Der Technologie- und Wissenstransfer aus Universitäten und nichtuniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen in die Privatwirtschaft hat in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Im Besonderen wird der Grundlagenforschung in Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung und den technischen Fortschritt eine tragende Rolle beigemessen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Grundlagenforschung einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum leistet, Arbeitsplätze schafft und die Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften stärkt (Mansfield, 1991; 1995; 1998; Tijssen, 2002; Dalton and Guei, 2003; Bilbao-Osorio and Rodriguez-Pose, 2004; Toole, 2012). Aus politischer Sicht jedoch werden orschungsleistungen nicht konsequent und schnell genug in die Praxis umgesetzt. Um den Technologie- und Wissenstransfer aus öffentlichen Forschungseinrichtungen zu vereinfachen und die wirtschaftliche Nutzung von wissenschaftlichen Erfindungen zu fördern, wurde in den USA das sogenannte Bayh-Dole Gesetz im Jahre 1980 eingeführt. Seit der Einführung dieses Gesetzes werden Forschungseinrichtungen das Eigentum und das Recht zur Verwertung öffentlich finanzierter Forschungsarbeiten zugesprochen. Somit ist es den Forschungsinstituten vorbehalten, Entdeckungen zu patentieren und diese durch Lizenzvergaben zu vermarkten. Zahlreiche europäische Länder wie Dänemark und Deutschland folgten dem Beispiel der USA und haben vergleichbare Änderungen vorgenommen, um die Vorteile von Grundlagenforschung zu nutzen. Die vorliegende Arbeit, die sich aus vier eigenständigen Studien zusammensetzt, beschäftigt sich mit der Lizenzierung und Kommerzialisierung von Erfindungen aus öffentlichen Forschungseinrichtungen. Für die empirischen Analysen werden detaillierte Datensätze der Max-Planck-Gesellschaft sowie ein Laborexperiment zurate gezogen. Insbesondere können mithilfe der Daten der Max-Planck- Gesellschaft neue Einblicke und Erkenntnisse in den bislang noch wenig erforschten Bereich der Kommerzialisierung innerhalb Europas gewonnen werden. In Kapitel 2 wird der Einfluss von Gruppenzugehörigkeit auf die Entscheidungen von Individuen mithilfe eines Laborexperiments untersucht. Diese Studie macht sich die Theorie der Gruppenidentität zunutze. Diese ist definiert durch den Grad, mit der sich eine Person einer Gruppe zugehörig fühlt. In den letzten Jahren wurde dieses psychologische Konzept von der Ökonomik aufgegriffen, um dessen Einfluss auf die Diskriminierung und Informationsasymmetrie zu untersuchen (Akerlof and Kranton, 2000; 2005). Zusätzlich erforscht der Bereich der experimentellen Ökonomik den Einfluss von Gruppenidentität auf individuelle ökonomische Entscheidungen von Individuen unter kontrollierten Laborbedingungen (Ahmed, 2007; Heap and Zizzo, 2009). Der Vorteil von Laborexperimenten ist, dass Gruppenzugehörigkeit unter kontrollierten Bedingungen induziert werden kann und Unterschiede gemessen werden können. Ziel der vorliegenden Studie in Kapitel 2 ist es herauszufinden, wie Forderungen, Angebote und Ansichten in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen in einem Drei-Personen Verhandlungsspiel beeinflusst werden. Dabei wird argumentiert, dass Gruppenidentität in Märkten mit geringer Teilnehmerzahl, in denen Beziehungen und gemeinsame Erfahrungen einen besonderen Stellenwert einnehmen, eine größere Rolle spielt als in Märkten mit einer Vielzahl von Beteiligten (vgl. Li et al., 2011). Dies trifft vor allem auf Lizenzierungsmärkte zu, die durch eine begrenzte Anzahl von Marktteilnehmern charakterisiert sind (Jensen and Thursby, 2001). Um ein gemeinsames Gruppengefühl zu induzieren, wird im ersten Teil des Laborexperiments ein Koordinationsspiel gespielt (vgl. Bauernschuster et