Interaktion zwischen der intravitrealen Injektion bei feuchter altersabhängiger Makuladegeneration und dem Blutdruck

Die AMD ist die häufigste Erblindungsursache in den Industrieländern, wobei der Großteil durch die feuchte AMD verursacht wird. Die feuchte AMD zeigt wie die trockene am Augenhintergrund Drusen, Pigmentveränderungen, Atrophien des RPE und die nur für sie charakteristischen CNVen, die den „feuchten“ Charakter durch Exsudationen bedingen. Die Entstehung der AMD ist multifaktoriell, nur teilweise bekannt und setzt sich zusammen aus Genetik -, Alters - und Umweltfaktoren, deren Zusammenspiel zu einer Abnahme der RPE – Funktion, Drusenbildung und bei feuchter AMD zu daraus folgender Ischämie mit VEGF – Freisetzung führt. Der VEGF spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der CNV und stellt den bisher wirksamsten Ansatzpunkt zur Eindämmung der CNV und Stabilisierung des Visus dar. Dabei werden die VEGF – Inhibitoren Ranibizumab oder Pegaptanib intravitreal injiziert und unterbinden durch Blockade des VEGF dessen Signaltransduktion. Ob eine aus den Zulassungsstudien bekannte Nebenwirkung der Inhibitoren, der Blutdruckanstieg nach Injektion, auch bei einer nicht durch Studienkriterien selektierten, sondern alltäglichen Patientenpopulation auftritt, sollte mittels einer nach Injektion angelegten und bis zur Nachkontrolle am nächsten Tag dauernden ambulanten automatischen Blutdruckmessung im Abstand von 15 Minuten tagsüber und 30 Minuten nachts ermittelt werden. Als zusätzlicher Vergleich diente eine vor dem jeweiligen Eingriff durchgeführte Einzelmessung. Die 159 teilnehmenden Patienten wurden in drei Gruppen zu je 53 Personen eingeteilt: Die Kontrollgruppe Katarakt - OP als vergleichbarer ambulanter Eingriff und die beiden Interventionsgruppen eines jeden Inhibitors. Bereits die vor Intervention erhobenen Blutdruckwerte lagen, vor allem die systolischen, überwiegend im hypertensiven Bereich. Nach Auswertung der Blutdruckprofile nach Intervention ergaben sich fünf Blutdruckgruppen (unzureichend behandelte Hypertonie, gut eingestellte Hypertonie, keine Hypertonie, Streßreaktion, bisher unbekannte Hypertonie), wobei die erste Blutdruckgruppe in allen drei Untersuchungsgruppen dominierte. Eine Anova der systolischen und diastolischen Mittelwerte am Tag und in der Nacht ergab keine signifikanten Unterschiede. In der Anova der Standardabweichungen der genannten Mittelwerte fanden sich signifikante Unterschiede zwischen den systolischen (p < 0,001) und diastolischen (p = 0,044) Tages - und systolischen (p = 0,031) Nachtwerten. Die zur Lokalisierung der Unterschiede durchgeführten T – Tests der Standardabweichungen der Mittelwerte ergaben zwischen Ranibizumab und Pegaptanib signifikante Unterschiede der systolischen (p = 0,011) und diastolischen (p = 0,019) Tages - und systolischen (p = 0,035) Nachtwerte; zwischen Ranibizumab und Katarakt – OP keine signifikanten Unterschiede und zwischen Pegaptanib und Katarakt – OP signifikante Unterschiede der systolischen Tages - (p = > 0,001) und Nachtwerte (p = 0,027). In der binären logistischen Regression auf Basis der Katarakt – OP erwies sich das Alter unabhängig von den Untersuchungen bereits als signifikanter Risikofaktor der Hypertonie (p = 0,008; odds ratio 1,076, 95% - Konfidenzintervall [1,019 ; 1,137]), wobei weder ein signifikanter Effekt von Ranibizumab (p = 0,320; odds ratio 0,654 [0,283 ; 1,512]) noch von Pegaptanib (p = 0,321; odds ratio 0,653 [0,281 ; 1,515]) auf den Blutdruck nachweisbar war. Ob Streß von einer der Interventionen abhängt oder einen relevanten Blutdruckeffekt erzeugt, wurde sowohl durch einen Chi – Quadrattest (p= 0,870) als auch durch eine binäre logistische Regression auf Basis der Katarakt – OP untersucht (Alter p = 0,376, odds ratio 1,032 [0,963 ; 1,105]; Ranibizumab p = 0,377, odds ratio 0,570 [0,163 ; 1,986]; Pegaptanib p = 0,374, odds ratio 0,568 [0,163 ; 1979]). Streß war in allen drei Gruppen gleich verteilt und trat unabhängig vom Medikament oder der Behandlungsmethode auf. Sowohl vor als auch nach der Intervention dominierte eine schlecht kontrollierte Hypertonie, die sich als die im Alter vorherrschende isolierte systolische Hypertonie erwies. Das Ausmaß der schlechten Kontrolle entsprach anderen vergleichbaren Studien und es fanden sich Hinweise auf ärztliche Inertia, mangelnde Compliance und AMD – bedingte visuelle Verluste als mögliche Ursachen. Die schlechte Hypertoniekontrolle, eingenommene Antihypertensiva und Einschränkungen bei den Zulassungsstudien lassen aber keinen eindeutigen Ausschluß bzw. Nachweis der systemischen Wirkung der VEGF– Inhibitoren zu, so daß weitere Studien diesbezüglich nötig sind. Die Gefährdung des Restvisus und damit das Unterlaufen der teuren VEGF- Therapie durch die negativen Auswirkungen der schlechten Hypertoniekontrolle muß interdisziplinär verhindert werden. Ebenso wird die weitere Erforschung der AMD durch die mit dem Visusverlust einhergehende Verminderung der Lebensqualität, den Verlust der Selbstständigkeit mit Betreuungsnotwendigkeit und eine damit zunehmende finanzielle Belastung des Sozialsystems aufgrund der demografischen Alterung nötig. Angesichts der schlechten Hypertoniekontrolle können negative Folgen einer Blutdruckerhöhung aufgrund des perioperativen Streßes durch eine gute Aufklärung, Erklärungen und die Möglichkeit zu Fragen vermindert werden.

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