhand der Re-Test-Methode gemessen. Das bedeutedass das verwendete Instrument als stabil für seinen bestimmten Zweck gilt, wenn die Ergebnisse von zwei zeitlich unabhängigen Messungen üb Der Re-Test, dem die Postkorbübung unterworfen wurde, zeigt eine nicht signifikante Korrelation von r= -,241 (p=,267) zwischen erster und zweiter Messung. Hieraus wird eine starke Unstabilität des Instruments ersichtlich, weshalb von seinem Gebrauch abgesehen werden sollte und die Ergebnisse keine Berücksichtigung finden sollten. Bei der Aufgabe zu den Lösungsstrategien hingegen kann eine signifikante Korrelation von r=,448 (p=,032) bei p<0,05 ausgemacht werden (siehe Tab. 45). Dieses Instrument gilt demnach als ausreichend stabil und sein Einsatz ist zu empfehlen. 6 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. Tab. 45: Korrelation bei gepaarten Stichproben N Korrelation Signifikant Paaren 1 Porc. PK 1 & Porc. PK 2 Paaren 2 Estra AC 1 & Estra AC 2 23 23 -,241 ,448* ,267 ,032 Porc. PK 1 und Porc. PK 2 = Postkorb jeweils erste und zweite Messung Estra AC 1 und Estra AC 2 = Lösungsstrategien jeweils erste und zweite Messung. * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant. Zur Prüfung der Konstruktvalidierung wird außerdem die Messung der diskriminanten Validität verwendet. Das heißt, dass Konstrukte, die unterschiedliche Konzepte messen, keine Korrelation untereinander aufweisen sollten. Bei Korrelierung der Postkorb- und der Angemessenheits-Aufgabe erhält man eine Korrelation von r=,040; p= ,857 (siehe Tab. 46), was darauf schließen lässt, dass zwischen beiden Variablen keine signifikante Übereinstimmung herrscht. Dies ist erfreulich, sieht man von der hohen Unstabilität der Postkorbübung einmal ab. Tab. 46: Korrelation zwischen den Übungen „Lösungsstrategien“ (Estra AC 1) und „Postkorb“ (Porc. PK1) Ein weiteres Validitätskriterium ist die Messung der sozialen Akzeptanz des verwendeten Verfahrens. Da es keine Benutzer-Beschwerden im Sinne einer Unter- oder Überforderung gab, sondern das Verfahren als ausreichend anspruchsvoll eingestuft wurde, kann dieses Validationskriterium als erfüllt gelten.6 Die soziale Akzeptanz wurde mittels zweier offener Fragen gemessen, die Teil des Fragebogens zur Selbstevaluation des Auslandsaufenthalts waren. Eine Frage zielte darauf ab, neue Themen, die in die Simulation integriert werden können, zu erfragen. Durch die andere Frage sollte sowohl positive als auch negative Kritik bezüglich des Experiments geäußert werden können. Positiv vermerkt wurde, dass der Test dabei geholfen hat, sich mental auf die anstehende Reise und auf mögliche Konflikte vorzubereiten. Korrelationen1,040,8572323,0401,8572323Korrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig) NKorrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig) NEstra AC 1Porc. PK 1Estra AC 1Porc. PK 1 7 Hartung, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. • “Vor der Reise haben mir die Fragen geholfen, auf einige Situationen, die während der Reise eintreten können, gut zu reagieren”. • “Auf jeden Fall gut bezüglich Spanischkenntnissen, gut im sozialen Bereich, man ist auf viele Situationen vorbereitet”. Bei den negativen Anmerkungen konnte eine Skepsis bezüglich der Nützlichkeit der erzielten Ergebnisse verzeichnet werden sowie in seltenen Fällen (zwei Nennungen) Schwierigkeiten, sich in das Szenario der Simulation hineinzuversetzen: • „(...) es gibt so viele Situationen auf die man sich nicht einstellen kann“. • (...) Der Test ist für Bewerbungsgespräch etc. sicherlich sehr gut, für Schüler allerdings ist er durchaus interessant, aber nicht sehr praktisch“. Die Entscheidung, für die Untersuchung von der Realität abweichende Aufgaben und Kontexte einzusetzen (was von zwei Teilnehmern kritisiert wurde), wird von Hartung, S. / Schneider, I. unterstützt. Sie sagen, dass es notwendig ist neutrale Kontexte zu verwenden, damit allen Teilnehmern gleiche Chancen eingeräumt werden. Mit anderen Worten: Es wird auf Situationen verzichtet, die 100% der Wirklichkeit entsprechen, damit kein Versuchsteilnehmer Expertenvorteile genießt. Dieses Vorgehen fordert allerdings, dass die Aufgaben im neutralen Kontext die Prozessstrukturen widerspiegeln, die auch im realen Kontext vorliegen. Im untersuchten Online-Test handelt es sich um Entscheidungsfindung, Initiative und Konfliktlösung.7 Auch wenn die Kritik am Szenario nur verhalten ausfiel, bleibt dennoch die Frage, ob der wirtschaftliche Kontext möglicherweise ein Interferenzfaktor ist, der Einfluss auf die erhaltenen Ergebnisse hat. Dieser Verdacht wird durch den Vorschlag der Teilnehmer gestützt, in zukünftigen Versionen auch critical incidents zu verwenden, die für Teilnehmer an einem Schüleraustausch relevant sind. Hierzu zählen zum Beispiel Busreisen oder (verbale) sexuelle Belästigung, von der hauptsächlich weibliche Personen betroffen sind. Ein weiterer Test zur Prüfung der Stabilität des Instruments ist der T-Test. Bei einer Analyse des Online-Tests wird einerseits deutlich, dass die durchschnittlichen erzielten Ergebnisse des zweiten Durchgangs denen aus der ersten Datenerhebung ähneln, was als Argument für die Stabilität des Instruments verzeichnet werden kann. Das bedeutet, dass das Instrument konstant und ohne nennenswerte Variation die gleichen Fähigkeiten misst. Andererseits beinhaltet dieses Ergebnis auch eine frustrierende Erkenntnis, zumal zwischen der ersten und der zweiten Messung der Aufenthalt in Chile lag, jedoch die Ergebnisse sich nicht 8 Die Gruppe mit „niedrigen Erfolgen“ hatte neun Teilnehmer. Deren Erfolge lagen bei der Postkorbaufgabe zwischen 44 bis 51% und zwischen 41bis 58% bei der Übung Lösungsstrategien. Die „mittlere Gruppe“ hatte sechs Teilnehmer, deren Werte lagen zwischen 64 und 76% bei der Lösungsstrategie und 59 und 66% bei der Postkorbaufgabe. Die Gruppe mit besseren Ergebnissen hatte sechs Teilnehmer und erzielte eine Leistung zwischen 74 und 85% bei der Postkorbaufgabe und zwischen 82 und 94 bei den Lösungsstrategien. verbesserten, sondern sogar leicht verschlechterten. So wurde bei der Aufgabe zu den Lösungsstrategien (Estra AC1 – Estra AC2) ein Rückschritt um -0,1304 (p =,032) verzeichnet. Bei der Postkorbübung lag die Differenz zwischen erster und zweiter (Porc. PK1 minus Porc. PK2) Messung sogar bei –2,4652 (p =, 267, siehe Tab. 47). Tab. 47: Statistik bei gepaarten Stichproben Mittelwert N Standard- abweichung Standardfehler des Mittelwertes Paaren Porc. PK1 1 Porc. PK 2 Paaren Estra AC 1 2 Estra AC 2 62,5522 60,0870 65,8652 65,7348 23 23 23 23 13,95851 22,61975 16,84136 25,06823 2,91055 4,71654 3,51167 5,22709 Porc. PK 1 und Porc. PK 2 = Postkorb jeweils 1. und 2. Messung. Estra AC 1 und Estra AC 2 = Lösungsstrategien jeweils 1. und 2. Messung. Eine detaillierte Analyse dieser Ergebnisse (eine Unterteilung in drei Gruppengemäß der erzielten Ergebnisse aus der ersten Messung (Fremdevaluation)) 8, zeigt, dass die Gruppen mit niedrigen und mittleren Erfolgen bei der zweiten Messung Fortschritte zeigten (siehe Abb. 21 und 22). Die Schülergruppe hingegen, die in der ersten Messung hohe Werte vorweisen konnte, erlitt Verschlechterungen in ihren Werten in der zweiten Messung. Der Durchschnitt aller Werte zeigt einen leichten Rückschritt. Veränderungen bezogen auf die Lösungsstrategien zwischen der 1. und 2. Messung pro Gruppe: hoch, mittel und niedrig0204060801001. Messung2. MessungProzenthochmittelniedrig Abb. 21: Veränderung bezogen auf die Lösungsstrategien zwischen der 1. und 2. Messung Veränderung der Postkorbleistungen zwischen 1. und 2. Messung pro Gruppe: hoch, mittel und niedrig0204060801001. Messung2. MessungProzenthochmittelniedrig Abb. 22: Veränderung bezogen auf der Postkorblesitungen zwischen der 1. und 2. Messung Der merkliche Rückgang der Bewertung seitens der Schüler mit guter Beurteilung ist möglicherweise damit zu erklären, dass diese sich weniger bemühen, auch in der zweiten Runde gute Erfolge zu erzielen. Der gute Ruf dieser Gruppe stand nicht auf dem Spiel. Ein weiterer möglicher Grund liegt in einer „experimentellen Ermüdung“, da vor allem in der Gruppe mit guten Erfolgen der Eindruck blieb, dass zumindest einige der Teilnehmer „mutwillig“ alle politisch inkorrekten Antworten ausgewählt haben (eine mögliche Interpretation wäre Protest und/oder Unterforderung). Dieses Verhalten würde natürlich erklären, weshalb die Resultate niedriger ausfielen als in der ersten Messung. Schließlich muss noch die Reliabilität der Fragebögen geprüft werden. Dieses soll mittels des Cronbachs Alpha-Verfahrens geschehen. Das nach Cronbachs Alpha erreichte Niveau der Selbstbeurteilung und der Fremdbeurteilung lag bei einer hohen Reliabilität (siehe Tab. 47). Dies bedeutet, dass die Fragen in beiden Fragebögen auf die Messung ein und desselben Phänomens abzielen, wodurch die Reliabilität der Fragebögen gesichert wird. Tab. 48: Reliabilität von Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung aller Variablen Reliabilität Selbsteinschätzung Reliabilität Fremdeinschätzung Zusammenfassung Das Diagnoseinstrument für interkulturelle Kompetenz konnte nur teilweise validiert werden. Eine der beiden Aufgaben zur Messung des Phänomens, die Postkorbaufgabe, zeigte keine stabilen Ergebnisse. Damit wird die Messung interkultureller Kompetenz auf ein Instrument beschränkt: die Lösungsstrategien-Aufgabe. Mit ihrer Hilfe wird das Kriterium Angemessenheit geprüft. Dieses Instrument ist nicht nur stabil in den Messergebnissen, sondern korreliert zudem signifikant mit den Ergebnissen der Fremdevaluation. 9.3 Datenauswertung Das Datenmaterial der Untersuchung wurde mit Hilfe der Software Microsoft Excel kodiert und anschließend mit der Statistiksoftware SPSS (V. 14) ausgewertet. Reliabilitätsstatistiken,9359CronbachsAlphaAnzahlder Items Reliabilitätsstatistiken,8329CronbachsAlphaAnzahlder Items 9 Interkulturelle Kompetenz - Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts? (2006). Thesenpapier der Bertelsmann Stiftung auf Basis der Interkulturellen-Kompetenz-Modelle von Dr. D. K. Deardorff. S. 13- 14. [online] Download am 24.06.2006. 10 Bei der Fremdevaluation des Auslandsaufenthalts handelt es sich um den Durchschnitt aus neun Teilresultaten, die über eine Likert-Skala ermittelt wurden: Skalen: „Erfolgreich im gesamten Projekt”, „klare Aufgaben“, „Erfüllung vereinbarter Aufgaben”, „Entfalten von Fähigkeiten”, „Integration”, „Umgang mit Problemen”, „Sprachkenntnisse”, „Motivation”. Cronbachs Alpha ,832. Hypothese 1: Die AC–Beurteilung steht in positivem Zusammenhang mit der Bewertung des Praktikums. Bei einer unlängst stattgefundenen Delphi-Befragung9 wurden nordamerikanische Experten darum gebeten, den Begriff interkulturelle Kompetenz zu operationalisieren. Dabei wurde dieser Begriff wiederholt mit den Indikatoren „Effektivität“ (im Sinne der Aufgabenerfüllung) und „Angemessenheit“ (im Sinne einer angemessenen Konfliktlösung) in Verbindung gebracht. Diese Kriterien, Effektivität und Angemessenheit, wurden für diese Studie verwendet und einer Prüfung unterzogen. Ziel war es zu überprüfen, ob das Instrument zukünftiges Verhalten in interkulturellen Kontexten voraussagen kann. Die statistische Analyse zeigt eine Tendenz, dass das Ergebnis der Postkorbaufgabe nicht signifikant (p = ,363) und negativ mit der Fremdevaluation10 des Auslandsaufenthalts korreliert (r=-,199) (siehe Tab. 48). Außerdem existiert kein relevanter Zusammenhang zwischen der Postkorbübung und der Selbstevaluation des Auslandsaufenthalts (r=,030) bei p= ,892 (siehe Tab. 49). Tab. 49: Korrelation zwischen Fremdevaluation (Lehrerin) und Ergebnissen der Postkorbübung Porc. PK 1 Evaluation Lehrerin Porc. PK 1 Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N 1 23 -,199 ,363 23 Evaluation Lehrerin Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N -,199 ,363 23 1 23 Porc. PK 1 = Postkorb Tab. 50: Korrelation zwischen Selbstevaluation und Ergebnisse der Postkorbübung Selbstevaluation Porc. PK 1 Selbst- Korrelation nach Pearson evaluation Signifikant (2-seitig) N 1 23 ,030 ,892 23 Porc. PK 1 Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N ,030 ,892 23 1 23 Porc. PK 1 = Postkorb Das Ergebnis der Konfliktlösungsaufgabe hingegen korreliert signifikant (p= ,029) mit der Fremdevaluation (r=,455) (siehe Tab. 50). Die Übereinstimmung mit der Selbstevaluation ist sogar noch höher r=,462 bei p= ,027 (siehe Tab. 51). In beiden Fällen handelt es sich um signifikante Korrelationswerte auf dem Niveau p< 0,05 (2-seitig). Tab. 51: Korrelation zwischen Fremdevaluation (Lehrerin) und der Lösungsstrategienübung Evaluation Lehrerin Estra AC 1 Evaluation Lehrerin Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N 1 23 ,455* ,029 23 Estra AC 1 Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N ,455* ,029 23 1 23 * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant Estra AC 1 = Lösungsstrategien. Tab. 52: Korrelation zwischen Selbstevaluation und der Lösungsstrategienübung Selbstevaluation Estra AC 1 Selbst/ Korrelation nach Pearson evaluation Signifikant (2-seitig) N 1 23 ,462* ,027 23 Estra AC 1 Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N ,462* ,027 23 1 23 * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant Estra AC 1 = Lösungsstrategien. Die Regression zwischen der Konfliktlösungsaufgabe und der Fremdevaluation liegt bei einem korrigierten R-Quadrat= ,169 (Beta- Wert =, 455; siehe Tab. 53). Unter Berücksichtigung der Selbstevaluation liegt das korrigierte R-Quadrat bei ,273 (Beta- Wert = ,554; siehe Tab. 55). Dies bedeutet, dass das Modell den Zusammenhang zwischen der Übung Lösungsstrategie und Fremdevaluation (Lehrerin) zu einem moderaten Grad erklären kann (Beta- Wert ,455). Das heißt, das knapp 17% der Ergebnisse der Übung Lösungsstrategien (korrigiertes R-Quadrat = ,169) durch die Evaluation der Lehrerin erklärt 11 Eine mögliche Erklärung für den geringen Rücklauf der Fragebögen von den chilenischen Austauschpartnern ist folgende: die vier zurückgekommenen Fragebögen wurden durch Probanden, die Deutschland besuchten, ausgefüllt. Die anderen 19 Fragebögen hätten per Post zurückgesandt werden müssen, was nicht getan wurde. wird. Der verbleibende Rest (83%) kann mit der Übung Lösungsstrategie (Prädiktor) noch nicht erklärt werden. Im Anschluss an diese erste Auswertung könnten nun weitere Prädiktoren in das Modell eingefügt werden. Tab. 53: Modellzusammenfassung Evaluation Lehrerin Modell R R-Quadrat Korrigiertes R- Quadrat Standardfehler des Schätzers 1 ,455ª ,207 ,169 15,35038 a Einflussvariablen: (Konstante), Evaluation Lehrerin. Tab. 54: Koeffizienten ª Modell Nicht standardisierte Koeffizient Standardisierte Koeffizient T Signifikanz B Standardfehler Beta 1 (Konstante) Estra AC 1 7,461 ,021 ,601 ,009 ,455 12,408 2,341 ,000 ,029 ª Abhängige Variable: Evaluation Lehrerin. Tab. 55: Modellzusammenfassung Selbstevaluation Modell R R-Quadrat Korrigiertes R- Quadrat Standardfehler des Schätzers 1 ,554ª ,306 ,273 14,35507 a Einflussvariablen: (Konstante), Evaluation Selbst Tab. 56: Koeffizienten ª Modell Nicht standardisierte Koeffizient Standardisierte Koeffizient T Signifikanz B Standardfehler Beta 1 (Konstante) Estra AC 1 3,846 ,061 1,356 ,020 ,554 2,837 3,046 ,010 ,006 ª Abhängige Variable: Evaluation Selbst Obwohl die Selbstevaluation des Auslandsaufenthalts stärker als die Fremdevaluation mit den Ergebnissen der Konfliktlösungsaufgabe korreliert, wird der Fremdevaluation der Vorzug gegeben, da der Kompetenzbegriff und seine Messung anhand bestimmter Untersuchungen wie AC in erster Linie eine Fremdevaluation erfordert, die idealerweise 360° umfasst (360°- Evaluation). Eine Fremdevaluation, die die Meinung der chilenischen Austauschpartner einholt, konnte leider nicht berücksichtigt werden, da nur vier der dreiundzwanzig Befragten antworteten11. Die Ergebnisse aus diesen vier zurückgekommenen Fragebögen entbehren zwar eines statistischen Aussagewertes, lassen jedoch eine Tendenz erkennen. Die externe 12 Vgl. Schuler, H. (2000). Psychologische Personalauswahl. Einführung in die Berufseignungsdiagnostik. 3. unveränderte Auflage. Göttingen. Verlag für Angewandte Psychologie. S. 169. Evaluation zeigt aus chilenischer Sicht größere Übereinstimmungen mit der Selbstevaluation als mit der Fremdevaluation. Die als erstes formulierte Arbeitshypothese „Die AC-Beurteilung steht in positivem Zusammenhang mit der Bewertung des Praktikums“ konnte teilweise gestützt werden, zumal nur eines der beiden verwendeten externen Kriterien eine signifikante Aussage zum Erfolg einer Auslandstätigkeit treffen kann: Es gibt einen mittelstarken Zusammenhang von r = ,45, (bei einem Signifikanzniveau p = < 0,05) zwischen den Lösungsstrategien und der Fremdevaluation. Hypothese 2: „Die AC-Beurteilung (Fremdeinschätzung) steht in positivem Zusammenhang mit Leistungen im schulischen Bereich: Schulnoten Spanisch und Schulnoten aller Fächer“. Die Ergebnisse der Korrelation zeigen, dass sowohl die Spanischnoten (r= -,140; p = ,523) als auch der Notendurchschnitt aller Fächer keinen Einfluss auf die Beurteilung des Verhaltens im Ausland (r= -,038; p = ,863) haben (siehe Tab. 56). Aus diesem Grund muss die Hypothese 2 verworfen werden. Dieser Umstand sollte vor allem jenen ein Hinweis sein, die Noten als gewichtiges Auswahlkriterium für Auslandseinsätze halten. Auch die theoretische Forschung bestätigt, dass die Schulnoten eine Aussage über „Ausbildungserfolg“ ermöglichen, jedoch nicht über „Berufserfolg“, weshalb von ihrer Berücksichtigung bei der Personalauswahl für Auslandseinsätze abgesehen werden sollte.12 Tab. 57: Korrelation zwischen Fremdevaluation, Schulnoten und Spanischnoten Schulnoten Sp_Noten Evaluation Lehrerin Schulnoten Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N 1 23 ,832** ,000 23 -,038 ,863 23 Sp_Noten Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N ,832** ,000 23 1 23 -,140 ,523 23 Evaluation Lehrerin Korrelation nach Pearson Signifikant (2-seitig) N -,038 ,863 23 -,140 ,523 23 1 23 ** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant Hypothese 3: Die AC-Beurteilung (Fremdeinschätzung) steht in positivem Zusammenhang mit Fremdeinschätzungen der fremdsprachlichen Kompetenz. Diese Hypothese wurde mit dem Ziel aufgenommen, die Bedeutung der Sprachkenntnisse zu bestimmen und zu prüfen, ob die Einschätzung dieser ein besseres Diagnoseinstrument als die Virtuelle Reise nach Santiago ist. Die dritte Arbeitshypothese kann ebenfalls nicht gestützt werden. Die Einschätzung der Sprachkompetenz anhand einer Likert-Skala korreliert in einem Wert von r= ,264 (p=238) mit der Fremdevaluation des Auslandsaufenthalts (alle Skalen bis auf die der Sprachkompetenz). Obwohl ein Korrelationsniveau von r=,264 nicht unbedingt niedrig ist, kann man dennoch nicht von statistischer relevant sprechen. Außerdem liegt dieser Wert unter dem der Lösungsstrategien, woraus sich schließen lässt, dass ein 45-minütiger Test bessere Ergebnisse hinsichtlich der Einschätzung der Erfolgsaussichten liefert. Hypothese 4: Die AC-Beurteilung steht in keinem bedeutsamen Zusammenhang mit der Selbsteinschätzung der fremdsprachlichen Kompetenz. Die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse korreliert in einem Wert von r=,255 (p = ,238) mit der Fremdevaluation des Verhaltens. Dieser Wert ist statistisch nicht signifikant, was als Stützung der vierten Hypothese verstanden werden kann. Die Selbsteinschätzung der fremdsprachlichen Kompetenz erlaubt keine zuverlässige