Nach der strukturierten (S3-Leitlinie, ATLS®) akuten Versorgung von Polytraumatisierten an den TraumaZentren verbleiben postakut übersehene Verletzungen („Missed Injuries“) mit in der Literatur beschriebenen Inzidenzen zwischen 1,3% und 39%. Mit Hilfe des Tertiary Surveys sollten diese reduziert werden. Allerdings zeigen sich weiterhin hohe Zahlen an Missed Injuries. Mit dieser prospektiven, monozentrischen, klinischen Diagnosestudie sollte geklärt werden, ob durch die standardisierte Anwendung der 3-Phasen-Ganzkörper-Skelettszintigraphie bei schwerverletzten Patienten im Vergleich zu dem etablierten Standard-Verfahren der Polytraumadiagnostik die Zahl der Missed Injuries reduziert werden kann. 26 Patienten ≥ 18 Jahre (Median 53,5 Jahre, 4 weiblich, 22 männlich) mit ISS ≥ 9 und < 16 (Mehrfachverletzt) sowie ISS ≥ 16 und < 75 (Polytrauma) wurden im Rahmen der Schockraumdiagnostik, des Tertiary Survey und im Median 7 Tage nach Trauma mittels Skelettszintigraphie untersucht und im Rahmen eines abschließenden Konsens bzgl. knöcherner Verletzungen beurteilt. Die Auswertung der einzelnen Verfahren gegen den Konsens erfolgte bzgl. des gesamten Körpers und 5 Körperregionen. Die Skelettszintigraphie war dem etablierten Verfahren (Sensitivität 98,8% vs. 75,4%) deutlich überlegen. Von 60 zusätzlich gefundene knöcherne Verletzungen verblieben 25 ohne therapeutische Konsequenz. 29 wurden konservativ ohne, 5 mit zusätzlicher Ruhigstellung behandelt. 1 unnötige Ruhigstellung konnte beendet werden, es war keine operative Versorgung nötig. Die 3-Phasen-Ganzkörper-Skelettszintigraphie ist ein risikoarmes, hoch sensitives Instrument zur Reduzierung von Missed Injuries. Eine großzügigere Indikation zur Skelettszintigraphie sollte bei zunehmendem Schweregrad der Verletzungen sowie bei bewusstseinsgetrübten oder gelähmten Personen gestellt werden, um Folgeschäden durch übersehene Verletzungen sowie gutachterliche Unklarheiten zu vermeiden.