Subjekt und Eigenaktivität im Handeln : Aspekte einer Theorie der subjektiven Handlungsstrukturierung bei der Synchronisation von Ereignissen

In sportwissenschaftlichen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass nicht bewusste antizipative Prozesse, auf deren Grundlage die Sportler handeln, schon vor Beginn der Bewegungsausführung vom Sportler subjektiv strukturiert werden. In diesem Vorgang findet ein Austausch von wahrgenommenen Aspekten der eigenen Bewegung und Aspekten der Umwelt statt, der sich im Erleben der Sportler wiederum auf die Bewegungsausführung auswirkt. Dieser Gedanke wird in der vorliegenden Arbeit mit den Tappingexperimenten der Synchronisationsforschung in Zusammenhang gebracht. Bei der Synchronisation von zwei Ereignissen entsteht das Phänomen der negativen Asynchronie, wie die Differenz zwischen dem Click eines Metronoms und dem Tap einer Versuchsperson genannt wird. Dieses Phänomen stellt eine bisher noch nicht geschlossene Lücke in der Kenntnis der Wahrnehmungsvorgänge innerhalb des Handelns dar. Die Forschungsfrage in dieser Arbeit verfolgt den Aspekt, dass sich die eigene Handlungsausführung auf die wahrgenommene Welt innerhalb des phänomenalen Erlebens der handelnden Person handlungsleitend auswirkt. In Synchronisationsexperimenten (Kapitel 1) wird die zeitliche Steuerung von Handlungen analysiert. Erklärungsansätze zum Phänomen der negativen Asynchronie beziehen sich auf Modellannahmen der Neurophysiologie und der Kognitionsforschung. Damit geht einher, dass Bezüge zur Subjektivität in Handlungs- und Wahrnehmungsvorgängen aus den forschungsleitenden Fragen herausgenommen werden. Die Ebene des Erlebens während der Handlungsausführung wird in dieser Arbeit als ein leitendes Kriterium in Wahrnehmungs- und Handlungsvorgängen verstanden. In Kapitel 2 liegt der Fokus auf sportwissenschaftlichen Konzepten. Unter dem intentionsorientierten Ansatz subsumieren sich der handlungstheoretische, der phänomenologische und der gestalttheoretische Ansatz. In den sportpädagogischen Lehr-Lerntheorien, in denen sie Anwendung finden, interessiert die Entwicklung einer subjektiven Handlungsstruktur auf der Basis des phänomenalen Erlebens während der Bewegungsausführung, die sich innerhalb des Lernvorgangs ausbildet. In Bezug auf diese Konzepte wird ein subjektorientierter Zugang zum Phänomen der negativen Asynchronie entwickelt. In Kapitel 3 und Kapitel 4 wird über die Differenzierung von Wahrnehmungsinhalten im Handlungsvorgang Aufschluss geben. U.a. wird mit dem Reafferenzprinzip, auf Unvereinbarkeiten zwischen physikalischer und psychologischer Welt hingewiesen. Anzunehmen ist, dass der subjektive Eindruck der eigenen Bewegung, der sich mit der Bewegungsausführung einstellt u.a. über die Bewegung beeinflusst wird und letztlich darüber wiederum die Bewegung zu beeinflussen ist. Kapitel 5 diskutiert auf der Basis der lehr-lerntheoretischen Konzepte des phänomenorientierten Ansatzes der Sportpädagogik, die Möglichkeiten der Einflussnahme der metaphorischen Instruktion auf die Bewegungsausführung. Bezüge zu philosophischen Theorien, die sich mit dem Aspekt des Bewusstseins innerhalb des phänomenalen Erlebens beschäftigen, verdichten die Annahme der subjektiv beeinflussbaren Handlungsvorbereitung. Aus dieser Kenntnis heraus wird ein Experimentaldesign entwickelt (Kapitel 6), das den Fokus auf Prozesse innerhalb des Subjekts und nicht auf das Resultat legt. Angenommen wird, dass die Differenz zwischen Click und Tap eine notwendige Lücke darstellt und innerhalb der Grenzen der negativen Asynchronie, die den Vpn im übrigen während des Handelns nicht bewusst ist, der Zeitraum zu finden ist, indem sich das phänomenale Erleben der Vp und die dazugehörigen handlungsvorbereitenden Prozesse entwickeln Diese Annahmen werden in der Untersuchung mit zwei Hypothesen überprüft. In einem Fazit (Kapitel 7) wird geschlussfolgert, dass in Anlehnung an die philosophische Anthropologie und gegenwärtige Theorien der Bewusstseinsphilosophie die Differenz auf Mechanismen beruht, die innerhalb des Subjekts liegen. Die erzielten Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die Vpn den Metronomclick zwar als Umweltinput für ihr Handeln nutzen, ihn jedoch auf einer subjektiven Handlungsebene verarbeiten. Was innerhalb des Handelns als gleichzeitig erkannt wird, zeigt sich außerhalb des Handelns als ungleichzeitig. Aus einem auf das Subjekt gerichteten Blick ist anzunehmen, dass die subjektive Wahrnehmung innerhalb der Bewegungsausführung eine andere Gewichtung erfährt. Die Ergebnisse zeigen, dass wir auf der Basis der Interpretation unserer eigenen Wahrnehmung handeln.

Tests in sport science have demonstrated that non-conscious anticipative processes, which are the basis for the action of the athletes before the beginning of action execution, are structured subjectively by these athletes. In this process, an exchange between perceptual aspects of their own movement and aspects of the environment takes place, which influences the experience of the athletes as well as the movement execution. In this dissertation, this thought will be connected to the tapping experiments in synchronization research. During synchronization of two events the so called phenomenon of negative asynchrony arises, the difference between a click of a metronome and a tap of a test person. This phenomenon describes a gap in the knowledge of perception processes during action. The aim of this approach is based on the assumption, that action execution of the acting person directs the action itself by influencing the perceived world during phenomenal experience. Synchronization experiments are used to analyse the temporal control of action (Chapter 1). The theories which explain the phenomenon of negative asynchrony refer to models of neurophysiology and cognition research, which neglect subjectivity of perception and action. However, in this approach the level of experience during action execution is understood as a criterion within action and perception. In chapter 2, the focus lies on sport scientific concepts. This intentionality oriented approach contains action theory, phenomenology and gestalt theory. In sport pedagogical theories of teaching and learning, where they were used, the focus is on the development of a subjective action structure on the basis of phenomenal experience during movement execution, which develops during the learning process. The reflection on these concepts prepares a subjectively oriented explanation of the phenomenon of negative asynchrony. Chapter 3 and 4 differentiate between different kinds of perceptual content during action execution. E. g. the “Reafferenzprinzip” is used to show incompatibilities between the physical and the psychological world. The assumption is that the subjective impression of one’s own movement, which arises from the action execution, can be influenced by the action and therefore the action is affected by action execution. Chapter 5 discusses possibilities of influencing action execution by metaphorical instruction using concepts of learning and teaching of the phenomenon oriented approach of sport pedagogy. Philosophical theories, which deal with the aspect of consciousness in phenomenal experience, strengthen the assumption of subjectively influenced action preparation. Thus an experimental design is developed, focussing on the subjective conditions of the person and not on the results (chapter 6). The difference between click and tap is supposed to be a necessary gap, which is non-conscious to the acting person. Within the limits of negative asynchrony a time space is to be found which encompasses the phenomenal experience and activities preparatory to the action. These assumptions are proved in an experiment testing two hypotheses. Using theories of anthropological philosophy and present theories of the philosophy of consciousness, the last chapter (chapter 7) concludes that the difference is created by mechanisms within the person. The obtained results show that the test persons use the metronome click as an environmental input for their action, but on a subjective level of action. Synchrony within action equals asynchrony outside action. Within a subject oriented view I conclude that the subjective perception during action execution demonstrate that we are acting on our own interpretation of perception.

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