Aussage über den Erfolg im Ausland, wenn sie nicht mit den anderen notwendigen Grundkompetenzen (individuell, sozial, strategisch) verknüpft wird. Hypothese 5: Die „erfolgreichen“ Praktikanten unterscheiden sich in ihrem Verhalten von den „nicht erfolgreichen“ in Bezug auf die Interdependenzdynamik der drei gemessenen interkulturellen Teilkompetenzen: individuelle, soziale und strategische. Die grafische Darstellung der Interdependenzdynamik zwischen den Teilkompetenzen, die zur interkulturellen Kompetenz beitragen, zeigt, dass die als erfolgreich eingestuften Teilnehmer ein überdurchschnittliches Verhalten in jeder Teilkompetenz vorweisen. Beim Vergleich der Balken, die den Durchschnittswert der Verhaltensweisen kennzeichnen mit den Balken, die den Durchschnitt der erfolgreichen Praktikanten repräsentieren, wird deutlich, dass letztere Gruppe nicht nur ein überdurchschnittliches Verhalten zeigt, sondern dass dieses sich deutlich von der Interdependenzdynamik der Teilnehmer mit wenig erfolgreichem Verhalten in Chile unterscheidet. Dadurch wird die fünfte Hypothese, die besagt, dass sich erfolgreiche Kandidaten von den nicht erfolgreichen hinsichtlich der gemessenen Variablen unterscheiden, gestützt. Zuordnung der Teilkompetenzen gemäß der Lösungsstrategien0,02,04,06,08,010,012,014,016,0sozialindividuellstrategischTeilkompetenzenAuswahldurchschnitthochmittelniedrigurchschnitt Abb. 23: Zuordnung der Teilkompetenzen gemäß den Lösungsstrategien Die 23 untersuchten Fälle erlauben keine Aussage darüber, ob die festgestellten Unterschiede repräsentativ sind. Die Betrachtung der Balken in der Grafik lässt vermuten, dass diese Tendenz durch eine größere Datenmenge statistisch gestützt wird. Hypothese 6: Die erfolgreichen Praktikanten unterscheiden sich in der Auswahl der Lösungsstrategien von den nicht erfolgreichen Praktikanten. In der Konfliktlösungsaufgabe werden critical incidents präsentiert, die durch die Auswahl einer Handlungsalternative gelöst werden sollen. Die Antwortalternativen wurden zuvor so codiert, dass es für jede Möglichkeit zwei erfolgreiche und zwei nicht erfolgreiche Lösungsstrategien gibt. Diese folgen der Nomenklatur von Stahl (siehe Kapitel 8). Für die Datenauswertung wurde die Gesamtzahl der Teilnehmer in drei Gruppen geteilt. Die Gruppe mit den geringsten Erfolgen (9 Personen) wählte 29,4% bis 58% erfolgversprechende Lösungsalternativen. Die mittlere Gruppe (8 Personen) lag bei 64% bis 78% und die erfolgreichsten Teilnehmer (5 Personen) verzeichneten 82% bis 94% erfolgbringende Antworten. Analog zur fünften Arbeitshypothese lässt sich auch hier erkennen, dass die als am erfolgreichsten eingestuften Teilnehmer sich in ihren Verhaltensweisen (Strategieauswahl) von denen der am schlechtesten beurteilten unterscheiden. Das Verhalten letzterer Gruppe deutet darauf hin, dass sie Konfliktlösungsstrategien bevorzugen, die zur Selbstentlastung oder zur (ethnozentrischen) Identitätswahrung führen. Die erfolgreichsten Kandidaten charakterisiert die Auswahl relativierender Lösungsstrategien wie Problemumbewertung. Ferner unterscheidet sich die Gruppe der „erfolgreichen Teilnehmer“ von den „nicht erfolgreichen“ in ihrer Fähigkeit, interpersonelle Beziehung mit den Angehörigen der Zielkultur aufzubauen sowie in der Fähigkeit, (instrumentelle) Hilfe und Ratschläge zur Problemlösung einzuholen. Gewählte Lösungsstrategien je nach Leistung: hoch, mittel, niedrig, durchschnittlich. 0,00,51,01,52,02,53,03,54,0ProblemumbewertungKonfliktentschärfungInstrumentelle HilfeBeziehungsaufbauPositiver VergleichDuldungKonfrontationSelbstentlastungIdentitätsbewahrungNegativer VergleichLösungsstrategienAuswahldurchschnitthochmittelniedrigdurchschnitt Abb. 24: Gewählte Lösungsstrategien je nach Leistung Überraschenderweise wurde die Strategie „positiver Vergleich“, eine laut Stahl erfolgreich Strategie, häufiger von schlechter eingestuften Kandidaten angewendet als von besser beurteilten Teilnehmern. Dies lässt vermuten, dass diese Strategie vor allem wegen ihrer „sozialen Erwünschtheit“ gewählt wurde, weshalb man überlegen sollte, diese Strategie beim 13 Vgl. Stahl, G. (1998). Test durch eine weniger offensichtlich „politisch korrekte“ Strategie zu ersetzen, zumal die Strategie, so wie sie im Test verwendet wird, nicht dazu beiträgt, erfolgreiche von unerfolgreichen Verhaltensweisen zu differenzieren.13 10 Ergebnisdiskussion und Ausblick Zur Messung der interkulturellen Kompetenz wurden zwei zentrale Außenkriterien überprüft: Effektivität und Angemessenheit als Online-Postkorbaufgabe und Lösungsstrategien. Nur eine der zwei Übungen, die zur Probe gestellt wurden, hat sich hinsichtlich ihrer Verwendung bewährt: Lösungsstrategien. Die Postkorbübung verfehlte ihr Ziel und stellte sich als ungeeignetes Instrument zur Messung des definierten Begriffs der Interkulturellen Kompetenz bzw. zur Messung der Effektivität dar. Dieses verfehlte Ziel fordert neue Untersuchungen, d.h. die Entwicklung geeigneter Mess-Instrumente. Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist die Messung der Lösungsstrategien. Die Untersuchungsergebnisse der Übung korrelieren zu 45,5% (r = ,455) mit der Leistungs- Einschätzung durch die Verantwortlichen. Damit wird statistisch ein signifikanter (p = ,029) Zusammenhang belegt. Dieses Ergebnis kann auf 46,2% (r =,462) erhöht werden (p= ,027), wenn die Selbstevaluation der Expatriates zur Beurteilung hinzugezogen wird. Eine dritte Evaluation, die 360°-Diagnostik komplettiert das Ergebnis durch die Perspektive der chilenischen Gastgeber. Leider konnte diese auf Grund des geringen Rücklaufs der Fragebögen (vier) nicht berücksichtigt werden.1 Die erzielten Ergebnisse der Lösungsstrategien-Aufgabe unterstützen den Einsatz von Online-Tests bei der Personalauswahl insofern, als dass sie signifikant mit den Ergebnissen der Bewertung des tatsächlichen Verhaltens korrelieren (konkurrente Korrelation). Mit diesem Instrumentarium kann ein Personalentwickler den individuellen Erfolg bei einem Auslandsaufenthalt einschätzen. Ein weiteres Argument, welches zu Gunsten des vorliegenden Experiments genannt werden kann, ist die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen ähnlicher Studien (andere Untersuchungen mit elektronischen Messverfahren kommen zu ähnlichen Korrelationsergebnissen). Sowohl die Menge der berücksichtigten Daten als auch der erzielte (konkurrente) Diagnosewert liegen absolut im Rahmen der normalen Parameter. So variieren die Stichprobenuntersuchungen zwischen 21 und 111 Teilnehmern, und die Ergebnisse der Problemlöseleistung variieren zwischen r=,36 und r=,47 (siehe 6.5). 1 Auch wenn es keinen statistischen Wert besitzt, ist festzustellen, dass die Ergebnisse aus den vier zurückgelaufen Fragebögen dazu tendieren, die Ergebnisse der Selbstevaluation stärker wiederzuspiegeln als die der Fremdevaluation. Daraus kann vermutet werden, dass sich die Ergebnisse der Selbstevaluation angeglichen hätten, wenn es möglich gewesen wäre, mehr Daten auszuwerten. 2 Vgl. Sarges, W. (2001). S. XV. 3 Vgl. Knoll, T. / Preuss, A. (2003). S. 182 Der Einsatz von Online-AC bietet eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Auswahlinstrumenten wie Interviews, Intelligenztests etc., deren Diagnoseniveaus im Durchschnitt unterhalb des ACs liegen. Zu den besseren Vorhersagemöglichkeiten summieren sich weitere Vorteile wie Transparenz, Anforderungsbezug und Verhaltensorientierung. Trotz dieses Erfolgs muss angesichts der geringen Erfahrungen mit Online-AC zur Vorsicht gemahnt werden, zumal bei computergestützten AC im Gegensatz zu Präsenz-AC nicht alle Untersuchungs-Situationen reproduziert werden können. Zu einem bestimmten Zeitpunkt kann immer nur ein bestimmtes Phänomen gemessen werden. So werden durch das vorliegende Beispiel nur Lösungsstrategien betrachtet, da die Aufgabe zur Messung von Effektivität aus der Analyse wieder heraus genommen werden musste. Ferner ist es ratsam, nicht sämtliche Schlüsse zur Personalauswahl aus dem Online-AC zu ziehen, da in diesem Verfahren Betrugsmöglichkeiten nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Aus diesem Grund empfiehlt sich der Einsatz dieses Instruments als Filter (siehe Abb. 21), der darüber entscheidet, ob ein Bewerber bestimmte Mindestanforderungen für eine Tätigkeit erfüllt. Somit kann anschließend die Konsistenz der Ergebnisse mittels weiterer Verfahren geprüft werden, wodurch die Betrugsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Aus ökonomischer Sicht gelten die Personal-Vorauswahl-Verfahren als äußerst ergiebig, zumal sie deutlich zur Kostenreduktion und Verminderung des Verwaltungsaufwands beitragen.2 Knoll, T. / Preuss, A. führen beispielhaft Untersuchungsergebnisse an, die belegen, dass durch den Einsatz von Vorauswahlmaßnahmen nicht nur die Zahl der AC- Teilnehmer reduziert werden kann, sondern auch die Qualität der schließlich eingeladenen Bewerber besser ist. Im von Knoll, T. / Preuss, A. dargestellten Fall mussten für die Besetzung von 250 freien Stellen 1.040 Kandidaten (88% der insgesamt 1.181 Bewerber) eingeladen werden. Nach der Einführung des Online-Tests und dem Einsatz eines 20 Aufgaben umfassenden Vorauswahlinstruments konnte die Teilnehmerzahl für das Präsenz- AC auf 624 (62% der 1.063 Bewerber) reduzieren werden. In diesem Beispiel bestand die Hälfte der Teilnehmer (312) den Papier-Bleistift-Test, während im zuvor genannten Beispiel mit 1.040 Bewerbern nur 30% den Test zur Messung bestimmter notwendiger Kriterien bestanden (siehe Kapitel 6).3 4 Vgl. Sarges, W. (2001). S. XV. Abb. 25: Auswahlmodell für ein Assessment-Center Werner Sarges legt ferner dar, dass ein elektronisches Auswahlsystem per se dazu beiträgt, eine größere Zahl geeigneter Kandidaten zu untersuchen, da das bloße Vorhandensein der Aufgaben im Internet ein klares Profil der angebotenen Arbeitsstelle liefert, was dazu führt, dass nur diejenigen Personen sich bewerben, die annehmen, die definierten Voraussetzungen für den angebotenen Posten zu erfüllen.4 Ein weiterer Beitrag, den diese Arbeit leistet, liegt in der Entmythifizierung, die bezogen auf einige externe Kriterien bei der Personalauswahl stattfindet. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme kann auf Basis bestimmter Kriterien wie Schulnoten oder Sprachkompetenzen keine Aussage über den zu erwartenden Erfolg im Ausland getroffen werden (siehe 9.2). Die Tatsache, dass diese Kriterien bei der Personalauswahl oft dennoch überbetont werden, ist ein Relikt, welches auf dem Qualifikations-Paradigma beruht. Aus „Gewohnheit“ werden Zeugnisse und Zertifikate verlangt und als „Garantien“ fehlinterpretiert. 5 Im Rahmen des Experiments wurden die Chilenen darüber aufgeklärt, dass die hypothetische Annahme einer anderen Nationalität nicht die Annahme einer neuen Identität beinhaltet. Das Der Umstand, dass die Postkorbaufgabe nicht zu den gewünschten Resultaten führte, ist kritisch zu hinterfragen. Auf der Suche nach den Ursachen für die hohe Unstabilität dieser Aufgabe und die fehlende Korrelation mit der Fremdevaluation wurden die Antworten auf die offenen Fragen hinsichtlich der Akzeptanz des Instruments noch einmal eingehend geprüft. In der Auswertung der offenen Fragen kann interpretiert werden, dass die Unstabilität der Aufgabe und die fehlende Korrelation mit der Evaluation des Auslandsaufenthalts auf den wirtschaftlichen Kontext der Simulation zurückzuführen ist. Dieser Verdacht wird dadurch gestützt, dass die Korrelation der Ergebnisse aus der Postkorbübung und der Lösungsstrategien-Aufgabe bei den Schülern des CGJ nur knapp über null lag (r=,040; bei p= ,857), bei den deutschen Universitätsstudenten (MLU Halle und FSU Jena) jedoch bei r=,14. Um dieses Phänomen zu erklären wurden zuvor noch nicht verwendete Daten aus dem Pre- Test unter die Lupe genommen, die Erkenntnisse über fünf deutsche Praktikanten und neun chilenische Studenten lieferten. Es sollte geprüft werden, inwiefern die emotionale Nähe zum Thema das Verhalten der Probanten beeinflusst. Dabei konnte darauf geschlossen werden, dass die Kandidaten, die mit dem Thema emotionaler verbunden sind, höhere Werte erzielten als jene, denen das Simulationsszenario fremd ist. Das Diagramm Gewählte Lösungsstrategien je nach Gruppe (siehe Abb. 22) klärt über die Prozentzahl auf, mit der verschiedene Konfliktlösungsstrategien ausgewählt wurden. Die drei Gruppen setzen sich folgendermaßen zusammen: Deutsche Praktikanten an der Deutsch- Chilenischen-Außenhandelskammer (fünf Praktikanten vor Antritt ihres Praktikums), deutsche Studenten (elf Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena) und chilenische Studenten (neun Psychologiestudenten). Ein Vergleich dieser drei Gruppen zeigt, dass die Gruppe der deutschen Praktikanten, die während der virtuellen Reise ihre eigene Rolle spielen, bessere Ergebnisse erzielen als die Gruppe der chilenischen Studenten, die zwei fremde Rollen gleichzeitig annehmen müssen: zum einen die eines Deutschen und zum anderen die eines Praktikanten. Der einzige Vorteil, den diese Gruppe gegenüber den anderen Gruppen hatte, war der Gebrauch der Muttersprache während des gesamten Tests. Die Ergebnisse der Kontrollgruppe, bestehend aus deutschen Studenten, die nur eine ungewohnte Rolle annehmen mussten, liegen genau zwischen den Ergebnissen der anderen beiden Gruppen.5 bedeutet, dass sie in den konfliktbehafteten Situationen so reagieren sollten, wie sie es immer tun und nicht so, wie sie es von einem Deutschen erwarten würden. 6 Vgl. Hartungs, S. / Schneider, I. (1995). S. 234. Abb. 26: Gewählte Lösungsstrategien je nach Gruppe Diese Erkenntnis bezüglich der Lösungsstrategieaufgabe erklärt unter Umständen die schwachen Ergebnisse, da vor allem die Postkorbaufgabe durch den wirtschaftlichen Charakter des Szenarios geprägt ist. Offensichtlich hat dies zu einer ablehnenden Haltung seitens der Schüler des CGJ geführt, die sich auf eine soziale und nicht wirtschaftsbezogene Arbeit in Chile vorbereiteten. Dieses Ergebnis zeigt, dass interkulturelle Kompetenz nicht abstrakt gemessen werden kann, sondern immer an einen spezifischen Kontext gebunden ist. Außerdem lässt sich daraus die Empfehlung ableiten, dass virtuelle Szenarien nicht etwa neutrale, sondern möglichst reale Kontexte widerspiegeln sollten. Zumindest die Ergebnisse dieser Untersuchung stellen die Argumentation von Hartungs, S. / Schneider, I.6 in Frage, die neutrale Kontexte als Garanten für Chancengleichheit sehen. Diese Erkenntnisse stützen die Annahme, dass Interkulturelle Kompetenz sich systematisch aus den genannten Teilkompetenzen (individuelle, soziale, strategische, fachliche) 7 Deller, J. (1999). S. 81. zusammensetzt, die für den Kontext der Interaktion angepasst werden müssen, um einen Erfolg zu garantieren. Die Anwendung des Interkulturellen ACs Virtuelle Reise nach Santiago stellt ein ausgezeichnetes Instrument zur Diagnose der Interkulturellen Kompetenz dar, welches die Messung des angemessenen Verhaltens der Kandidaten für einen Auslandseinsatz ermöglicht und somit die Chance bietet, Mängel auszuräumen und Stärken zu profilieren. Ausblick Selbst nach vierzig Jahren interkultureller Forschung herrscht kein Konsens über den Begriff Interkulturelle Kompetenz, geschweige denn, wie er zu messen ist. Laut Deller liegt dies daran, dass die meisten Untersuchungen zu dem Thema zum Ziel hatten, das Phänomen zu beschreiben und nicht zu quantifizieren. Damit sahen sich Unternehmen und Institutionen, die Personal ins Ausland schicken wollten, gezwungen, selbst Auswahlinstrumente für die lokalen Märkte zu entwickeln. Diese Instrumente unterlagen ausschließlich technischen Kriterien, da bis heute keine validen Indikatoren für Interkulturelle Kompetenz gefunden werden konnten. Deller nennt das Beispiel eines 1972 zum Einsatz gekommenen Personalauswahlinstruments, welches die interkulturelle Effektivität mit der Meinung externer Gutachter vergleicht. Die Ergebnisse korrelierten in einem Wert von r= ,245. Dennoch konnten diese Ergebnisse bis heute auf Grund der genannten operationalen Hindernisse nicht wiederholt werden.7 Diese Arbeit leistet einen Beitrag zu Definition, Operationalisierung und Messung der Interkulturellen Kompetenz. Das Resultat der computergestützten Diagnose korreliert mit der Fremdevaluation in einem Wert von r= ,455 (45%) bei einem Signifikanz-Niveau von p=,005. Diese Ergebnisse sollen als ein Impuls verstanden werden, um die Forschung im Bereich der interkulturellen Diagnose weiter voranzutreiben. Dabei sollte ein besonderer Fokus auf den technischen Aspekten zur Operationalisierung und Messung interkultureller Effektivität liegen, an der das in diesem Experiment konzipierte Instrument (Postkorbaufgabe) scheiterte. Die Erkenntnisse hinsichtlich der emotionalen Nähe bzw. Distanz zur Rolle in der Computersimulation sollen dazu animieren, weitere Forschungen anzustreben, die der Frage nach den Grenzen der semantischen Repräsentativität und der Allgemeingültigkeit der Diagnosen nachgehen. Ferner gibt es im Bereich der Systematisierung und Repräsentativität der Ergebnisse Ansatzpunkte zu weiterer Forschung. Dabei ist vor allem von Interesse, wie die Ergebnisse aus Aufgaben zu unterschiedlichen Konzepten wie Effektivität und Angemessenheit miteinander verknüpft werden können (bzw. zu welchen Anteilen die jeweiligen Konzepte in die Auswertung eingehen). Müssen diese immer getrennt voneinander behandelt werden oder gibt es Möglichkeiten beide in einem einzigen Index wiederzugeben? Wie müsste dieser gestaltet sein? Schließlich dürfte auch noch interessant sein, ob je nach Land oder Gruppe unterschiedliche Konfliktlösungsstrategien bevorzugt werden, zum Beispiel ob es Unterschiede zwischen Experten und Laien oder Unterschiede zwischen den Staaten Lateinamerikas oder anderer Kontinente gibt. Literaturverzeichnis Aaker, D. (1989). Investigación de Mercados. Cali. McGrah-Hill. Adams, J. (1976). The potencial for personal growth arising from intercultural experiences. In Adams, J. Hayes, J. & Hopson, B. (Eds.). Transition: Understanding and managing personal chance. London. Robertson. S. 65-83. Adler, P. S. (1975). The transitional experience: An alternative view of culture shock. Journal of Humaniytic Psychologiy, 15, S. 13-23. Albert, R. D. (1996). A Framework and Model for Understanding Latin American and Latino/Hispanic Cultural Patterns. In Landis, D.; Bhagat, R.S. (Hrsg.). Handbook of Intercultural Training. 2. Aufl. Thousand Oaks, CA. Alex, L. (1991). 