Der Klerus und die Doppelzüngigkeit : Überlegungen zur kirchenkritischen persona Walthers von der Vogelweide

Aufbauend auf Überlegungen zur persona auctoris hinter dem ‚Walther-Ich‘ Walthers von der Vogelweide, die sich aus unterschiedlichen personae heraus konstruiert, möchte dieser Beitrag eine Facette dieser verschiedenen Subjektivitätsaspekte herausstellen und näher betrachten. Der Fokus liegt auf einem Sprecher-Ich, das in einer bestimmten Art und Weise Kritik gegen den Klerus äußert, die theologische Expertise vermuten lässt. Dieses rhetorisch geschulte, kritische ‚Ich‘ rekontextualisiert biblische Textbezüge und damit auch theologisch aufgeladene Motive. Es macht sich Traditionswissen des Klerus zu eigen, um ihn an einem seiner Fundamente – dem lehramtlichen Verkündigungsauftrag – anzugreifen. In diesem Beitrag werden zwei Sprüche Walthers miteinander verglichen, um das Profil einer kirchenkritischen und zugleich theologisch versierten persona in Walthers Sangspruch zu umreißen. Dabei wird zugleich eine kirchenkritische Lesart eines bisher als gnomisch gedeuteten Spruchs sinnfällig.

Based on the thesis about the ‚Walther-Ich‘ as a persona auctoris with multiple personae this paper wants to highlight one of these personae and therefore focuses on the lyrical self that expresses criticism against the curia using theological expertise. This rhetorically skilled lyrical self recontextualises biblical verses and theological motifs. In a wider sense it uses clerical wisdom as the foundation of ecclesiastical magisterium and turns it against an errant clergy. The paper uses a comparison of two verses to outline a profile of a critical and theologically skilled persona. Therein, this paper wants to elaborate and expand the Walther research by suggesting to interpret a supposedly gnomic verse as church criticism.

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