Dreidimensionale Erfassung neuronaler Netzwerkaktivität im unreifen visuellen Kortex der Maus mit Hilfe der Zweiphotonenfluoreszenzmikroskopie

Eine weithin akzeptierte Hypothese der Neurobiologie besagt, dass die spontane Aktivität neuronaler Netzwerke während der Gehirnentwicklung von wesentlicher Bedeutung für die physiologische Ausreifung des Kortex ist. Es besteht daher ein großes Interesse, frühe Formen spontaner Netzwerkaktivität raumzeitlich hochaufgelöst zu charakterisieren. In der vorliegenden Arbeit diente der intakte visuelle Kortex der Maus dabei als Versuchsmodell zur Erfassung der neonatalen Netzwerkaktivität in Form von raumzeitlich koordinierten somatischen Kalziumtransienten mittels eines selbst zusammengebauten Zweiphotonenmikroskops in Kombination mit einer zelltypspezifischen Expression genetisch kodierter Fluoreszenzindikatoren. Fluoreszenzmikroskopische Messungen neuronaler Netzwerkaktivität in drei Raumdimensionen sind nur unter Bildung eines Kompromisses aus räumlicher und zeitlicher Auflösung möglich. Eine Realisierungsmöglichkeit besteht in der Verwendung spiralförmiger Raumtrajektorien. Da dieses Verfahren über eine zu geringe räumliche Auflösung für einen Bildaufbau zur direkten Bestimmung von abgetasteten Raumpositionen verfügt, muss eine Validierung der Positionierung durchgeführt werden. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst ein Verfahren entwickelt, um die laterale und die axiale Positioniergenauigkeit zu validieren. Die Anwendung des Verfahrens auf hardwareoptimierte Scantrajektorien hat ergeben, dass die für die einzelzelluläre Registrierung neuronaler Netzwerkaktivität benötigte Positioniergenauigkeit erreicht werden kann. Wie bildbasierte Epifluoreszenzmessungen gezeigt haben, besteht die neonatale Netzwerkaktivität im Wesentlichen aus niederfrequent auftretenden, räumlich ausgedehnten Clustern. Die Messungen belegen ferner, dass die Generierung dieser Clusteraktivität durch den Neurotransmitter γ-Aminobuttersäure (GABA) sowohl räumlich als auch zeitlich inhibiert wird. Dieser hemmende Effekt auf die Netzwerkaktivität geht einher mit einer depolarisierenden GABA-Wirkung auf einzelzellulärer Ebene, welche für spannungsabhängige Kalzium- und Natriumkanäle größtenteils unterschwellig ist. Um diese Netzwerkaktivität weiter raumzeitlich zu charakterisieren, wurden dreidimensionale zweiphotonengestützte Messungen mittels optimierter positionsvalidierter Scantrajektorien durchgeführt. Diese Messungen ergaben, dass kortikale Cluster lateral begrenzt sind, während ihre axiale Ausdehnung typischerweise die gesamte obere kortikale Platte umfasst. Einzelzelluläre Ableitungen glutamaterger Neurone belegten zudem, dass die Cluster ein hohes Maß an Koaktivierung benachbarter Zellen aufweisen. Die vorliegende Arbeit dokumentiert eine für zweiphotonenmikroskopische Einzelzellableitungen hinreichend genaue Positionierung optimierter Scantrajektorien, deren Anwendung neue Erkenntnisse zur raumzeitlichen Struktur der Netzwerkaktivität im unreifen Kortex lieferte.

A widely accepted hypothesis in neurobiology states that spontaneous activity of developing neuronal networks plays an important role for the physiological maturation of cortical circuits. Hence there is a high interest to characterize early types of spontaneous network activity at high spatial and temporal resolution. In the present study, the intact mouse visual cortex served as a model system for measuring neonatal network activity in the form of spatiotemporal coordinated somatic calcium transients using a custom-built two-photon fluorescence microscope in combination with cell type-specific expression of genetically encoded fluorescent indicators. Optical measurements of neuronal activity in three-dimensional space require a compromise between spatial and temporal resolution. One potentially suitable method relies on the use of spiral-shaped scan trajectories. Because the spatial resolution of the latter approach is too low for image formation and consequently inappropriate for assigning positions in three-dimensional space, a validation of positioning accuracy is required. In this work, a method was developed that enables validating the lateral and axial positioning accuracy of a two-photon microscope. Applying this technique to hardware-optimized scan trajectories showed that positioning accuracies are sufficient for recording neuronal network activity at single-cell resolution. Epifluorescence measurements revealed that neonatal network activity is mainly composed of spatially extended clusters occurring at low frequencies. Furthermore, these measurements demonstrated that the generation of cluster events is spatiotemporally inhibited by the neurotransmitter γ-aminobutyric acid (GABA). This inhibitory effect is accompanied by a depolarizing effect of GABA at the cellular level which is largely sub-threshold for the activation of voltage-gated calcium and sodium channels. For a further characterization of cluster events, three-dimensional two-photon microscopy using optimized and validated scan trajectories was applied. Our data provided evidence for a distinct spatial confinement of cortical clusters in the horizontal plane. Additionally, cluster events were found to typically involve the entire depth of the upper cortical plate. Single-cellular recordings from glutamatergic neurons showed a high degree of co-activation of neighboring cells within single cluster events. The present study demonstrated a sufficiently high positioning accuracy of optimized scan trajectories and revealed new insights into the spatiotemporal structure of neuronal network activity in the developing neocortex.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten