21 Auswertungskategorie: Ressourcenzugang

▼ 663 (fortgesetzt)

Ausdruck einer verstärkten Ressourcenorientierung ist nicht nur, wie in Kap.18.4 gesehen, Ausdruck von Wertschätzung gegenüber Schülern, Eltern und Kollegen. Es ist auch eine Haltung gegenüber sich selber als Pädagoge, nämlich darauf zu achten, in einer ressourcevollen Haltung zu bleiben, sich angemessen um sich selber zu kümmern, für sich (wie ein reifer, wohlwollender Erwachsener) zu sorgen. Offensichtlich fiel es den Mitforschern auch am Ende der Seminarreihe immer noch schwer, eine Ressourcenorientierung auf sich als Pädagoge zu verbalisieren. Eine Haltung der selbstreflexiven, also auf sich selber als Pädagoge angewandten Ressourcenorientierung, wird in ausdrücklicher Form kaum (allerdings dennoch) angesprochen:

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- Ich denke schon, dass ich viele Qualitäten habe, das ist mir dadurch auch bewusst geworden durch das Seminar, die noch mal auch zu unterscheiden, das gehört jetzt wohin? Was wende ich wann wo an? (C 39).

Gelingt es plausibel nachzuweisen, dass die Mitforscher über einen schnelleren oder bewussteren Zugriff auf ihre eigenen Ressourcen berichten, über eine Kenntnis von und Konzentration auf die eigenen Stärken? Haben sie einen direkteren Kontakt zu sich selber und mehr Sensibilität für von außen kommende Impulse und für die Wahrnehmung von inneren Resonanzen entwickelt? Wirkt sich dies, falls vorhanden, auf außerschulische Erfahrungen und Beziehungen aus - und, wenn ja, wie? Gerade die Ressourcenhaltung gegenüber sich selbst spielte in der Informationsveranstaltung zur Seminarreihe eine – für manche Teilnehmer wichtige oder gar entscheidende – Rolle:

- Was mich direkt am Anfang beeindruckt hat, das hat mit der ersten Veranstaltung, mit der Vorstellungsveranstaltung zu tun. Und da hast du den Satz gesagt: Wenn es am Ende einer Stunde jemandem im Klassenraum besser geht als mir, ist was falsch gelaufen. Das war der Satz, der mich veranlasst hat, hierhin zu gehen. Nicht, weil ich mir dadurch gewisse Inhalte versprochen habe, sondern weil ich das mit der Persönlichkeit des Seminarleiters verbunden habe. (L 4).

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Auch benennt eine Mitforscherin sehr klar den hypnosystemischen Aspekt der Verbindung von Ressourcenorientierung mit eigener Aufmerksamkeitsfokussierung:

- Du kannst es positiv sehen, du kannst das Negative sehen und kannst nachher immer noch für dich auswerten oder mit Hilfe von anderen auswerten, wie gehst du weiter vor. Bleibst du eben in diesem Unguten drinnen oder gehst du woanders hin. (C 19)

In den beiden folgenden Unterkapiteln soll untersucht werden, ob bzw. inwieweit die Teilnehmer davon berichten, dass sie eine erhöhte Aufmerksamkeit für das eigene Wohlergehen in schulischen Kontexten feststellen können (Kap.21.1), und, ob sie Momente von Selbstvalidierung zeigen (Kap.21.2). Beide Punkte können als Ausdruck einer gestärkte Ressourcenhaltung und eines unmittelbareren Ressourcenzugangs angesehen werden.

21.1 Achtsamkeit für eigenes Wohlergehen

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Ein verstärktes Achten auf das eigene Wohlergehen kann gerade für engagierte Pädagogen sehr wichtig sein. Dieses Kapitel zum eigenen Ressourcenzugang bzw. –zugriff steht inhaltlich nahe bei Fragen von Distanzierungs- und Abgrenzungsfähigkeit (Kap.20), wie schon bei den ersten Zitaten deutlich wird.

Achtsamkeit für eigenes Wohlergehen beinhaltet die Fähigkeit,

auf sich selber zu achten:

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- HF: Das heißt, der Umgang mit sich selber ist auch ein Stück anders geworden. - K: Der ist völlig anders. Also viel überlegter. [...] Deutlich freundlicher [K lacht], sehr deutlich. [...] Das ist für mich ein ganz wichtiger Baustein. [...] Dass es nicht nötig ist, also dass man schon seine Arbeit machen muss, das ist der eine Aspekt, ja? Und der andere Aspekt ist aber, dass man auch das Recht hat, man darf es, nach sich zu gucken, zu gucken, wie geht es. (HF-K 49, K 49, 53, 54)

- Ja, und dass die [Schüler] gerne in die Schule gehen. Das nehme ich ernst. Das will ich auch, das will ich für mich und für die Kinder auch. Und mir soll es gut gehen, das hatten wir ja am Anfang auch gehabt. Mir soll es gut gehen in der Schule im Unterricht. (C 73)

- [...] ein Stück Egoismus, der mir eigentlich ansonsten immer fremd ist, aber den habe ich mir zugelegt, weil es mir an der Schule besser gehen soll. Damit ich einfach auch meinen Job halbwegs vernünftig hinkriegen kann. (G 77)

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- Ich bin in mehreren Schulhäusern, sogar in zwei Kindergärten, ja? Ich arbeite daran, dass ich Dinge schnell sehe, ja?, und dass ich einfach bevor es mir schlecht geht, und schlecht wird, [lacht] dass ich vorher das rechtzeitig merke und einfach dann auch handeln kann, und nicht mehr so überrascht werde von dem Tralala der anderen, sage ich mal, oder von den Systemen, wie die sind. (K 97)

- Man will ja ein Ziel erreichen und darf sich seine Kunden nicht vergraulen, aber natürlich ist es manchmal wichtig, ganz klare Worte zu finden, und da kann ich eigentlich an dem Eingangssatz anknüpfen, den du gesagt hast, ja? Wenn es jemandem besser geht als mir, dann ist was falsch gelaufen. Das klingt sehr provokativ, habe den auch gleich in die Schule reingetragen bei uns dann. (L 25)

- Es geht mir momentan in der Schule so gut wie in den letzten acht Jahren nicht. (G 21)

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- [...was] durch die Fortbildung zu diesem Punkt gravierend sich eingeschlichen hat, ist: Trenne schärfer zu Hause, was Schule ist und was Privatleben ist, und [...] ich muss mehr dafür sorgen, wirklich ganz groß..., also ich meine, ich tue auch viele private Dinge, aber es ist so, diese Gefahr, wenn man seinen Beruf eigentlich liebt und wenn man ihn gern macht und wenn es nicht jetzt einfach nur Geldverdienen ist, dass man es wirklich einfach übertreibt - und das, das ist mir in dem Jahr klarer geworden. (B 99)

- Es hat sich, es hat sich verstärkt. Also ich denke jetzt vermehrt auch darüber nach, Schule nimmt einen großen Raum in meinem Leben ein, und ich denke, ich muss es ein bisschen kürzen. Also ich will daran arbeiten z. B., dass ich auch für mein eigenes Wohlergehen sorge mit einer größeren Freizeit von Schule weg, einfach dass ich von Schule einen größeren Abstand gewinnen kann. Ich hab den Abstand Freitags Nachmittags bis Samstags Abends, aber sagen wir mal bis Sonntag Morgen, und dann ist es schon wieder da und da muss ich mehr Grenzen ziehen. – HF: Das ist ein Prozess, wo Sie im Moment dran sind. - B: Ja. (B 89-90)

- Ich habe jetzt, für mich zumindest, schon mal eine Sache wieder aufgegriffen, die ich schon mal gemacht hatte, die ich auch hier schon aufgeschrieben habe, dass ich dazu selber dazu beitragen kann. Ich habe mir [als Förderpädagogin] wieder eine Beratungsstunde geschaffen. (A 43)

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- Ich bin jetzt dabei, vielleicht wieder aus einer Arbeitsgruppe rauszugehen, die sehr anstrengend ist für mich. [...] Das nimmt mir sehr viel Zeit weg. Ich finde es zwar wichtig, aber das sind total viele Konferenzen, die manchmal wenig bringen, weil nur die Hälfte der Kollegen kommt, das ist freiwillig. Und das Ganze ist [...] wenig effektiv [...,] und ich weiß noch nicht, was ich da mache. Also, ich bin hin und her gerissen, ob ich es mal zum Thema mache oder aber ob ich mich abmelde. [...] Ich glaube, es hängt ein bisschen mit der Fortbildung zusammen. Mir wäre [von allein], glaube ich, nicht der Gedanke gekommen, mich eventuell abzumelden. [J lacht] - HF: Ja, und was hat diesen Gedanken wachsen lassen? - J: Ja, dass ich einfach, wenn ich mich unwohl fühle, dass ich nicht alles aushalten muss. (J 78,79,81, HF-J 82, J 82)

- Es gibt manche Menschen, die sind, die taktieren halt einfach so und da komme ich nicht mit. Und das nimmt so viel Energie, um rauszufinden: Was will denn der überhaupt? Und da, also da habe ich mittlerweile gelernt: Okay, will ich nicht. Also das ist mir zu anstrengend. Das ist auch hier so mein Zeitmanagement. [...] Wenn die wirklich was wollen, dann kommen sie noch mal auf mich zu. Das hat auch was mit Zeit- und Energiearbeit zu tun. (E 36)

mit eigenen Ressourcen angemessen und notfalls schonend umzugehen (s.auch Kap.20):

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- Also auch da habe ich dazu gelernt, so nach dem Motto: Man steckt die Energie da rein, wo man wirklich was machen kann, was ändern kann, was bewirken kann, und lässt sie nach Möglichkeit da weg, wo sowieso nichts geht. (K 74)

- Wenn ich an die Koordination denke, die so eine Sache wirklich ist, die manchmal belastet, da bin ich aber jetzt dabei, das auch zu ändern. Es entlastet, auch wenn man es dann einfach sagt. Ich will nicht mehr hinhören, was, wie ist das Gefühl, [...] was wollen die anderen, sondern wirklich auch einfach mal sagen: Ich möchte jetzt das und das. Und machen wir das oder? (B 74)

sich zu schützen

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- Ich denke, wenn jemand mit mir spricht, denke ich zu oft, da hab ich das Gefühl, das Verständnis oder sich [...] in den anderen hinein zu versetzen, das geht zu weit. Also ich, das, das ist auch ein Punkt, wo ich mich manchmal schützen muss. Muss nicht jeden verstehen. (B 75)

- HF: Was würden Sie auf die Frage, wie sie sich um ihr eigenes Wohlergehen in der Schule kümmern, antworten? Und da sagten Sie: ‚Ich grenze mich von manchen Diskussionen ab.’ [...] Hat sich das bestätigt in der Fortbildung oder ist das schwächer geworden? [...] - A: Das hat sich auch bestätigt. [...] Das ist einfach die beste Art, mich zu schützen. Wenn ich mich in jede Diskussion, die läuft, mit einmischen würde oder mit beteiligen würde, dann hätte ich gar keine Verschnaufpause mehr, glaube ich. Und manche Diskussionen halte ich auch nicht für wert, geführt zu werden. Und dann fällt es mir auch sehr leicht, mich nicht einzumischen. (HF-A 53, A 53,54)

- [spricht über innerschulische Konfliktlagen: ] Und ich glaube, ich hab auch gelernt in dieser Zeit, vielleicht an einigen Stellen schon zu entscheiden: Das ist jetzt zu hoch für mich, ich entzieh mich dem einfach. Es ist auch etwas, was ich versuchen muss, also wirklich sagen: Es ist jetzt nicht mein Ding. Versuch ich ganz klar, das will ich nicht mehr. (B 17)

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eigene Grenzen zu kennen und zu akzeptieren:

- Ich glaube, das Wohlergehen hat sich ein Stück gesteigert, nicht so sehr in äußeren Bedingungen. Aber dahingehend, dass ich es besser ertrage. Ja, oder aber, mich von manchen Dingen besser abgrenze. (J 111)

- Ich kann besser umgehen, kann besser stehen lassen und sage immer wieder ganz bewusst: Okay, das kann ich jetzt nicht ändern, das muss ich jetzt so hinnehmen. Punkt. Und damit geht es mir persönlich einfach besser. (K 77)

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- Aber, ich kann, denk ich, mit anders umgehen jetzt, wenn ich merke, wo die Einschränkungen eben sind. [...] ich versuche z. B. auch diesen Satz wirklich zu vermeiden: Man kann doch nichts machen, und: Immer dasselbe. Ich finde, in diesem Beruf muss man schon auch Ziele haben, die ein Stückchen über das Normale, die drüber schweben. Aber man muss auch kritisch wissen: Ich kann es nicht erreichen. Aber wenn ich den Level zu weit unten ansetze, dann wird es vielleicht auch langweilig und weniger gut. (B 51)

