- Thema: In der Knieendoprothetik spielt das Bewegungsausmaß des operierten Gelenks eine wichtige Rolle. Als Qualitätskriterium wird eine Flexion von mindestens 90° zum Entlassungszeitpunkt angesetzt und als prädiktiver Wert für das Outcome ein Jahr nach Operation unterstellt. Derzeit etablieren sich allerdings neue Behandlungskonzepte mit verkürzter Liegedauer nach OP, bei denen dieses Ziel nicht erreicht wird. Die Qualität dieser Vorgehen soll in der vorliegenden Arbeit genauer unter die Lupe genommen werden.
- Methodik: Es wurden die Daten von insgesamt 182 Patienten bzw. Gelenken retrospektiv ausgewertet. Outcomes wurden präoperativ, zur Entlassung, nach 6 Wochen und nach einem Jahr postoperativ erfasst. Zur Beantwortung der Fragestellung wurde das Bewegungsausmaß (ROM) des Kniegelenks ermittelt sowie KSS, SF-36, WOMAC, EQ-5D und VAS zur Beurteilung von Funktion und Lebensqualität erhoben. Es wurden 2 Gruppen abhängig vom Erreichen des 90°-Ziels zur Entlassung erstellt und nach 6 Wochen sowie ein Jahr nach Operation miteinander verglichen.
- Ergebnisse: Die Flexion des Kniegelenks zwischen den beiden Gruppen war zum Entlassungszeitpunkt (E) mit 91° gegenüber 70° signifikant unterschiedlich (p< 0,001). Nach 6 Wochen näherten sich die Flexionswerte auf 112° ± 13° (E > 90°) vs. 106° ± 14° (E < 90°) an (p= 0,001). Ein Jahr postoperativ konnte bei einer Flexion von durchschnittlich 122° ± 10° (E > 90°) vs. 120° ± 10° (E < 90°) weder ein Unterschied bezüglich der ROM (p= 0,57) noch bezüglich der Funktion oder Lebensqualität in sämtlichen erhobenen Scores zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden.
- Schlussfolgerung: Nach den Ergebnissen dieser Arbeit ist das 90°-Kriterium kein adäquater Indikator für die mittelfristige Ergebnisqualität nach Knietotalendoprothese. Auch eine verkürzte Liegezeit nach TKA erzeugt weder nach 6 Wochen noch zur Jahreskontrolle einen signifikanten Nachteil bezüglich der untersuchten Zielgrößen in Funktionalität und Lebensqualität.