Die Bildung von Amyloidfibrillen ist eine intrinsische Eigenschaft von Polypeptidketten. Das Auftreten von Amyloidfibrillen ist mit einer Reihe schwerwiegender Krankheiten verbunden, wie beispielsweise der Alzheimer-Krankheit oder Diabetes mellitus Typ 2. Die klinische Diagnose von Amyloidosen und die Entwicklung von therapeutischen Strategien beruhen auf der Grundlage der Erkennung von Amyloidfibrillen oder der Inhibition der Bildung von Amyloidfibrillen durch spezifische Moleküle. Für die Entwicklung und Anwendung von Immunotherapien spielen insbesondere Antikörper eine wichtige Rolle. Allerdings sind die molekularen Grundlagen der spezifischen Erkennung von Amyloidfibrillen durch Antikörper bislang kaum untersucht. Die vorliegende Arbeit trägt zur Klärung dieser Frage am Beispiel der kameliden Antikörperdomäne B10 bei. B10 unterscheidet Amyloidfibrillen des Alzheimer Aβ-Peptides von löslichen Aβ-Oligomeren und disaggregiertem Aβ-Peptid. Die konformationelle Spezifität von B10 beruht auf elektrostatischen Wechselwirkungen und lässt sich nicht durch strukturelle Charakteristika erklären, die in globulär gefalteten oder intrinsisch ungefalteten Polypeptidketten auftreten. B10 interagiert neben Aβ-Fibrillen mit einer ganzen Reihe weiterer Amyloidfibrillen, sowie den polyanionischen Biopolymeren Heparin und DNS. Zusätzlich weist B10 enge funktionelle Gemeinsamkeiten zu natürlichen Mustererkennungsrezeptoren auf. Diese Zusammenhänge führen zur Formulierung einer Hypothese, die die Bindung von B10 und möglicherweise von anderen konformationssensitiven Antikörpern an Amyloidfibrillen erklärt. Demzufolge erkennt B10 Amyloidfibrillen aufgrund eines hoch geordneten und regelmäßigen anionischen Musters auf der Oberfläche. Dieses Muster findet sich bei vielen, aber nicht bei allen Amyloidfibrillen und reflektiert die zugrunde liegende regelmäßige und hoch geordnete Struktur dieser Biopolymere. Die Antigenspezifität von B10 beruht also auf einem Mustererkennungs-Mechanismus.