- HF: Wobei dieser Gedanke: Ich kann sie nicht ändern... - B: Ist ja okay eigentlich, ne? - HF: Hör ich jetzt irgendwie, das ist doch entlastend. Damals, vor dem Jahr, war das aber noch nicht so´n entlastender Gedanke, sondern eher so ein ärgerlicher oder sich ärgernder oder was war das vor einem Jahr? - B: Ein verletzender. So, so, ja, doch, so, Unfähigkeit auch. Und jetzt denk ich eher so: Es ist so. Lässt sich nicht ändern. (HF-B/ B 79)

- Bedeutet natürlich auch, dass die Distanz dann wieder größer wird zur X-Person und Y-Person und, das ist halt einfach so. Also ich kann keinen dazu zwingen, jetzt in dem Moment zu sehen, wie ich das sehe. Vielleicht kommt es irgendwann. - HF: Ja. Das heißt, da ist auch so ein Stück Akzeptanz gewachsen? - E: Genau. - HF: .Mehr Klarheit dafür, was kann ich verändern? - E: Genau. Richtig. Also das ist klarer geworden. Ja. (E 41-43)

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- Und dann mache ich viele Dinge selbst, weil ich es nicht aushalte, und weil ich auch denke, die Klasse leidet darunter oder sonst was. Ja? Und darauf hat sich das sehr bezogen. - HF: Wie geht es Ihnen damit jetzt? - J: Ich mache jetzt manches einfach, ohne mich aufzuregen. (J 84-85)

Rahmen, die man momentan oder ohne vergleichsweise (sehr/zu) hohen Aufwand nicht verändern kann, anz u nehmen:

- Jetzt bist Du nun mal in der Siebten, wenn Du jetzt wieder mit Widerständen reingehst, wird das wieder total Scheiße. Also siehste zu, dass du was Positives aufbaust, finde dich damit ab. Und da habe ich halt auch viel gelesen in den Sommerferien, habe das Lesebuch durchgearbeitet. - HF: Das ist eine Akzeptanz von was? - C: Von den Gegebenheiten, vom Rahmen... - HF: Was Sie nicht ändern können? - C: Ja, genau. (C 89-91)

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- Und ich weiß heute, damit bin ich noch nicht ganz fertig und auch nicht ganz zufrieden, dass ich mich ein Stück weit mit diesem System arrangieren muss. Das geht in bestimmten Dingen auch, dass ich sag: Okay, wenn da etwas ist, was zwar falsch ist, mir aber bei meinem Ziel nutzt, dann kann ich es auch ein Stück weit nutzen, dann muss ich mich auch ein Stück weit drauf einlassen. (G 15) Also man geht mit diesen chaotischen Strukturen um, während ich früher sicherlich ein Stück weit auch immer versucht hätte, diese chaotischen Strukturen aufzudecken. (G 62)

- E: Ein Blick für das Machbare. - HF: Wobei das Machbare mitbestimmt ist durch das, wie die Gruppe sich verhält? - E: Genau. Genau. (E 77-78)

- [teilweise bleibt auch eine Ambivalenz: ] Es gibt Dinge, die ich nicht ändern kann, über die rege ich mich nicht mehr so sehr auf. Die sind auch nicht so wichtig. Aber es gibt Dinge, über die rege ich mich nach wie vor auf: Über die Gesprächskultur im Kollegium rege ich mich nach wie vor auf, auch wenn sich die nicht ändern wird. [...] Aber das habe ich vorher auch schon gesehen. Vielleicht kann ich besser jetzt benennen, was da passiert. (A 57, 58)

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Die vergleichsweise umfangreiche Nennung von Punkten zum Thema der Achtsamkeit für das eigene Wohlergehen durch fast alle Mitforscher lässt vermuten, dass hier ein zentraler Lernmoment der Fortbildungsreihe zu sehen ist. Deutlich wird auch, dass, auf sich selber zu achten und freundlich mit sich selber umzugehen, viel mit Akzeptanz, also mit Akkomodationsprozessen, zu tun hat.

