Die Rolle des Arbeitsdirektors mitbestimmter Gesellschaften zur Herausbildung unternehmerischer Humankapitalressourcen

Die Innovationsfähigkeit ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit in globalisierten Märkten aufrechterhalten zu können. Einen besonderen Stellenwert für die Entstehung unternehmensbezogener Innovationen, insbesondere für Prozess- und Produktinnovationen, weist das Management der Unternehmensmitglieder auf. Das Personalmanagement ermöglicht es, die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an die sich verändernden Rahmenbedingungen der Märkte zu unterstützen und dabei die Entwicklung kundenbezogener Innovationen zu stärken. Die Forschungsliteratur konnte hierfür aufzeigen, dass das Personalmanagement signifikante Einflüsse auf die Innovationsleistung besitzt. Folglich stellt das Management der Unternehmensmitglieder einen bedeutenden Faktor der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens dar. Eine Vielzahl der global agierenden Unternehmen verfügt über eine Position auf der Managementebene, die für das Personalmanagement verantwortlich ist. Im Kontext deutscher Gesellschaften wird diese Verantwortung vor allem dem Arbeitsdirektor zugesprochen. Jedoch hat die bestehende Forschung nur in ersten Ansätzen die Rolle dieses Mitglieds der Geschäftsleitung bzw. des Vertretungsorgans der Gesellschaft beleuchtet, obwohl es das weltweite Personalmanagement verantwortet und somit die Innovationsentstehung beeinflussen könnte. Auf dieser Grundlage wird untersucht, ob individuelle Eigenschaften des Arbeitsdirektors einen Einfluss auf die Innovationsfähigkeit des Unternehmens ausüben und inwieweit seine Eigenschaften diese Fähigkeit fördern oder mindern. Die spezifische Konzeption der vorliegenden Untersuchung erweitert damit die vorhandene Managementliteratur um die Relevanz individueller Eigenschaften des Arbeitsdirektors für die Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Für die theoretische Konzeptualisierung werden die Ansätze der Humankapitalressourcen und dynamischen Managerfähigkeiten herangezogen. Das Personalmanagement unterstützt die Herausbildung unternehmerischer Humankapitalressourcen als wertvolle Größe der Innovationsentstehung. Die dynamischen Managerfähigkeiten formen die Ausgestaltung des Personalmanagements durch die Identifikation von Chancen und Bedrohungen, die Ergreifung von Chancen sowie die Zusammenstellung der erforderlichen Ressourcen. Die Forschungsliteratur trägt dem managerbezogenen Humankapital und Sozialkapital einen wesentlichen Einfluss auf die Ausprägung der dynamischen Managerfähigkeiten zu. Für die hier betrachteten Arbeitsdirektoren ist zu erwarten, dass die Unterschiede in ihrem Humankapital und Sozialkapital heterogene Managerfähigkeiten sowie differenzierte Einflüsse auf die Innovationsfähigkeit ihrer Unternehmen hervorrufen. Um die Bedeutung der dynamischen Managerfähigkeiten zu konkretisieren, werden die wesentlichen Indikatoren – der Bildungsabschluss, die Branchenerfahrung, das interne und das externe Sozialkapital – aus der Managementliteratur herausgearbeitet und auf die Position des Arbeitsdirektors bezogen. Die Verwendung der Innovationsfähigkeit als maßgebende Zielvariable ist hierbei zweckmäßig, weil sich in ihr die Wirkung des Personalmanagements, die Managerfähigkeiten des Arbeitsdirektors und die Wettbewerbsfähigkeit widerspiegeln. Infolgedessen wird angenommen, dass der Bildungsabschluss des Arbeitsdirektors einen positiven Einfluss auf die Innovationsfähigkeit aufweist. Dagegen lassen seine Branchenerfahrung, sein internes sowie sein externes Sozialkapital einen umgekehrt u-förmigen Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit vermuten. Die empirische Untersuchung umfasst sämtliche börsennotierte und mitbestimmte Gesellschaften nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 zum Stichtag des 31.12.2014. Die Besonderheiten dieser Mitbestimmungsform sind die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats und die Bestellung des Arbeitsdirektors als gleichberechtigtes Mitglied in das Vertretungsorgan des Unternehmens. Für die Untersuchung werden über einen 10-Jahres-Zeitraum, von 2005 bis 2014, insgesamt 93 Unternehmen mit 709 Beobachtungszeitpunkten erfasst, welche die gestellten Anforderungen erfüllen. Die empirische Auswertung offenbart, unter Berücksichtigung von weiteren managementbezogenen und unternehmensbezogenen Effekten, signifikante Einflüsse des Bildungsabschlusses, der Branchenerfahrung und des externen Sozialkapitals des Arbeitsdirektors auf die Innovationsfähigkeit. Im Detail können die Hypothesen über das Humankapital des Arbeitsdirektors bestätigt werden. Während für das interne Sozialkapital kein signifikanter Effekt nachweisbar ist, ergibt sich für das externe Sozialkapital ein der aufgestellten Hypothese konträrer Einflussverlauf. In Bezug auf das interne Sozialkapital ist anzunehmen, dass die Heterogenität der Beziehungen und die Eigenschaften der weiteren Mitglieder im Vertretungsorgan wichtige Kriterien für den Zusammenhang darstellen könnten. Der abweichende Befund für das externe Sozialkapital lässt sich unter anderem auf die Bedeutung der heterogenen Größe, Dauer und Strategie der externen Beziehungen zurückführen, die in Folgestudien vertiefend zu betrachten sind. Mit der Untersuchung individueller Eigenschaften des Arbeitsdirektors für die Innovationsfähigkeit verweist die vorliegende Schrift auf ein Forschungsfeld, dem bisher noch eher wenig Beachtung geschenkt worden ist. Dabei unterstreichen die empirischen Ergebnisse die Relevanz des Arbeitsdirektors für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Diese Erkenntnisse distanzieren sich von der kollektiven Betrachtung des Managements und motivieren, den Einfluss individueller Managerfähigkeiten zukünftig näher zu betrachten. Aus der praxisorientierten Perspektive liefern die Ergebnisse wichtige Anhaltspunkte über die zukünftige Bestellung von Arbeitsdirektoren in das Vertretungsorgan des Unternehmens und dabei zu erwägende Auswahlkriterien.

Vorschau

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten