Hirnvolumetrische Veränderungen des Lobus temporalis und des Gyrus temporalis superior bei schizophrenen Patienten im Kindes- und Jugendalter im Vergleich zu Risikoprobanden und Kontrollen

Im Zuge der Entwicklung nichtinvasiver Methoden zur Erfassung struktureller Deviationen und deren Einzug in die Schizophrenie-forschung, konnten zahlreiche MRT-Studien bei schizophrenen Patienten eine Vielzahl struktureller Abweichungen identifizieren. Nachdem sich volumetrische Untersuchungen zunächst vorwiegend auf schizophrene Erwachsene beschränkten, rückt mit der Entwicklung der modernen Bildgebung seit Mitte der 90-er Jahre auch die Schizophrenie des Kindes- und Jugendalters stärker in den Blickpunkt des Interesses. Mit ihr lässt sich die Schizophrenie aus der entwicklungsgeschichtlichen Perspektive betrachten. Zudem verlangt die ungünstige Prognose einer Manifestation im Kindes- und Jugendalter einen verstärkten Handlungsbedarf. Die Identifikation von Risikofaktoren und –markern ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Die vorliegende Studie beschäftigte sich daher mit der Frage, ob zerebrale strukturelle Alterationen im Kindes- und Jugendalter anzutreffen sind, inwiefern die Ergebnisse mit der Studienlage erwachsener Schizophrener übereinstimmen und inwieweit diese Veränderungen auch bei Verwandten schizophrener Patienten zu finden sind. Zudem wurden Beziehungen zwischen Volumina und klinischen sowie demographischen Variablen betrachtet. Als strukturelles Korrelat dienten der Temporallappen (TL) und der Gyrus temporalis superior (GTS). Begründen doch deren Funktionen und Fehlfunktionen mit Halluzinationen, inhaltliche Denkstörungen und Wortfindungsstörungen das pathophysio-logische Fundament der schizophrenen Hauptsymptomatik. Dazu wurden 12 als schizophren klassifizierte Patienten (Durchschnittsalter 17,8±2,1 Jahre), 25 Risikoprobanden (Durchschnittsalter 16,4±2,0 Jahre) sowie 26 Kontrollpersonen (Durchschnittsalter 16,7±1,9 Jahre) rekrutiert und mittels cMRT untersucht. Die sich anschließende Volumetrie und Auswertung erfolgte verblindet für Identität und Diagnose. Im Ergebnis konnten Hinweise auf einen genetischen Beitrag an der Pathogenese der Schizophrenie erbracht werden, indem Verwandte schizophrener Patienten ähnliche Volumen-veränderungen aufwiesen wie die Erkrankten selbst. In diesem Zusammenhang kann der GTS rechts als endophänotypischer Risikomarker für eine mögliche Risikoabschätzung zur Entwicklung einer Schizophrenie vorgeschlagen werden. Die dargestellten Volumenalterationen bei den untersuchten schizophrenen Kindern und Jugendlichen widersprachen dem Bild von temporalen Volumenabweichungen im Sinne einer Reduktion, wie dies bei erwachsenen Schizophrenen gezeigt werden konnte. Die in dieser Untersuchung demonstrierte Volumenvergrößerung des TL und tendenziell des GTS wird deshalb, unterstützt durch Befunde anderer Studien zu Childhood-onset schizophrenia (COS), als typische Volumenalteration für die Schizophrenie des Kindes-und Jugendalters im Sinne eines vorübergehenden Ausschlusses temporaler Strukturen von Reduktionsprozessen vorgeschlagen.

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