21.2 Selbstvalidierung

Die Achtsamkeit für das eigene Wohlergehen kann zu offener Selbstkonfrontation in Gegenwart wichtiger Anderer führen, die in Kap. 9.6.3 als Selbstvalidierung bezeichnet worden ist. Damit ist eine selbst- und kontextachtsame, angemessene Selbstbehauptung (und keine blinde Selbstdurchsetzung) gemeint. Erforderlich hierfür ist zunächst Selbstklärung, bevor in Prozessen der Selbstvalidierung das eigene Profil für andere sichtbar wird bzw. werden kann. Gelebte Selbstvalidierung ist Ergebnis eines Entwicklungsprozesses und einer inneren Haltung; sie kann nicht durch bestimmte Methoden (allein) umgesetzt werden. Insofern können auch die hier vorliegenden Stellungnahmen als Ausdruck innerer Haltungen (ähnlich wie im Kapitel über Beziehungsgestaltung) verstanden werden.

Voraussetzung für selbstvalidierendes Verhalten ist (wiederholte) Selbstklärung. In Kap. 19.1 sind zahlreiche Belegstellen zu Selbstklärung als Methode angegeben. In diesem Kapitel ist damit mehr eine Haltung gemeint:

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- Und das ist in vielen Sachen hier, ob das jetzt ressourcenorientiert ist zu arbeiten oder vorbereiten von Gespräch oder jetzt dies: Was will ich überhaupt in der Schule? Wo gibt es da eine Möglichkeit? Wo kann ich da ansetzen? Was brauche ich? Wer kann mir helfen? Also diese Fragen sind auf jeden Fall mehr da als vorher. (E 121)

- Und das sind eigentlich die Sachen, die ich hier aufgeschrieben habe, die mir kolossal auf den Keks gehen: Diese blöden Schreibtischarbeiten [E lacht] Wo ich mir gesagt habe: Was bewirke ich denn? Mit diesen Schreibtischarbeiten. Überhaupt nichts. Also Umgang mit schwierigen Schülern, Eltern, Kollegen – Super! Will ich auch. Ich meine, ich bin Lehrerin, möchte auch Lehrerin sein, und das gehört dazu. [...] Aber: Schreibtischarbeit, Protokolle, Briefe an Eltern, Statistiken, Berichte, Konzeptionen: Aaaaaaaaah! [...]ich will eine Arbeit machen, die ich selber bestimme. Ich will aber keine Arbeit machen, wo ich merke: Die will ich gar nicht. (E 46-47) [diese Einsicht führte zur Entscheidung, aus der Schulleitungs(teil)funktion wieder auszusteigen, vgl.Kap.22.2.3]

Selbstvalidierung bedeutet, sich sichtbar zu machen, sein eigenes Profil zu zeigen. Auf S.536 in Kap. 18.6 wurden bereits einige entsprechende Belegstellen aufgeführt. Auch können einige der Äußerungen aus den Kap.20.2 und 21.1 problemlos auch als Ausdrücke von Selbstvalidierung gelesen werden. Es können weitere Belege, in denen es insb. um eine selbstvalidierende Haltung geht, genannt werden:

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- Da gibt es, ja, da gibt es eine Sache dazu, dass ich gelernt habe, Leute oder Menschen, die mich nicht wertschätzen oder meine Arbeit nicht wertschätzen, zu lassen. Denen muss ich nicht hinterherlaufen. (C 140)

- Das ist für mich auch ein neuer Aspekt, [...] dass ich da auch eine Klarheit gewonnen habe und auch ganz bewusst nicht zurück will. Natürlich gucke ich, wo ich kompromissbereit sein kann und muss. Darum geht es mir nicht. Das war noch nie mein Problem, ja? Aber ich rudere nicht zurück. Ja? Ich gucke nach rechts und links, gibt es einen anderen Weg dahin, aber ich will nicht zurückgehen. (K 84)

- [...] wo ich mich auch in dem Moment wohl gefühlt hab, also wo ich nicht das Gefühl habe, wie kommt das jetzt an bei Anderen, sondern wo ich für mich eigentlich auch ziemlich schnell klar war, dass ich jetzt sage: Ist okay, [...] das steht im Raum - und da kann man nicht rütteln dran, sondern da - und merke, dass das Andern manchmal gar nicht so bewusst ist, sondern dann auch bewusst wird. Und so in dem Jahr gab es schon immer mal Fälle, wo ich auch reagiert hab im Gespräch mit Kollegen, und gesagt hab auch manchmal [...] hinterher, das hab ich jetzt gesagt, das hab ich irgendwie, das, den Mut hatte ich durch den Lehrgang. (B 110)