al., 2009). Im darauffolgenden wird ein Drei-Personen Verhandlungsspiel mit unterschiedlichen Gruppenkonstellationen durchgeführt, wobei jeder Spieler zweimal als Käufer und einmal als Verkäufer agiert. Die deskriptive und empirische Analyse zeigt, dass Käufer, die gemeinsame Erfahrungen mit dem Verkäufer im Koordinationsspiel gesammelt haben, signifikant mehr bieten als Käufer in der Kontrollgruppe ohne vorherige gemeinsame Erfahrung. Dieses Ergebnis wird interpretiert als Eigengruppenbevorzugung. Allerdings wird diese Eigengruppenbevorzugung durch den Verkäufer nicht erwidert. Dieses Ergebnis lässt die Vermutung zu, dass Eigengruppenbevorzugung von der Marktstärke beziehungsweise der Marktposition abhängt. Zusätzlich findet die Studie kein Indiz dafür, dass Verkäufer bei unterschiedlichen Gruppenzugehörigkeiten diskriminieren. In Kapitel 3 wird der Einfluss der geografischen Distanz zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer auf den kommerziellen Erfolg von lizenzierten Erfindungen untersucht. Die Kommerzialisierung von lizenzierten Erfindungen aus öffentlichen Forschungseinrichtungen ist ein nicht-trivialer Prozess, der mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten einhergeht. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass offengelegte Erfindungen sich überwiegend in einer sehr frühen Entwicklungsphase befinden und deren kommerzielles Potenzial zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar ist (Jensen and Thursby, 2001; Thursby and Thursby, 2004). Zusätzlich wird die Kommerzialisierung durch die hohe Komplexität der Erfindungen und die dafür notwendigen absorptiven Fähigkeiten, um das externe Wissen vollständig zu erfassen, erschwert (Cohen and Levinthal, 1989; 1990). Des Weiteren werden nicht alle relevanten Bestandteile des Wissens offengelegt und bleiben damit personenbezogen, was die Weiterentwicklung und Kommerzialisierung verkompliziert (Agrawal, 2006). Um Zugang zum taciden Wissen zu erhalten und eine erfolgreiche Kommerzialisierung voranzutreiben, ist die Partizipation der Erfinder während der Entwicklungsphase von entscheidender Bedeutung (Jensen and Thursby, 2001; Agrawal, 2006). Dabei sind Wissenschaftler jedoch nicht gewillt große geografische Entfernungen zurückzulegen. Zum einen steigen mit der geografischen Distanz die finanziellen Aufwendungen und zum anderen haben Wissenschaftler höhere Opportunitätskosten für die Zeit, die sie eher in Grundlagenforschung als in angewandte Forschung investieren (von Hippel, 1994; Stephan, 1996). Um den Einfluss von geografischer Distanz auf die Kommerzialisierung zu untersuchen, werden Daten von der Max-Planck- Gesellschaft für die empirische Analyse herangezogen. Im Speziellen werden detaillierte Informationen von offengelegten und lizenzierten Erfindungen verwendet. Für die empirische Untersuchung wird eine Teilmenge von Lizenzverträgen genutzt, die Lizenzgebühren als Indikator für den kommerziellen Erfolg enthalten. Somit können zwei Maße für den kommerziellen Erfolg generiert werden, die zum einen die Wahrscheinlichkeit und zum anderen die Höhe des Erfolgs abbilden. Zudem können mithilfe der Standorte von Lizenzgeber und Lizenznehmer präzise Entfernungen zwischen beiden berechnet werden. Die Ergebnisse der empirischen Analysen zeigen, dass geografische Distanz keinen systematischen Einfluss auf den kommerziellen Erfolg hat. Ein negativer Zusammenhang zwischen geografischer Distanz und kommerziellen Erfolg ist nur für ausländische Spin-offs sowie für ausländische Lizenznehmer von mehrfachlizenzierten Erfindungen beobachtbar. Diese Ergebnisse implizieren, dass lokaler Technologietransfer aus gesellschaftlicher Sicht kontraproduktiv sein kann (vgl. Belenzon and Schankerman, 2009). Ausgangspunkt für die Studie in Kapitel 4 ist die