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Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Untersuchungsdesign 2 Abb. 2: Aufbau der Untersuchung 3 Abb. 3: Aufbau der Arbeit 5 Abb. 4: Kompetenzmodell von Alex (1991) 13 Abb. 5: Kompetenzmodell von Echeverría (2002) 17 Abb. 6: Typischer Verlauf der Anpassung nach dem U-Kurvenmodell 26 Abb. 7: W-Kurve des Anpassungsverlaufs 27 Abb. 8: Akkulturationsstrategien von Berry 37 Abb. 9: Determinanten des Entsendungserfolgs 55 Abb. 10: Modell zur Überprüfung des Einflusses der Interkulturellen Kompetenz auf den Auslandserfolg des Entsandten 72 Abb. 11: Bewerbungsprozess mit Online-Test 124 Abb. 12: Auswahlmodell für ein Assessment Center 127 Abb. 13:Handlungskompetenz in interkulturellen Zusammenhängen 159 Abb. 14: Stadtplan von Santiago 171 Abb. 15: Navigation auf dem Stadtplan 171 Abb. 16: Zeitangaben 172 Abb. 17 Zeitkalkulation 173 Abb. 18: Beispiel für eine Interkulturelle Überraschungs-Aufgabe 174 Abb. 19: Beispiel im Original auf Spanisch für eine Interkulturelle Überraschungsaufgabe 174 Abb. 20: Schema des Untersuchungsdesigns 180 Abb. 21: Veränderung bezogen auf die Lösungsstrategien zwischen der 1. und 2. Messung 189 Abb. 22: Veränderung bezogen auf die Postkorbleistungen zwischen der 1. und 2. Messung 189 Abb. 23: Zuordnung der Teilkompetenzen gemäß den Lösungsstrategien 196 Abb. 24: Gewählte Lösungsstrategien je nach Leistung 197 Abb. 25: Auswahlmodell für ein Assessment-Center 201 Abb. 26: Gewählte Lösungsstrategien je nach Gruppe 203 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Gebrauch des Kompetenzbegriffs nach Ländern 9 Tab. 2: Kompetenzmodell von Le Boterg (1991) 14 Tab. 3: Kompetenzmodell von Bunk (1994) 14 Tab. 4: Handlungskompetenz nach Bunk (1994) 15 Tab. 5: Handlungskompetenzen (ISFOL) 16 Tab. 6: Kompetenzmodell von Echeverría (2002) 16 Tab. 7: Beschäftigung von Expatriates und Perspektive der Entsendung von Auslandmitarbeiten 22 Tab. 8: Kritische Lebensereignisse bei Auslandentsendungen in der Holmes-Rahe-Skala 31 Tab. 9: Spezifische Einflussfaktoren von Akkulturation und Anpassung 40 Tab. 10: Erfolgreiche Interkulturelle Kommunikation 48 Tab. 11: Interkulturelle Kompetenz als anwendungsbezogener Spezialfall allgemeiner Handlungskompetenz 50 Tab. 12: Merkmal erfolgreicher und erfolgloser deutscher Expatriats in Japan und USA 53 Tab. 13: Durchschnittliche Validität der gebräuchlichsten Personalauswahlverfahren 57 Tab. 14: Dreidimensionales Modell individueller Prädiktoren der kulturellen Anpassung 59 Tab. 15: Forschungsergebnisse von Ruben & Kealey 62 Tab. 16: Forschungsergebnisse von Black (1990) 63 Tab. 17: Einfluss von Kontextfaktoren auf die Zufriedenheit des Expatriates 65 Tab. 18: Inhalte der Anforderungsdimensionen - Praxis in Deutschland, Österreich und der Schweiz (N = 141) 78 Tab. 19: AC – Übungen in den USA und in deutschsprachigen Ländern 79 Tab. 20: Aufbau der Verfahren in deutschsprachigen Ländern 79 Tab. 21: Durchführung von Tätigkeitsanalysen im AC in den USA und in deutschsprachigen Ländern 80 Tab. 22: Merkmale der interkulturellen AC von Bolten und Kinast 95 Tab. 23: Merkmals-Übungs-Matrix im interkulturellen Kontext 97 Tab. 24: Operationalisierung der Teilkompetenzen in Modellen der Interkulturellen Kompetenz 101 Tab. 25: Grundlegende Typen von Computersimulationen 110 Tab. 26: Qualitätsanforderungen an computergestützte Szenarien 118 Tab. 27: Studien zur kriterienbezogenen Validität 122 Tab. 28: Gegenüberstellung der Selektionsprozesse für 250 erfolgreiche Bewerber 123 Tab. 29: Typische Merkmale kolumbianischer Kultur aus der Sicht der Kolumbianer 134 Tab. 30: Typische Merkmale deutscher Kultur aus der Sicht der Kolumbianer 136 Tab. 31: Positive und negative Aspekte des Kontakts mit Deutschen aus der Sicht von Kolumbianer 138 Tab. 32: Kritisches Interaktionspotential zwischen Deutschen und Kolumbianer 139 Tab. 33: Argentinische Kulturstandards 140 Tab. 34: Mexikanische Kulturstandards 141 Tab. 35: Gemeinsame Kulturstandards in Kolumbien, Argentinien und Mexiko 143 Tab. 36: Variablen und Indikatoren Interkultureller Kompetenz 167 Tab. 37: Operationalisierung der Kriterien (unabhängige Variable) 168 Tab. 38: Darstellung der Skala „Erfolgreich im gesamten Projekt” 168 Tab. 39: Struktur der Postkorbübung 170 Tab. 40: Aufgabenstellung 170 Tab. 41: Übersetzung der Überraschungs-Aufgabe 175 Tab. 42 Beispiel eines Textes und seiner Kodifizierung 175 Tab. 43: Anzahl der einzelnen Lösungsstrategien 177 Tab. 44: Auswahl der verwendeten Verhaltenstrategien 178 Tab. 45: Korrelation bei gepaarten Stichproben 186 Tab. 46: Korrelation zwischen den Übungen „Lösungsstrategien“ (Estra AC 1) und „Postkorb“ (Porc. PK1) 186 Tab. 47: Statistik bei gepaarten Stichproben 188 Tab. 48: Reliabilität von Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung aller Variablen 190 Tab. 49: Korrelation zwischen Fremdevaluation (Lehrerin) und Ergebnissen der Postkorbübung 191 Tab. 50: Korrelation zwischen Selbstevaluation und Ergebnisse der Postkorbübung 192 Tab. 51: Korrelation zwischen Fremdevaluation (Lehrerin) und der Lösungsstrategienübung 192 Tab. 52: Korrelation zwischen Selbstevaluation und der Lösungsstrategienübung 192 Tab. 53: Modellzusammenfassung Evaluation Lehrerin 192 Tab. 54: Koeffizienten 193 Tab. 55: Modellzusammenfassung Selbstevaluation 193 Tab. 56: Koeffizienten 193 Tab. 57: Korrelation zwischen Fremdevaluation, Schulnoten und Spanischnoten 194 Allgemeine Richtlinien zur Dateninterpretation 1. Postkorbaufgabe Strategische Aufgaben Strategische Stationen sind B, C, E, F, G Der Besuch dieser Stationen variiert zwischen 15 und 25 Punkten. Bedingungen Der Besuch der Stationen wird nur voll bepunktet, wenn die Voraussetzung für den Besuch erfüllt ist und wenn der Besuch zur richtigen Uhrzeit erfolgt. Station B: Uhrzeit egal, 15 Punkte. Station C: bringt 20 Punkte, wenn er zwischen 12.30 Uhr und 13.30 Uhr erreicht wird und wenn vorher Station B besucht wurde. Wenn die Station nicht pünktlich besucht wird oder ohne vorher nicht die Station B besucht zu haben, dann gibt es nur 10 Punkte. Station E: Uhrzeit egal, 15 Punkte. Station F: bringt 25 Punkte, wenn er zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr erreicht wird und wenn vorher Station G und E besucht wurden. Wenn er nicht pünktlich besucht worden ist, oder ohne vorher die Stationen G und E besucht zu haben, dann gibt es nur 10 Punkte. Station G: bringt 20 Punkte, wenn er zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr erreicht wird und wenn vorher die Station E besucht wurde. Wenn er nicht pünktlich besucht worden ist oder wenn vorher die Station E nicht besucht wurde, gibt es keine Punkte. Private Interessen / soziale Verpflichtungen Die Stationen D, H sind soziale Verpflichtungen. Die Stationen I, J sind private Interessen. Der Besuch dieser Stationen wird mit 10 Punkten bewertet. Es gibt keine Bedingungen. Die maximale Punktesumme beträgt 135 Punkte. Stadtplan von Santiago 2. Überraschungsaufgaben Die Auswertung der Antworten hat 2 Ebenen. a) Die Häufigkeit bestimmter Strategien b) Die Auswirkung in die Kompetenzbereiche sozial, individuell und strategisch A) Häufigkeit bestimmter Strategien Die Antworten sind folgenden Strategietypen zugrunde gelegt. Instrumentelle Hilfe (6) Konfliktentschärfung (7) Beziehungsaufbau (7) Problemumbewertung (7) Positiver Vergleich (6) Total: 33 (diese Strategien haben sich im internationalen Geschäftsleben als erfolgreich erwiesen, vgl. Studie von Stahl) Konfrontation (7) Negativer Vergleich (7) Selbstentlastung (6) Duldung (7) Identitätsbewahrung (6) Total: 33 (diese Strategien haben sich im internationalen Geschäftsleben als weniger erfolgreich erwiesen, vgl. Studie von Stahl) In der Auswertung wird zusammengefasst, wie häufig die einzelnen Strategien verwendet wurden. Zusätzlich wird zusammengezählt, wie häufig insgesamt „positive“ und „negative“ Strategien verwendet wurden C B) Die Auswirkung in die Kompetenzbereiche sozial, individuell und strategisch Von dem Modell Interkultureller Kompetenz von Bolten sind in diesem Test nur 3 der 4 Kompetenzbereiche umgesetzt: soziale, individuelle und strategische Kompetenz. Durch die Wahl einer Antwort (Strategie) zeigt der Teilnehmer, in welchem Bereich er stärker und in welchem er schwächer ist. Jede Antwortalternative wurde danach analysiert, ob sie sich in den drei Bereichen positiv oder negativ auswirkt. Eine Antwort kann, muss aber nicht in allen Bereichen Auswirkungen haben. Für jeden Kompetenzbereich werden die positiven und negativen Einträge jeweils zusammengezählt. Als Gesamtwert in einem Kompetenzbereich kann die Summe der positiven und negativen Einträge gebildet werden, indem die negativen von den positiven subtrahiert werden. Umfrage vor Beginn der Reise (Schüler) Vielen Dank, dass Du bei einer Untersuchung des Fachgebietes Interkulturelle Wirtschaftskommunikation mitmachen willst. Bitte schreibe oder kreuze die Alternative an, die Deiner Meinung am nächsten kommt. Name:____________________________________________________ Für den Fall, dass es nicht ausreichend Platz für die Darstellung Deiner Meinung gibt, nutze bitte die Rückseite des Fragebogens. Vergiss dabei nicht, die Nummer der entsprechenden Frage zu notieren. 1. Was sollst Du in diesem Projekt machen? Welches sind Deine konkreten Aufgaben oder was glaubst Du, werden Deine Aufgaben sein? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 2. Welche Ziele hat das Projekt an dem Du arbeiten wirst? Was glaubst Du, erwartet man von Dir? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 3. Hast Du bei diesem Projekt persönliche Ziele, die Du gern erreichen möchtest? Wenn ja, welche? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 4. Wie sollte das Projekt verlaufen, damit Du es als Erfolg bezeichnest? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 5. Wie müsste das Projekt verlaufen, damit Du es als weniger erfolgreich bezeichnest? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 6. Nenne 3 Motive, die deinen Entschluss für diesen Auslandsaufenthalt beeinflusst haben! 1. Motiv (nennen):___________________________________________ Wie wichtig ist dieses Motiv? 10 = sehr wichtig; 1= eher unwichtig. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 2. Motiv (nennen):___________________________________________ Wie wichtig ist dieses Motiv? 10 = sehr wichtig; 1= eher unwichtig. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 3. Motiv (nennen):__________________________________________ Wie wichtig ist dieses Motiv? 10 = sehr wichtig; 1= eher unwichtig. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 7. Welche Fähigkeiten sollte ein „idealer Teilnehmer“ haben, der in dem Projekt arbeitet, in dem Du arbeiten wirst? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 8. Wie weit entfernt bist Du von diesem idealen Teilnehmer? 10 = ich bin ihm sehr nah; 1 = ich bin weit vom ihm entfernt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 9. Was erwartest Du von den Chilenen? Nenne bitte jeweils 3 positive und 3 negative Charaktereigenschaften! Positiv Negativ _____________ _____________ _____________ _____________ _____________ _____________ 10. Glaubst Du, dass es aufgrund der unterschiedlichen „Mentalität“ zwischen Deutschen und Chilenen Probleme mit der Arbeit geben kann? Für den Fall, dass Du diese Frage mit „JA“ beantwortest, beschreibe bitte die Art der Schwierigkeiten, die auftreten könnten. Wenn Du die Frage mit „Nein“ beantwortest, erkläre bitte Deine Meinung! __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 11. Wie und wo hast Du Deine Spanisch-Sprachkenntnisse erworben (Mehrfach- Antworten sind möglich)? Sprachkenntnisse Spanisch fortgeschrittene. gut Grundkenntnisse. • Nachweis durch Zeugnisse (Schule, Sprachkurse, Sonstige) Welche?: • Aufenthalt in einem spanischsprachigen Land Welche?: Andere Angaben (Stundenzahl, Semesterzahl):_______________________________________________________ 12. Wie beurteilst Du Deine spanischen Sprachkenntnisse von 10 = sehr gut; 1 = schlecht? 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 13. Warst Du schon längere Zeit im Ausland (mehr als 6 Wochen)? a. Nein:________( weiter zu Frage 17) b. Wenn ja, füllen Sie bitte die Tabelle aus! Land Jahr Wie lange? (Monate) Zweck (Urlaub, Studium, Praktikum, andere) Kenntnisse der Landessprache am Ende (%) 1. 2. 3. 14. Wie häufig etwa hast Du in Deinem Wohnort Kontakt zu Ausländern? Sich begegnen Miteinander sprechen Mehrmals täglich Mehrmals wöchentlich Mehrmals monatlich Fast nie Andere:_____________________________________________________________ 15. Welche Note hast du in Spanisch (letzte Jahr) :_______ und in Durchschnitt: __________ (letzte Jahr) 16. Wann bist Du geboren: ________/________/_________ Vielen Dank für Deine Teilnahme und Unterstützung und viel Erfolg in Chile! Jorge Fragebogen nach dem Schüleraustausch (Schüler) Vielen Dank, dass Du bei einer Untersuchung des Fachgebietes Interkulturelle Wirtschaftskommunikation mitmachen willst. Bitte schreibe oder kreuze die Alternative an, die Deiner Meinung am nächsten kommt. Name:______________________________________________________________ Für den Fall, dass es nicht ausreichend Platz für die Darstellung Deiner Meinung gibt, nutze bitte die Rückseite des Fragebogens. Vergiss dabei nicht, die Nummer der entsprechenden Frage zu notieren. 1. Welche Sprache hast Du mit folgenden Personen während Deines Aufenthaltes in Chile am meisten benutzt? Mit der Gastfamilie:_______________________________________________________ Mit den chilenischen Schüler:_______________________________________________ Mit den chilenischen Lehrerinnen____________________________________________ Kommentar:_____________________________________________________________ _______________________________________________________________________ 2. Wie würdest Du deine Teilnahme an dem gesamten Projekt beurteilen (Schule, Comedor, Gastfamilie)? 10 = sehr erfolgreich; 1= weniger erfolgreich. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:__________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ 3. Gab es zwischen Dir und deiner Lehrerin bzw. chilenisches Team eine klare Definition deiner Aufgaben während des Schulaustauschs? 10 = es gab eine klare Definition; 1 = es gab keine klare Definition 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:__________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ 4. Hast Du Dich an die zwischen Dir und Deiner Lehrerin bzw. mit dem chilenischen Team vereinbarten Aufgaben (Verhalten) gehalten? 10 = ich hab mich an die Aufgaben gehalten; 1 = ich hab mich an die Aufgaben nicht gehalten. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:____________________________________________________ ______________________________________________________________ 5. Wie würdest Du Deine spanischen Sprachkenntnisse beurteilen? 10 = sehr gut; 1 = nicht sehr gut. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 6. Konntest Du Dich gut in die Schule, Gastfamilie und Comedor integrieren? 10= ich konnte mich gut integrieren; 1= ich konnte mich nicht gut integrieren. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:____________________________________________________ ______________________________________________________________ 7. Wie konntest Du mit Problemen (Schule, Comedor, Gastfamilie) umgehen? 10 = ich konnte gut damit umgehen; 1 = ich konnte nicht gut damit umgehen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 8. Konntest Du all Deine Fähigkeiten und Fertigkeiten während des Schulaustauschs entfalten? 10 = ich konnte meine Fähigkeiten gut entfalten; 1 = ich konnte meine Fähigkeiten nicht gut entfalten 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 9. Wie war Deine Motivation während des Aufenthalts in Chile? 10 = ich war sehr motiviert; 1= ich war nicht sehr motiviert. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 10. Was war das größte Problem, das Du während Deines Aufenthaltes überwinden musstest? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 11. Wie hast Du dieses Problem, welches Du gerade beschrieben hast, gelöst? Welche Strategien oder Lösungen hast Du angewandt? Waren Sie erfolgreich? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 12. Gibt es Lösungsstrategien, die Deiner Meinung nach im Umgang mit Chilenen erfolglos sind? (Konfliktentschärfung, Ethnozentrismus, Problemumbewertung, positiver/negativer Vergleich, Konfrontation, Beziehungsaufbau, usw.) __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 13. Welche Fähigkeiten sollte ein „idealer Teilnehmer“ bei diesem Projekt haben? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 14. Wie weit entfernt warst Du von diesem idealen Teilnehmer? 10 = ich war sehr nah an ihm; 1 = ich war weit vom ihm entfernt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 15. Wenn Du an den Computer-Test denkst, den Du vor Deinem Reise gemacht hast (Viaje virtual a Santiago), welche Themen oder Anekdoten könnten in diesem Test noch integriert werden? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 16. Welche Meinung hast Du über den Test? Glaubst Du, er hat Dir dabei geholfen (wie), Dich auf Deine Reise vorzubereiten (warum)? Glaubst Du, dass ein solcher Test die besten Kandidaten für eine Reise, wie Du es gemacht hast, herausfinden könnte? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ Vielen Dank für Deine Teilnahme! Jorge Peña jorge.pena@interculture.de Fragebogen nach dem Schüleraustausch (Lehrerin) Vielen Dank, dass Sie bei einer Untersuchung des Fachgebietes Interkulturelle Wirtschaftskommunikation mitmachen wollen. Bitte schreiben oder kreuzen Sie die Alternative an, die Ihrer Meinung am nächsten kommt. Für den Fall, dass es nicht ausreichend Platz für die Darstellung Ihrer Meinung gibt, nutzen Sie bitte die Rückseite des Fragebogens. Vergessen Sie dabei nicht, die Nummer der entsprechenden Frage zu notieren. Geben Sie bitte den Name des Schülers an, den Sie einschätzen: Name des Schüler:____________________________________ 1.Welche Sprache hat der Schüler mit den folgenden Personen am meisten benutzt? Mit der Gastfamilie:_______________________________________________________ Mit den chilenischen Schülern:______________________________________________ Mit den chilenischen Lehrerinnen:____________________________________________ Kommentar:_____________________________________________________________ _______________________________________________________________________ 2. Wie würden Sie ganz allgemein die Teilnahme der Schüler an dem gesamten Projekt beurteilen? (Schule, Comedor, Gastfamilie) 10 = sehr erfolgreich; 1= wenig erfolgreich. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:__________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ 3. Gab es zwischen Ihnen und dem Schüler eine klare Definition seiner Aufgaben während des Schulaustauschs? 10 =es gab eine klare Definition; 1 = es gab keine klare Definition. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:__________________________________________________________ ____________________________________________________________________ ____________________________________________________________________ 4. Hat der Schüler die vereinbarten Aufgaben (Verhalten) gehalten? 10 = er habt sich an die Aufgaben gehalten; 1 = er habt sich an die Aufgaben nicht gehalten. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kommentar:______________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________ 5. Wie würden Sie die Spanischkenntnisse des Schülers beurteilen? 10 = sehr gut; 1 = schlecht. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 6. Wie konnte sich der Schüler integrieren (Schule, Gastfamilie und Comedor)? 10 = er konnte sich gut integrieren; 1 = er konnte sich nicht gut integrieren. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 7. Wie konnte der Schüler mit Problemen (Schule, Comedor, Gastfamilie) umgehen? 10 = er hatte gute Lösungsstrategien; 1 = er konnte nicht damit umgehen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 8. Glauben Sie, dass der Schüler all seine Fähigkeiten und Fertigkeiten während des Schüleraustauschs entfaltet hat? 10 =er konnte seine Fähigkeiten gut entfalten; 1= er konnte seine Fähigkeiten nicht gut entfalten. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 9. Wie war die Motivation des Schülers während des Aufenthalts in Chile? 10 = er war sehr motiviert; 1= er war nicht motiviert. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 10. Was glauben Sie war das größte Problem, welches der Schüler während seines Aufenthaltes überwinden musste? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 11. Wissen Sie, wie der Schüler versucht hat, dieses Problem zu überwinden? Hatte er Erfolg mit seiner Strategie? Warum? __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 12. Gibt es Lösungsstrategien, die Ihrer Meinung nach im Umgang mit Chilenen erfolglos sind? (Konfliktentschärfung, Ethnozentrismus, Problemumbewertung, positiver/negativer Vergleich, Konfrontation, Beziehungsaufbau, usw.) __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 13. Welche Fähigkeiten sollte ein „idealer Teilnehmer“ bei diesem Projekt haben? (Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Sprachkenntnisse, Soziale Kompetenz, usw.) __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________ 14. Wie weit entfernt war der Schüler von der Beschreibung dieses idealen Teilnehmers? 10 = er war nicht so entfernt von der Beschreibung; 1 = er war weit von dieser Beschreibung entfernt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 15. Welche Beziehung hatten Sie mit dem Schüler? Beschreibung Antwort Ich habe direkt mit ihm gearbeitet Ich beobachtete direkt, was er zu tun hatte Ich bekam Berichte vom dritten Personen über ihn Kommentar:_____________________________________________________________ _______________________________________________________________________ _______________________________________________________________________ Vielen Dank für Ihre Mitarbeit! Jorge Peña jorge.pena@interculture.de Evaluationsbogen der AHK Chile - Teil des Auswahlsystems für Praktikanten AHK Sistema de Calidad Formulario Página 1 de 1 Cód. De Identif.: F-06-07-0 Selección de practicantes alemanes Name: Anschrift: Stadt: Telefon: Fax: E-Mail Studiengang: Datum der Auswahl: Auswahlkriterien Bewertung G 15 Punkte A 10 Punkte U 5 Punkte Notendurchschnitt < 2,4 < 3,4 > 3,5 Wertung • Vordiplomnote (x 0,7) • Abiturnote (x 0,3) = Relevante Praxiserfahrung (x 0,5 bis 1,0) • > 1 Jahre 15 • 6 Monate bis 1 Jahr 10 • < 6 Monate 5 = Auslandserfahrung • Auslandspraktikum/-semester 15 • Schuljahr / Au Pair (ab 5 Monate) 10 • Sprachkurse im Ausland (Wochen) 5 = Sprachkenntnisse Spanisch fortges.. gut Grundk. • Nachweis durch Zeugnisse (Uni, Schule, sonst.) (x 0,5) • Aufenthalt in einem spanischsprachigen Land (x 0,5) X 1,5 = Gesamtpunktzahl: Zusätzliche Punkte Geeignete Berufsausbildung/Abgeschlossenes Studium + 5 Punkte Master / Promotion + 5 Punkte Universitäres bzw. Außeruniversitäres Engagement + 5 Punkte Sonstiges: Endpunktzahl Texten der Lösungsstrategien-Aufgaben 1. El vendedor de una tienda de recuerdos donde te has detenido a ver algunas artesanías se ha acercado para hablar contigo y cada vez que te habla te pone la mano sobre el hombro o te toma del brazo. ¿Qué haces? • No haces nada: Piensas que hay cosas peores que ésta e intentas no darle mayor importancia al asunto, concentrándote en la compra. • La estrecha distancia parece ser un hábito local al que tal vez tendrás que acostumbrarte. Intentas concentrarte sólo en la compra. • No crees haber hecho nada que le dé tanta confianza al vendedor, por lo que, si se acerca tanto, tal vez se deba a que el vendedor es un poco raro. Decides ignorarlo. • Para alejarlo de ti le pides que te muestre cosas que están ubicadas detrás de un mostrador, doblando así la distancia entre ambos. 2. En el viaje en Taxi del aeropuerto al centro te llama la atención el modo de conducir de la mayoría de los automovilistas, incluido el taxi en el que viajas. En algunas ocaciones el modo de conducir de la gente y el taxista te da miedo. ¿Qué haces? • Le dices al taxista que, si continua conduciendo así, provocará un accidente del que él será el único responsable. • Le dices al taxista que conduce muy bien en comparación con el resto de los automovilistas, con la esperanza de que lo haga de un modo responsable. • Le dices al taxista que no conduce de manera ejemplar con la esperanza de que lo haga de un modo responsable. • Inicias una conversación amistosa con el taxista y le adviertes de la presencia de conductores agresivos en las cercanías del taxi, con la esperanza de que así mejore su modo de conducir. 3. Mientras esperas ingresar a la oficina del gobierno para solicitar tu visado de trabajo, otro extranjero que allí espera su turno de atención te pregunta: ¿de dónde vienes? Cuando respondes "de Alemania", él sonríe y dice: ¡Heil Hitler! ¿Qué haces? • Le respondes que por ese tipo de saludo en Alemania la policía con justificación ya lo habría detenido. • Respondes que Hitler hace ya bastante tiempo que está muerto e intentas iniciar una conversación con él, preguntándole de dónde viene y por qué te ha saludado así. • Le haces ver la molestia que te causa su "saludo" y no hablas más con él. • Le respondes que esperas que él haya dicho Heil Hitler por ignorancia y no por simpatía con la ideología nazi. 4. Claudia no está en casa, pero te recibe su mamá. Ella te hace entrar y te ofrece un café. Tú no quieres café. Dices que no y das las gracias, pero la mamá de Claudia pone el agua a calentar y vuelve a preguntarte si quieres un café. Vuelves a decir que no, pero al hervir el agua la mamá de Claudia se presenta con un café para ti. ¿Qué haces? • Aunque habías dicho que no, aceptas el café y te lo tomas. • Le repites a la señora que no quieres café y no te lo tomas. • Pides sólo media taza y le dices que no tienes mucho tiempo para quedarte. • Aceptas el café y comentas que, ahora que te debes tomar el café, podrían aprovechar la oportunidad para conocerse mejor. 5. Por fin has encontrado una casa de cambios, en ella no hay ninguna pizarra con el valor del Euro, pero sí mucha gente que entra y sale con gran velocidad. Tienes la sensación de que allí no se puede cambiar dinero con la tranquilidad y privacidad que crees adecuada. ¿Qué haces? • Protestas en voz alta, diciendo que las condiciones de atención no son las mejores. • No entras a la casa de cambio y decides buscar un banco o un cajero automático que funcione con criterios similares a los de Alemania, a pesar de que el cargo por comisión resulte más caro que en la casa de cambio. • Haces la cola igual que los demás, aunque las condiciones no sean óptimas: si la gente usa ese servicio será porque funciona, no puede ser tan terrible. • Te diriges hacia una persona que trabaja en la casa de cambio y le pides por favor que te ayude a cambiar el dinero con tranquilidad y privacidad. 6. En la oficina de información turística de Santiago quieres hacer un par de preguntas, pero las personas que allí trabajan parecen ignorarte, toman café y comen sandwiches. ¿Qué haces? • Les dices que no quieres molestar y preguntas si pueden darte algunos folletos mientras ellos terminan de comer. • Comentas en voz alta que aquí nadie parece estar dispuesto a trabajar. • Comentas en voz alta que por este comportamiento en Alemania ya los habrían despedido. • Piensas que no tardarán mucho en terminar de comer, por tanto te pones en una posición en donde estás seguro de que te puedan ver y esperas a que ellos se dirijan a ti. 7. Has llegado a la oficina de la AHK y la secretaria y los otros miembros de la oficina se presentan con su nombre y no con su apellido. Ahora te toca presentarte a ti. ¿Qué haces? • Aunque en Alemania "tutear" desde un comienzo en el ambiente de trabajo no es muy común, aceptas sin discusión las prácticas locales y te presentas sólo con tu nombre. • Comentas que te agrada el sistema latinoamericano del tuteo, pues el sistema alemán es demasiado formal y distante. • Antes de decir tu nombre le preguntas a la secretaria si está bien tratarse así en el ambiente de trabajo y, de no ser un problema, le ofreces a tus colegas que te traten de tú y dices sólo tu nombre. • Te presentas con tu apellido y dices que en el ambiente de trabajo prefieres las costumbres alemanas y los tratas a ellos de "usted" en vez de "tú". 8. Durante tu primer dia de trabajo participas de una reunión en la que se discute la compra de un producto sobre el que tú casualmente tienes bastantes conocimientos técnicos. Como posibilidad de compra hay tres opciones que difieren en precio y calidad. Para tu sorpresa, la mejor solución técnica es descartada de inmediato y se opta por una solución técnica más económica. ¿Cómo reaccionas? • Señalas que tú no compartes la decisión tomada y dices que no te haces responsable de los problemas que puedan derivarse por haber optado por una solución técnicamente inferior. • Señalas que una decisión de compra que sólo se basa en el precio sin considerar la calidad es una visión de corto plazo. • Dices que, si bien la opción tomada no es la mejor solución técnica, ésta también cumplirá las funciones esperadas. • Propones que, antes de tomar una decisión precipitada, se discuta este tema con más detalles, involucrando la opinión de expertos. 9. Te encuentras en la oficina del gobierno que otorga los visados de trabajo. El funcionario a cargo del proceso, que ha comenzado a atenderte, interrumpe frecuentemente su quehacer para responder llamados a su teléfono móvil, para dar instrucciones a otros funcionarios presentes o para responder preguntas de otras personas que se acercan a su escritorio. ¿Qué haces? • Decides ayudarle y le propones amistosamente que, mientras él responde el teléfono, te dé algunos formularios que debas rellenar u otra cosa que hacer para ganar tiempo. • Le dices que por favor se concentre en tu caso mientras te atiende. • Te armas de paciencia y esperas hasta que él comience a atenderte. • Mientras él habla por teléfono decides aprovechar el tiempo y lees folletos turísticos de la ciudad. 10. Luego de que te han presentado a tus nuevos compañeros, Verónica, una compañera que vivió en Alemania, te lleva a su oficina y en privado te cuenta algunas experiencias negativas que ella y otros colegas han tenido con anteriores practicantes alemanes: "muchos eran muy reservados", "no compartían nada con la gente", "se comportaban de modo muy extraño e incluso algunos olían mal". ¿Qué haces? • Respondes que tú no puedes asumir responsabilidades sobre hechos pasados y que esas generalizaciones, por legitimas que sean, no tienen por qué repetirse contigo u otros practicantes. • Respondes que tú no crees ser una persona tan reservada, ni extraña y le aseguras que por tu parte harás todo lo posible para no cometer alguna de las malas experiencias que acabas de oír. • Le agradeces a Verónica el que haya compartido estas anécdotas contigo y le preguntas si existen otras experiencias u opiniones que debas saber o que resulten útiles para tu trabajo. • Le dices que los problemas que ella te comenta seguramente no existirían si la oficina en Chile velara por un adecuado clima laboral donde fuese posible discutir sin prejuicios este tipo de comportamientos. 11. Un colega de la AHK insiste en que lo acompañes a probar los platos típicos del país. La descripción de los platos típicos, más que apetito, te provoca rechazo. ¿Qué haces? • Aceptas la invitación, señalando que es una excelente oportunidad para conocerse mejor y al mismo tiempo dices que esperas ayuda de él al momento de seleccionar los platos. • No aceptas la invitación, te disculpas diciendo que en Alemania no están acostumbrados a comer esos platos. • Aceptas la invitación y comentas que seguramente los platos son más sabrosos que la descripción que acabas de oír de ellos. • No aceptas la invitación, señalando que la descripción de los platos más que apetito te provoca rechazo. 12. El jefe de la AHK te comunica lo que él espera de ti durante tu práctica, por sus palabras tienes la impresión de, que él no ha tomado en cuenta tus estudios y capacidades y propone tareas para las que no estás preparado. ¿Cómo reaccionas? • Te disculpas y dices que no estás capacitado para realizar las tareas que él ha propuesto y sugieres que te asignen tareas de acuerdo a tus capacidades y estudios. • Dices que tú estás dispuesto a probar nuevas tareas si recibes la ayuda y apoyo de tus compañeros durante la primera fase. • No discutes la propuesta del jefe, si el trabajo no resulta bien es de su responsabilidad, pues él ha sugerido esos trabajos sin tomar en cuenta tus capacidades. • Dices que comprendes bien que él, como jefe, defina las tareas, pero que, si tú mismo pudieras elegir el puesto de trabajo, escogerías para comenzar uno para el que ya gozas de una experiencia previa. 13. Luego de terminada tu primera visita a la AHK y poco antes de irte de la oficina, un colega que acabas de conocer se ha acercado a ti para invitarte a cenar a su casa a las 20 horas. ¿Cómo reaccionas? • Agradeces la invitación diciendo que estás gratamente sorprendido por la hospitalidad local, que en Alemania lamentablemente no se tienen estas costumbres. • Aunque las 20 horas en Santiago son la una de la mañana en Alemania, dices que sí, pues crees que rechazar la primera invitación podría ser mal interpretado por tu colega. • Aunque supones que a esa hora más que hambriento estarás cansado, aceptas encantado, porque esa invitación te abre la oportunidad de conocer no sólo mejor a tu colega sino que también el día a día de una familia local. 14. Te has subido a un bus y junto a ti se ha sentado una señora mayor. La señora quiere iniciar una conversación contigo y para ello te hace un par de preguntas, por ejemplo, si tienes pareja, sobre tu familia y tu trabajo, tu casa en Alemania, etc. ¿Cómo reaccionas? • Le dices a la señora que ni la policía en un interrogatorio se permite hacer preguntas tan íntimas como las que ella hace. • Aunque el tono íntimo de las preguntas te molesta un poco, le respondes las preguntas a la señora. • Con respuestas muy vagas intentas cambiar de tema. • Te alegra que alguien señale un interés personal en ti, respondes de modo abierto y franco y también le haces preguntas similares a la señora. 15. El portero del consulado germano (de lengua materna española) insiste en hablar en alemán contigo pese a su fuerte acento y algunos fallos gramaticales. Mientras él te aclara los diversos formularios que tienes que rellenar para acceder a los servicios del consulado, tienes la impresión de que algunas expresiones que él usa parecen tener un significado distinto del que tú conoces. ¿Qué haces? • Esperas que termine de hablar y, sin hacer preguntas, intentas deducir el significado final de las palabras que él ha utilizado. • Le interrumpes amablemente, resumes lo que ha dicho y le pides que te confirme si le has interpretado bien o no. • Le interrumpes y le dices que debería estudiar más alemán antes de ponerse a hablarlo. • Le propones que para entenderse sin dificultades él hable en español y tú en alemán, así cada uno hablará sin errores y podrá practicar en la traducción. 16. Durante una comida con tus nuevos colegas, se desarrolla una conversación en la que muchos colegas sostienen opiniones sobre principios y valores completamente contrarios a tu forma de pensar. ¿Cómo reaccionas? • Sientes que callarse en ese tema podría interpretarse equivocadamente como una concesión, así que dices claramente que tienes una opinión contraria. • Te distancias de la conversación, suponiendo que, si hay personas que sostienen ese tipo de opiniones, es porque deben ser personas muy raras y los ignoras. • Sin decir que estás en contra, intervienes sólo para apoyar a quienes se encuentran más cercanos a tu línea de pensamiento. 17. Luego de comer en un restaurante con algunos de tus nuevos colegas, observas que al momento de pagar ha comenzado una pequeña competencia entre ellos por invitarte y pagar toda la cuenta. ¿Cómo reaccionas? • No estás de acuerdo en que otros paguen por ti e insistes en pagar tu parte o en darle el dinero de tu parte a quien pague la cuenta. • Agradeces con un cumplido diciendo que si los chilenos sólo fuesen la mitad de hospitalarios de lo que son, ya sería demasiado. • Propones que deben darte la oportunidad de la revancha y deben dejarte invitar a ti a un café o a un helado u otra cosa. • Propones que es más justo que cada uno pague su consumo, señalando que así se hace en Alemania. Kodifizierung der Lösungsstrategien-Aufgaben Pregunta Estrategia sozial individuell strategisch 1. Tienda de recuerdos Problemumbewertung - + - Duldung + + + Selbstentlastung - - - Konfliktentschärfung + + 2. Casa de cambios Negativer Vergleich - - - Identitätsbewahrung - + Problemumbewertung + - Instrumentelle Hilfe + + + 3. Oficina de información Konfliktentschärfung + + + Negativer Vergleich - - - Identitätsbewahrung - - - Problemumbewertung + - 4. Llegada a la ONG Duldung + + + Positiver Vergleich + + + Instrumentelle Hilfe + + + Identitätsbewahrung - - - 5. Error en la ONG Selbsentlastung - + + Negativer Vergleich - + + Problemumbewertung + + Instrumentelle Hilfe + + + 6. Claudia no está en casa Duldung + - - Konfrontation - + + Konfliktentschärfung + + - Problemumbewertung + - - 7. Oficina de extranjería Identitätsbewahrung - - - Beziehungsaufbau + + + Konfrontation - - - Konfliktentschärfung + + + 8. Permiso de trabajo Beziehungsaufbau + + + Konfrontation - + + Duldung - - Problemumbewertung + - 9. Verónica y la critica a los alemanes Selbsentlastung - - + Positiver Vergleich + + + Instrumentelle Hilfe + + + Negativer Vergleich - - - 10. Platos típicos Beziehungsaufbau + + + Identitätsbewahrung - - + Positiver Vergleich + + - Konfrontation - - + 11. Representar a la ONG Konfrontation + + Instrumentelle Hilfe + + + Selbstentlastung - - Konfliktentschärfung + + 12. Pasar por la casa Positiver Vergleich + + + Duldung + + - Problemumbewertung + + - 13. En el bus se sienta una señora Negativer Vergleich - - + Duldung + + - Konfliktentschärfung + + - Beziehungsaufbau + + + 14. El portero del consulado Duldung + - Instrumentelle Hilfe + + + Negativer Vergleich - - - Beziehungsaufbau + + + 15. Al momento de pagar Konfrontation - - - Positiver Vergleich + + + Beziehungsaufbau + + + Identitätsbewahrung - + - 16. Opinión contraria Konfrontation + + Selbstentlastung - - - Konfliktentschärfung + + + 17. En el viaje en taxi Selbstentlastung - - - Positiver Vergleich + + - Negativer Vergleich - - - Beziehungsaufbau + + + Erklärung Hiermit versichere ich 1. dass mir die geltende Promotionsordnung bekannt ist, 2. dass ich die Dissertation selbst angefertigt und alle von mir benutzten Hilfsmittel und Quellen in meiner Arbeit angegeben habe, 3. dass mich Herr Prof. Dr. Jürgen Bolten und Frau Junior-Prof. Dr. Stefanie Rathje bei der Auswahl und Auswertung des Materials unterstützt haben sowie Herr Roman Lietz bei der Übersetzung und Frau Bettina Meißner, Frau Yeliz Yildrim, Frau Katharina Kriegel, Frau Susann Juch, Frau Dr. Swetlana Philipp und Herr Holger Kirschner bei der Korrektur des Manuskripts, 4. dass die Hilfe eines Promotionsberaters nicht in Anspruch genommen wurde und dass Dritte weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten haben, die in Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen. 5. dass ich die Dissertation noch nicht als Prüfungsarbeit für eine staatliche oder andere wissenschaftliche Prüfung eingereicht habe, 6. dass ich die gleiche, eine in wesentlichen Teilen ähnliche oder eine andere Abhandlung bei keiner anderen Hochschule als Dissertation eingereicht habe. Jena, den 27. August 2007 Jorge Alejandro Peña Sebald