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- Das ist mir schon wichtig, eigene Werte vorzuleben, [...] wenn es um Konflikte oder sonst irgendwelche Themen ging, mit den Kindern zu sprechen, und dann habe ich schon meine Sicht der Dinge gesagt und versucht rüber zu bringen und mit den Kindern darüber gesprochen. (A 31) [vgl.a. das Thema ‚Vorbild’ auf S.532 in Kap.18.5]

- HF: Sie haben geschrieben bei viertens: Inwieweit könnte man sagen, dass ich für Stresserzeugung selber beitrage? Vor einem Jahr: ‚Ich möchte immer noch von den anderen verstanden werden.’ Da scheint mir jetzt, das hat abgenommen? - K: Ja. [...] Das ist sicher auch ein Resultat der Fortbildung, dass ich, also mein Bedürfnis nimmt ab, dass mich die anderen verstehen. [...] das sehe ich, das mache ich, es ist richtig. Punkt. Ob die das verstehen oder nicht. Das ist ihre Geschichte. (HF-K 86/ K 86-88)

- Ich hab inzwischen mehr Mut und hab das auch schon mehrere Male geäußert, dass wir so Dinge nicht schaffen können. Wenn wir nicht andere Möglichkeiten auch, andere Hilfsmittel bekommen, also sprich: mehr Personal, mehr Kollegen. Auch Fachpersonal, das uns einfach zur Seite steht. (B 61)

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- Und dann sagt einer zu mir: Haben sie eben geweint? Sag ich: Nee. Aber ich habe einen Knoten im Hals. Und das war so, da hatten wir beide uns ausgesprochen. (F 52, F 54)

- Also ich sage auch meine Meinung und [...] ganz klar also: Ich glaube, dass hier und hier Probleme sind, ich merke Unsicherheit bei Ihrem Kind in den und den Situationen und ich würde einfach mal als Mutter mich noch mal beraten lassen. Oder bei Schülern sage ich ganz klar: Hier, da musst du auf dich aufpassen und da müsst ihr zuhause das abklären. Also das gehört nicht in Schule rein. [...] Und dann sind mir manche Eltern [...] dankbar, wenn ich Tacheles rede, indem ich dann auch ganz klar sage: Ich glaube nicht, dass ihr Kind Probleme hat, ich glaube, Sie haben Probleme. Also das sage ich dann und: Sie müssen auf sich aufpassen. (E 5-E6)

Ein guter Ressourcenzugang und Selbstvalidierung können mit eigener Freude verbunden sein

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- HF: Wie kümmern Sie sich um Ihr eigenes Wohlergehen? - E: Ja, indem ich das mache, was ich gerne mache. (HF-E/ E 106)

- HF: [Sie haben geschrieben: ] ‚Ich achte darauf, mit den Schülern auch solche Dinge zu unternehmen, die mir sehr viel Freude bereiten.’ [...] Hat sich das bestätigt durch die Fortbildung, oder was hat sich verändert? – B: Auch, das ist so ein Satz. Das steht ja da viel stärker da. (B 92-93)

- Und diese halbe Stunde, die ich da [in unserem Trainingsraum] in aller Ruhe mich mit einem Schüler unterhalten kann, die empfinde ich für mich als sehr wohltuend. [...] Das ist einfach mein Ding, sage ich so. Und ein halbstündiges Gespräch mit einem Schüler im Trainingsraum sorgt dafür, dass mir diese Schüler im Schulalltag freudestrahlend begegnen (G 44)

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Anhand der Belegstellen wird deutlich, dass bei etlichen Mitforschern und Seminarteilnehmern die gestiegene Haltung der Achtsamkeit für das eigene Wohlergehen sich – in Analogie zu Kap.20.2 (aktive Grenzsetzung) – auch im Ausdruck nach außen manifestiert. Im Unterschied zum gerade genannten Kapitel 20.2 besitzt Selbstvalidierung weniger die (ansatzweise) bedrohliche Qualität eines Sich-Wehrens, von Grenzwahrung, sondern eher die Qualität eines Ausdrucks von Selbstwertgefühl. Es finden sich dementsprechend, wie teilweise schon in den vorherigen Kapiteln, weitere erste Belege positiver Bewertung des systemischen Ansatzes und des Seminars - hier die Verbindung von Ressourcenzugang und Selbstvalidierung mit Aspekten von Freude am Beruf.


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09.06.2008