Tatsache, dass die Geschwindigkeit, mit der Erfindungen vermarktet werden, seit den 90er Jahren an strategischer Bedeutung gewonnen hat (Kessler and Chakrabarti, 1996). Gründe hierfür sind das sich schnell ändernde wirtschaftliche Umfeld, der rapide technologische Fortschritt sowie der zunehmende Wettbewerbsdruck (Nadler and Tushman, 1999; Markman et al., 2005). Empirische Studien zeigen, dass eine schnellere Entwicklung und Vermarktung einen positiven Einfluss auf die Produktionskosten und den Erfolg von Produkten hat (Carbonell and Rodriguez, 2006; Langerak et al., 2010). Allerdings fokussiert sich die Mehrzahl der Studien auf unternehmensinterne Produktentwicklungen und vernachlässigt den Aspekt des Technologietransfers aus öffentlichen Forschungseinrichtungen. Aus diesem Grund wird in Kapitel 4 untersucht, inwieweit die Geschwindigkeit, mit der offengelegte Erfindungen lizenziert werden, den Kommerzialisierungserfolg beeinflusst. Zusätzlich wird der Einfluss von erfindungsspezifischen Faktoren auf die Transfergeschwindigkeit analysiert. Dabei wird für die Geschwindigkeit die Zeit, die zwischen der Offenlegung und Lizenzierung vergangen ist, für die empirischen Analysen herangezogen. Wie im vorangegangenen Kapitel (Kapitel 3) werden auch für diese Studie die Datensätze der Max-Planck-Gesellschaft zurate gezogen. Die Resultate der empirischen Analyse zeigen, dass Erfindungen aus der biomedizinischen Sektion, kooperative Erfindungen zwischen Industrie und Wissenschaft sowie die Beteiligung von Direktoren während des Erfindungsprozesses einen positiven Einfluss auf die Lizenzierungsgeschwindigkeit haben. Weitere Analysen zeigen, dass die benötigte Lizenzierungszeit keinen signifikanten Einfluss auf den kommerziellen Erfolg hat. Betrachtet man jedoch den Effekt der Lizenzierungszeit für Erfindungen, die nach 1989 offengelegt worden sind, zeigt sich ein signifikant negativer Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit und die Höhe des kommerziellen Erfolgs. Dieses Ergebnis bleibt robust, wenn für erfindungsspezifische Unterschiede mithilfe einer Teilstichprobe für mehrfach lizenzierte Erfindungen kontrolliert wird. Dieses Ergebnis bestätigt bisherige Studien über die Notwendigkeit eines effektiveren Technologietransfers. Kapitel 5 dieser Arbeit widmet sich der Fragestellung, ob Aktivitäten von Institutsdirektoren sowie der kommerzielle Erfolg das Kommerzialisierungsverhalten in öffentlichen Forschungseinrichtungen beeinflusst. Zahlreiche Studien belegen am Beispiel von privaten Unternehmen, dass das Verhalten der Führungskräfte von Angestellten adaptiert wird und die Unternehmenskultur beeinflusst (Kogut and Zander, 1996; Beckman and Burton, 2008; Levy et al. 2011). Während eine Vielzahl von Studien private Unternehmen zum Hauptgegenstand von Untersuchungen machen, finden öffentliche Forschungseinrichtungen dagegen kaum Berücksichtigung. Ziel dieser Studie ist es herauszufinden, inwieweit Determinanten wie kommerzieller Erfolg und die Beteiligung von Direktoren in Erfindungsprozessen nachfolgende Offenlegungen in öffentlichen Forschungseinrichtungen beeinflussen. Für diese Fragestellung werden die Datensätze der Max-Planck-Gesellschaft verwendet und so umstrukturiert, dass Informationen über die Offenlegungen, Direktorenmitwirkungen sowie die Zahlungseingänge von lizenzierten Erfindungen pro Jahr und Institut vorliegen. Die Ergebnisse der empirischen Analyse bestätigen, dass Direktorenbeteiligungen und Lizenzeinnahmen die zukünftigen Offenlegungen positiv beeinflussen. Jedoch ist dieser Effekt kurzfristig und verschwindet für größere Zeitverzögerungen. Damit kann gezeigt werden, dass existierende Organisationstheorien für öffentliche Forschungseinrichtungen nur bedingt Anwendung finden und damit angepasst werden müssen.